Zur sog. Selektiven Migrationshypothese gibt es eine wohl recht robuste Studie mit Daten aus der Ukraine, die belegt, dass Offenheit zu vermehrter Migration vom Land in die Großstadt führt:
Ich denke auf Basis von Gesprächen und Erleben, ein Großteil der Unterschiede zwischen dem Wahlverhalten in Ost und West basiert auf empfundener Enttäuschung über den Wendeverlauf, empfundener Kränkungen durch Westler und dem Gefühl, die Politik kümmere sich nicht genug um den ruralen Raum.
Ein paar interessante Eindrücke scheint die FAZ in ihrer Podcast Reihe Schau auf diese Stadt zusammengetragen zu haben.
Dort erzählt sie Geschichten aus der brandenburgischen Stadt Prenzlau (nicht Prenzlauer Berg), die ich so ähnlich auch aus anderen ostdeutschen Städten schon gehört habe.
In Folge eins wird die Stadt vorgestellt, ihre Herausforderungen, fehlendes Interesse/Engagement der großen Parteien und darum wer sich noch wie in der Stadt engagiert.
In Folge zwei wird die Geschichte der Prenzlauer AWG vorgestellt, dem damals größten Unternehmen der Stadt, dass die Treuhand lieber zerschlagen wollte als es durch engagierte Mitarbeiter weiterbetreiben zu lassen. Es geht hier vor allem um arrogante Westdeutsche, die anscheinend dachten, man müsse den Ostdeutschen erst einmal das Leben beibringen. Und die die Ostdeutschen eher als Verfügungsmasse betrachteten und weniger als Gleichberechtigte.
In Folge drei soll es dann heute um die geplante neue Flüchtlingsunterkunft, Chancen dadurch und Vorbehalte dagegen gehen.
Ich bin davon überzeugt, dass man die ostdeutschen Enttäuschungen der letzten 30 Jahre verstehen muss um nachvollziehen zu können warum die AfD/BSW dort so leichtes Spiel hat. Hier kann der Podcast einen guten Eindruck vermitteln.
Rechtsextreme oder xenophobe autoritäre Parteien mit null Lösungskompetenzen für die heute anstehenden Probleme zu wählen ist durch gar nichts rechtfertigbar, ganz gleich, welche Kränkungen Menschen erfahren haben.
Mir ist auch unverständlich, warum die irgendwie Enttäuschten nicht selbst politisch aktiv werden, eine eigene Partei gründen und dann ihr Schicksal selber in die Hand nehmen.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und sich einem faschistischen Diktator wie Putin gleichsam an den Hals zu werfen stehen doch in keinem Zusammenhang mit Kränkungen durch arrogante Westdeutsche, enttäuschten Erwartungen bzgl. der Entwicklung des ländlichen Raums o. dgl.
Dein Warum deutet ja eine Kausalität an, so, als ob es einen Grund dafür gäbe. Diesen Grund gibt es nicht, da Fremdenfeindlichkeit und Putin-Freundlichkeit nichts mit Wessi-Arroganz und einer gefühlten oder tatsächlichen Vernachlässigung des ländlichen Raums zu tun haben. Mehr Wertschätzung von Westdeutschen und eine bessere Entwicklung ländlicher Räume kann man sich ja nicht durchs Wählen fremdenfeindlicher, putinfreundlicher Parteien „erkaufen“.
Es hat indirekt damit zu tun. Du zeigst hier wieder sehr schön was schief läuft in der Kommunikation. Jemand weist darauf hin, dass es Gründe für eine empfundene Kränkung gibt, die dazu führen, dass man die als westdeutsch empfundene Politik ablehnt und du schlägst das alles als nicht nachvollziehbar in den Wind weil du deine subjektiven Maßstäbe kategorisch in den Vordergrund stellst.
Damit negierst du das Empfinden der anderen Seite, wodurch diese in ihrer Ablehnung dessen wofür du stehst noch weiter bestärkt wird. Wenn man das einige Jahre konsequent so macht, hat man jegliche Basis für Verständigung zerstört und die andere Seite wird mit Freuden jedem Demagogen zustimmen, sofern er nur einen Hauch mehr Verständnis äußert als du.
Noch nie hat man jemand gekränkten besänftigt, indem man ihm gesagt hat, Hab dich nicht so. Dein Ärger ist unberechtigt und du selbst schuld.
Was macht es eigentlich Menschen aus den alten Bundesländern so schwer zuzugeben, dass ihr moralisierend-abwertend empfundendes Verhalten eine Ursuche von vielen dafür ist, warum die AfD im Osten es heute so schwer hat. Kratzt das zu sehr an der eigen Selbstgewissheit immer im Recht zu sein?
Das tue ich nicht. Vielmehr differenziere ich und denke lösungsorientiert.
Das Empfinden ist Fakt, eine emotionale Tatsache, wenn man so will. Und dass einige Ostdeutsche von arroganten Besserwessis über den Löffel barbiert wurden, bestreite ich genauso wenig wie, dass sich einige ländliche Räume unzureichend entwickelt haben.
Das wird erst mal alles - tutti completti - von mir zugestanden.
Aber nun geht’s ja um mögliche Lösungswege.
Rechtsextreme, xenophobe und diktatorenfreundliche Parteien zu wählen adressiert kein einziges der Probleme. Right?
Selbst eine Partei zu gründen und den bisher vernachlässigten ländlichen Raum auf Vordermann/-frau zu bringen, hilft dagegen. Im Übrigen macht man dann auch Selbstwirksamkeitserfahrungen. Es ist eine Art von Empowerment.
Und wenn man sich dann noch von Westdeutschen benachteiligt sieht, muss man eben darüber mit diesen in ein Gespräch eintreten. So kann man dann gemeinsam an einer Überwindung von Benachteiligungen arbeiten. Wenn diesbezüglich kein Konsens möglich sein sollte, bleibt in einer Demokratie wiederum der Weg der Parteigründung, um den eigenen Anliegen (hier: Überwindung der Benachteiligung Ostdeutscher) zur Durchsetzung zu verhelfen.
Der Verfassung und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung den Mittelfinger auszustrecken, indem man eine rechtsextreme Partei wählt, und Menschen mit Migrationsgeschichte, die konstitutiver Bestandteil dieser unserer Gesellschaft sind, zu „Sündenböcken“ zu machen ist dagegen aus lösungsorientierter Perspektive vollkommen kontraproduktiv. Und, ja, da gibt es eine Eigenverantwortung, sich nicht selbst ins Abseits zu stellen.
Habe jetzt mal im oben von @Bent verlinkten Policy Paper von Forschenden der Uni Leipzig nachgeschaut, die Daten wurden repräsentativ für die neuen Bundesländer und Ost-Berlin erhoben.
In Abb. 1 ist die manifeste und latente Zustimmung zu folgenden Aussagen festgehalten. Zusammengefasst ergeben sich folgende Zustimmungsraten für Ostdeutschland (einschließlich Ost-Berlin):
Was Deutschland jetzt braucht, ist eine starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert.
→ 51,2 %
Wir sollten einen Führer haben, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert.
→ 33,1 %
Im nationalen Interesse ist unter bestimmten Umständen eine Diktatur die bessere Staatsform.
→ 30,7 %
Keine dieser Aussagen ist mit unserer Verfassung und der darin enthaltenen freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar.
Und das hat auch nichts mit einer Ablehnung einer, wie du es formuliertest, „als westdeutsch empfundene Politik“ zu tun, es sei denn, elementare Grundsätze unserer liberalen pluralistischen Demokratie wären nichts weiter als westdeutsche Politik. Dass Letzteres nicht der Fall ist, darüber sollte zumindest hier Konsens bestehen.
Und das hat auch nichts damit zu tun, dass ich, wie du mir unterstellst, meine „subjektiven Maßstäbe kategorisch in den Vordergrund stell[e]“.
Es war aber auch der Ossi, der dem Westen die Pistole auf die Brust gesetzt hat: „Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh’n wir zu ihr“.
Also wurde gegen den ursprünglichen Wunsch der Politik das ungleiche Deutschland zusammengesetzt. Nun war es nur ein kurzes Wirtschaftswunder, aber zu leugnen, dass es aufwärts ging ist Verdrehung der Realität.
Und in einem anderen Punkt muss ich @Schnackerio Recht geben.
Dass die beiden bekanntesten Politiker Ramelow & Höcke (damit sollen sie nicht gleich gesetzt werden) Wessis sind ist nicht Schuld des Westens, sondern der Ossis, die die aufgestellt und gewählt haben.
Dass es auch anders geht, zeigt der drittbekannteste, Kretzschmar, der aus Görlitz kommt.
Absolut. Ich wollte hier keineswegs ausdrücken, dass die Ostdeutschen schuldlose Lämmer wären. Im Gegenteil, aus der Verbitterung über eine ungerecht empfundene Behandlung wählen sie lieber den Metzger statt die, die ihnen helfen können.
Wo soll denn zwischen der „Verbitterung über eine ungerecht empfundene Behandlung“ und dem Wählen des Metzgers der logische Zusammenhang sein?
Das war ja mein Ausgangspunkt im Hinblick auf Kausalität.
Das wäre dann ja eine zusätzliche Selbstbestrafung.
Der Zusammenhang ist, dass man den etablierten Parteien nicht mehr glaubt, da man sie für Kränkungen, Verluste uvm. verantwortlich macht.
Demgegenüber ist da halt der Metzger, der die Etablierten scharf kritisiert und sich zumindest vornerum für das Schaf einsetzt.
Verständlich? (Geändert. Mod)
Weil „man“ die „etablierten Parteien“ „für Kränkungen, Verluste uvm. verantwortlich macht“, ist das also auch so in der ganzen Pauschalität, die darin zum Ausdruck kommt? Und die Linke, die noch nie im Bund regiert hat, wird da auch gleich mit in den Sack steckt, ja?
Dass sich die rechtsextreme AfD für die Aufarbeitung von von Ostdeutschen erlittenen Kränkungen oder für einen Abbau von ostdeutscher Benachteiligung einsetzt, muss mir irgendwie entgangen sein.
Bislang ist mir nur die Partei Die Linke als Anwältin spezifisch ostdeutscher Interessen aufgefallen.
Die AfD dagegen fällt nicht nur durch Sozialdarwinismus und Klassismus, also dem Gegenteil der Besserstellung Benachteiligter, sondern auch durch die Abwertung spezifisch benachteiligter Gruppen wie z. B. Menschen mit Migrationsgeschichte auf. Aber gut, mancheine/r mag Befriedigung daraus ziehen und sich erhoben fühlen, wenn andere noch weiter nach unten gedrückt werden.
Daraus Befriedigung zu ziehen, dass, wie du schriebst, „der Metzger […] die Etablierten scharf kritisiert“, ist jetzt auch so ein obskures Verständnis nach dem Motto „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“. Von irgendeiner Reife zeugt das jedenfalls nicht.
Wir tänzeln aber hier weiterhin am Elefanten im Raum vorbei. Selbst wenn alle „etablierten Parteien“ schuld wären, was ich für nicht stichhaltig halte, spräche immer noch nichts dagegen, entweder eine nicht etablierte Kleinpartei, die eben nicht rechtsextrem ist, zu wählen oder auch eine nicht rechtsextreme Partei, die sich für spezifisch ostdeutsche Belange einsetzt, zu gründen.
Einfach zu sagen, die AfD ist nun mal da, sie ist halt rechtsextrem, so what, geht nicht.
Wer eine rechtsextreme Partei wählt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, rechtsextrem zu sein, denn sonst würde er/sie Alternativen nutzen. So viel Verantwortung muss man den Wählenden schon abverlangen.
Doch, wie schon erwähnt, gibt es ja - empirisch - eine Passung zwischen Einstellungen von AfD-Wählenden (s. o.) und dem, was die Partei vertritt. Daher ist aus meiner Sicht die unbelegte Alternativhypothese, dass diese Wählenden eigentlich etwas ganz anderes wollten, hinfällig.
Und, wie ich dir ja schon andernorts schrieb:
Wer Nazis wählt, trägt im Übrigen nicht nur eine Verantwortung für die Zusammensetzung des Parlaments, sondern auch dafür, dass sich das gesellschaftliche Klima gegenüber rassistisch diskriminierten Menschen usw. usf. noch verschlechtert, indem Alltagsrassismus noch hoffähiger wird u. v. m.
Markus Feldenkirchen hat es jüngst in der „Lage am Morgen“ so formuliert:
Bei allem Verständnis für persönliche Schicksalsschläge und das individuelle Gefühl, im Stich gelassen worden zu sein: Wenn ein Drittel der Wahlbevölkerung bereit ist, eine gesichert rechtsradikale Partei zu wählen, ist das natürlich eine Zumutung. Als Landsmann und Patriot sind mir diese 30 Prozent regelrecht peinlich. Wie kann man vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte 90 Jahre später wieder mit dem Nazi-Feuer spielen? Gerade wenn man berücksichtigt, dass die Nazis auch damals erstmals in Thüringen an die Macht gelangten.
Ich habe alle drei Folgen der Sommerfolgen des Podcasts gehört (und bin gespannt auf Folgen vier bis sechs). Der dadurch gewonnene Eindruck deckt sich mit vielen anderen Analysen zur Frage, warum „der Ostdeutsche“ so wählt, wie er wählt.
Ich habe jedoch keine schlüssige Antwort darauf gefunden. Klar, die tiefe Enttäuschung über die Wiedervereinigung (Treuhand, Verhalten einiger „Wessi-Cowboys“, s.u.) und das daraus resultierende Misstrauen gegenüber „Wessis“ sind nachvollziehbar. Dass man aus diesem Grund keine etablierten Westparteien wählen möchte, würde ich verstehen (auch wenn mir mal jemand erklären muss, wie diejenigen, die die Wiedervereinigung so plötzlich organisieren mussten, das ohne die Erfahrungen von heute hätten besser machen können) . Warum aber auch die Linke (ehem. PDS) abgestraft wird und man stattdessen Nazis und „Freunde“ eines Diktators wählt, der einen verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, diesen „Kurzschluss“ verstehe ich nach wie vor nicht. Da bieten die historischen Erfahrungen mit der Wiedervereinigung wirklich keinerlei Rechtfertigung.
Bei aller berechtigter Kritik an der Treuhand und den „Wessi-Cowboys“ (s.u.) werden nach meiner Überzeugung die Erfahrungen mit der Wiedervereinigung von vielen Ostdeutschen unbewusst, aber systematisch geframed, um zu verdrängen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der ostdeutschen Betriebe in den neuen Märkten, in denen sie sich plötzlich befanden, in den meisten Fällen schlicht nicht wettbewerbsfähig war. Das ist keine Herabsetzung der Lebensleistung der Ostdeutschen - auch wenn dies das so empfinden.
Gerade die Geschichte über den Prenzlauer Armaturenhersteller AWG zeigt das, wenn man genau hinsieht, ganz genau: Letztlich ist es nur dem geradezu dickköpfigen, sehr bewundernswerten Durchhaltevermögen zweier Leiter des ehem. DDR-Betriebs (und seiner beiden Söhne) zu verdanken, dass der Betrieb weitermachen und dann wettbewerbsfähige Produkte entwickeln konnte. Ohne diese beiden Ausnahme-Unternehmer hätte auch dieser Betrieb keine Chance gehabt. Die vielfach verbreitete Mär, die Treuhand hätte viele gute und wettbewerbsfähige Ost-Betriebe „plattgemacht“, damit westdeutsche Unternehmen keine Konkurrenz bekommen, mag im Fall einer Handvoll Anekdoten richtig sein, gehört aber eigentlich in den Bereich der Verschwörungsmythen.
Gerne vergessen die Ostdeutschen, dass die Politik damals keine andere Wahl hatte, als sofort die Währungsunion mit einem Umtauschkurs von 1:1 einzuführen; andernfalls hätte es eine Abstimmung mit den Füßen gegeben und es wären noch sehr viel mehr junge Ostdeutsche in den Westen gegangen (was man ihnen nicht zum Vorwurf machen sollte). Mit diesem Umtauschkurs waren die Ost-Betrieb von heute auf morgen zu vollen Kosten dem globalen Wettbewerb ausgesetzt und konnten auch nichts dagegen tun, dass sehr viele Ostdeutsche verständlicher Weise plötzlich Westprodukte kaufen wollten.
Was aber offensichtlich der Fall ist, ist die Arroganz und Überheblichkeit, mit der die Wessis in der Treuhand und in westdeutschen Manager-Etagen den Ostdeutschen begegnet sind (vgl. Folge 2 des genannten Podcast - erschütternd!). Das hat bei sehr vielen Ostdeutschen zu tiefen Wunden geführt, und diese Verletzungen haben sich offenbar auch auf die nächste Generation übertragen.
Dazu kamen die, die ich als „West-Cowboys“ bezeichne: Glücksritter, die oft im Westen nichts geworden sind oder wären und die in den Osten gegangen sind, um den Ostdeutschen, die mangels Erfahrung einem solchen Geschäftsgebaren ausgeliefert waren, überteuerte Autos, Kredite, Versicherungen usw. zu verkaufen (auch z.B. Richter, die es im Westen sehr schwer gehabt hätten, zügig Karriere zu machen, sind im Osten schneller aufgestiegen – inwieweit das dort Schaden angerichtet hat, weiß ich nicht).
Dass dort das (natürlich verallgemeinerte) Misstrauen gegenüber Wessis groß ist, kann ich nachvollziehen. Dass das aber eine nachvollziehbare Begründung sein soll, ausgewiesenen Nazis und Freunden von Kriegsverbrechern ihre Stimme zu geben, dem muss ich auch nach Lektüre und Hören unzähliger Recherchen über „Warum wählen die so?“ weiterhin entschieden widersprechen.
Ich will mich kurz fassen und antworte daher nur auf den zentralen Punkt.
Ich habe beruflich mit verschiedenen Bildungsschichten in der Vergangenheit zutun gehabt. Mal habe ich als Reinigungskraft im Supermarkt gearbeitet, um mir das Studium zu finanzieren. In der Ausbildung habe ich in kleinen und großen Schlosserhallen und im Ingenieurbereich gearbeitet, ebenso wie im Chemielabor internationaler und auch mittelständischer Unternehmen. Und heute arbeite ich in der eher progressiven IT. In dieser Zeit hatte ich mit Menschen aus dem Antifaspektrum ebenso zu tun wie auch rechten Hohlbirnen und natürlich vielen, die man klassisch der politischen Mitte zuordnen würde.
Mein Resümee aus vielen Kontakten in der Vergangenheit ist, dass sich die meisten Menschen viel weniger für Politik und die Bedeutungen der politischen Flügel interessieren als du zu denken scheinst. Die wollen einfach nur, dass es läuft oder jemand für Fehler die Verantwortung übernimmt.
Wenn du denen eine gute Story verkaufst, die mit deren Sorgen übereinstimmt, dann saugen die das auf wie Muttermilch.
Ich fürchte daher die nachvollziehbare Kritik Man stimmt nicht mit Nazis, überfordert die meisten Menschen intellektuell. Daher halte ich das für wenig praktikabel, es sei denn man möchte spalten.
Auch wer sich nicht für Politik interessiert hat trotzdem eine Meinung, sonst wären in Umfragen 50% unentschieden, denn warum sollten sie sich für Themen interessieren, die auf ihr Leben keinen unmittelbaren Einfluss haben. Insofern ist es einfach eine Schutzbehauptung, man habe sich zu wenig mit der AFD befasst und sei zu wenig politisch interessiert, um nicht zu wissen, dass man „rechte Hohlbirnen“ wählt.
Hier legst du mir eine Behauptung in den Mund. Ich habe nie gesagt, dass das fehlende Interesse dazu führt, dass die Wähler nicht erkennen, dass die AfD eine Partei von rechten Hohlbirnen ist. Okay, ob sie erkennen, dass es Hohlbirnen sind weiß ich nicht. Aber, dass es sich um Rechte handelt, das sollte klar sein.
Es sind viel eher die einfachen Antworten und das Finger zeigen auf die Anderen als angebliche Ursache der Probleme, das verfängt.
Wenn jemand am Tag nur eine tägliche Aufmerksamkeitsspanne von 5 Minuten für politische Themen hat, dann passt da ein Slogan wie Die Grünen ruinieren unsere Wirtschaft, denn wenn wir weniger herstellen sind wir ressourcenschonender besser rein als wenn ich einen langen Monolog über völkerrechtliche Verträge, Klimawandel und Co halten muss um überhaupt die Grundlagen für das Thema zu legen.
Zumal viele ihre 5 Minuten mit dem größten Klatschblatt Deutschlands verbringen, dass eben diese einfachen (und falschen) Zusammenhänge selbst regelmäßig suggeriert.
Wir sollten nicht vergessen, das Forum ist eine Blase. Die meisten Deutschen würden nach dem dritten längeren Post eines Themas eher abschalten.
Auch das ist kein Grund, Nazis zu wählen.
Die „Story“ der rechtsextremen AfD ist Rassismus. Folglich müssen die „Sorgen“ xenophobe Ressentiments sein.
Somit unterstellst du allen Leuten, die trotzdem Nazis wählen, faktisch, dass sie dumm wären. Das mag zwar in vielen Fällen richtig sein, aber ist dennoch eine unzulässige Verallgemeinerung.
Im Gegensatz zu dir gehe ich schon davon aus, dass auch geistig recht einfach gestrickte Menschen schon intuitiv checken, was gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist, auch wenn den allermeisten der Begriff nicht geläufig sein dürfte.
Habe als Zivi mit geistig-behinderten Menschen gearbeitet, auch die haben - so sie denn sprechen konnten - kapiert, was solcherart Menschenfeindlichkeit ist. Auch Kita-Kinder verstehen schon, dass man Menschen wegen einer zufälligen, nicht selbst gewählten Gruppenzugehörigkeit nicht diskriminieren sollte. Jedenfalls sind sie dazu in der Lage.
Es spalten nur die, die Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung etc. ablehnen und diskriminieren. Freiwillig rechtsextrem zu sein ist etwas anderes als eine andere Herkunft, Religion, sexuelle Orientierung oder Hautfarbe zu haben.
Folgendes Beispiel:
Ein Islamist pöbelt auf deiner Gartenparty 'rum und verlangt, dass alle Frauen gehen. Den würdest du doch auch nicht weitermachen lassen, sondern ihm die Gartentür weisen.
Nazis benehmen sich nicht anders, nur dass sie zumeist andere Gruppen ausschließen wollen, Geflüchtete, Muslime, queere Personen z. B.
Diese Rechtsextremen schließen sich selbst aus der Gemeinschaft aus, weil sie die reale Vielfalt nicht akzeptieren.
Nazis spalten.
Lesenswert ist noch das Fazit des Abschlussberichts zu einem Forschungsprojekt, der den Titel „Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland: Ursachen – Hintergründe – regionale Kontextfaktoren“ trägt:
Das Ganze ist zwar schon sieben Jahre alt, aber - wie mir scheint - immer noch aktuell.
Der auf einer Studie basierende Bericht war vier Jahre lang unter Verschluss:
Aktuelle noch nicht auf Übergriffe je Million Einwohner/innen umgerechnete Daten zeigen übrigens, wie sich die Melange aus verbreitet rechtsextremen Einstellungen und entsprechendem Wahlverhalten auswirken:
@schackerio: Ist diese Zusammenfassung des Fazits der Studie „ Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland: Ursachen – Hintergründe – regionale Kontextfaktoren“ durch ChatGPT zutreffen?
Das Kapitel „8. Fazit“ der Studie bietet eine umfassende Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse und Argumente aus den vorherigen Kapiteln und beleuchtet insbesondere die strukturellen und gesellschaftlichen Bedingungen, die zur Entstehung rechtsextremer Einstellungen in Sachsen und Thüringen beitragen. Im Folgenden eine detailliertere Zusammenfassung:
1. Sozioökonomische und strukturelle Faktoren:
- Wirtschaftliche Lage: In den untersuchten Regionen herrschen schwierige wirtschaftliche Verhältnisse, die durch hohe Arbeitslosigkeit, strukturelle Schwächen und einen Mangel an wirtschaftlicher Dynamik gekennzeichnet sind. Diese ökonomischen Herausforderungen tragen dazu bei, dass sich bei vielen Menschen ein Gefühl der Perspektivlosigkeit und Marginalisierung entwickelt, was wiederum die Anfälligkeit für rechtsextremes Gedankengut erhöht.
- Bevölkerungsstruktur und Migration: Die demografische Entwicklung, einschließlich eines vergleichsweise geringen Migrantenanteils, führt zu einer Homogenität in der Bevölkerung, die wiederum Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit begünstigt. Migration wird oft als Bedrohung wahrgenommen, was in einigen Regionen zu einer verstärkten Unterstützung rechtsextremer Positionen führt.
2. Kulturelle und soziale Rahmenbedingungen:
- Desintegrationserfahrungen: Viele Menschen in diesen Regionen erleben eine soziale und kulturelle Desintegration. Der Mangel an kulturellen und sozialen Angeboten verstärkt das Gefühl der Ausgeschlossenheit und Isolation. Diese Desintegrationserfahrungen werden oft von rechtsextremen Akteuren instrumentalisiert, um einfache Erklärungsmodelle und Feindbilder zu verbreiten.
- Autoritäre Orientierung: Es gibt eine weit verbreitete Tendenz zu autoritären Denkmustern, die sich durch eine starke Hierarchieorientierung und die Ablehnung von Pluralismus auszeichnen. Diese Denkweisen stehen im Einklang mit rechtsextremen Ideologien, die eine strikte gesellschaftliche Ordnung propagieren.
3. Erinnerungskultur und Geschichtsbild:
- Selektive Erinnerungskultur: Die Auseinandersetzung mit der Geschichte in Ostdeutschland ist oft selektiv. Die DDR-Vergangenheit wird in Teilen idealisiert, während andere Aspekte der Geschichte, insbesondere die Verantwortung Deutschlands für den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust, relativiert oder ausgeblendet werden. Diese selektive Erinnerungskultur schafft einen Nährboden für rechtsextreme Narrative.
- Nostalgie für autoritäre Systeme: Verbunden mit der Erinnerungskultur ist eine gewisse Nostalgie für die DDR, die als stabile, geordnete Gesellschaft wahrgenommen wird. Diese Sichtweise fördert Sympathien für autoritäre und rechtsextreme Ideen, die eine ähnliche gesellschaftliche Ordnung anstreben.
4. Regionale Unterschiede:
- Unterschiede zwischen Sachsen und Thüringen: Die Studie hebt hervor, dass es signifikante regionale Unterschiede in den rechtsextremen Einstellungen zwischen Sachsen und Thüringen gibt. Diese Unterschiede werden auf spezifische lokale Gegebenheiten zurückgeführt, wie etwa unterschiedliche historische Erfahrungen, wirtschaftliche Strukturen und politische Traditionen. Diese regionalen Spezifika sind entscheidend für das Verständnis der Verbreitung rechtsextremer Einstellungen und für die Entwicklung von Gegenmaßnahmen.
5. Politische und gesellschaftliche Implikationen:
- Mangelnde politische Partizipation: Ein zentraler Punkt der Studie ist die Feststellung, dass in den betroffenen Regionen eine geringe politische Partizipation herrscht. Diese politische Apathie schwächt demokratische Strukturen und fördert die Entfremdung von politischen Prozessen, was wiederum rechtsextremen Gruppen Raum gibt, um ihren Einfluss auszubauen.
- Erforderliche Gegenmaßnahmen: Abschließend betont die Studie die Notwendigkeit gezielter politischer und sozialer Interventionen. Es wird argumentiert, dass langfristige und nachhaltige Maßnahmen erforderlich sind, um die strukturellen Ursachen rechtsextremer Einstellungen anzugehen und die demokratische Kultur in diesen Regionen zu stärken.
Das Fazit der Studie unterstreicht somit die komplexen Wechselwirkungen zwischen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Faktoren, die zur Verbreitung rechtsextremer Ideologien beitragen. Es fordert eine umfassende gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung mit diesen Problemen, um die Demokratie in den betroffenen Regionen zu festigen und rechtsextreme Tendenzen zurückzudrängen.