Als letzte Woche der Aufruf in den Medien ertönte, dass es ohne ordentlich Gas zu sparen, eng werde, habe ich mit Blick auf die immer noch steigenden Speicherfüllstände gedacht, dass sei etwas überzogen. (Das die Situation problematisch ist, ist mir natürlich auch klar.) Als heute wieder die Meldung kam
wollte ich mal nachvollziehen, ob es Panikmache ist, oder wir wirklich kurz vor Schluss stehen. (Zumal die Zahlen in dem Artikel nur schwer nachvollziehbar sind, weil die mit den genannten GWh eigentlich GWh / Tag meinen).
Siehe da: Die Geschichte ist doch extrem knapp für diesen Winter. Ich habe das mit den offiziellen Zahlen von der Bundesnetzagentur (wiklich) einfach überschlägig zusammengerechnet, und wenn ich nicht irgendeine Wunderpipeline vergessen habe, die demnächst noch angeschlossen wird, stehen wir nach dem Winter auf jeden Fall mit leeren Gasspeichern da - natürlich vorausgesetzt, alle Im - und Exporte bleiben auf ähnlichem Niveau.
Bekommen wir die leeren Gasspeicher bis zum nächsten Winter wieder aufgefüllt? Die LNG-Terminals sollen ja auch erst im Winter 2023 fertig werden. Und die Medial stark Angepriesene Schiffsladung LNG aus den VAE, die Scholz für Dezember (?) ausgehandelt hat, wird daran auch kaum was ändern. Die Ladung stellt eher den berühmten Tropfen auf dem heißen Stein dar.
Laut Claudia Kemfert muss genau deshalb der Preis hoch bleiben, sonst könne es im Februar so weit sein, dass wir die Industrie abdrehen müssten und dann würden wir " Deutschland abdrehen"
Ich denke eher darüber nach, wie wir PV/Wind und Speicher schneller deployed. kriegen.
Ja ich hatte das vor ein paar Wochen auch mal überschlagen.
Mit den derzeitigen Importen, natürlich ohne Russland, und dem zu erwartenden Verbrauch.
Ich kam auch zu dem Ergebnis, dass es diesen Winter eigentlich noch ausreicht, dank der vollen Speicher, aber die Ausgangssituation im Oktober 2023 dann eine andere sein wird.
Weil wie du sagst, nach diesem Winter die Speicher wirklich relativ leer sind und nicht wie sonst bei > 20 %
Ich würde ja eher Werbung zum „Wohnraum sparen“ zu machen.
Also wahlweise Zimmer kalt stellen oder aber mit anderen zeitweise zusammenziehen und ganze Häuser kalt stellen.
Die Idee wäre z.B. was für die Gebiete die sonst Ferienwohnungen im Haus anbieten.
Da einen Nachbar unterbringen, so Kosten teilen und das Nachbarhaus komplett abdrehen.
Spart Gas und Strom (und Geld).
Der Nachbar wird ja in der Ferienwohnung nicht für lau leben können und ein Haus komplett nicht zu heizen ist eher eine schlechte Idee, insbesondere im Hinblick auf Schimmelbildung und gefrorene Rohrleitungen.
In Summe würde das eher deutlich teurer werden als die Häuser moderat weiter zu heizen und darin zu wohnen.
Auch nicht zwingend hier in Schweden werden zigtausende Sommerhäuser jedes Jahr kalt gestellt.
Aber ja, einfach alles abschalten und gehen ist schlecht, man muss das Haus auch wirklich auf kalt umstellen, also z.B. alle Wasserleitungen ablassen.
Bei uns in der Hausbesitzer Zeitung wurde in der letzen Ausgabe eine Schritt für Schritt Anleitung zum kaltstellen einzelner Wohnräume oder eben ganzer Häuser.
Und wir sind ja wohl hoffentlich überein, dass es billiger ist eine Ferienwohnung zu betreiben als ein ganzes Haus.
Oder Wohngemeinschaften müssten einfach mal weniger stigmatisiert werden.
Also wie ich manchmal angeschaut werde, weil ich mit 39 Jahren in einer WG lebe, ist schon ernüchternd. Aber gerade WGs sind meines Erachtens das Beste aus beiden Welten: Ich fühle mich nicht räumlich eingeengt (weil wir eine 120 m²-Wohnung haben), aber pro Kopf entfallen auf mich nur 30 m², was im Hinblick auf den Umweltschutz nahezu optimal ist.
Grundsätzlich könnte man ja mal fragen:
Warum gibt es staatliche Förderungen für den Bau weiterer Einfamilienhäuser („Wohnungsbauprämien“), obwohl die im Hinblick auf den Umweltschutz problematisch sind, aber es gibt keine staatliche Förderung für umweltfreundliches Wohnen ohne Eigentumserwerb. Warum werden ausgerechnet diejenigen, die sich Eigentum leisten können und wollen, unterstützt? Das ist weder aus sozialer Sicht, noch aus Umweltschutzsicht sinnvoll.
Dann wäre es ja kontraproduktiv, dass der Gaspreis momentan wieder fällt. Wobei die Vergünstigung bei uns ja auch nur zeitverzögert ankommt.
Ich glaube, der PV-Ausbau läuft momentan schon ganz ordentlich - vielmehr wird unsere derzeitige Industrie kaum hergeben können. Vielleicht hilft das ja die Situation nächstes Jahr leicht zu entspannen. Aber große Sprünge erwarte ich da eigentlich nicht. Bei Windrädern habe ich überhaupt keine Vorstellung, wo wir wirklich stehen. Die Berichte in der LDN hörten sich eher so an, als würden der Ausbau „feststecken“.
Hier mal kurz meine Zahlen (ich habe es nicht geschafft den Screenshot beim erstellen des Themas einzufügen):
Dieses Frühjahr waren Berichten zufolge die Gastanks doch auch schon nicht so voll wie normal, oder? Also auch eine schlechtere Ausgangssituation.
Ganz naiv würde ich aus den Zahlen schließen, dass wir den Gasverbrach um etwa 20% senken müssen um auf einen grünen Ast zu kommen. Das klingt doch machbar. Können das die Experten hier bestätigen, oder übersehe ich etwas?
Genau, das sieht man auch in der Grafik
Dieses Jahr waren die Gasspeicher mit ca. 21 % um 20 %-Punkte weniger gefüllt, als im Schnitt aus den letzten Jahren.
Und daraufhin wurde erfolgreich (zu einem hohen Preis) viel dafürgehalten, den Speicher schneller und höher aufzufüllen als sonst.
Aber ob das nächstes Jahr auch geht, wenn man nichtmals bei 21 % sondern bei fast 0 % startet, das ist die Frage.
Vor allem haben wir über den Sommer kontinuierlich Gas aus Russland erhalten (wenn auch mit einigen Drosselungen), während die Haushalte gleichzeitig wenig verbraucht haben. Da blieb natürlich etwas übrig, um es in die Speicher zu leiten.
Die große Frage in der ganzen Diskussion ist doch letztlich, wie kalt dieser Winter wird.
Ein milder Winter und wir kommen mit einem blauen Auge davon - ein überdurchschnittlich harter Winter und wir werden definitiv Probleme bekommen. Dummerweise gibt es keine Möglichkeit, das jetzt vorherzusehen, also warten wir mal ab und sparen präventiv Gas. Dummerweise muss die Bevölkerung dazu mitspielen, und aktuell scheint der Verbrauch ja eher höher als in den Vorjahren auszufallen.
Wenn der Winter hart wird und ein Teil der Industrie abgeschaltet werden muss, wird der wirtschaftliche Schaden natürlich immens sein.
Ich habe mir die Zahlen von der Bundesnetzagentur noch mal genauer angeschaut, und einfach mit Hilfe des Durchschnitsverbrauchs der einzelnen Monate aus 2018 - 2021 mal hochgerechnet.
Ausgehend von einem Gasimport von 3.000 GWh (das ist das, was ca. reinkommt, seitdem wir von den Russen abgeklemmt wurden) und dem Durchschnittsverbrauch der letzten Jahre (also ohne jegliche Einsparungen!) fällt der Speicherstand im April 2023 auf etwa 10% ab:
Die Letzten Monate haben wir in den kalten Monaten ca. 5% und in den wärmeren Monaten ca. 18% Gas eingespart. Geht man davon aus, dass im den nächsten Monaten das Gassparen nicht so gut gelingt (als vorsichtige Prognose) und halbiert diese Werte, könnten wir sogar (gaaanz knapp) durch das Jahr 2024 kommen, ohne dass sich unser Gasimport erhöht:
Natürlich ist das knappe durchkommen kein gutes Szenario. Es sieht jedoch etwas besser aus, als ich anfangs dachte. Unser Bundesregierung hat wahrscheinlich zwei Jahre Zeit, um die Gasimporte nach oben zu bringen. Voraussetzung ist natürlich, dass Gas gespart und der Gaszufluss nicht verringert wird.
BTW: Die Bundesnetzagentur hat sich anscheinend bei den Einsparungen aus September 2022 verrechnet. Wir haben nicht 17,6 % Gas eingespart sondern 13,4 %:
Leider fehlen ein paar Informationen auf den ersten Blick, um den Import zu beurteilen oder welcher Verbrauch in TWh / Tag bei 0 % Einsparung denn angesetzt ist.
Da wir momentan eher bei 20 % Einsparung sind (Quelle im Post vor mir), sollte das Gas diesen Winter wohl ausreichen, solange nicht noch was außergewöhnliches passiert.
Bleibt aber die Frage, ob bis zum Winter 24/25 die Speicher auch wieder auf 100 % gefüllt werden können und wenn ja, zu welchem Preis…
Ich befürchte auch etwas, dass die Gaspreisbremse ebenso die Einsparbemühungen in der Industrie oder den Haushalten ausbremst.
Vor allem in der Industrie, wo beispielsweise in manchen Betrieben auch noch eine alte Ölheizung verfügbar wäre, die bei Preis x fürs Gas für die neue Gasheizung auch wirtschaftlich einzusetzen wäre. Nur dank Gaspreisbremse bleibt der Betrieb mit Gas günstiger als mit Öl.
Selbst wenn die Haushalte 10% einsparen, sind es halt auch nur 10% auf die etwas unter 1/3 Anteil am Gesamtverbrauch. Es ist wichtig, dass alle Bürger im Rahmen ihrer Möglichkeiten mitwirken. Die Haushalte sind mit ihrem theoretischen Einsparpotential aber auch nur begrenzt in der Lage an der Situation etwas zu ändern.
Momentan sind wir sogar nur bei 13 %. Oder temperaturbereinigt bei 16 % hieß es in der Lage glaube ich. Damit kommen wir mindestens gefährlich nah an die 0 % ran.
Nomax, aber ich verstehe die Grafiken so, dass sich die 10, 20 oder auch die 13 % auf den Gesamtverbrauch beziehen und nicht nur auf die Haushalte. Oder meintest du was anderes?
Ich gehe halt davon aus, dass die Industrie aus Eigennutz ihre Prozesses so optimiert, dass sie Gewinne macht. Sparen kann dann nur funktionieren, wenn die Industrie die Produktion runter fährt. Das hat dann aber auch wieder Effekte (Kurzarbeit, Entlassungen…).