Strompreisbremse, Gasmangellage - Preise als Knappheitssignal

Die Bundesregierung hat eine „Strompreisbremse“ beschlossen, mit der Stromkunden eine „gewisse Menge“ Strom zu einem vergünstigten Preis zugestanden wird.

Ein hoher Strompreis signalisiert die Knappheit von Strom und v.a. von Gas als teuerster Energieträger bei der Stromerzeugung (Merit Order). Der Marktmechanismus, d.h. die Neigung von Menschen, bei hohen Preisen weniger von der Ware zu beziehen, sorgt dafür, dass die Nachfrage und damit auch der Preis zurückgehen.

Die Strompreisgrenze, d.h. der Eingriff in diesen Marktmechanismus, führt zu folgenden Effekten:

a) Der Preis für Strom jenseits der „gewissen Menge“ ist höher als ohne Eingriff. Wenn die „gewisse Menge“ als Grundbedarf pro Kopf definiert wird, trifft dies die Menschen, die mehr Strom als den Grundbedarf beziehen. Menschen mit niedrigem Einkommen werden dadurch geschützt, währen Menschen mit höherem Einkommen mehr bezahlen müssen.
b) Die Menschen, die höchstens den Grundbedarf beziehen, verbrauchen mehr Strom und Gas, als sie das ohne Eingriff getan hätten - in welchem Umfang, kann ich nicht abschätzen. Menschen, die mehr als den Grundbedarf beziehen, verbrauchen dann weniger, als sie ohne den Eingriff getan hätten.

Faktisch hat dies ein Umverteilungseffekt, der die Solidarität der Wohlhabenderen mit den Wenigerhabenden erzwingt.

Ich finde das richtig

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Weißt du zufällig ob das also nur für privatkund_innen gilt?

Wissen nicht, aber kann es mir anderes nicht vorstellen. Was ist der Grundbedarf eines Unternehmens?

Die Bundesnetzagentur hat das heute so formuliert:

„Die Bundesnetzagentur kann nicht ausschließen, dass in einer Gasmangellage auch gegenüber geschützten Kunden Anweisungen ergehen, den Gasbezug zu reduzieren.“ Zugleich sollen nicht geschützte Gaskunden wie beispielsweise Unternehmen einen „lebenswichtigen Bedarf“ an Gas erhalten.

Ja, aber nicht zu einem bevorzugten Preis

Beim Thema Strompreisbremse finde ich viel spannender, wie man diese korrekt berechnen will.

Der Stromanbieter hat regulär ja gar nicht die Informationen, wie viele Menschen an einem Stromzähler hängen.

Dazu kommt die Tatsache, dass die Warmwasseraufbereitung z.B. in meiner Altbau-Wohnung auch über Durchlauferhitzer läuft - und da wir eine Vier-Personen-WG sind, wird natürlich eine Menge geduscht, sodass einfach viel Strom dafür schon verwendet wird.

Generell ist die Frage:
Sollte eine WG aus vier erwachsenen, unabhängig voneinander agierenden Menschen nicht in ihrem Basisverbrauch anders behandelt werden als eine vierköpfige Familie, die z.B. gemeinsam kocht?

Ich sehe hier in der tatsächlichen Umsetzung einige technische und juristische Probleme.

  • Woher bekommt der Stromanbieter die Information über die Bewohnerzahl? Selbstauskunft der Kunden führt zu massivem Betrugsrisiko, alles andere zu sehr viel zusätzlichen Datenübermittlungen, die vorher nicht nötig waren (daher: plötzlich haben Stromanbieter ein „berechtigtes Interesse“ an Daten, an denen dies zuvor nicht bestand…)

  • Wie wird der Anteil der Warmwasserzubereitung bei diesen Basiskosten berücksichtigt? Durchlauferhitzer sind klassischerweise eher in Altbau-Mietwohnungen zu finden, die vor allem von ökonomisch schwächeren Menschen bewohnt werden. Wird die Warmwasseraufbereitung nicht berücksichtigt, ist das sozial problematisch.

  • Gilt der gleiche Basis-Bedarf für Erwachsene und für Kinder? Wie gesagt, in einer Vierer-WG, in der jeder selbst (zu unterschiedlichen Zeiten) kocht und jeder seine eigenen Unterhaltungsmedien konsumiert fällt definitiv viel mehr Stromkosten an als in einer vierköpfigen Familie. Und gerade ökologisch sinnvolle Wohnformen wie WGs sollten nicht benachteiligt werden.

Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie die konkrete Umsetzung aussehen wird.

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In unserer Kommune wird ein Teil der Müllgebühren entsprechend der Zahl der im Gebäude gemeldeten Personen berechnet. Stichtag ist zum 1.1. und 1.7. -fertig. Ob da eine Familie mit Kindern lebt oder ein Trupp osteuropäischer Fleischverarbeiter, das ist irrelevant.

So ließe sich das wohl am einfachsten durchführen: wer die Ermäßigung haben will, muss dem Stromanbieter aktuelle Meldebescheinigungen vorlegen. (Automatische Abfrage im Melderegister wäre natürlich einfach, aber wir sind ja in Deutschland.)

Interessant. In der Vermietung werden die Müllkosten in der Regel anhand der Quadratmeterzahl der Wohnungen verteilt, sodass derjenige, der alleine in einer 120 m²-Wohnung lebt doppelt so viel zahlt wie die dreiköpfige Familie in der 60 m²-Wohnung.

Aber bei der Umlegung von Müllkosten geht es natürlich auch um etwas anderes als bei einer expliziten Entlastung aufgrund massiv gestiegener Preise, denn bei letzterer steht die Gerechtigkeit im Vordergrund, bei der Umlegung von Müllkosten eher die Praktikabilität. Die Müllkostenumlegungstechnik hingegen wird vertraglich zwischen Mieter und Vermieter festgelegt, insofern steht „Gerechtigkeit“ hier nicht im Fokus.

Wie gesagt, damit bekommt der Stromanbieter zusätzliche Daten, die er eigentlich nicht braucht.
Dazu kommt, dass eine Meldebescheinigung hier in Bochum 9 Euro kostet. Eine Entlastungsmaßnahme, die erst mal zusätzliche Kosten verursacht, erscheint mir reichlich verfehlt.

Das ist nicht überall so. Bei uns geht es nach gemeldeten Personen pro Haushalt und den bewohnten qm. Je nach Wohnungsgröße bzw. den gemeldetetn Personen muss man ein Mindestmüllvolumen bezahlen, damit der Müll nich im Wald landet um Gebühren zu sparen. Jemand, der in einem Haus wohnt, kann z. B. nicht die kleinste Mülltonne bestellen. Wer wenig Müll produziert, wird natürlich benachteiligt, aber mir ist das lieber als Müll im Wald und in Grünanlagen.

Das kann man nun auch anders sehen. Die Entlastung verstehe ich als einmalige Maßnahme für den kommenden Winter. Da steht für mich die Praktikabilität an erster Stelle, denn weder bei der öffentlichen Hand noch bei den Versorgern wird zusätzliches Personal da sein, um das abzuwickeln.

Einfache Möglichkeiten stehen ja schon im Raum.

  • 80% des letzten Verbrauchs als Basisverbrauch
  • 80% des durchschnittlichen Haushalsverbrauchs (so will das Österreich machen)
  • x kWh pro im Haushalt lebender Person, aber da hat man dann schon das Problem, dass man die gemeldeten Personen pro Haushalt erfassen muss

Ich hoffe, dass es eben nicht 100.000 Ausnahmen gibt, die schwierig zu prüfen sind, Personal kosten, das nicht da ist und auch zur „Gestaltung“ einladen, die dann wieder von Personal, das nicht da ist, geprüft werden muss, weil die Verhinderung von Betrug schließlich auch eine Gerechtigkeitsfrage ist.

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Ich finde es gut, dass was an der Strompreisentwicklung getan werden soll, aber der aktuelle Vorschlag ist für mich aus zwei Gründen schwierig. Wenn ich wegen der nächsten Coronawelle, oder um Energie zu sparen ins HomeOffice gehe habe ich ja dort unweigerlich einen höheren Energieverbrauch weil ich Beleuchtung, Rechner usw zu Hause betreibe. Wenn ich dadurch nun in einen explodierenden Strompreis gerate, der über dem Durchschnittsdeckel liegt, habe ich mir ins eigene Knie geschossen.
Das zweite Problem das ich damit habe ist ein Klimatechnisches, denn wen das am Ende massiv kneifen würde sind E-Auto Besitzer. Der angegebene Durchschnittsverbrauch mag erreichbar sein, wenn alle tagsüber nicht zu Hause sind und ein Benziner gefahren oder ÖPNV genutzt werden, aber sobald ich auf ein E-Auto umgestiegen bin und das an einer heimischen Wallbox lade, komme ich mit den Deckelungen niemals hin. Was einen Anreiz schaffen wird, doch lieber den Verbrenner zu nehmen.

Ich halte das so nicht für zu Ende gedacht.

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Das hängt doch ganz vom Preis ab, nicht wahr?

Außerdem, wer langfristig plant, denkt über eine PV Anlage nach und guckt nach günstiger Bürgerstromerzeugung oder einer Bürgerenergiegemeinschaft/Genossenschaft.
Es muss niemand alles alleine machen.

Wieso?

Zum einen sollte es möglich sein den Verbrauch der Wallbox herauszurechnen und zum anderen steigen doch die Spritpreise auch.

Das ist dann doch eher etwas, was der Arbeitgeber kompensieren muss, der dann ja im Betrieb Energie einspart.

Das kommt ja darauf an, wohin der Strompreis geht. Wenn ein Benziner 7 l auf 100 km verbraucht, dann kosten 100 km zur Zeit ca. 14 Euro. Ein e-Golf soll mit ca. 14 kWH auf 100 km auskommen. Selbst wenn es 20 kWH sind, weil nicht so sparsam gefahren wird, ist das e-Auto erst teurer, wenn der Preis auf über 70 Cent pro kWH steigt.

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Ja na klar hängt das vom Preis ab, aber wenn man sich an den Szenarien orientiert wie Ulf sie in der letzten Folge gemalt hat, wäre das fatal für die Elektromobilität.

PV ist sicher der Königsweg, aber eben z.B. für Mieter ja nicht machbar und die gibt es auf dem Land genauso wie in der Stadt.

Ich kann der Argumentation von Sebastian42 durchaus folgen.
Bei einer Deckelung eines Grundverbrauches, der - wie Herr Hirth zurecht gesagt hat - nur dann gute Sparanreize schafft, wenn er unter einem komfortablen Verbrauch liegt, wird es zwangsläufig eng bei den E-Autofahrern, zumindest werden viele eine Neuanschaffung / einen Umstieg noch mehr überdenken, wenn auch die Förderung reduziert wird.
Hier im ländlichen Raum höre ich die Nachbarn schon zurückrudern.

Wer nicht rechnen kann ist halt einfach immer klar im Nachteil

mit

Photovoltaik (auch Balkonkraftwerk)
Wärmepumpe
Batteriespeicher
E auto

inkl intelligentem Energiemanagement (oder hirn einschalten und schlau Energie verbrauchen),

habe ich mir über lange Jahre einen günstigen Energiepreis ohne Kohle/öl/gas/atom gesichert.

Sogar wenn ich eine grossteil davon finanzieren muss.

Ist so auch das Beste was man machen kann, aber eben nur wenn man kann. Ist man auf den Strom vom Anbieter angewiesen, weil man kein PV machen kann, ist das in der aktuellen Ausgabe diskutierte Szenario ein Schuss ins Knie für das e-Auto.

Unbestritten kann man es sich auch mit recht hohem Strompreis so einrichten, dass E-Mobilität immer noch lohnenswert ist. Vom guten Gefühl ganz abgesehen.

Der Punkt, den ich machen wollte ist aber vielmehr: Bei einem relativ stabilen Spritpreis (wir sprechen ja nicht umsonst vor allem über Gas und Strom) und massiv steigenden Strompreis werden weniger Menschen auf ein E-Auto umsteigen, als es der Fall war, als der Sprit in die Höhe schoss.

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Und ganz ehrlich: Das ist in der aktuellen Lage (leider) absolut richtig so. (Leider aufgrund der Auswirkungen auf die Umwelt und Energiewende.)

Öl und damit Benzin können wir, gerade in Westdeutschland, relativ leicht und zu erträglichen Kosten weiter beziehen. Die Benzinpreise sind fast auf dem Vorkriegs-Niveau.
Strom hingegen produzieren wir im Zweifel mit knappem Gas.

Am besten wäre es, würden die Menschen ihr altes Verbrenner-Auto noch ein wenig fahren (diesen Winter, vielleicht auch den nächsten), und erst dann auf Elektro wechseln (anstatt es heute zu tun). Mir ist klar, dass einige stattdessen jetzt den nächsten Verbrenner für die nächsten 10 Jahre kaufen.

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Bei den aktuellen Lieferzeiten ist es im privaten sowieso grad schwierig ein Auto, besonders ein E-Auto zu erwerben. Auf Grund des dazu noch unnötig subventionierten Dienstwagens ist die Nachfrage zusätzlich künstlich hoch geschraubt zum Nachteil des privaten Käufers.

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