Problem der "Konservativen" mit der Wissenschaft

Liebes Lage-Team!

Zunehmend erhärtet sich der Eindruck, dass CDU/CSU (offenbar ein großer Teil dieser) und zum Teil auch die FDP eine mehr als wissenschafts-/ bzw. zukunftsfeindliche Perspektive auf die Lage der Dinge haben. Gerade konservative Parteien sind angeblich, auf den Erhalt des Bestandes aus. Was dabei oftmals verkannt wird, ist die Perspektive für die Zukunft. Am Beispiel der Impfpflicht oder auch des versäumten Umweltschutzes lässt sich dies gut erkennen: Ein sofortige Impfpflicht (nicht einmal ab 50) wird abgelehnt, weil die Krankenhäuser derzeit nicht überlastet sind. Klimaschutzmaßnahmen werden nicht ergriffen, weil wir noch keine 50°C Durschnittstemperatur erreicht haben. Gibt es da vielleicht eine durch die konservative Brille bedingte systematische Sehschwäche dieser Parteien, welche dazu führt, dass Prognosen (auch allgemein einleuchtend - Beispiel Impfflicht verhindert weiteren Corona-Winter) von wissenschaftlicher Weise einfach ignoriert/nicht gesehen werden?

Vielleicht könnte man dem mal nachgehen.

Beste Grüße
Wayne

9 „Gefällt mir“

Meiner Meinung nach geht es da nur um Macht ohne Rücksicht auf Verluste. Union und FDP ist die eigene Macht und auch oft finanziellen Vorteile wesentlich wichtiger als das Allgemeinwohl. Dafür werden Probleme auch so lange aufgeschoben bis wir wieder mal ein Desaster haben. Man muss sich ja nur ansehen wie sehr die lange Regierungszeit von Kohl und zuletzt Merkel Deutschland nachhaltig geschadet haben. Die FDP fügt sich da sehr schön ein.

8 „Gefällt mir“

Ich würde sagen: Wissenschaftliche Positionen haben es schwer, wenn sie mit etablierten politischen Routinen in Konflikt stehen, z.B. bestimmten Formen parteipolitischer Interessenvertretung oder tradierter Programmatik. Die meisten Politiker:innen scheinen auch dazu zu neigen, öffentlich vorgetragenes Wissenschaftsbashing für populärer zu halten als das eigene politische Handeln - wiederum öffentlich - mit wissenschaftlichem Konses abzustimmen (in extremer Form zu beobachten zum Beispiel bei einigen konservativen Landeshauptleuten in Österreich).

Ich bin mir nicht sicher, ob das nur oder in verstärktem Maße auf ‚konservative‘ Parteien zutrifft. Bei Populisten wie Bodo Ramelow konnte man diese Tendenz auch beobachten, auch wenn er es m.E. während der Pandemie etwas zurückgefahren hat. Olaf Scholz’ Modellierer-Bashing, über das die „Lage“ gesprochen hat, während wissenschaftliche Modellbildungen in der Pandemie ja einen weitgehend sehr guten Track Record haben, würde auch dazu passen. Scholz fällt aber freilich im Grunde auch unter die titelgebenden „Konservativen“.

1 „Gefällt mir“

Das ist vielleicht eine von mehreren Ursache. Ich frage mich vielmehr, ob die Perspektive der Weitsicht in den konservativen Parteien einfach fehlt oder so leise spricht.
Frau Merkels Politik hat nicht nur geschadet. Am Beispiel der aktuellen Krise zeigt sich, finde ich, vielmehr, dass auch die Perspektive der Weitsicht natürlich zu Fehlern im Ergebnis führen kann (hier hatte Frau Merkel [aber auch die Mitregierenden] offenbar auf ein anderes Ergebnis gebaut).

Ja, liebes Lage Team. ich weiss nicht wie man sich dem nähert, aber ich denke, es gibt da bei Konservativen, Liberalen und besonders auch bei deren Jungorganisationen erheblichen Nachholbedarf.

Ich denke, es wäre mal schlau zu beleuchten, wie Menschen zu so hart realitätsfernen Positionen kommen. Z.B. Die libertären Julis heute so 'Hitler war Sozialist) was in der Forschung mit breitem Konsens als ‚unzutreffend‘ bewertet wird.

Dann wäre es auch schön zu betrachten, wie das mit Wissenschaftsleugnung einhergeht (Pia Lamberty, war die schon mal in Podcast?). Wo es u.a. herkommt (siehe Koch Brothers, Tea Party USA und transatlantische Beziehungen), AFD aber auch tief in der CDU verankert.

Die Ablehnung der sog. Gender-Studies ist ein Gebiet, das da auch immer wieder gerne abgegrast wird. Hier gibts vielleicht auch jemanden.

Aber auch wie man die Leute da wieder heraus bekommt. Hier ist das Konzept des ‚Deprogramming‘ sehr interessant. Also,wie bekomme ich meinen konservativen Wissenschaftsleugner in der Verwandtschaft dann da raus.

Ich lese grade eines der Bücher von Steve Hassan und da wird, am Beispiel religiöser Sekten, aufgezeigt, wie Menschen da hin kontrolliert werden können, dass alles geglaubt wird. Steve Hassan ist es auch, der ein Buch über den Cult of Trump geschrieben hat. Wer glaubt, das hat nichts mit uns zu tun, der kann sich ja mal die entsprechende Folge von [‚Qanon Anonymous‘ über den Q Kult in Deutschland anzuhören].(Stream Episode 176: QAnon Germany feat Miro Dittrich by QAnon Anonymous | Listen online for free on SoundCloud): long Story Short - Wir haben wahrscheinlich die zweitgrößte Q Community hier in Deutschland. Querdenker treten regelmässig mit Fahnen davon auf.
Ich denke, die politische Kommunikation und die Filterbubbles erfüllen Funktionen wie wir sie im sog. BITE Modell wiederfinden.

Es wäre mal ein inhaltlicher Punkt gegen die Dauerbetrollung mit 'Ich will Spass, ich geb 250 KMH Gas Posts und eine ‚Härtung‘ der Lage Community mit Wissen.

Edit: Das wäre schon ein Themenvorschlag. Sorry, ich habe die Kategorie nicht beachtet.

Edit 2: Website leider down, aber mal ein Bericht aus dem amerikanischen Kulturraum zur Wirkung von Thiel in Cambridge

Edit 3: Link der Julis Truppe ist leider gelöscht, darum ein Screenshot bei @ArdentHistorian

2 „Gefällt mir“

Sind es denn tatsächlich nur die Konservativen, die ein „Problem“ mit der Wissenschaft haben? Die Ablehnung von Gentechnik in progressiven Kreisen scheint jedenfalls nicht wirklich auf wissenschaftlicher Evidenz zu basieren. Oder die Debatte um Glyphosat, in der die Faktenlage längst nicht so eindeutig ist, wie es oft behauptet wird. Außerdem wäre dann da noch die Sache mit der Ablehnung von konservativer Landwirtschaft, die eben deutlich effizienter ist als Bio-Landwirtschaft.

Und was heißt es eigentlich, wenn man ein „Problem“ mit der Wissenschaft hat? Dass die Politik nicht den Ratschlägen der Wissenschaft folgt? Aber konzeptioniert man das Problem damit überhaupt richtig? Ist „Follow the Science“ das richtige Motto – oder sollte die Wissenschaft die Politik nicht eher dazu befähigen, eine politische (!) Interessenabwägung auf Basis des aktuellen Kenntnisstands durchzuführen?

Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass die Politik oftmals nicht auf die Ratschläge von Expert:innen zu „hören“ scheint. Das betrifft ja nicht nur Klima- und Pandemiepolitik – Expert:innen für Sicherheitspolitik haben seit Jahren gepredigt, dass wir uns nicht zu sehr von russischem Gas abhängig machen sollten.

Aber ich glaube, dass „auf die Wissenschaft hören“ das Problem vollkommen falsch definiert. Denn es geht ja in der Politik nicht um Wissenschaft, sondern um die Abwägung von Interessen. Ich entschuldige mich jetzt schon, hier wieder das Tempolimit ins Spiel zu bringen, aber es passt als Beispiel einfach so prima: Wenn die FDP das Rasen auf deutschen Autobahnen als übergeordnetes Interesse im Sinne der „Freiheit“ betrachtet, dann wird eine Interessenabwägung immer gegen ein Tempolimit ausfallen – egal, wie viele gute, „wissenschaftliche“ Argumente es für ein Tempolimit gibt. Das Problem lässt sich also nur politisch lösen, und nicht mit Verweis auf wissenschaftliche Evidenz. Gegner des Tempolimits werden nicht „zur Vernunft kommen“, wenn man auf entsprechende Studien verweist. Das bedeutet aber nicht, dass sie diese Studien zwingend ignorieren müssen; die Interessenabwägung fällt aber anders aus.

Selbe Sache bei der Impfpflicht: Wenn man das Recht auf körperliche Unversehrtheit eines Individuums höher bewertet als die gesellschaftlichen Kosten für das Gesundheitssystem, dann wird man eben bei einer Interessenabwägung nie zu dem Ergebnis kommen, dass eine Impfpflicht erforderlich ist.

Politische Meinungsverschiedenheiten lassen sich also nicht durch „mehr Wissenschaft“ lösen, oder dadurch, dass das politische Handeln am wissenschaftlichen Konsens ausgerichtet würde. Es gibt auch in der Regel selten eine „richtige“ politische Entscheidung. Denn dann bräuchte es ja gar keine Politik, die Interessen moderiert – wir könnten unsere Ministerien auch einfach mit Wissenschaftler:innen besetzen.

Disclaimer: Ich selbst bin für eine Impflicht, befürworte auch seit Jahren ein Tempolimit, und habe bisher weder CDU, noch FDP oder AfD gewählt. Aber wer „Follow the Science“ proklamiert, macht sich auch angreifbar. Und zwar immer dann, wenn die eigenen Interessen einmal nicht dem wissenschaftlichen Konsens entsprechen sollten.

12 „Gefällt mir“

What about? … Ich denke das Thema war ’ Problem der “Konservativen” mit der Wissenschaft’.

Zum Thema Glyphosat frage ich mich ja, wieso staatliche Behörden dann so hart versuchen, dass wir keinen Einblick in die entsprechenden Gutachten bekommen?. Eine Offenheit mit staatlich finanzierter Forschung und deren Ergebnissen wäre hier durchaus hilfreich. Stichwort: Transparenz. Ich denke, die Ergebnisse der Studie werden nicht so eindeutig sein, wie es grade bei dir aussieht.

Interessant: Eine Dokumentationspflicht der Ergebnisse habe ich im BfR-Gesetz - BfRG nicht gefunden.

2 „Gefällt mir“

Hat @sebs303 den Punkt dazu.

„konservative Landwirtschaft“ wäre ja noch gut, weil sie Bodenleben und Artenvielfalt eben erhält. Aber die konventionelle LW, die du wohl meinst, tut das genau nicht. Die Böden verarmen unter dem Einsatz von Kunstdünger und „Pflanzenschutz“-Mitteln. Die Erträge sind zunächst höher, aber sie werden mit Abnahme der Bodenfruchtbarkeit (Bodenleben) weniger und müssen mit immer noch mehr Einsatz von Kunstdünger erhalten werden. Das ist eine Spirale nach unten. Die Anwendung von wissenschaftlichen Methoden mit einem Zeithorizont von sagen wir 5 Jahren zeigt, dass konvent. LW mehr Erträge bringt. Die Anwendung von Wissenschaft mit einem Zeithorizont von 50 Jahren zeigt, dass gute biologische LW mehr Erträge bringt.

Freisetzung von Gentechnik birgt die Gefahr von nicht mehr zu beherrschenden komplexen Systemwirkungen. Es ist praktisch unmöglich, solche Wirkungsketten mit Rückkopplungen und neuen nicht mehr steuerbaren Prozessen vorauszusehen. Es kann etwas Wünscheswertes herauskommen, aber eben auch das Gegenteil. Ohne Gentechnik wissen wir, wie das System in etwa funktioniert, das tut es ja seit Millionen Jahren mit sehr langsamen Mutationen. Mit Gentechnik spielen wir ein wenig russisches Roulette. Das ist ein valider wissenschaftlich basierter Standpunkt würde ich sagen.

Ansonsten stimme ich deinen Punkten zu.

4 „Gefällt mir“

Aber @DanK hat hier einen Punkt, da „die Wissenschaft“ zB. den Entdeckerinnen der CRISPR/Cas Methode den Nobelpreis verliehen hat. Im Gegensatz zur Bestrahlung von Saatgut zur Mutationsbeschleunigung (Mutagenese) ein Präzisionswerkzeug.
Was man jetzt damit macht, ist aber politisch.

2 „Gefällt mir“

Das ist ein fairer Kritikpunkt. Ich denke eben nur, dass man das Thema „Wissenschaftsfeindlichkeit“ zielführender diskutieren könnte, wenn man nicht nur nach rechts schaut. Wenn es allerdings um das geht, was @Wayne als „Zukunftsfeindlichkeit“ bezeichnet hat, dann unterschreibe ich sofort, dass es da auf konservativer Seite offenbar eine gewisse Sehschwäche geben muss. Aber Zukunftsfeindlichkeit ist eben nicht das gleiche wie Wissenschaftsfeindlichkeit.

Nun, ich habe ja einen Artikel von Quarks verlinkt, der die Studienlage recht umfangreich beleuchtet. Es gibt ja nicht nur die Meta-Studie aus Deutschland. Und so, wie ich unsere Behörden kenne, ist das Urheberrecht tatsächlich der ausschlaggebende Punkt. Es gibt ja das Prinzip „Occam’s Razor“, nach dem meistens die einfachste Theorie die richtige ist.

2 „Gefällt mir“

Ich würde konservativ nicht mit Rechts gleichsetzen. Auch eine Berlin-Mitte Person, mit Kind in der Waldorf-Schule, SUV, Eigentumswohnung, Einkauf im Biosupermarkt mit Kreuz bei den Grünen/SPD kann konservativ sein. Siehe die Grünen in BaWü z.B. und so Menschen wie Palmer.

Warum muss sich Bayer in USA dann aussergerichtlich einigen und braucht den US Supreme Court?. 4.5-11 Milliarden gibt Bayer ja nicht einfach so aus der Kasse.

1 „Gefällt mir“

Stimmt, aber ein gewisser Zusammenhang besteht schon.

Zu Glyphosat: Ich kann nur noch einmal auf den Artikel verweisen oder auf dieses Video: Die Studienlage ist uneindeutig. Man kann weder behaupten, dass das Pestizid eindeutig krebserregend ist, noch ist es eindeutig nicht karzinogen. Umfangreiche Studien konnten aber nicht nachweisen, dass der Stoff krebserregend sein soll. Daran ändern auch gerichtliche Vergleiche nichts. Monsanto mag ja nicht das tollste Unternehmen gewesen sein, aber das sollte nicht die Betrachtung der wissenschaftlichen Fakten beeinflussen.

Ich glaube, dass sich jede Partei die wissenschaftlichen Positionen zu eigen machen, die ihr in den Kram passen. Ob nun konservativ, liberal oder links—grün, macht da keinen Unterschied.

1 „Gefällt mir“

Mein Eindruck ist schon, dass in manchen Kreisen deutlich größere Bereitschaft besteht, die eigene Position auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse zu hinterfragen. Das ist vor allem dann interessant zu sehen, wenn Menschen aus Parteien in Machtpositionen sind und sie ihre Handlungen begründen bzw. rechtfertigen sollen. Man vergleiche zum Beispiel mal Habecks und Wissings Kommunikation, warum die jeweiligen Ministerien kein Gasembargo bzw kein Tempolimit anstreben. Habeck begründet und wägt ab. Wissing erzählt nur was von Prinzipien.

Und bei der Union kann man das schön an Söders (der ja auch Macht hat) völlig an Fakten vorbeigehender Energiepolitik beobachten.

3 „Gefällt mir“

Ich denke, dass das Problem zum Einen schon im Wort „konservativ“ liegt. Die Erhaltung des Status Quo ging früher (bis vor dem 19./20. Jahrhundert) nicht damit einher, etwas zu verändern. Das macht natürlich Sinn, wenn der Stamm in einer Höhle lebt. Dann ist es eher nicht ratsam, eine hypothetisch bessere Höhle zu suchen, solange es keine drängenden, sichtbaren Gründe dafür gibt. Das ist natürlich ein Problem, wenn das Erhalten des Lebens nur mit einer drastischen Änderung des Lebens zu gewährleisten ist; vor allem wenn die Bedrohung nicht offensichtlich mit dem eigenen Handeln verknüpfbar ist.
Ich bin natürlich der Meinung, dass es für uns unverzichtbar ist, dass unser Handeln von einem gewissem Maß an Konservatismus geleitet wird.

Zum Zweiten ist „die Wissenschaft“ wahrscheinlich grundsätzlich eher auf der liberaleren Seite des Spektrums. Das Weiten des Horizonts setzt voraus, dass man sich in unbekannte Gefilde begibt. Ich zumindest nehme wahr, dass der Großteil der Wissenschaftler, die ich kenne, eher liberal und links sind. Das mag dazu führen, dass sich konservative Menschen nicht besonders wohl fühlen in wissenschaftlichen Kreisen. Zusätzlich könnte die Vorherrschaft von konservativen Meinungen auch zu einem Bias Richtung links in der wissenschaftlichen community führen und einer Verdrängung des Konservativismus aus diesem Bereich. Natürlich sollte die wissenschaftliche Methode nicht von der politischen Weltsicht beeinflusst sein, aber ich bin der Meinung, dass das eine unerfüllbare Hoffnung ist, vor allem außerhalb der „harten“ Naturwissenschaften.

Das alles soll überhaupt nicht entschuldigen, dass wir als Menschheit unsere Fähigkeit, die Zukunft zu modellieren, so missachten und auf bestem Wege sind, uns selbst zu zerstören.

Das Vermittlungsproblem zwischen zwei gesellschaftlichen Subsystemen mit eigener Kommunikationslogik und Funktion wurde hier schon angesprochen. Man sollte sich jedoch auch bewusst sein, das bspw. die FFF Logik, auch wenn diese sicherlich von vielen für bare Münze genommen wird , eine Form von Framing ist die recht clever Druck erzeugen soll, in dem über die gesellschaftliche Funktion von Wissenschaft (Produktion von Wissen und Wahrheit) ein Anspruch legitimiert werden soll. Das ergibt in politischen Kämpfen die von Hegemonien bestimmt sind durchaus Sinn. Man sollte diesen Frame nicht einfach als Analyseschema für politische Strömungen verwenden, sonst landet man sehr schnell bei kruden Positionen. Wissenschaftliche Perspektiven werden in Politik selektiv verwendet. Das ist normal und entzieht sich damit auch nicht der Kritik. Aber der allgemeine Begriff der Wissenschaftsfeindlichkeit dient halt der Delegitimation von Positionen, das ist eine rhetorische Figur die so allgemein gefasst kaum aufrecht zu erhalten ist.Trotzdem kann diese in politischen Kämpfen sinnvoll sein, je nach Position und Zuhörerschaft. In diesem Sinne wirst du es schwer haben den meisten politischen Akteuren Wissenschaftsfeindlichkeit per se vorwerfen zu können .

Das ist auch nicht das einzige Thema, dass diese Problem hat. Der sog. neue Historikerstreit hat nen ähnliches Problem. Der legitime Anspruch und Kritik an der deutschen Erinnerungskultur durch politische Gruppierungen aus dem postkolonialen Bereich wurde von einigen Historikern sehr wörtlich genommen und dann zu einem Erinnerungskulturellen Nullsummenspiel verformt (ja ich weiß ist ne Zuspitzung). Man muss hier nach Diskursen und der damit verbunden Artikulation trennen.

Gentechnik ist ein leerer Signifikant. Inhaltlich fast völlig leer, da es sehr schwierig ist zu trennen was jetzt eigentlich Gentechnik ist und was nicht bzw. was als diese wahrgenommen wird und was nicht. Bspw. ich sehe jetzt nicht dass im Zuge der ganzen Gentechnik Debatte die ganzen Produkte die aus Atomic Gardening entstanden sind in der Kritik standen oder der Einsatz von Gentechnik zu Reduktion von giftigen Substanzen in Pflanzen (bspw. Solanin in Kartoffeln). Zugleich ist Gentechnik als Begriff normativ völlig überdeterminiert. Es gibt Siegel, die implizieren Gentechnik wäre eine Art giftige Substanz, wie Pestizide, die man nicht in den Lebensmitteln haben will. Ebenfalls wird Gentechnik als potenziell gefährlicher und völlig unkontrollierter Eingriff in eine Art starres natürliches Equilibrium gesehen. Das erinnert teilweise schon sehr an die popkulturellen Vorstellungen die so bezüglich AIs rumgeistern.
Ich bin jetzt gar nicht pro Gentechnik, man muss halt nur schauen, um welche Aspekte es konkret geht. Bspw. ist eines der Hauptprobleme von Monsantos Gentechnik, die Monopolisierung von Lebensmittel anbau. Und natürlich gibts hier auch das Problem mit potenziellen Resistenzen von Schädlingen.

5 „Gefällt mir“

Das ist aber eine sehr resignierte Sicht der Dinge. Ich glaube es gibt immer noch viele Politiker, die versuchen das „Richtige“ zu tun. Vielleicht sind die aber eher nicht in der Bundes- oder Landespolitik tätig, sondern engagieren sich eher in der Kommune bzw. an der Basis.

Aus meiner Sicht spricht die Union zuallererst Wähler*innen an, die sich wünschen, dass alles am besten so bleibt, wie es ist. Der Status Quo soll also konserviert bleiben. Oder auch: Die Party soll nicht aufhören. Es soll nicht teurer werden (z.B. Schnitzel).

Die Realität lässt das nun aber nicht mehr zu. Die Botschafterinnen der Realität sind aber die Wissenschaftlerinnen. Da haben wir den Konflikt.

1 „Gefällt mir“

Das würde unterstellen, dass es nur „die eine Wissenschaft“ geben. Ich bezweifle, dass sie alle Bereiche der Wissenschaften in einem Punkt einig sind. Wenn wir uns aber mal, wie unten kritisiert, die Klimadebatte anschauen, wird ein Problem deutlich. Alle relevanten Wissenschaftlicher bekennen sich zwar zum 1,5C° Ziel. Wie das aber umgesetzt wird, ist aber äußerst diskutabel. Die meisten Menschen denken aber, dass die Parteien, die am lautesten „Klimaschutz“ schreien am Besten sind. Doch wer am Ende das Beste Programm hat, da ist sich ja nicht mal die Wissenschaft einging. Mittlerweile dürften auch die Grünen gemerkt haben, dass man Klimaschutz nicht nur abgetrennt von allen anderen Bereichen sehen kann. Sie versuchen dieses Thema nun in der Realpolitik unter zu bringen und schon stehen sie hart in der Kritik von Organisationen wie FFF, die diese Thema in einer Bubble separat von allen anderen Themen diskutieren kann.

Es gab seit 1998 keine Partei mit mehr Jahren in der Regierung als die SPD. Und wenn ich mir die Landesregierungen anschaue ist das Land, welches mit weitem Abstand am schlechtesten gemanagt wird (wahrscheinlich) Berlin. Und da ist keine der oben genannten Parteien an der Macht. Ich verstehe die Kritik an der CDU aber man muss immer die SPD mit verurteilen. Und für mich steht die SPD genau so für Stillstand. Und beide Parteien werden überwiegend von älteren gewählt, was mMn aber rational ist. Leider. Menschen über 50 entscheiden die Wahlen. Und wenn ich mir die Kommentare von Freunden aus Süd Europa anhöre, haben wir noch deutlich Verschlechterungspotential in Deutschland .

1 „Gefällt mir“

Gegenbeispiel Bayern. Bayern hat sich nur so entwickelt, weil die CSU darauf geachtet hat, dass alles so bleibt wie es ist und die Industrie sich auf Kontinuität verlassen kann.
Folge: die wenigsten erneuerbaren Energien
90% abhängig von russischem Gas
in keinem Bundesland entscheidet die Herkunft mehr über die Bildung des Kindes

4 „Gefällt mir“