Vermutlich ist es eine relativ stabile Konstante der menschlichen Spezies (und vielleicht in Spuren sogar im Tierreich), dass ein Teil dazu neigt, alles Bekannte zu erhalten (darunter auch Bewährtes, was ja gut ist), während der andere Teil Neues probieren möchte (mit dem Risiko des Misslingens).
Wissenschaftlerinnen neigen wohl eher der progressiven Seite zu, immerhin stellen sie im Wesentlichen vorgefundene Zustände oder Erkenntnisse in Frage. Der Tätigkeitsbereich eines Wissenschaftlers mit ausgeprägt konservativer Prägung könnte nur sein, Belege für die Richtigkeit vorgefundener Zustände zu finden, also recht eingeschränkt und vermutlich frustrierend im Ganzen.
Konservative Politiker_innen dürften der Wissenschaft also eher defensiv gegenüberstehen, es sei denn, sie bekommen von dort Bestätigung - was möglich ist, aber eben selten.
Wenn wir es mit einer Konstante zu tun haben, muss man sich insoweit damit abfinden, als der Konservativismus genetisch und erzieherisch bedingt, in der Schule in bessere Bahnen gelenkt werden kann. Das passiert zur Zeit nur in Ausnahmefällen durch hervorragende Lehererinnen, die sich selbst etwas beigebracht haben, was die konservativen Lehrstoffkonzeptoren lieber verhindern würden.
Die gute Seite von konservativen Menschen ist grob gesagt ihre Verlässlichkeit. Ich bin froh, z.B. in unserem ländlichen Sportverein mich auf CSU-Leute absolut verlassen zu können. Sie denken gemeinschaftsdienlich, das aber vor allem lokal. Für die grösseren Zusammenhänge fehlt ihnen (diesen konkreten CSUlern) das Vorstellungsvermögen und das Interesse. Über ihren Zirkel hinaus ist Abwehr und Konkurrenzdenken bestimmend.
Was ich damit sagen will. Konservativismus ist erträglich oder sogar angenehm in kleinen Gemeinschaften. Nun haben wir aber eine komplexe, unübersichtliche Welt mit immer neuen existenziellen Fragen. Da ist der Konservativismus per se nicht mehr fähig, Probleme zu lösen.
Ein Widerspruch? Die CSU sieht sich als fortschrittliche Kraft, die das Hightech-Land Bayern sozusagen zur Blüte gebracht hat. Na ja, der Fortschritt besteht in der Ausweitung von Bekanntem, Technischer Fortschritt ist ja nicht gesellschaftlicher Fortschritt. Technischer Fortschritt kann auch für einen wenig visionären Menschen wünschenswert sein, wenn er absehbar den Wohlstand mehrt und den eigenen Hebel verlängert.