Recap Atomausstieg - Spiel mit der Angst

Amen. Ich frage mich auch woher die Begeisterung für die in Deutschland völlig zu Recht nach jahrzehntelangen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen beerdigte Atomenergie kommt. Für den Ausstieg gab es auch große gesellschaftliche Mehrheiten bevor Teile von CDU/CSU und FDP in bekannter populistischer Manier die Atomenergie als angeblichen Garanten für weiterhin billigen Strom hervorgekramt haben.
Wer für Weiternutzung oder sogar den Neubau von Atomkraftwerken ist, sollte sich fragen ob er ein solches oder auch ein Endlager gerne vor seiner Haustür hätte. Dann hat sich die Diskussion meist erledigt.

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Voll ins Schwarze: :slight_smile:

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Die Diskussion hat aus meiner Sicht gezeigt, dass es in der Debatte beileibe nicht nur um Fakten und Preise geht, sondern auch um jede Menge unterschiedliche Einschätzungen und politische Befindlichkeiten.

Noch vor 2 Jahren wurde Gas in Deutschland als eine angeblich sichere und umweltfreundliche Alternative zu Kohle gefeiert - zumindest für den Übergang (Stichwort "Brückentechnologie). Dieses Modell ist mit dem Ende billiger Gaslieferungen aus Russland implodiert. Zudem hat sich in den letzten Jahren auch die Einschätzung bezüglich der Tragbarkeit von Kohle als Energieträger bis weit in die 2030er Jahre hinein stark verändert - das ist m. E. eindeutig ein Erfolg der Klimabewegung.

Dass im Zuge dessen gesellschaftliche und politische Akteur:innen die Rolle der Atomenergie anders einschätzen als 2011 und, ist also durchaus nachvollziehbar. Viel von der „Energie“ in der Debatte wird aus meiner Sicht dafür vergeudet, dass viele die par tout nicht führen wollen, und zwar vor allem mit dem etwas sturen Argument „Darüber haben wir doch schon geredet“.

Was wäre denn so schlimm daran, etwa eine Expert:innenkommission einzusetzen, die verschiedene Szenarien (Weiterbetrieb für 2, 5, 10 Jahre) mit den jeweilgen Vor- und Nachteilen skizziert (natürlich inklusive der Problemstellen wie alternde Reaktoren, fehlendes Fachpersonal, Bezug von Brennelementen aus Russland) und man dann eine Abwägung gegenüber dem eingesparten CO2 (und anderen Folgeschäden der Kohleverbrennung) vornimmt?

Natürlich spült jede Stunde, die ein AKW weiter läuft, vor allem den Betreibern Geld in die Kassen - was nicht nur ärgerlich ist, sondern auch die Energiewende bremsen kann - aber das ist bei einem Kohlemeiler ja nicht anders.

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Soweit korrekt. Es gibt nur einen Punkt, der zukünftig an der Stelle von Bedeutung ist. Teile der geplanten Nord-Süd-Trassen enden in der Gegend von aktuellen AKW (z.B. Landshut). Hier sollen große Mengen Windstrom vom Norden in den Süden transportiert werden und man setzt sinnvollerweise für die weitere Verteilung im Süden auf ohnehin bestehende große Kapazitäten, die durch den Ausstieg frei werden. Ein Weiterbetrieb würde hier also auch Netzseitig weitere Maßnahmen (andere Route, verstärkter Ausbau bestehender Leitungen etc.) nach sich ziehen.

Ganz so problemlos ist es also nicht. Aber solange die Leitungen noch nicht stehen und der Ausbau der Windenergie nicht deutlich beschleunig wird ist es auch erst mal für die Anschlusspunkte im Süden unkritisch.

Edit: hier noch der Link zum aktuellen Stand der Konsultation des NEP: https://www.netzentwicklungsplan.de/sites/default/files/2023-03/NEP_2037_2045_V2023_1_Entwurf_Teil1_7.pdf Ab S.130 ff kann man die geplanten Leitungsverläufe der Szenarien anschauen.

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Ja:

Eine große Mehrheit der Bundesbürger spricht sich gegen die bevorstehende Abschaltung der letzten Atomkraftwerke aus. Zwei Drittel sind nach dem am Dienstag veröffentlichten RTL/ntv-„Trendbarometer“ zum jetzigen Zeitpunkt gegen den Atomausstieg. Dabei sind 43 Prozent der Meinung, dass die drei letzten deutschen Atomkraftwerke noch länger zur Stromerzeugung genutzt werden sollten. Weitere 25 Prozent wollen, dass auch einige der bereits stillgelegten Akw wieder Strom produzieren sollten. Quelle (BZ)

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Gas ist so knapp geworden, dass wir zur Entspannung der Lage die Verstromung von Gas reduziert haben und den Bedarf nun durch klimaschädliche Kohle substituieren. Ich dachte das wäre bekannt?

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Dann muss ich mal deutlich sagen, dass eine Verlängerung der Atomkraft nur gehen sollte mit einer im Grundgesetz festgelegten Ausbaupflicht für alles was erneuerbare betrifft, sogar für Bayern. Und das muss zwingend ins Grundgesetz. Und ein Tempolimit muss dann auch kommen. Ansonsten muss die Energie von dieser Diskussion über trotz allem geringe Mengen Energie endlich weg.

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Nein, wie die Artikel oben zeigen, sind wir Deutschen nur bereit, andere die Risiken tragen zu lassen. Sobald die AKW in unsere Nachbarschaft kommen könnten, sieht das ganz schnell anders aus.
Darum reden alle Politiker auch nur über Weiterbetrieb und nicht über Neubau oder Endlager. Das Ganze ist schon sehr verlogen und egoistisch.

Der Fehler war, Atom durch Gas zu ersetzen und nicht durch EE. Wir haben eine Energiekrise weil wir die Energiewende zu langsam und falsch durchgeführt haben.

Im Süden kriegen sie seit Jahren nicht mal Stromtrassen gebaut, weswegen immer wieder im Süden Gaskraftwerke einspringen müssen, weil der Offshore-Strom aus dem Norden nicht transportiert werden kann.

Mit der Laufzeit-Verlängerung hoffen dir Leute, das sie die Folgen der verpeilten Energiekrise abmildern können, aber alles was die Laufzeit-Verlängerung bewirken würde, waren Mehreinnahmen bei den Betreibern.

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Das wäre für mich völlig in Ordnung. Ich schrieb ja bereits an anderer Stelle, die Politik sollte Prios (zum Beispiel CO2 Reduktion) vorgeben und die dann stringent umsetzen. Dazu gehört aus meiner Sicht auch Tempolimit und Ausbaupflicht.

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Da hast du recht. Ich bin auch absolut unzufrieden mit dem deutschen Ausbau der Erneuerbaren. Ich habe 2008 aus erster Hand miterlebt, wie man die Solarbranche in Thalheim (Solar Valley) platt gemacht hat und auch die Folgen des Einbruchs der Windenergie in Magdeburg habe ich vor Ort mitbekommen. Das war schlimm und dumm von der damaligen CDU/SPD Regierung.

Aber wir sind nun in der Situation in der wir sind. Und da stehen wir eben vor einem Scherbenhaufen. Die Frage ist ob wir das Kehrblech nehmen, alles zusammenkehren und alles hinterfragen oder ob wir die Scherben liegen lassen und versuchen ringsherum zu laufen.

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Ich Frage mich ja bei der Debatte immer ob denen die für einen Weiterbetrieb und/oder die Wiederinbetriebnahme überhaupt die Folgen der Forderung und die tatsächliche Machbarkeit bewusst ist.

Bleiben wir erstmal beim Weiterbetrieb:

  • es gibt keinen Revisionsplan (wie lange man für den braucht weiß ich nicht genau, ich weiß aber, dass bei Betrieb immer eine Planungsgruppe existiert die die nächste Revision plant sobald eine abgeschlossen ist)
  • es gibt keine Betriebsgenehmigung mehr (heißt neben der großen Revision (incl. allen Verzögerungen durch Fehlersuche und Behebung) kommt auch noch eine große Abnahmeprüfung die ebenfalls noch gar nicht geplant ist)
  • es gibt keine Brennelemente (da die „maßgeschneidert“ werden dauert auch das ab Bestellung, selbst wenn man die Problematik mit Rußland dafür ignorieren will)
  • es gibt kein Personal im „Wanderzirkus“ mehr denn da es keine geplanten Revisionen mehr gibt würde auch das Personal, dass für diese Revisionen jeweils angereist ist abgebaut
  • kein Mensch kann seriös kalkulieren was die Behebung dieser drei „es gibt kein(e)“ kosten würde

Ich würde sagen, dass ein Weiterbetrieb durch Verlängerung einen Stillstand der Stromerzeugung von mehreren Jahren bedeutet und die Betreiber bei solch kurzfristigen Änderungen ziemlich tief in die Staatskasse greifen wollen werden.

Wiederinbetriebnahme bereits stillgelegter Reaktoren:

Das ist noch interessanter, da rein rechtlich die Wiederinbetriebnahme einer Neuinbetriebnahme gleicht, was bedeutet, dass bei der Genehmigungsprüfung auch die aktuellsten Standards gelten dürften.
Das wiederum bedeutet, dass die bereits stillgelegten Reaktoren neben der ebenfalls nicht geplanten großen Revision auch noch ein noch nicht geplantes Upgrade in Form von Baumaßnahmen benötigt.

Und die von den Befürwortern der Technik so viel gerühmte Kompetenz der deutschen Ingenieure in dem Bereich hat zu den jahrelangen Verzögerungen und Kostensteigerung bei PLEX (Laufzeitverlängerung Oskarshamn) und den Verzögerungen bei der Inbetriebnahme von OL3 in Finnland geführt.

Ein paar Einblicke in PLEX:
Die Tagschicht hat Kabel gezogen, die Nachtschicht hat diese Kabel wieder rausgeschnitten.
Die Kabeltrassen waren komplett unterdimensioniert weil man die benötigten Kabel um ca. 100% zu gering geplant hat.
Die Kabel wurden gezogen bevor der Trassenbau fertig war um dann zu dem Schluss zu kommen dass die Trassen dort gar nicht gebaut werden können wo sie geplant waren.
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Deutsche Kompetenz in real Life.

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Ein neues Video von Prof. Quaschning
https://www.instagram.com/reel/Cq-rxG7PyBl/?igshid=YmMyMTA2M2Y=

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Zusätzlich zu dem, was @Olaf.K oben schreibt, noch ein Punkt, der mich an einer Laufzeit-Verlängerung stört:

Seit wir den Staatsfonds Kenfo haben und alle AKW-Betreiber dort ihre Milliarden eingezahlt haben, das war 2017, müssen die Betreiber keinen Cent mehr für die Beseitigung des Atommülls zurücklegen, und zwar für alle Ewigkeit, den in dem entsprechenden Vertrag wurde ja angenommen, dass die AKW alle 2022 abgeschaltet werden.

Ein AKW zu betreiben hat sich also noch nie so sehr gelohnt wie heute.

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Was du schreibst sind alles Probleme, die wir auch schon im letzten Jahr gesehen haben und die wir auf Wunsch einer einzelnen Ampel-Partei nicht angegangen sind.

Natürlich hätte man im letzten Jahr die AKW ertüchtigen und auch neue Brennstäbe kaufen können. Westinghouse hat das mehrfach angeboten.

Jetzt müsste man vermutlich je nach Anlage entscheiden, ob man noch bis zur Lieferung neuer Brennstäbe strecken kann oder nicht.

Im worst case einer Neuinbetriebnahme obliegt es den Behörden zu entscheiden wie streng man regeln auslegen möchte. Gerade die neuen LNG-Terminals haben ja sehr deutlich gezeigt wie schnell und unkompliziert Behörden arbeiten können wenn politischer Druck auf dem Kessel ist.

Anyway, mir reicht wenn es endlich mal eine unideologisch Diskussion über Pro und Kontra der Kerntechnik gebe. Selbst Wissenschaftler treten in dem Thema meist eher aktivistisch auf, z. B. Frau Kemfert oder Herr Quaschning.

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Dem muss ich leider deutlich widersprechen. Nur weil viele Wissenschaftler nun auch laut ihre wissenschaftlichen Ergebnisse mitteilen, nachdem sie teilweise Jahrzehnte lang ignoriert wurden, bleibt es dennoch Wissenschaft und kein Aktivismus.

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Einspruch. Große Teile der SPD wollten das auch nicht. Und schon damals wollte der Pro AKW Teil die Kosten lieber unter den Teppich kehren.

Stichwort Neu. Bei einem alten und mäßig geprüften AKW mit hohem Risikopotential erwarte ich volle Prüfungen und nicht den Murks den TÜV Süd. Das ist nun mal Hochrisiko Technik.

Und eine Zukunftstechnologie sind Erneuerbare und nicht die AKW. Man sollte hier auch mal die Aussagen der Betreiber mit viel Gewicht in die Bewertung werfen, nämlich dass die Produktionsmenge vernachlässigt werden kann und man das Geld besser investieren kann.

Atomausstieg: RWE bestätigt Aus für Kernkraftwerk Emsland - DER SPIEGEL

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Für andere Projekte des Klimaschutzes greift der Staat auch sehr tief in die eigene und die Tasche des Bürgers. Die oben beschriebenen Punkte sollten im neuen „Deutschlandtempo“ eigentlich eine Frage von Monaten bis zu einem Jahr sein. :wink:

Mein persönliches Gefühl ist, dass das Abschalten eine wunderbare Wahlkampfvorlage für Merz 2025 ist, und zwar zum einen im Sinne einer Abgrenzungsmöglichkeit gegenüber der Regierung Merkel (weitreichende Entscheidungen seien im Affekt getroffen worden, im Gegensatz zu anderen Ländern wie Schweden wurden vermeintlich falsche Entscheidungen nicht revidiert, sondern festgezurrt), zum anderen gegenüber den Grünen (CO²-Einsparung um jeden Preis nur dann, wenn es mit der Restideologie konform geht - Klimaschutz somit doch nur als Verhandlungsmasse), zum Dritten aber auch gegenüber der SPD und FDP, die eine solche Politilk mit-ermöglicht hatten.

Söder läuft sich schonmal warm: »Wir glauben, das ist nicht das letzte Wort«, sagte Söder bei einem Besuch des Atomkraftwerks Isar 2 bei Landshut.

Hier hat man - so glaube ich - bei weiten Teilen der Bevölkerung (v.a. jenseits der Grünenanhängern) den Punkt Klimaschutz in der Prioritätsliste nach unten abrutschen lassen.

Was mir fehlt, ist Klarheit und Konsequenz.
Wenn einmal eine Entscheidung nach unendlicher Diskussion und vielen Zwischenschritten getroffen ist, dann muss bei so wesentlichen Entscheidungen irgendwann auch mal Schluss mit der Diskussion sein.
Ich halte es für fatal, wenn die bekannten populistischen Politiker die Diskussion weiter befeuern, obwohl sie es besser wissen.

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Nein, da will ich dir wirklich sehr vehement widersprechen: Gerade davon lebt unsere Demokratie, dass einmal getroffene Entscheidungen - anders als in einer Autokratie oder Diktatur - immer wieder hinterfragt, von verschiedenen bürgerlichen Interessensgruppen beleuchtet, diskutiert und schließlich auch in einer andersgestalteten Regierung komplett revidiert (oder ins Gegenteil verkehrt) werden können.

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Dass es sinnvoll ist, getroffene und lang verhandelte Entscheidungen nochmal zu hinterfragen zeigt auch das Vorziehen des Kohleausstiegs.

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