Soll das sog. "Schwarzfahren" komplett entkriminalisiert werden?

Das wird nie geschehen. Schaffner dürfen nicht mal Bargeld annehmen, weder für den Ticketverkauf, noch für „erhöhte Beförderungsentgelte“. Hier gilt das gleiche wie für Polizeibeamte, auch die nehmen bei Ordnungswidrigkeiten kein Geld entgegen, einfach, weil das Risiko für Korruption und Bestechlichkeit zu hoch ist.

Daher bleibt die Grundlage § 229 BGB. Die Personalienfeststellung ist eine Handlung, die der Schwarzfahrer zu dulden verpflichtet ist, tut er das nicht, darf er festgehalten werden, bis die Polizei zur Feststellung der Personalien eintrifft. Das gilt auch grundsätzlich im Zivilrecht.

Das sind sie, wenn man das wollte. Die Urheberrechts-Abmahn-Lobby macht seht gut vor, wie effektiv das funktionieren kann. Viele würden sagen: Zu effektiv. Es handelt sich hier um Standardverfahren, die i.d.R. selten bestritten werden.

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Das kann ich am Ende nicht beurteilen - widerspricht allerdings dieser Darstellung [1] und geht für mich auch aus dem Paragrafen nicht hervor. Warum sollte ich das Recht haben die Personalien festzustellen wenn die 60€ beglichen sind?

[1]

Ich sehe nicht, wieso das Zitieren eines Leserbriefs hier als Nachweis für deine Position taugen soll. Das ist ja auch nicht fundierter als ein beliebiger Forenbeitrag.

Das ist kein ein Nachweis. Und eine Position habe ich ja bisher auch noch nicht verkündet. Aber ich tue mich schwer festzustellen welche Aussagen korrekt sind, solange sie nicht entweder sehr plausibel gemacht oder mit Quellen belegt werden können.
Am Ende sind mir die Details aber auch nicht so wichtig. Was ich sagen will ist, dass man sich Gedanken über die Verhinderung des Business Cases Schwarzfahren machen sollte, wenn man dies nicht als Ordnungswidrigkeit einstuft. Denn wenn Letzteres tatsächlich entstehen sollte wäre das für sie ziemlich alle Beteiligten eine loose loose Situation. Wenn es dazu praktikable Möglichkeiten innerhalb des Zivilrechts gibt, soll mir das Recht sein.

Klar. Ich kann als Bahn die Person dort aussetzen, wo sie erwischt wurde und Hausverbot erteilen. Und wenn er den Bahnhof betritt, die Polizei rufen.
Wenn der notorische Schwarzfahrer auf Taxi oder Mietwagen angewiesen ist, um sein Ziel zu erreichen, wird er es sich das nächste Mal überlegen.
Im Übrigen finden wir es beim Fliegen völlig normal, dass im Vorfeld Tickets gekauft werden und Personalien erfasst werden. Warum soll das nicht bei der Bahn genauso kommen?

Kann ich machen - vorausgesetzt ich weiß wer das ist, dem ich da Hausverbot erteilt habe.

Was genau soll denn jetzt bei der Bahn kommen? Beim Flugzeug haben wir ja nun ein System mit 100% Ticketkontrolle. Da ist Schwarz fliegen schwierig.

Nochmal, das ist kein Problem. Ich zitiere mal die Stellungnahme vom Richter am BGH Mosbacher, der sich für eine Entkriminalisierung aussprach:

Also, ist die Aussage eines Richters am BGH (der auch Jura-Professor ist…) Quelle genug dafür, dass dieses von dir genannte Problem entgegen des oben verlinkten „Leserbriefes“ nicht existiert?

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Ist es - danke.

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Wo bleibt das Gesetz?

Anscheinend lobbyieren die Verkehrsbetriebe ziemlich dagegen an.

Es sind die gleichen, oft schon als falsch und populistisch nachgewiesenen, Gründe, die hier von den Verkehrsbetrieben aufgeführt werden:

Daran sind so viele Dinge objektiv falsch.

  1. Der Schaden durch Schwarzfahrer wird - wie immer in solchen Dingen - so „geschätzt“, als würde jeder Schwarzfahrer den Preis zahlen, wenn er nicht „schwarz fahren“ würde. Ähnlich wie bei Urheberrechtsdelikten stets davon ausgegangen wird, dass jede Kopie einen Kauf verdrängen würde, was schlicht Unsinn ist.

  2. Niemand fordert, „Schwarzfahren nicht mehr zu bestrafen“ oder gar zu legalisieren. Die Bestrafung soll lediglich über das Ordnungsrecht und nicht über das Strafrecht laufen.

  3. Die Idee, Schwarzfahren nicht mehr strafrechtlich zu ahnden, hat wirklich rein gar nichts mit dem Respekt vor der Leistung oder den Mitarbeitern der Verkehrsbetriebe zu tun. Das ist reiner Populismus.

  4. Die These, dass der Straftatbestand eine Abschreckungswirkung habe, ist geradezu absurd. Gelegenheits-Schwarzfahrer werden auch heute nicht strafrechtlich verfolgt, Dauerschwarzfahrer lassen sich offensichtlich auch nicht durch den Straftatbestand „abschrecken“, weil es sich dabei i.d.R. um Personen mit zahlreichen (u.a. psychischen) Problemen handelt, oft auch um Obdachlose.

  5. Dass es andere Möglichkeiten gäbe, Menschen festzuhalten, ist nur technisch korrekt. Ja, es gibt „andere“ Möglichkeiten, wenn es sich um einen Straftatbestand handelt (§ 127 StPO), aber das zivilrechtliche Recht, Personen zwecks Feststellung der Identität festzuhalten (§ 229 BGB) ist keinesfalls „schwächer“ als das strafrechtliche. Für die Praxis macht das absolut keinen Unterschied, die Selbsthilfe nach § 229 BGB ist in der Regel sogar leichter zu begründen als das Festnahmerecht nach § 127 StPO, da es keine „frische Tat“ erfordert.

—> Hier wird mit populistischen Scheinargumenten gearbeitet.

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Doch, das wird tatsächlich von manchem gefordert.
https://www.neuerichter.de/wir-unterstuetzen-die-forderung-der-ersatzlosen-abschaffung-des-§-265a-stgb/

Bei der Herabstufung zu einer Ordnungswidrigkeit ist zu beachten, dass die Betroffenen, die in der Regel vermögens- und mittellos sind, dennoch ein Bußgeld zu zahlen haben und bei Nichtzahlung der Geldbuße ihnen Erzwingungshaft droht. Im Vergleich zu der Ersatzfreiheitsstrafe, die nach der aktuellen Gesetzeskonzeption zu erfolgen hat, wenn die Verurteilten die Geldstrafe nicht bezahlen, führt das Verbüßen der Erzwingungshaft nicht zu einem Entfall der zu zahlenden Geldbuße.

Der offene Brief zu dem Thema:

In der verlinkten Quelle und dem offenen Brief wird nicht die „Legalisierung“ oder ein Verzicht auf Bestrafung von Schwarzfahren gefordert. Nur der Staat soll Schwarzfahren nicht mehr über das Strafrecht oder als Ordnungswidrigkeit verfolgen.

Schwarzfahren wäre dann aber immer noch ein Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen des jeweiligen Unternehmens. Also ein Vertragsbruch. Und natürlich könnten die jeweiligen Unternehmen diesen Vertragsbruch auch weiterhin zivilrechtlich verfolgen.

Wegfallen würde dadurch im Vergleich zur Einstufung als Ordnungswidrigkeit das Bußgeld und die mögliche Erzwingungshaft, aber nicht der zivilrechtliche Anspruch aufgrund des erhöhten Beförderungsentgeltes (i.d.R. 60 Euro). Schwarzfahren würde also weiterhin „bestraft“ werden und es wäre in keinem Fall „legal“.

Allerdings wären die Verkehrsunternehmen bei der Verfolgung dann vollständig auf sich allein gestellt. Und da die meisten Wiederholungs-Schwarzfahrer aus Geldnot kein Ticket lösen, wäre bei denen über ein Zivilverfahren nicht viel zu holen. Selbst auf den Anwaltskosten würden die Unternehmen wohl in aller Regel sitzen bleiben. Damit wäre die Verfolgung wohl ein Minusgeschäft und würde in vielen Fällen nicht stattfinden (genauso wie etwa ein Vermieter wegen 50 Euro Mietrückstand bei Auszug kein Verfahren anstrengt: es lohnt sich nicht).

Entsprechend ist aber auch das nicht die Lösung, wie ja auch der offene Brief am Ende darlegt. Vielmehr müsste man konsequent daran arbeiten, dass Menschen in finanziell prekären Lagen kostenfrei Zugang zum ÖPNV erhalten. Auch die ersatzlose Streichung des § 265 a StGB ist da nur ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.

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Denke das sollte der Kerngedanke sein. Grundsätzlich besteht hier ja die Problematik, dass man eine Lösung findet die einerseits die Problematik mit mittellosen Schwarzfahrern angeht, andererseits aber nicht dazu animiert, dass dort wo die Kontrolldichte niedrig ist dann niemand mehr bezahlt weil es einfach wäre dann halt hier und da mal ein erhöhtes Beförderungsendgeld zu bezahlen.

Seit ich durch die Berichte über das 9-Euro Ticket die Fahrkarteneinnahmen des ÖPNV kenne wäre ich da eigentlich für die pragmatischste aller Lösungen den ÖPNV für alle kostenfrei anzubieten. Wenn man hier die Einsparungen bei Ticketsystemen und Kontrollen auf Seite der Unternehmen und der Strafverfolgung und Haftkosten auf Seite des Staates auf der anderen Seite sehe, dann würde sich das was man netto ausgleichen muss ja noch weiter verringern. Und dafür hätte man einen generellen Mehrwert.

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Im Bürgergeld- Regelsatz sind ca. 45 Euro für Mobilität vorgesehen. Damit zahlt man fast ein Deutschlandticket, was unbegrenzte Mobilität im ÖPNV ermöglicht.
Dazu gibt es zahlreiche Ermässigungen für sozial Bedürftige:

Daher stört mich der Tenor etwas, dass eine Vielzahl von Menschen in Deutschland auf sich kein Ticket leisten können und daher zum Schwarzfahren gezwungen werden.

Trotzdem ist es natürlich Unsinn, Schwarzfahrer ins Gefängnis zu schicken. Die Sanktionen sollten aber stark genug sein, um vor Wiederholung abzuschrecken.

Auch könnte man den Mobilitätsanteil im Bürgergeld auf Höhe des Preises des Deutschlandtickets festschreiben, dann wäre diese Diskussion - Arme können sich keine Mobilität leisten - ein für alle Mal vom Tisch.

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Eine andere Lösung könnte vergleichbar der Rundfunkgebühr sein: Jeder Bürger zahlt einen jährlichen Beitrag, wer nachweisbar nicht zahlen kann wird befreit, Fahrkartenkontrolle findet nicht mehr statt.

Das Verkehrsministerium hat in einer Studie einen Finanzbedarf des ÖPNV in Höhe von ca. 53 Milliarden Euro im Jahr 2031 errechnet (einschließlich Ticketerlöse und öffentlicher Zuschüsse). Bei 41 Millionen Haushalten könnte dann also der gesamte ÖPNV durch eine (kommunal erhobene) Monatsgebühr von gut 100 Euro pro Haushalt finanziert werden.

Bürgergeldempfänger und ähnlich Bedürftige würden diese Zahlung durch die Öffentliche Hand geleistet bekommen. Damit gäbe es „Schwarzfahren“ im ÖPNV de facto nicht mehr.

Anstatt einer Vollfinanzierung durch alle Haushalte könnte man natürlich einen Teil der Kosten durch andere Maßnahmen, etwa die Einnahmen einer generellen PKW-Maut auffangen. Bei 591 Milliarden PKW-Kilometer im Jahr würde schon eine Maut von 5 Cent/Kilometer knapp 30 Milliarden Euro einspielen.

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Wobei du dann fairerweise auch alle anderen Positionen im Bürgergeld ansehen solltest und die Frage stellen ob die alle ausreichend hoch sind. Da muss real dann doch viel zwischen den vorgesehenen Summen hin und hergeschoben werden.
Zudem dürfte es dann niemanden der mehr als Bürgergeld hat geben der finanzielle Probleme hat wenn man doch mit den regelsätzen einfach das Leben bestreitet.

Aber davon abgesehen nützt es ja Leuten mit psychischen oder anderen Problemen bis hin zu Demenz auch wenig wenn man ihnen sagt eigentlich müsstet ihr euch das Ticket leisten können. Warum es dann am Ende real nicht reicht sich ein Ticket zu kaufen oder einfach verspielt wird ist ja dann eine ähnliche Frage wie die warum z.B. Bürgergeldempfänger nicht einfach arbeiten gehen.

Den Vorschlag finde ich an sich gut, nur hadere ich mit der Vorstellung, dass einheimische voll zahlen, wer aber z.B. als Tourist da ist davon profitiert ohne zu zahlen.

Aber die machen eigentlich ja auch nur einen kleinen Anteil aus und wirtschaftlich profitieren alle mit von den Einnahmen aus Tourismus.

Im Regelbedarf sind ab 2024 ca. 50 Euro für „Verkehr“ angesetzt. Das muss dann aber auch alles abdecken, also Ticketkosten für den ÖPNV, aber auch den Betrieb eines Fahrrads oder den Unterhalt eines Autos, das man vielleicht für bestimmte Zwecke auch benötigt.

Und dann ist dieser Regelbedarf natürlich für viele Betroffen schlicht zu niedrig. Das ist ja hinlänglich dokumentiert und die Bundesregierung geht ja sehr bewusst auf die untersten Sätze, die gerade noch so gerichtsfest sind (wobei die Gerichte ja stets nicht die konkrete Höhe bewerten, sondern das Ermittlungsverfahren).

In vielen Fällen steht also weniger als 50 Euro für „Verkehr“ zur Verfügung, weil aus dem Topf andere, zwingende Ausgaben querfinanziert werden müssen.

Und dann reicht es so oder so eben nicht für ein D-Ticket. Das kostet aktuell 49 Euro, ab Januar 2025 dann 58 Euro im Monat.

Nein, weil Arme Menschen unter Umständen mehr Bedarf an Mobilität haben, als der ÖPNV abbilden kann. Man kann ja nicht einerseits sich hinstellen und fordern, dass man wegen dem Bedarf an Individualmobilität gerade im ländlichen Bereich Autofahrer nicht zu sehr belasten darf, andererseits aber für Bürgergeldempfänger automatisch annehmen, dass ihnen der ÖPNV schon irgendwie reichen wird.

Richtig und konsequent wäre es, allen Bürgergeldempfängern automatisch ein D-Ticket auszugeben und im Gegenzug den Anteil des ÖPNV aus dem Regelsatz herauszunehmen.

Dann bleiben natürlich noch die Fälle, die nicht durch das Bürgergeld abgedeckt werden. Und die gibt es, denn sonst gäbe es ja keine Obdachlosen. Das betrifft dann oft (aber nicht ausschließlich) Menschen, die unter psychischen Problemen leiden und die das Antragsverfahren überfordert, oder die aus anderen Gründen durch die Maschen der Bürokratie fallen. Ganz so einfach kann man es sich also nicht machen.

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Ganz ehrlich: ich kann mich auch über Dinge freuen, zu deren Gelingen ich persönlich vielleicht etwas mehr beigetragen habe als jemand anderes. Man muss nicht an jeder Stelle grundsätzliche Gerechtigkeitsfragen aufmachen.

Gerade die Touristen halte ich aber nicht für ein Gegenargument. Stell dir mal vor, wie geil du das fändest in ein Land zu reisen, wo du einfach in einen Bus einsteigen kannst ohne zu zahlen. Es wäre das beste Marketingprogramm für den deutschen Tourismus und Deutschland ganz allgemein in der Geschichte des Fremdenverkehrs.

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Dieser Tenor bezieht sich vor allem auf Problemgruppen, die gerade nicht „rational“ mit einem Bürgergeld umgehen können oder kein Bürgergeld bekommen. Er bezieht sich auf Obdachlose und Menschen mit psychischen Störungen, das sind die Gruppen, um die es generell beim Thema gibt, das sind die Gruppen, die in der Regel dann die Post vom Staatsanwalt nicht öffnen und dann irgendwann nach einer Polizeikontrolle im Strafvollzug landen, weil ein Haftbefehl wegen der nicht-gezahlten Geldstrafe im Raum steht.

Auch wenn ich dafür bin, den Mobilitätsanteil des Bürgergeldes auf den Preis des Deutschlandtickets anzuheben, gibt es hier zwei zentrale Einwände:

  1. Bürgergeldempfänger brauchen auch andere Mobilität als nur den ÖPNV (Fahrrad, vielleicht sogar mal eine Taxifahrt usw.). Daher müsste der Mobilitätsanteil höher liegen. Sinnvoller (und vermutlich für den Staat günstiger!) wäre es, Bürgergeldempfängern automatisch ein Deutschlandticket auszustellen bzw. ein fiktionales Ticket für diese zu erstellen. Das könnte man dann auch auf Obdachlose übertragen…
  2. … denn die Marginalisierung der Obdachlosen ist das Haupt-Problem deiner Sichtweise. Wir leben leider(!) nicht in einer Gesellschaft, in der Bürgergeld das „unterste Limit“ ist, unter dem jemand existieren kann. Es gibt leider Obdachlosigkeit und es sollte klar sein, dass Obdachlose nicht mit dem Strafrecht zum Ticketkauf motiviert werden können…

Hier müssen wir wieder Begriffe klären, die leider in allen politischen Debatten durcheinander geraten (egal ob Cannabis, Polygamie in Utah aktuell, oder eben hier beim Schwarzfahren).
Legalisieren würde bedeuten, dass es „dem Gesetz entsprechend“ wäre, schwarz zu fahren, es daher weder Straf- noch Ordnungsrechtliche, noch verwaltungsrechtliche und auch keine zivilrechtlichen Schranken gäbe. Eine berechtigte zivilrechtliche Forderung nicht zu zahlen ist nicht „legal“, man kann auf Begleichung der Forderung verklagt werden, das Gesetz sagt klar, dass man die berechtigte Forderung zu begleichen hat. Eine Legalisierung des Schwarzfahrens liegt daher nach keiner der hier genannten Forderungen vor. Da noch eine Bestrafung der vertragsbrüchigen Partei über das Zivilrecht möglich ist, würde ich auch beim Wegfall von Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht immer noch nicht sagen, dass Schwarzfahrer „nicht mehr bestraft“ würden. Sie werden eben bestraft wie jeder vertragsbrüchige: Durch Mahnungen, Inkassounternehmen, zivilrechtliche Prozesse, Pfändung, Eidesstaatliche Erklärung und den ganzen Rattenschwanz, der noch da dran hängt. Kein „Normalbürger“ würde das als wenig oder ineffiziente Bestrafung ansehen. Einzig jene, bei denen tatsächlich „nichts zu holen“ ist, weil sie Obdachlos oder in tiefen psychischen Problemen (oft Depression) sind, würden effektiv „nur“ damit bestraft, dass irgendwann der Gerichtsvollzieher aufläuft (oder sie bei Nichtantreffen irgendwann von der Polizei aufgegriffen werden) und sie eine eidesstattliche Erklärung abgeben müssen. Aber gerade diese Leute wollen wir auch nicht mit einem Automatismus in’s Gefängnis bringen, wie es aktuell praktiziert wird.

Eine Entkriminalisierung bedeutet lediglich, dass etwas nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden soll. Da das Ordnungsrecht einen Charakter als „kleines Strafrecht“ irgendwo zwischen Verwaltungs- und Strafrecht hat kann man hier zwischen einer „kleinen Entkriminalisierung“ (Ordnungswidrigkeit statt Straftat) und einer „großen Entkriminalisierung“ (Weder Ordnungswidrigkeit, noch Straftat) unterscheiden. Das unterscheidet sie von der „Legalisierung“.

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