Relativierung von Protesten durch Warnung vor rechtsextremer Unterwanderung

Mir fällt zuletzt gehäuft auf, dass Vertreter der Regierung in aller Regelmäßigkeit davor warnen, dass Proteste (zum Beispiel der Landwirte) durch Rechte und Rechtsextreme unterwandert werden könnten. Diesen Reflex finde ich hochgradig problematisch. Landwirte sind mir in den letzten Jahrzehnten nicht gerade als eine auffällige Gruppe der Bevölkerung in Erinnerung geblieben. Jetzt gibt es halt einen konkreten Anlass und sie demonstrieren gegen das geplante Regierungshandeln. Selbst wenn es rechte Trittbrettfahrer geben würde, schmälert das nicht das Anliegen der Landwirte. Bei mir als Bürger kommt jedoch an, dass Habeck und Co die Legitimität der Proteste ein Stück weit untergraben wollen. Das ist für mich ein schlechter Stil. Und auch in der aktuellen Lage einer erstarkenden AFD auch nicht hilfreich. Wenn wir irgendwann das „ganze“ Land als Rechts brandmarken, dann gibt es auch keine Hürde mehr die AFD zu wählen. Und das können wir nicht wollen.

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Es ist leider ein Fakt, dass es enorme Bemühungen rechtsextremer Parteien gibt, Proteste zu nutzen, um ihre Anliegen voran zu bringen. Das konnte man bei Corona gut sehen und das ist nun auch bei den Landwirten der Fall. Darauf muss hingewiesen werden.

Ich deute die Kommentare von Habeck und co. in diese Richtung eindeutig nicht als Versuch der Delegitimierung der Proteste, sondern als Aufruf an die Protestierenden, dafür Sorge zu tragen, dass ihr legitimer Protest nicht durch Rechtsextreme besetzt wird.

Machen wir nicht - niemand sagt, alle Bauern, die protestieren, seien Rechts. Wir sagen, dass Rechtsextreme versuchen, die Bauern zu instrumentalisieren. Und das ist korrekt und wichtig.

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Der Konjunktiv ist hier falsch. Es gibt sie in nicht geringem Maße.
Und nein, es ist nicht tragbar, wenn die Bauern das nicht unterbinden.

Wo kommt die Erkenntnis her?

Und ja, es war der Konjunktiv, weil ich es zumindest nicht quantifizieren kann.

Starke Forderung. In der Praxis halt nicht so leicht und auch kein neues Phänomen. Ich würde behaupten, denn beweisen kann ich es nicht, dass jede Demo ein Querschnitt politischer Interessen ist.

Gut. Ich wollte nur auf das aufmerksam machen was mir konkret aufgefallen ist. Und ich glaube an der Reaktion der Landwirte eine ähnliche Wahrnehmung erkannt zu haben.

Seit Jahren gibt es Warnungen vor einen Rechtsruck in der Gesellschaft. Die AFD bekommt mehr und mehr Zuspruch. Dann würde ich behaupten, dass das kein funktionierendes Mittel gegen die AFD war und ist.

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Ich habe mit die Proteste der Bauern heute auch angeschaut, die bei uns im Ort „demonstriert“ haben. Es stachen einige heraus, deren Transparente nichts mit der vorgegebenen Sachlichkeit (Kürzung der Subventionen) zu tun hatten, sondern rein auf Regierungsumsturz ausgelegt waren, zum Beispiel „die Ampel muss weg“ oder „Fachkräftemangel gibt es nur in der Regierung“.

Meines Erachtens ist diese pauschalisierte Denkweise ein Werk von antidemokratischen Kräften, die es geschafft haben die Ampel und insbesondere die Grünen als die Wurzel alle Probleme zu etablieren und schon gar nicht mehr über Inhalte reden.
Emotionen ersetzen Fakten.

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https://taz.de/Rechte-Symbolik-bei-Bauernprotesten/!5982308/

https://www.tagesschau.de/faktenfinder/kontext/bauernproteste-interview-lamberty-100.html

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-01/rechtsextreme-bauernproteste-organisator-unterwanderung

Was denkt ihr denn wie so eine Masse von Demonstranten sich zusammensetzt? Es gibt je nach Region 20% bis über 30% potentielle AFD Wähler wenn man dem ZDF Politbarometer und anderen Umfragen Glauben schenkt.

Es wäre ja nahezu ein Wunder wenn sich dieses rechte Spektrum nicht auch in den Bauernprotesten wieder finden würde. Der Karren bzw. die politische Glaubwürdigkeit steckt viel weiter im Dreck als sich das die meisten vorstellen können und wollen.

Wenn wir, die Gesellschaft, die noch nicht an die AfD verloren ist, nicht aktiv werden und auch in unserem Freundeskreis bei politischen Diskussionen klare Grenzen ziehen in dem wir klar machen warum die AfD ein no go ist gibt es kein zurück mehr. Wir versinken im braunen Sumpf und hinterher will es wieder niemand gewesen sein… der die NSDAP/AfD gewählt hat.

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Hier soll das Symptom bekämpft werden, aber nicht die Ursache der Wählerwanderung. Keine Brandmauer dieser Welt wird den Wähler von der Wahl der AFD abhalten, wenn die anderen Parteien keine verträglichen Lösungen für die Probleme des Landes anbieten.
Wenn es den Menschen subjektiv schlechter geht, dann wird der moralische Zeigefinger nichts ändern. Und diese Einsicht vermisse ich bei der Ampel und CDU.

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Ich bin gestern mal durch die Trekkerkollonen in Berlin geradelt. Es ist natürlich beeindruckend: hunderte riesige Maschinen, die in der Stadt und in der Häufung nochmal martialischer wirken. Aber gleichzeitig war die ganze Szenerie fast wie ausgestorben - eher wie eine Geisterstadt. Alle hundert Meter mal ein paar gelöste Bauern um ein rauchendes Feuer. Hatte was von Mad Max.
Es drängt sich einem jedoch das Gefühl auf, dass hier etwas nicht in Relation ist. Wenn die Bauern ohne ihre Traktoren demonstrieren würden (wie alle anderen das auch müssen), würde der Protest so wirken, wie er ist: klein. Es geht um ein bisschen mehr Geld für eine Branche und eine diffuse Unzufriedenheit, die sich in Akzeptanz und direkter Unterstützung von irgendwelchen rechten Dullies äußert - ob berechtigt oder nicht - wieso muss sich das ganze Land wochenlang damit beschäftigen?

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3 Beiträge wurden in ein existierendes Thema verschoben: Vergleichbare Protestformen von Landwirten u. Klimakleber?

Hier kommt denke ich eine sehr interessante Frage auf:
Welche Rechte und Pflichten haben die Organisatoren einer Demo?
Inwiefern sind sie dafür verantwortlich, unerwünschte Personen aus der Demo auszuschließen?
Welche objektiven Kriterien sollen hierfür überhaupt angewendet werden?
Wie ist das logistisch überhaupt machbar?

Soll der Organisator persönlich die Demo abschreiten und jedes Plakat sowie jede Person persönlich genehmigen? Das mag ja bei kleinen Protesten noch gehen, aber schon bei ein paar hundert Teilnehmern wird as meiner Meinung nach unrealistisch.
Wie soll die Orga mit Teilnehmern umgehen, die nach Beginn der Demo dazustoßen? Soll da eine Art Einlass mit Taschenkontrolle stattfinden?

Oder soll auf der Kundgebung selbst jemand am Mikrofon pauschal rechte Einflüsse verurteilen? Das wird nämlich schon gemacht, hat aber nur Symbolwirkung

Neben irgendwem läuft so jemand mit entsprechenden Plakaten immer her, oder?
Ansprechen. Klar machen, dass das nicht geht. Und wenn er bleibt, selbst die Demo verlassen.

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Ich hoffe das macht nicht Schule. Sonst könnten rechte Gruppen jede legitime Demo durch Anwesenheit auflösen.

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Einerseits einverstanden, andererseits geht es auch nicht, das einfach hinzunehmen. Man muss sich schon gegen eine solche Vereinnahmung stellen.

Es gibt Ordnerinnen und Ordner. Und wer sich daneben benimmt, wird ausgeschlossen - zur Not hilft die Polizei, die unter anderem dafür da ist.

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Du kannst es auch genau andersherum sehen: Wer sich von Rechtsextremen unterwandern lässt, delegitimiert „für mich als Bürger“ seinen eigenen Protest. Wenn ich das richtig im Kopf habe, wurde zu dem Angriff auf Habeck (warum nutzt du eigentlich genau den als Beispiel?) von Rechtsextremen aufgerufen - ich wage aber zu behaupten, in der breiten Bevölkerung waren das „die Bauern“.
In meiner Stadt gab es einen (sehr kleinen) Autokorso von Rechtsextremen „zur Unterstützung der Landwirte“, der lokale Bauernverband hat dazu aufgerufen, nicht dran teilzunehmen, die Bauern haben nicht dran teilgenommen - und die Nachricht, die mir eine Freundin schreibt: „Die Bauern sind wieder unterwegs“.

Wenn ich das im Kopf habe, sind die Warnungen der Regierungsvertreter schon eher Solidarisierungen als Delegitimierungen: „So können wir nicht auf euch zukommen, dann würden wir uns von Nazis die Politik vorschreiben lassen.“ (NB: Wäre schön, wenn sie sich wirklich nicht von Nazis die Politik vorschreiben lassen würden…)

Eigentlich geht es auf einer Demo immer um ein einzelnes, sehr konkretes politisches Interesse. Und komischerweise kriegen „linke“ Demos das immer hin, dass da keine Leute stehen, die man nicht dabeihaben möchte.

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Das bedeutet in letzter Konsequenz, dass man den Rechten die Deutungshoheit über jedes noch so berechtigte Anliegen zugesteht. Denkt man das konsequent zu Ende, gäbe es ihnen die Macht jede Demo zu delegitimieren, indem sie ankündigen, sich ebenfalls beteiligen zu wollen.

Das kann ich wirklich niemand wollen.

Nein, ich denke, man muss sich vor Ort dagegenstellen und kommunizieren, dass Rechtsextreme nicht erwünscht sind.

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Und denkt man das konsequent zuende, muss man auf seiner Demo jeden noch so schlimmen Nazi-Sprech (abseits des strafrechtlich Relevanten) dulden.

Diese Extreme helfen doch nicht. Vor ein paar Jahren haben Jugendliche(!) mehrere Millionen Menschen auf die Straße gebracht und die Politik im Land verändert, ohne dass da auf einmal „Schützt unsere deutschen Landschaften“ auf den Plakaten stand. Während der Pandemie gab es Demonstrationen gegen Coronamaßnahmen mit der Forderung „Unterbindet Ansteckungen in der Industrie statt in der Freizeit“, bei denen Querdenker ferngehalten wurden.

Ja, bestimmt schlechte Beispiele, aber trotzdem:
Es geht. Man muss es halt auch wollen.