Nur leider ist das am Ende eine Kapitulation vor dem Populismus. Es ist dann zumindest dann schwer noch gegen solche Methoden zu argumentieren, wenn man sie selbst nutzt.
Ja da gebe ich dir recht.
Frage ist, was kann eine Alternative sein. Schließlich bedienen sich alle Parteien die nicht links sind diesem Mechanismus. Die FDP vielleicht ausgenommen.
weder Merz noch Söder können einfach weggesperrt werden.
Die Frage ist so interessant, dass man eigentlich einen eigenen Thread bräuchte. Bezogen auf dieses Thema würde ich Folgendes sagen:
Wie du richtig sagst gibt es für Moral oft keine Gesetze - einzig das in der Gesellschaft verankerte moralische Gefühl „richtet“ über die Unmoralischen. Ist dieses Gefühl abhanden gekommen, wird sich auch niemand mehr für moralisches Handeln interessieren.
Allerdings bin ich der Meinung das Letzteres nicht der Fall ist. Vielmehr wird unmoralisches Handeln viel zu oft einfach nicht aufgedeckt, sondern meist mit eigenem unmoralischen Handeln gekontert. Man könnte also z.B. Merz und Söder viel stärker für ihren Populismus zur Rechenschaft ziehen. Im vorliegenden Fall hätte ein Journalist auch durchaus etwas zu verlieren, wenn er eine Hetzkampagne startet und am Ende falsch liegt. Natürlich nur, wenn er noch einen Ruf hat und z.B. nicht für BILD arbeitet. Ganz viel hängt m.E. davon ab, wie die Gesellschaft solche Berichte aufnimmt. Deshalb kann ich nur ganz stark daran appellieren guten, abwägenden Journalismus zu belohnen und populistischen abzustrafen.
Wenn ich mal wieder in die historischen Tiefen der Kommunikation bis zu Schulz von Thun abtauche, ist Populismus doch letztlich eine Sache von Sender und Empfänger.
Als Sender brauche ich für populistische Botschaften einen aufnahmewilligen Empfänger.
Als Empfänger neigt man dazu, eher dem Sender zu vertrauen, der mir die passenden Botschaften liefert.
Ganz schlicht formuliert.
These: sind wir durch die weitgehend friedlichen und zuletzt eher betulichen Jahre evt etwas bequem und „schlicht“ geworden, das uns (also damit sind weite Teile der Bevölkerung gemeint) komplexere und unangenehme Botschaften eher unpopulär sind?
Das damit der Nährboden für einfache und simple populistische Botschaften größer geworden ist?
Das viele die Realität und die damit verbundenen Herausforderungen und Unannehmlichkeiten lieber ausblenden wollen?
Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass wir schlichter geworden sind. Allerdings fehlen uns so lange nach der Nazizeit vielleicht abschreckende Erfahrungen, die populistischen Botschaften entgegen stehen könnten. Sprich: wenn Menschen sehen und begreifen würden wie ein Trump oder eine AfD den Karren vor die Wand fährt und das in für sie schmerzhafte Erfahrungen endet, entzaubert das natürlich auch den Populismus. Nur dass der Karren dann halt schon an der Wand ist. Im Prinzip kann man den populistischen Erfolg also vielleicht mit dem Präventionsparadox vergleichen.
Das wird schwierig.
Ich lese z.B. eine regionale Zeitung.
Die besteht außer dpa Meldungen vor allem aus reaktionären Kommentaren, teils gekennzeichnet, teils als Bericht getarnt. Die Alternative hat vielleicht bessere Journalisten, dafür aber halt BILD Tendenzen (optisch). Was soll man also tun, wenn man doch regionale Informationen haben möchte?
Guter Ansatz.
Würde bedeuten, das wir erst immer so richtig vor die Wand fahren müssen um zu erkennen, das wir mit der simplen populistischen Variante mal wieder falsch gelegen haben.
Spricht jetzt nicht für einen generationsübergreifenden Lernprozess.
Meine These wäre, dass die meisten journalistischen Formate nicht nur rein ökonomisch auf Verkaufszahlen reagieren sondern auch (zumindest grob) auf Feedback ihrer Leser /Hörerschaft. Positivbeispiel wäre hier ganz klar die Lage. Man kann ein Lage Plus Abo kaufen um ihre Arbeit zu unterstützen und sich gleichzeitig hier im Forum auskotzen, wenn etwas nicht gefällt :-). Die Chance dass das ankommt ist doch recht hoch. Ich abonniere immer mal wieder die ZEIT und natürlich gefällt mir da auch nicht immer alles. Dann schreibe ich eine kurze E-Mail (geht aus Zeitgründen natürlich nur begrenzt) und denke wenn das genug Leute machen, wird die Message schon ankommen. Durch die oft recht konkrete Antwort, die ich bekomme, bilde ich mir zumindest ein, dass das manchmal auch jemand liest - oder die eine gute KI haben .
Ich könnte mir vorstellen, dass bei deiner Regionalzeitung vielleicht der Impact sogar noch größer ist, da ja der Leserkreis kleiner ist.
Wäre natürlich ernüchternd. Die Hoffnung wäre, dass man durch bessere Visualisierung von Teil-Misserfolgen ein vollständiges Vor-die-Wand-Fahren vermeiden kann. Aber grundsätzlich befürchte ich, dass ein rein theoretisches Lernen nicht funktioniert.
Um die Überschrift kurz zu beantworten: Populismus ist sowohl gefährdend als auch zwangsläufig und sogar notwendig (mit Einschränkungen).
In der durch moderne Kommunikation verkleinerten Welt (man kann fast alles von überall zu jederzeit erfahren und tut das teilweise auch - gilt für Katastrophen wie für Partikularinteressen), ist es immer schwerer Aufmerksamkeit zu erregen (aus Sicht des Senders). Das Wichtige herauszufiltern und einzuordnen (aus Sicht des Empfängers) wird ebenso schwieriger.
Vereinfachung und Zuspitzung ist im Wettbewerb um Aufmerksamkeit zwangsläufig. Idealerweise sind natürlich diese Thesen oder Themen fundiert und können weiter ausgeführt werden - dafür braucht es aber erst mal die Aufmerksamkeit.
Auch ist es im eigenen Interesse eines Politikers wiedergewählt zu werden um idealerweise die Dinge von denen man überzeugt ist umsetzen zu können. Es ist also weder möglich noch sinnvoll den Bürgern nur „von oben herab Dinge zuzumuten“ (im höheren Interesse), sondern gleichzeitig auch den Wählern „aufs Maul zu schauen“. Neben der Wiederwahl findet man dort vllt auch gute Ideen und berechtigte Probleme.
Und ich möchte behaupten, dass jede Partei mit Populismus arbeitet (Zuspitzung, Auslegung von Zahlen und Fakten im eigenen Interesse etc.) - das ist keine exklusive Methode der Rechten). klares Lügen und Erfinden von Tatsachen sind für mich Lügen und kein Populismus.
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Jeder liest meist ja nur, was er lesen „möchte“.
Kannst du mir populistische Aussagen von den Grünen oder der SPD nennen?
Um a) deine Thesen zu testen und
b) meine Augen zu öffnen
Die brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung beschreibt dies wie folgt:
„Linker Populismus lenkt die Ängste in der Bevölkerung in eine bestimmte Richtung: die Angst vor Arbeitslosigkeit, prekären Beschäftigungsverhältnissen, Altersarmut und nachlassender sozialer Sicherung soll das „Volk“ gegen den oder die „Gegner“ in Stellung bringen. Diese sind, je nach politischer Schattierung: „die Reichen“, die Globalisierung, der Neoliberalismus, die Eliten, Wohnungskonzerne oder Automobilbauer. Linkspopulismus setzt auf eine Feinddefinition, die den Konflikt betont und den Konsens ablehnt.“
Und dann schau mal wie oft Meinungen / Beiträge hier als neoliberal abgewertet werden oder z.B. zuletzt in einem Thema ohne jeden Kontextbezug „100m lange Segelyachten“ in den Ring geworfen werden. Oder ließ mal Beiträge mit Bezug auf Vermieter (egal ob große Wohnungsbaugesellschaft oder private Kleinvermieter)
Ah danke. Finde deine Beiträge immer erfrischend.
Die Brandenburgische Landeszentrale hat sich möglicherweise auf die Diffamierung der „Linken“ eingeschossen. Ähnlich definiert es die Bundesstelle
Passender finde ich den Wikipedia Eintrag
Hier insbesondere die Einführung:
„ Charakteristisch ist eine mit politischen Absichten verbundene, auf Volksstimmungen gerichtete Themenwahl und Rhetorik. Dabei geht es einerseits um die Erzeugung bestimmter Stimmungen, andererseits um die Ausnutzung und Verstärkung vorhandener Stimmungslagen zu eigenen politischen Zwecken. Oft zeigt sich Populismus in einem spezifischen Politikstil und dient als Strategie zum Machterwerb.“
Aiwanger dürfte ein Musterbeispiel sein. Bekanntlich ringt er mit Söder darum wer diese Technik am effektivsten einsetzt.
Merz steht mit seinen kleinen Paschas dem nicht so sehr nach.
Das mit den Segeljachten ist ein gutes Beispiel. Kennst du so was auch aus der Politik?
Hier mal ein allgemeiner Beitrag dazu:
Dann ein paar Links zu Parteien mit typischen Themen der Linken Parteien - ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
SPD:
- ab und zu entdecken sie taktisch Sicherheit und Kulturelles als Thema: Kommentar: Der neue Messer-Populismus der SPD - Landespolitik - Nachrichten - WDR - Landespolitik - Nachrichten - WDR
- die Vorschläge zur Kürzung des Bürgergeldes können als populistisch bezeichnet werden (oder als pragmatischer ausgleicher Vorschlag): Lob und Kritik für Heils Pläne zu Bürgergeld-Kürzungen | tagesschau.de
- die Rente mit 63 war gesamtgesellschaftlich kontraproduktiv und populistische Klientelpolitik (wie Andrea Nahles im Subtext nachher selbst andeutet): „Unselig“: Ausgerechnet Nahles schimpft über Rente mit 63
- dann neigt die SPD teilweise zu Klassenkampf-Rhetorik (manche sagen mittlerweile sei dazu wenig geworden): Schluss mit bürgerlich: Die SPD setzt auf Klassenkampf | NZZ
Grüne:
- da nehme ich persönlich am wenigsten wahr aber dennoch gibt es Anzeichen (bitte nicht wegen des Autors und Stils alles inhaltliche wegwischen): Grüne und Populismus: Gebt den Affen Zucker! - Kolumne - DER SPIEGEL
- beim Thema der Gestaltung und Begrenzung von Migration gab es diverse Talkshows wo Vertreter eines „geordneteren“ Systems hart und für mich verkürzt / populistisch angegangen wurden. Ich meine diese Sendung Hart aber Fair wäre eine solche gewesen: hart aber fair - Sendungen - Hart aber Fair - Das Erste
Die Linke:
- die habe ich mir mal gespart - mit und ohne SW auf Bundesebene ein spezieller Fall aus meiner Sicht
… Abs. gelöscht
Beispiele für Grünen Populismus:
- Hochrisikotechnik Atomkraft (suggeriert einen bevorstehenden GAU wenn man weiter betreibt)
- Hochrisiko-/Greenwashingtechnik CCS
- in Kürze bevorstehende Klimaapokalypse mit unumkehrbaren und unaufhaltsamen Kipppunkte (nicht falsch verstehen, ich unterstütze die Energiewende und Einsparforderungen. Ich lehne nur diese übertriebene Rhetorik ab)
- die Energiewende kostet uns alle nur eine Kugel Eis
- wir haben ein Wärme-, kein Stromproblem gefolgt von der Bitte ein paar Monate später, nicht im Baumarkt Elektroheizungen zu kaufen, da man sonst so viel Gas verstromen müsse
- Die AKW können nicht mehr weiter betrieben werden weil Personal und Wartung fehlten und Material neu gekauft werden müsse - Streckbetrieb ging dann doch noch und bei frühzeitiger Entscheidung wäre auch der Rest machbar gewesen (außer die Revisionen, aber da hätte man Ausnahmen regeln können). Auch hier, ich bin nicht gegen den Ausstieg, aber ich lehne unehrliche Sprache ab.
Zur SPD hat @Hardtware schon einige unkonkrete Beispiele für linken Populismus aufgeführt. Ich lege noch ein paar konkretere Sachen dazu
- die Drohnen- und Rüstungsdebatte bis 2020
- zum Thema Innenpolitik: Kommentar: Der neue Messer-Populismus der SPD - Landespolitik - Nachrichten - WDR
- diverse Attacken gegen Vermieter in Großstädten
- der regelmäßige Vorwurf, jeder der Renten oder Sozialleistungen nicht kräftig erhöhen möchte, wolle Menschen hungern oder frieren lassen
Ist das jetzt wirklich ernst gemeint?
Ihr seht vor allem Grünen- und SPD-Populismus?
Ich sehe aktuell fast ausschließlich rechten, rechtsextremen und FDP- Populismus.
Nur ihre Aussagen richten sich nach einer realen oder fiktiven „Volksstimmung“. Und teilweise nun auch die SPD. (Betr. Bürgergeld, Migranten etc.)
Die Diskussion über die Yachten ist kein Populismus, sondern gibt die Realität wieder, aufgezeigt durch die Dokumentation. Habt ihr sie überhaupt gesehen?
Hier hat niemand geschrieben, dass es „vor allem Grünen- und SPD-Populismus“ gibt, sondern dass man Populismus bei allen Parteien findet. Dies wurde bei den Grünen und der SPD mit Beispielen dargelegt.
Nein, das hat niemand geschrieben. Unsere Beiträge beziehen sich auf folgenden Punkt:
Natürlich gibt es mehr als genug / zuviel Populismus auch auf rechter Seite und wird rechts außen gefühlt am stärksten und gezielt eingesetzt. Gibt bestimmt auch Untersuchungen dazu.
Aber Populismus ist nicht exklusiv konservativer, neoliberaler oder rechtsradikaler Politik vorbehalten.
Man muss auch aufpassen markige, wortstarke Beiträge oder Aussagen nicht immer direkt als Populismus zu werten. Hör Dir mal Debatten mit F.J. Strauss. Willy Brandt oder Herbert Wehner an, da rappelt es ordentlich.
Ich befürchte, Populismus lässt sich in der menschlichen Kommunikation nie ganz vermeiden. In Diskussionen (nicht nur politischen) neigt man gerne zu vereinfachenden und simplifizierenden Aussagen, die schnell ins populistische abgleiten.
Vielleicht ist unsere Aufmerksamkeitsspanne für komplexere Aussagen nicht mehr lang genug.
Auch Religionen hatten ursprünglich eine vereinfachend erklärende Funktion in einer komplexen, oft unerklärlichen Welt - teils auch heute noch.
Gefährlich wird es wohl erst, wenn Populismus zu einer gezielten Methode wird, um Massen hinter sich zu scharen. Wie es die Nationalsozialisten einst praktizierten, und es die AfD wohl auch intendiert.
Die Liste ist reine Desinformation, leider ist das durch die Moderation gerutscht. Wir haben den Autor jetzt erst mal zwei Wochen stumm geschaltet, weil sowas die Diskussion hier massiv beeinträchtigt.
Nur exemplarisch möchte ich darauf hinweisen, dass der Atom-Ausstieg jahrelang parteiübergreifend Konsens war. Populismus ist allein die Kritik daran, weil die Atomkraftwerke in Deutschland an der gegenwärtigen punktuellen Energieknappheit nichts ändern würden, denn man kann sie ohnehin nicht einfach weiter betreiben, vielmehr müssten sie erst mal circa zwei bis drei Jahre lang sicherheitstechnisch überholt werden. Details dazu in den entsprechenden Threads zum Thema Atomkraft.
Warum CCS weitgehend eine Nebelkerze ist und nur in Nischen wirklich sinnvoll und notwendig, haben wir in der Folge 360 diskutiert.
Und so weiter und so fort. Wir haben hier überhaupt keine Toleranz für Desinformation, bitte bemüht euch um einen sachlichen Austausch.
Zum Thema Populismus gab es vor zwei Wochen im Spiegel ein spannendes Interview mit Jan-Werner Müller, einem der führenden Forscher auf diesem Feld:
Nichts gegen die bisherige Diskussion hier, aber mit Bauchgefühlen kommen wir doch nicht weiter. Wenn hier einzelne Autoren aufzählen, was sie zB an der Politik der SPD populistisch finden, dann ist das interessant, um die Vorstellungswelt dieser Personen kennenzulernen, trägt aber zu Klärung des Begriffs nur begrenzt bei.
Bitte versucht doch bei Themen, zu denen es umfangreiche wissenschaftliche Forschung gibt, vor einer Antwort erst einmal zu checken, wie der Stand der Debatte in den entsprechenden Disziplinen ist.