Sollten Ost- und Westdeutschland getrennte Wege gehen?

Das sehe ich auch so, es bringt nichts immer wieder die Grenzen zu betonen. Wir haben 50% dort die nicht Einiges Russland Ableger Deutschland wählen. Diese müssen wir stärken und kämpfen sonst wird die braune Welle unweigerlich auch im Westen größer.

Der Artikel ist nicht aktuell und spiegelt die heutige Realität nicht wieder. Tesla in Brandenburg und VW in Sachsen fallen mir spontan ein, die die gesamte Produktion eines Fahrzeugs im dortigen Werk durchführen. Außerdem ist die Gewerbesteuer schon längst darauf ausgerichtet, die Arbeitsstunden im Werk zu berücksichtigen. Wenn alles im Osten produziert wird und nur die Verwaltung im Westen ist, wird auch im Osten der Großteil der Gewerbesteuer fällig.

Denn Grund, weswegen der verlinkte Beitrag im ersten Post verfasst wurde: westliche Befindlichkeiten. Ich lese und höre immer wieder, dass sich der Ossi vom reichen Wessi schlecht behandelt, nicht ernst genommen, hintergangen und betrogen fühlt.
Nicht alle Wessis sind reich, werden mal viel erben oder haben tolle Jobs.
Der Westen hat viel geopfert, um die Wiedervereinigung möglich zu machen. Wir wurden auch nicht gefragt, ob wir das wollen (hätte es die AFD damals schon gegeben, hätte sie wohl eine Volksabstimmung gefordert).
Damit will ich nicht sagen, dass man sie hätte nicht durchführen sollen oder jetzt rückgängig machen. Stattdessen möchte ich, dass man sich mit der Demokratie befasst, nicht AFD wählt und auf Parteien schimpft, sondern selber in Parteien geht oder vielleicht sogar eine gründet.

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…und diesen unsinnigen Thread schließen? :wink:

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Den Eindruck habe ich tatsächlich auch: Es geht um pure Befindlichkeiten: Mehrheitlich linke Wessis in einem Forum bestätigen sich gegenseitig dain, dass der (vermeintlich) mehrheitlich rechte Osten doof ist und eigentlich eine Belastung für „uns“. Was für ein Erkenntnisgewinn!

Hat auch niemand behauptet oder? Aber im Schnitt sind Wessis nun mal deutlich reicher, gehen bessere Jobs eher an Wessis und erben Wessis ungleich mehr als Ossis. Das hat sehr unterschiedliche, komplexe Gründe und muss nicht zwingend zu bestimmten politischen Schlussfolgerungen führen, sollte aber als Teil der real existierenden Verhältnisse berücksichtigt werden.

Was genau hat denn „der Westen geopfert“ - das suggeriert ja, dass z. B. Steuern und Abgaben, mit denen Investitionen in den neuen Bundesländern finanziert wurden, ausschließlich in Westdeutschland erhoben wurde - was natürlich Mumpitz ist.

Es gab zwar keine Volksabstimmung, aber es gab 1990 eine Bundestagswahl. Die Parteien, die keine schnelle Einheit wollten und die davor warnten, dass es sehr lange dauern und sehr teuer werden könnte, dabei ziemlich auf den Deckel. Die SPD sackte richtiggehend ab und die West-Grünen flogen sogar aus dem Bundestag. Die Union und andere, die sich ganz und gar dem nationalen Taumel hingaben, bekamen dafür satte Mehrheiten. Und das nicht nur 1990, sondern fast die gesamten 1990er Jahre.

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Ich würde diese doch sehr theoretische und offenbar wenig Erkenntnisgewinn bringende Diskussion tatsächlich in Kürze schließen wollen.

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Hast du auch Vorschläge, wie wir das Problem mit dem - im Osten besonders breiten - Zuspruch zu faschistischen und reaktionär-populistischen Parteien lösen bzw. angehen sollen?

Das war doch die ganze Zeit hier Thema.

Dass es zu kaum Erkenntnisgewinn gekommen ist, würde ich in Frage stellen.

Eine wesentliche Erkenntnis, die ich ziehe, ist, dass lieber Beschwichtigungs- und Ablenkungsdiskussionen geführt werden, als das heiße Eisen von 42,7 % Faschismus- und Autoritärpopulismusaffinität (vgl. Europawahlergebnisse) im Osten mal frontal anzugehen.

Und bevor mir wieder irgendwas unterstellt wird, ja, im Westen sind’s auch 17,4 %.

Eine konkrete Lösung habe ich dazu leider nicht, aber ich denke es erfordert die gleichen Ansätze wie das Problem im Westen.

Denn sonst müsste man ja, würde man deinem Ansatz folgen und die neuen Bundesländer abspalten, alle rechtsextremen und AfD wählenden Menschen auch dorthin zwangsausweisen, und alle im Osten wohnenden Demokratieunterstützer quasi als Migranten aufnehmen.
Ich bezweifle das unsere Bundesrepublik so etwas überstehen würde.

Das heißt dann ja, dass Rechtsextremismus und reaktionärer Populismus im Osten und im Westen die gleichen Ursachen haben - anders als hier vielfach und von einzelnen gebetsmühlenartig behauptet.

Danke, das ist ja auch schon mal eine weiterführende Erkenntnis.

Dennoch sehe ich einen Unterschied, da mir oben Genanntes im Osten doch schon weitgehend „normalisiert“ zu sein scheint. Ob das mit dem Überschreiten eines gesellschaftlichen Schwellenwertes zusammenhängt oder nicht, ist erst mal zweitrangig. Aber ich würde doch behaupten, dass es einen Unterschied macht, ob es in der Fläche an vielen Orten eine Art Hegemonie faschistischer und reaktionär-populistischer Einstellungen gibt oder ob das der Ausnahmefall ist.

Das macht einen Unterschied, wie man beides effektiv bekämpfen kann.

Nein, Thema war hier im Thread vor allem, wie schlimm es im Osten doch alles ist und dass der Wunsch, ihn einfach loszuwerden bzw. nichts mehr mit ihm zu tun zu haben, deshalb zumindest verständlich ist.

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Das wäre Deine Interpretation. Gleiche Ursachen sehe ich da nicht, aber ein ähnliches Resultat. Das, so meine Einschätzung, sich wohl nur mit vergleichbaren Lösungsansätzen begegnen lässt.
Das funktioniert in einer Demokratie letztlich nur auf Grundlage geltender Gesetze (ob die ausreichend sind ist eine andere Frage) und durch gemeinsames Eintreten derer, denen die Demokratie wichtig ist.
Passivität wäre fatal, wie beim Aufstieg der Nazis damals

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Da muss ich doch noch mal nachhaken. Wo war denn der gesellschaftliche Widerstand über Jahre, bis es zu den Correctiv-Enthüllungen kam. Und wo ist er jetzt in den Bundesländern, in denen bald Faschist:innen die größten Fraktionen bis hin zu einer Sperrminorität stellen könnten? Da zeigt sich doch, dass sowas längst von der schweigenden Mehrheit/sog. gesellschaftlichen „Mitte“ toleriert wird. Die weitgehende „Normalisierung“ hat doch schon lange stattgefunden. Auch, was den reaktionären Populismus angeht. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur noch mal an die resignativen Aussagen von Nierth und Neubauer hier - pars pro toto. Diese zivilgesellschaftliche Lethargie ist doch ein ganz wesentliches Problem.

Wie ich sagte: Passivität wäre fatal.

„[W]äre“ ist Irrealis. Die verbreitete Passivität ist fatal (gewesen). Perfekt und Präsens.

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang noch folgende Dokumentation:

Die extreme Rechte wird stärker – vor allem im früher „linken“ Osten. Doch das rechte Phänomen ist nicht neu in Ostdeutschland.

Wenn es laut dir schon die ganze Zeit darum geht: Was sind denn deine Vorschläge, wie man beides effektiv bekämpfen kann und wie unterscheiden die sich zwischen Ost- und Westdeutschland? Also ich meine jetzt realistisch Umsetzbares, bezogen auf relevante politische und gesellschaftliche Akteure jenseits von bloßem Wunschdenken und der Selbstvergewisserung, dass Nazis Nazis und daher doof und gefährlich sind.

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Der „Westen“ hatte die Wirtschaftskrise der 70er überwunden und war im Aufschwung

Unter der Regierung Helmut Kohl von 1983 bis 1989 wuchs die Beschäftigung in Deutschland im Schnitt wieder um beachtliche 0,6 Prozent.
https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=3782242d-daad-a80f-667f-f0fe1adb778c&groupId=252038

10 Jahre später wurde HartzIV eingeführt.

Die Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland betrug Ende des Jahres 2008 1 518 Milliarden Euro. Ein großer Teil dieser Schulden hat seinen Ursprung im deutschen Einigungsprozess, und zwar sowohl in der Übernahme von Altschulden der DDR als auch in der Kreditfinanzierung des ostdeutschen Aufholprozesses
DIW Berlin: Die Finanzierung der deutschen Einheit : zum Umgang mit der Schuldenlast der Wiedervereinigung

Edit: das Problem, worum es mir geht: im Osten wird bewusst rechtsradikal gewählt und zwar nicht, weil man die Politik toll findet, sondern um sich am Westen zu rächen. Der Grund der Rache beruht aber auf Geschichtsverleugnung und falschen Tatsachen. Das alles wäre kein Problem. Wir sind aber ein Staat und wie @Tris erläutert, wird auch im Westen die AFD hoffähig. Und das nun mal, weil ihr im Osten der braune (rot mögen die nicht so) Teppich ausgerollt wird.

Edit2:

Das liegt wohl auf der Hand. Mal in die Puschen zu kommen. Man kann alles schlecht reden und jammern. Oder man kann nach vorne schauen und das Beste aus der Situation machen. Von vielen Seiten höre ich: der Ossi hat ein gestörtes Verhältnis zum Staat, er vertraut ihm nicht, er möchte sich nicht in den Vordergrund stellen.
Dann darf ich mich aber nicht wundern, wenn Politik ohne mich gemacht wird und keine Ossis in Führungspositionen sitzen. Auch dem Wessi wird das nicht in den Schoß gelegt. Eine Schauspielerin sagte letztens: „ich bekomme jetzt noch jedes Mal Durchfall, wenn ich vor eine Kamera muss und das, obwohl ich das schon Jahre mache“
Es ist nicht leicht, über seinen Schatten zu springen, aber es ist unvermeidlich, wenn man nicht ewig im Schatten von Höcke und Co stehen möchte.

Natürlich muss ein AfD-Verbot angestrebt werden. Darüber hinaus müssen die Nicht-Faschist:innen im Alltag klar Stellung beziehen, Einspruch erheben gegen Alltagsrassismus u. dgl. usw. Es muss eine umfassende Ächtung geben. Anders geht’s nicht.

Im Westen sollte das problemlos umsetzbar sein, im Osten sehe ich aufgrund der Verbreitung und teilweisen Hegemonialität bestimmter Einstellungen offen gestanden schwarz, weil ich nicht ansatzweise für realistisch halte, dass sich klare Kante gegenüber Faschist:innen und reaktionären Populist:innen durchsetzt und auch nur von einer relativen Mehrheit getragen wird. Dazu sind Abwehrreflexe, Relativierungen und Normalisierung zu weit verbreitet meines Erachtens.

Man hat schon viel zu lange weggeschaut, kleingeredet oder sich in Ablenkungs- und mithin Rechtfertigungsdiskursen ergangen.

Der Vater eines Freundes, der in den 70ern eingewandert ist, hat mal gesagt, damals waren alle wie die AFD.
Was ich damit sagen möchte ist, dass es vielleicht auch ein zeitlicher Ost-West-Unterschied ist, weil im Westen der Übergang von Obrigkeitsstaat zu Demokratie und damit die (wieder) Öffnung der Gesellschaft 40 Jahre früher angestoßen wurde.

Sollen „Angehörige“ von Minderheiten jetzt noch mal fünfzig Jahre warten?

Es ging hier um zwei Billionen Euro Transferleistungen seit der Wende aus dem Westen in den Osten, die laut Schnackerio Reparationsleistungsansprüche des Ostens nach der hier diskutierten Teilung kompensieren würden. Damit Tesla in Mecklenburg und VW in Sachsen Gewerbesteuer zahlen, müssten sie dort erstmal Gewinne erzielen. Ist zumindest bei Tesla nach der Abschreibung der exorbitant hohen Investitionskosten erstmal bis auf weiteres wohl nicht in Sicht und bis in Zwickau die Gewerbesteuer die Landeszuschüsse deckt, also kein Geld aus dem Westen, damit VW dort überhaupt ein Werk hingesetzt hat, muss schon viel von diesem einen Werk verkauft worden sein. Fällt mir ad hoc dazu ein.

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Dass ein bestimmtes Vorgehen - ich verallgemeiner jetzt mal - unserer Ansicht nach „auf der Hand liegt“ oder dringend geboten erscheint, also nicht nur sein sollte, sondern „muss“, ändert leider herzlich wenig an den gesellschaftlichen Verhältnissen, die genau diese Situation haben entstehen lassen und am Verhalten jender gesellschaftlichen und politischen Akteure, die das - bewusst oder unbewusst - vorangetrieben haben. Unter einem konkreten Vorschlag würde ich so etwas verstehen, wie man z. B. auch in der Union einen breiten Konsens für ein AfD-Verbot hinbekommt. Die Realität sieht da nämlich ganz anders aus. Und ich bin ehrlich gesagt nicht nur des Jammerns müde, sondern auch des sich Wünschens [Edit: und zumindest indirekten Sich-selber-auf-die-Schulter-Klopfens], wie toll doch alles wäre, wenn nur alle so schlau wären wie man selber.

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