Quellen zu Ost-West-Unterschieden im Wahlverhalten

Freut mich, warst du doch vor kurzem noch überzeugt, aus dem Osten fließe alles an erschaffenem Vermögen in den Westen.
Das Problem ist dann wohl auch eher die „gefühlte Wahrheit“.

Menschen in Ostdeutschland fühlen sich doppelt so häufig abgehängt wie Menschen in Westdeutschland (19 % zu 8 %).

Die Zahlen bestätigen starke Lohnsteigerungen und gewachsene Lebensqualität.
Deshalb haben Medien und Ost-Politiker für sich jetzt entdeckt, dass der Wessi viel mehr erbt als der Ossi.

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@der_Matti: ja, das kann das miteinander diskutieren eben zur Folge haben. Deine klugen Argumente und vor allem deine Bereitschaft, auch andere Meinungen als deine eigene zu akzeptieren und inhaltlich darauf einzugehen, sind bewundernswert. Vielen Dank!

@Schnackerio: Alles klar, habe ich nun verstanden. Vielleicht kommen wir aus der verfahrenen Kiste so wieder raus, dass Ostdeutsche vor dem Gang zur Wahlurne einen wie auch immer gearteten Befähigungsnachweis zur Wahlmündigkeit erbringen sollten? So als Vorschlag zur Güte.

Warum reagierst du so polemisch?

Habe doch nur auf Einschätzungen von Fachleuten und empirische Daten hingewiesen.

Warum setzt du dich nicht mit diesen auseinander?

Mir geht es überhaupt nicht darum, Ostdeutsche herabzuwürdigen. Aber die Datenlage ist eben erschreckend. Du kannst mir glauben, dass ich es lieber anders hätte, aber ich muss nun mal die Realität anerkennen.

@Schnackerio: Warum fällt es mir nur so schwer, dir das zu glauben?

Weiß nicht - bist du vielleicht besonders misstrauisch?

Was sagst du denn nun zu den Einschätzungen von ostdeutschen Sozialwissenschaftler:innen und zu den Studien ostdeutscher Universitäten?

Wie würdest du sie interpretieren?

Ums noch etwas anzureichern:

Besonders überrascht habe die Sozialforscherin Neele Eilers aber, „wie hoch die Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen bei BSW-Sympathisierenden war“. In der Studie hatte d|part zum Beispiel gefragt, wie man zu der Aussage stehe: „Die meisten Flüchtlinge kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“ Rund 80 Prozent der BSW- An­hän­ge­r:in­nen stimmten zu, lediglich bei der AfD waren es mehr. Ähnlich bei dem Satz: „Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben.“ Dem stimmten 67 Prozent der BSW-Sympathisant:innen zu, 87 Prozent der AfD.

Zwar nicht ostdeutschlandspezifisch, aber doch auch nicht ohne Erkenntniswert ist noch, dass 70 % der AfD-Wählenden selber der Meinung sind, dass die rechtsextreme Partei hauptsächlich wegen ihrer Forderungen gewählt werde:

Welchen Grund gibt es, dieser Selbsteinschätzung von repräsentativ befragten AfD-Wählenden zu misstrauen? Dafür sehe ich keine plausiblen Gründe, ehrlich gesagt.

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Jeder darf wählen, selbst wenn er geistig gar nicht mehr in der Lage ist, dieses Recht auch zu erfassen oder zu reflektieren. Da gibt es Urteile dazu und das ist auch wichtig. Wenn der Gesetzgeber bestimmt wer wählen darf, dann braucht es unter Umständen gar keine Wahlen mehr.
Viele mögen mit den großen Parteien CDU/CSU, FDP, Grünen, SPD (und irgendwie gehört auch die Linke da dazu) ihre Probleme haben, sie sind aber dennoch pragmatisch genug, ihre Stimmen so zu verteilen, dass die Demokratie weiterbestehen kann.
Wenn aber 97% die Demokratie schätzen, und nicht nur in Brandenburg, Thüringen und Sachsen es Regionen gibt, wo ein Großteil bereit ist, diese Demokratie aufs Spiel zu setzen, welche Schlüsse soll man daraus ziehen?
Warum wird da keine „Sonstige“-Partei gewählt, die Ziele verfolgt, die irgendwie Sinn machen? Warum wählt man eine Partei, die sogar sagt, dass sie diese Demokratie zerstören möchte?

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Wer außer Politikinteressierten kennt denn die sonstigen Parteien? Die meisten Menschen haben sich noch nie mit Wahlprogrammen beschäftigt, selbst nicht mit denen der Etablierten.

Die AfD wird hingegen in allen Medien ständig thematisiert. Selbst hier gibt es dank vor allem @Schnackerio eine absolute Inflation von AfD Threads. Und wir alle wissen

There is no such thing as bad publicity.

Es ist völlig illusorisch zu glauben, die Medien mit AfD Themen vollzustopfen und dann zu erwarten, Unzufriedene würden in großer Zahl Recht unbekannte Kleinstparteien wählen.

Da gibt’s so Stände vor den Wahlen, dann gehe ich halt mal hin und informiere mich. Oder ich bin zu faul dafür. Dann sollte ich aber nicht in Umfragen behaupten ich fände die Demokratie toll und wichtig. Und vor allem kann ich dann sicher nicht entscheiden, ob die Parteien in Berlin gute Arbeit machen. Denn ich kenne die Alternativen ja gar nicht.
Und soviel interessieren sie sich dann doch, dass sie Vertreter der anderen Parteien bedrohen, ihnen Briefe schreiben oder sie sogar verprügeln.

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Vielleicht muss man das anders formulieren. Es gibt durchaus auch solche, die sich an den falschen Orten informieren oder nur lesen was in den Kram passt. Die sind zwar interessiert, aber uninformiert.

Bedrohungen und Gewalt geht gar nicht. Das sind dann ganz klar Rechtsextreme. Niemand hat behauptet, dass es die nicht bei den Wählern gibt. Aber stehen die repräsentativ für die AfD Wählenden? Da würde ich mal ein riesiges Fragezeichen dran machen.

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Dann gehen

Das ist ja dann laut einer Umfrage immerhin jeder dritte der AFD-Wähler.
Und jeder zweite ist immerhin der Meinung, dass es OK ist zur Erreichung der politischen Ziele Regeln zu brechen.
Ehrlich gesagt ist die Studie aber auch im Hinblick auf die Gesamtstimmung im Land mehr als alarmierend - allerdings erinnert mich das an die letzte Regierung mit grüner Beteiligung. Ohne einem grünen Korrektiv in der Opposition scheint sich in Deutschland Frust breit zu machen. Die Union kann Opposition nicht und die Grünen können Regierungserfolge nicht verkaufen.

Hallo zusammen,
Ich hab aktuell ein Buch gelesen, dass eine ganz nette Gesellschaftsanalyse mit diversen soziopsycholigischen Störungsbildern und deren Auswirkung auf die Gesellschaft bearbeitet. Wo diese herkommen und wie sich diese auswirkt. Das Buch heißt „das falsche Leben“ von Hanz Joachim Maaz. Hier stellt er auch immer Zusammenhänge zwischen Ost und West her. Fand ich ganz lesenswert und erhellend. Ich bin selbst ostsozialisiert und hab ich in diversen Beschreibungen wiedergefunden. Grüße Felix

71 % der AfD-Wähler in Sachsen haben angegeben, dass die AfD wegen ihrer politischen Forderungen gewählt werde:

Jeweils eine Mehrheit der AfD-Wähler in Sachsen und Thüringen gibt an, die AfD „aus Überzeugung“ gewählt zu haben:

„Das Buch heißt ‚das falsche Leben‘ von Hanz Joachim Maaz.“

Oha, ausgerechnet Hans-Joachim Maaz. Abgesehen davon, dass Psychoanalyse unwissenschaftlich ist, ist er eine mehr als problematische Figur und Teil der Neuen Rechten:

Sicher ein Typo, aber es waren 51%, nicht 71 % - schlimm genug. Weitere 41 % geben als Wahlgrund die Unzufriedenheit mit anderen Parteien an, aka Protestwahl.

Daraus ergibt sich, dass 15 % der Wählenden in Sachsen AfD aus Überzeugung gewählt haben. Weitere 12 % aus Unzufriedenheit und Protest. Aus meiner Sicht ist das bedenklich aber noch kein Geld Weltuntergang. Jetzt gilt es die Protestwähler wieder ins demokratische Lager zurück zu holen, indem wahrgenommene Probleme angegangen statt aufgeschoben oder negiert werden. Ansonsten werden die Unzufriedenen bei der nächsten Wahl zu Überzeugungswählern, während weitere Protestwähler hinzu kommen.

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„Sicher ein Typo, aber es waren 51%, nicht 71 % - schlimm genug.“

Nein, wie ich geschrieben habe: „71 % der AfD-Wähler in Sachsen haben angegeben, dass die AfD wegen ihrer politischen Forderungen gewählt werde“.

Ah I see. Ich dachte du beziehst dich auf den anderen Plot, den du danach verlinkt hast.

Dass Fremdbild und Selbstbild nicht immer übereinstimmen ist ja nichts unbekanntes. Der Großteil der Schweizer war auch der Überzeugung, dass ihre Nachbarn bei Einführung des Bürgergelds mit arbeiten aufhören, obwohl 90% von sich selbst erklärten natürlich weiterarbeiten zu wollen.

Hier ebenso. Die anderen wählen die AfD mehrheitlich aus Überzeugung, aber der Befragte aus Protest. Man ist schließlich etwas besonderes.

Das zeigt wohl auch, dass solche Nachwahlbefragungen - wie alle Umfragewerte - immer mit etwas Vorsicht zu genießen sind. Infratest/dimap kam mit fast derselben Frage in Sachsen zu einem deutlich niedrigeren Wert.

Dejavu:

Einfach mal das Band 25 Jahre zurückspulen, AfD durch PDS ersetzt und staunen …

Noch ein Beleg für die Kontakt-Hypothese ist der Ausländeranteil im Vergleich zur gefühlten ‚Überfremdung‘.

Ende 2023 betrug der Ausländeranteil in Sachsen 8,1 % und in Thüringen 8,3 %. Beides weit unter Bundesdurchschnitt.

„Fast 39 Prozent glaubten, Deutschland sei ‚im gefährlichen Ausmaß überfremdet‘.“ Und nur eine Minderheit der Ostdeutschen grenzte sich klar von dieser Aussage ab: