Schreibt euren Abgeordneten!

In der LdN285 kam zur Sprache, dass die Impflicht wohl auch daran gescheitert sei, weil viel Post aus der Impfgegnerlobby an Abgeordnete gegeben hat. Ich kann das glauben. In meinem Umfeld hat sowas auch schon ein paar mal funktioniert.

Ich bin Freelancer und als Freelancer ist man grundsätzlich und gewollt auf sich gestellt. Das ist nicht immer gut, gerade wenn es Probleme auf politischer Ebene gibt. Es gibt aber den Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V., in dem ein kleiner Haufen unser Gilde organisiert ist.

Immer wieder organisiert der VGSD Briefaktionen wenn es uns Freelancern wieder rechtlich an den Kragen geht oder Rechtsunsicherheiten in neuen Gesetzestexten auftreten. Beispiel hier.

Diese Aktionen haben auch regelmäßig Erfolg und werden gehört. Es lohnt sich also für uns Freelancer da mitzumachen.

Das interessante daran: der VGSD hat heute etwas über 2.000 Mitglieder. Vor ein paar Jahren waren es 1.000 und noch weniger. Trotzdem hatten die Aktionen Erfolg und wurden gehört.

Was ich also sagen will: Schreibt euren Abgeordneten bei Themen die euch und uns wichtig sind. Die allermeisten Bürgerinnen und Bürger scheinen es nicht zu tun, weshalb ein paar hundert Briefe offenbar einen ziemlichen Einfluss haben können.

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Ich finde die Idee, direkt mit den Abgeordneten zu kommunizieren richtig, und dies sollten wir Wähler:innen auch aktiv und vor allem aktiver werden.

Zugleich lässt mich persönliche Erfahrung hier doch etwas skeptisch werden.

Gleich nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatte ich meine Abgeordneten im Wahlbezirk Berlin-Schöneberg zu ihrer Haltung und vor allem ihren konkreten politischen Schritten gefragt, um Russland Einhalt zu gebieten. Antwort erhielt ich damals nur vom Abgeordneten der CDU, die überraschenderweise ausgesprochen ausführlich und wohlargumentiert war ohne jedwede parteipolitischen Spitzen gegen andere Parteien oder die Ampelkoalition.

Nun gut, jetzt hatte ich erneut versucht, Herrn Kevin Kühnert zu seiner Position bezüglich der Inaktivität unseres Bundeskanzlers zu erreichen. Diesmal nicht über die Emailfunktion des Deutschen Bundestages, sondern über das Portal Abgeordnetenwatch, in der Hoffnung durch die Öffentlichkeit doch mehr Druck hinter meiner Anfrage zu erhalten.

Ein Blick auf die Seite von Herrn Kühnert war sehr ernüchternd: Kevin Kühnert - Fragen und Antworten

Offenbar sind er und sein Team dort nicht sehr aktiv. Einen persönlichen Termin in seinem Wahlkampfbüro konnte ich seit Jahren nicht erhalten, er ist immer terminlich beschäftigt.

Ein Tweet löste dann überraschenderweise eine sofortige Reaktion von Herrn Kühnert aus, lest bitte selbst: https://twitter.com/KuehniKev/status/1512323815262625792?s=20&t=CFA_17Iul2jatq26mtfJLA

Diese Erfahrung kann man sicher nicht verallgemeinern. Aber es wäre doch ein aufschlussreiches Thema, wie sehr unsere Volksvertreter wirklich für ihre Wähler:innen erreichbar sind.
@vieuxrenard

Wenn wundert es denn noch, dass frustrierte Menschen bei einem solchen Verhalten, sich systemgefährdenden Populisten zuwenden und die demokratischen Institutionen verteufeln, welche solche „politischen Entscheidungsträger“ generieren…

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Wie ist denn deine Erfahrung bezüglich Rückantworten bei den systemgefährdenden Populisten?

Soweit ich das einschätzen kann, ist diese Strategie der persönlichen Kontaktaufnahme insbesondere in den USA verbreitet. Auf der einen Seite finde ich es sympathisch, das diese Strategie mehr Verbreitung findet, weil es verspricht, dass Menschen sich mehr politisch einmischen und politische Selbstwirksamkeitserfahrungen machen können.
Gleichzeitig möchte ich auf ein Problem hinweisen. Wie das Beispiel Impfpflicht zeigt, können solche Strategien von einer hochengagierten Minderheit genutzt werden, um politisch Einfluss zu nehmen. Wenn wir uns wieder die USA angucken, sind es insbesondere Radikalisierte Abtreibungsgegnerinnen und Waffenbefürworterinnen usw., diejenigen, die auf solche Instrumente zurückgreifen.

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Moin,

ich muss zugeben, ich hatte die Auswirkung von Emailfluten einer lauten Minderheit gravierend unterschätzt. Mea culpa.

Aber eigentlich hätte ich es mir denken können, wenn ich sehe, welche Kommentare sich auf diversen SocialMedia-Plattformen finden. Es sind selten(er) die positiven, konstruktiven… selbst zu den profansten Themen.

Sollte man ändern, würde ich auch gerne, wenn ich nur wüsste wie - ich muss zugeben, ich weiß nicht, wer für Hamburg in Berlin sitzt, evtl sogar für unseren Stadtteil und selbst wenn ich es wüsste, würde es an meiner Unkenntnis der korrespondierenden Kontaktmöglichkeiten hapern.

Ich gelobe mich zu bessern, brauche aber (wie vermutlich andere auch) dabei Hilfe. Wie geht man vor, wo findet man was? Woher erfährt man als Politik-Laie, was wann zur Abstimmung steht? Es sind ja nicht immer die großen Themen, die in den Medien breitgewalzt werden, sondern oft kleinere, aber nicht minder wichtige

Ralf

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Deutscher Bundestag - Abgeordnete hilft schonmal :slight_smile:

Professionell geführte Kampagne übernehmen durch Formulare oft einen Großteil der Arbeit. Ein Beispiel hier die Elternsolidaritätsformularseite (schöne Sprache dieses deutsch) für die Tarifrunde Sozial- und Erziehungsdienst. Über das Formular kann man direkt seine Kommunalpolitikerinnen anschreiben. https://mehr-braucht-mehr.verdi.de/elternaktion

Ich nehme an, sowas gibt es auch für Klimapolitik usw… sind dann halt so vorformulierte Emails, bei der nur die Maße zählt. Ton ist dann auch freundlich.

Bei der Impfpflicht würde och vermuten, dass das über Telegramm Chatgruppen organisiert wird. Da werden dann die E-Mail-Adressen plus Textbausteine geteilt.

Mit einfachen Programmier-Skills ist das wahrscheinlich kein Problem.

Nehme an, dass eine besondere Wirkung durch aggressive und persönliche anfeindende Sprache erreicht werden kann. Die lässt sich zum Glück nicht so leicht automatisieren. Dafür sind dann evtl Trollfabriken an der Arbeit… Juhu Digitalisierung.

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Merci!

Ich habe einen Brief an das lokale Wahlkreisbüro des MdB geschrieben - und kurze Zeit später einen telefonischen Rückruf bekommen.

Das Gespräch machte einen ehrlich interessierten Eindruck. War natürlich nicht lang, aber doch eine sehr gute Gelegenheit auf mein Thema aufmerksam zu machen.

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Die antworten noch weniger. Das macht das Verhalten der anderen Parteien nicht akzeptabler. Kein Wunder, dass der POLITIKER-Verdruss weiter um sich greift

Darum ging es mir nicht, sondern darum:

Wenn die Populisten das gleiche Verhalten an den Tag legen, warum sollte man diese vorziehen.
Ansonsten stellt sich mir die Frage: sind die Abgeordneten verpflichtet, diese Fragen zu beantworten?

Ja, ich habe den Aufruf in der LdN 285 gehört. Und dann bei mir folgendes gedacht:

Aktuell schreibt die lärmende Minderheit und suggeriert nun den Abgeordneten, dass sie die Mehrheit wären, denn die schweigende Mehrheit schwiegt eben. Aber immerhin bekommen die Abgeordneten hunderte Mails am Tag.

Wenn jetzt die schweigende Mehrheit aufhört zu schweigen, dann werden die Abgeordneten tausende Mails am Tag bekommen. Die werden also noch mehr in der Flut an Mails absaufen als sie es sowieso schon tun. Keiner kann täglich tausende von Mails lesen. Und wahrscheinlich wird es auch schwer sein aus diesem „Rauschen“ dann ein Signal zu extrahieren um rauszufinden, was die Mehrheit will.

An der Stelle stellt sich mir dann die Frage, ob es nicht bessere Möglichkeiten für Abgeordnete gibt, sich eine Meinung zu einem Thema zu bilden. Das Stimmungsbild zu Fragen wie bei der Impfpflicht dürfte von vielen Meinungsforschern untersucht worden sein, die sind Profis darin, bei der Stichprobenauswahl so vorzugehen, dass die Auswahl stellvertretend für die Grundgesamtheit steht.
Und wenn diese Umfragen im krassen Mißverhältnis zu dem stehen, was da per Mail aufschlägt, dann sollte man mal überlegen ob die Mails vielleicht nicht ein ochestrierter Sturm sind.

Vielleicht ist uns die Schweiz, die ja fast über jedes Thema eine Volksbstimmung macht da einen Schritt voraus. Es ist eben das Problem der repräsentativen Demokratie, dass die Abgeordneten sich informieren müssen, also jeden MdB zum Medienkompetenztraining schicken?

Mailfluten halte ich aus obigen Gründen eher für kontraproduktiv. Wäre ich Abgeordneter würde ich eher die Briefpost sichten, denn da muss der Absender ja immerhin ein paar Cent investieren um mir den Brief zu schicken.

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Wie erlaubt man Diskussion, Partizipation und Konsens-Findung ohne Trollen eine Plattform zu bieten? Taiwan verfolgt in diesem Kontext ganz interessante Ansätze, um genau diesem Aspekt zu begegnen.

Im Kern gibt es anscheinend eine Art Petitionssystem, wo man up- und downvoten kann. Zusätzlich wird visualisiert, wie das eigene Abstimmverhalten mit anderen korreliert. Dadurch sieht man ob ein Vorschlag von einer diversen Mehrheit oder einer koordinierten kleinen Gruppe hochgevotet wird.

Das ganze ist verbunden mit der Verpflichtung, dass sich die Regierung mit Vorschlägen tatsächlich auseinandersetzt.

Ich fand diese Beschreibung interessant:

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Ich stimme dir zu.

Der Aufruf, den Abgeordneten zu schreiben und laut zu werden, ist in etwa, als würde man im Stadion aufstehen, um besser zu sehen. Hinterher stehen alle, aber keiner sieht besser.

Im Prinzip bedeutet „werdet laut“ nur „fangt auch an zu brüllen, damit ihr die anderen Brüller übertönt.“ Es schreien alle, immer lauter und immer aggressiver und immer extremer, um sich durchzusetzen. „Tragt den Lärm von Twitter, Facebook und Telegram ins echte Leben!“ Yay!

In dieser Kakophonie sollen die MdB dann durchblicken?!?

Wenn die „stille Mehrheit“ lauter wird, müssen die Extremisten noch lauter werden. Sie werden also zB vor privaten Wohnungen demonstrieren. Schön eskalieren.

„Schreibt den Abgeordneten“ ist der Aufruf zur Eskalation.

Besser wäre doch, die MdB würden andere Wege finden sich zu informieren.

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Ich finde hier, sowie von der Lage wird die digitale Kompetenz der Volksvertreter und eines Großteils des Volkes gnadenlos überschätzt.
Als A. Merkel sgate „Das wäre alle Neuland“ hat man sie verlacht. Ich (IT Freelancer im Bereich Support und Kundenbetreuung) fühlte mich verstanden.
Ich sehe es sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld, wie wenig die Leute tatsächlich über die Themen, über die wir hier reden, Bescheid wissen.
Die haben alle ein smartphone und Internet, heißt aber nicht, dass sie wissen, was sie tun. Die konsumieren nur. Browser auf dem Rechner oder Phone ist Standard. Das Phone liefert eine vorinstallierte App mit Schlagzeilen. Ist doch geil, muss ich mich um nix kümmern. Von wegen Neuland, ich hab doch so ein geiles Teil gekauft und da ist doch alles drauf.
Dass da Bildzeitungsniveau kommt und die Alghoritmen die Schlagzeilen anpassen, so dass die immer mehr in ihre Filterblase rutschen, daran denken die nicht mal.
Und glaubt nicht, dass sich Politiker besser auskennen, die sind auch nur ein Querschnitt der Bevölkerung. Deswegen gebe ich auch nichts auf die Online Petitionen.
Aber schon in der Schule wird den Kids das „weiterdenken“, „über den Tellerrand schauen“ nicht gezeigt.
Digitalisierung, Hurra, wir haben iPads. Aber mit iPads lernt man doch nicht wie IT funktioniert. Programmieren hat damit auch nix zu tun. Das lernt man später intensiver und zielgerichteter.
Wie funktioniert ein Netzwerk. Wie ist es möglich, dass mir jemand Mails im Namen eines Bekannten schickt und ich bemerke es nicht.
Wie löse ich ein Problem am Rechner, wie deute ich Fehlermeldungen.
Im Job kommen Absolventen zu mir mit einer Fehlermeldung. Ich google die und mit dem zweiten Treffer löse ich das Problem. „Oh wow, Sie sind ja ein echter Crack“ Kein scheiß, das passiert täglich.
Excel richtig nutzen, Word, das sind Werkzeuge, die jeder Absolvent aus dem FF beherrschen sollte. Und zwar so, dass es Arbeit spart. Ich sehe junge Menschen, die den Taschenrechner am Rechner benutzen um das Ergebnis in Excel einzutragen.
Ich muss aufhörten, sonst bekomme ich Blutdruck :wink: Außerdem bin ich schon viel zu weit Off Topic.

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Einerseits sprichst Du mir aus er Seele. Ich bin zwar kein IT Fachmann, aber sehr IT affin, im Sprachgebrauch wohl ein „Power User“.

Andererseits: Ist das nicht Ausdruck einer technologischen Entwicklung, an dem größten Teil der Menschen vorbeigezogen ist? Mir gruselte es schon, wenn ich ein Alter erreiche, in dem ich „den neuesten Scheiß“ nicht mehr begreife, nicht mitbekomme oder einfach keine Energie dafür habe …

Ich finde es nicht richtig, Menschen derart dafür zu kritisieren, dass die IT Industrie nicht nur nicht in der Lage ist, Lösungen zu entwickeln, die Menschen nicht überfordern. Sondern die auch aus Gewinnstreben Technologien entwickelt, die uns unserer Lebensqualität beraubt, in dem unsere Aufmerksamkeit in allen Ecken und Enden abgelenkt wird.

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Das Argument, „Wenn die schweigende Mehrheit jetzt auch noch ihre Bundestagsabgeordneten anschreiben, dann ertrinken die endgültig in Zuschriften“ ist zwar richtig. Aber das kann doch nicht bedeuten, dass wir dieses Feld den Feinden von Demokratie und Freiheit überlassen können.

Ulf und Philip stellen zurecht fest: Politiker können sich ja schlecht abschotten, um sich vor den Mails etc. von Klima- und Corona-Leugnern, Impfgegnern, Putinverstehern etc. zu schützen.

Wie sollen sie dann herausfiltern, was die Mehrheitsmeinung ist? Sich nur noch auf Umfragen verlassen? Wo viele der Umfrageinstitute ja jeweils einer Partei nahestehen? Bitte um 3 Umfragen zur selben Frage und Du bekommst: Verwirrung.

Und dann gibt‘s ja noch die Lobbyisten in den eigenen Reihen, die Fraktionseinpeitscher usw. Leute: Die haben‘s echt nicht leicht.

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Puh, Die Industrie entwickelt, was gekauft wird. Ohne Gewinnabsicht arbeiten nur gemeinnützige Organisationen oder der Staat und dort geht es oft auch um Eigeninteressen.
Die von dir genannten Technologien berauben uns nur unsrerer Lebensqualität, wenn wir sie falsch oder nicht bewusst einsetzen.
Die Frage ist: Wer ist Schuld, dass die Menschen zu doof sind?

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Ich bin der Letzte, der Gewinnabsichten kritisiert.
Nur, wenn man wissentlich Mist produziert, weil man um die Schwächen der Menschen weiß und diese ausnutzt, dann darf man sich über Kritik nicht wundern.

Die Frage ist nicht, ob die Menschen zu doof sind. Die Menschen sind so, wie sie sind (auch wenn man sicherlich bei IT-Bildung noch etwas tun könnte).

Die Frage ist eher, ob die IT-Industrie willens ist, Lösungen zu entwickeln, die die echten Bedürfnisse der real existierenden Menschen befriedigen.

Aber wir kommen hier jetzt eine Nebendiskussion, die wir vielleicht andernorts fortführen sollten.

Ich fände mal eine methodische Aufklärung in der Hinsicht interessant. Ich finde den Ansatz gut, aber als Politik-Laie bin ich überfordert, was das genaue Vorgehen angeht. Wann schreibe ich meinem Abgeordneten, wann schreibe ich lieber an ein bestimmtes Ministerium und wie finde ich mich dort überhaupt zurecht damit das Schreiben an die richtigen Adressen geht? Wo sind Anlaufstellen ? Was funktioniert am Besten? Brief, Fax, Email, Petition usw. ?

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