Polizeigewalt - reden wir vom selben Fall?

Ich habe bei vereinzelten Kommentaren zu dem Video auch den Eindruck, dass die Beurteilung des Falls ein anderer wäre, wenn es sich bei dem 15-Jährigen um einen „Stefan“, „Michael“ oder „Hans“ gehandelt hätte. Man sollte auch hinterfragen, ob man die mE nicht mehr als Einzelfälle zu bezeichnenden Fälle von Polizeigewalt durch eine rassistische Brille betrachtet. Und damit meine ich ausdrücklich nicht bewussten Rassismus. Wenn Opfer der Polizeigewalt als vermeintlich nicht deutsch wahrgenommen werden, sind die Zweifel an der Authentizität der Darstellung des Betroffenen/der Betroffenen viel stärker wahrzunehmen. Auch die Forderung, die Person hätte doch einfach die Anweisungen hinnehmen sollen, kommt in diesen Zusammenhängen sehr oft. Das hat für mich einen bitteren Beigeschmack.

Also wenn die Polizei etwas von mir möchte, dann gehe ich grundsätzlich davon aus, dass die Polizei sich an Recht und Gesetz hält und rechtmäßigerweise nun etwas von mir will. Meine Grundhaltung ist eigentlich nicht, dass ich erst mal hinterfrage, ob die Polizei das darf was sie tut und ich überlegen muss, ob ich der Anweisung folge oder nicht. Ich glaube nicht, dass wir bei unserer Polizei diese Grundhaltung haben müssen. Aber irgendwie verstehe ich Ihren Beitrag schon so, dass man erst mal überlegen soll, ob die Polizei das darf was sie da von mir will.
Und mit wäre es egal, wenn der Junge Stefan/Michael/Hans oder sonst wie heißt und welche Nationalität er hat. Als ich das Video sah, wusste ich nicht wie er heißt und ich finde nicht, dass man sofort sieht, dass er keine deutsche Nationalität hat.

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Ich denke, wir sind uns einig darin dass es kein perfektes System geben kann.

In der Medizin war es lange so, dass insbesondere Ärzte qua Titel unantastbar und fehlerlos waren.

Was nicht sein durfte, hat es nicht gegeben.

Erst der Abbau dieses Selbstverständnisses, zu dem eben auch der Korpsgeist unter Medizinern gehörte, hat dazu geführt dass Mediziner ihre Fehler zugeben und alle daraus lernen können.

Ich stelle hier die Behauptung auf, dass gerade auch ein Großteil der pauschalen Kritik an der Polizei sich aus der Wahrnehmung speist, dass die Fälle die passieren eben nicht verfolgt werden - und wer Täter schützt ist eben Teil des Problems.

Diese pauschale Abwehr und Verweigerungshaltung einer Profession, die an höheren Maßstäben gemessen werden sollte als die Allgemeinbevölkerung trägt unnötigerweise zur Lagerbildung bei, verhärtet die Fronten und schadet letztlich uns allen.

Meinen Sie meinen Kommentar?
Und genügt es wirklich für die Verfolgung der Owi, wenn der Polizei Vor- und Nachname bekannt ist und das Geburtsdatum, das ihr mündlich mitegteilt wurde? Meine mündliche Aussage hat bisher keinem Polizisten genügt.

Den originalen Bild-Artikel scheint es nur noch im Bezahl-Abo zu geben - da ich noch ganz gut sehen kann, brauche ich keine Zeitung mit besonders großen Buchstaben und kurzen Texten :slight_smile:

Bezüglich vorheriger Kontrollen/Ermahnungen/Verwarnungen - Zitat " … Schon in der Vergangenheit soll der Junge mehrmals mündlich verwarnt worden sein …" (Quelle: https://www.nordbuzz.de/hamburg/polizei-polizeigewalt-bild-zeitung-julian-reichelt-boxer-hamburg-hass-internet-twitter-drecksblatt-hashtag-shitstorm-zr-90027473.html)

Ich habe aber Links gefunden, die auf den Bild Artikel referenzieren.
Focus online - Zitat " Das Blatt berichtet unter Berufung auf eigene Informationen, dass die Polizei schon mehrfach gegen den 15-Jährigen ermittelte, unter anderem wegen einer Attacke auf einen Lehrer und weiterer Körperverletzungsdelikte - auch gegen Erwachsene. Quelle: Polizeieinsatz in Hamburg: Nach umstrittenem Vorfall spricht jetzt 15-Jähriger - FOCUS Online

Ich hoffe das hilft. Nächstes Mal werde ich gleich die Links dazuschreiben.

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X-files:
Ich würde als Jugendlicher mal kontrolliert.
Name, Adresse, Geburtstag hat da vollkommen ausgereicht.
Die Polizisten meinten damals, dass es aber besser ist, den Person dabei zuhaben, da es die Kontrolle verkürzt.

Mein Argument war, dass es in den vorliegenden Fällen von möglicher Polizeigewalt eben nicht um solche längerfristigen Schäden geht. Wie dem auch sei: ich stimme Ihnen bei ihrer zweiten Antwort auf meinen Kommentar vollkommen zu: ein Polizist darf nicht unantastbar sein! Falsch verstandener Korpsgeist (Korpsgeist als solchen halte ich erstmal für etwas positives) muss unterbunden werden. Ich bin sehr dafür, dass die Ermittlungen in solchen Fällen von einer unabhängigen dritten Stelle geführt werden, zumindest mal von einer anderen Polizeibehörde als der des mutmaßlichen Täters. Mir geht es auch nicht darum, dass wir Polizeigewalt nicht verfolgen. Mir geht es darum das die öffentliche Debatte mir, in der Form wie sie gerade geführt wird, kontraproduktiv erscheint, weil so alle Leute die vllt sowieso schon aus einem Milieu stammen, in der die Polizei misstrauisch beäugt wird, erst recht den letzten Rest vertrauen verlieren. Ich würde mir daher in solchen Fällen von Leuten in der Öffentlichkeit und mit großer Reichweite, also auch von dem Lageteam zwei Sachen wünschen:

1.: Unschuldsvermutung auch für Polizeibeamte. Auch vermeintlich eindeutige Videos können im Kontext in ihrer Bedeutung umgekehrt werden. In der vorschnellen Verurteilung („da sehen wir es mal wieder, Polizeigewalt gibt es auch in Deutschland“) liegt die Gefahr, dass sich der Sachverhalt im Nachhinein doch anders darstellt, der Schaden für den Ruf der Polizei ist in dem Moment aber schon angerichtet. Bestes Beispiel ist doch das Video von dem Polizeibeamten der auf dem Kopf des einen jungen kniete, welches die aktuelle Debatte erst ausgelöst hatte. Mittlerweile ist klar, dass hier kein Fehlverhalten vorlag und dieser Szene eine handfeste Auseinandersetzung voranging. Trotzdem ist aufgrund der vermeintlichen Parallelen zum Goerge Floyd Vorfall die Stimmung von Minute eins klar kontra-Polizei gewesen. So entfremdet sich eine Gesellschaft (oder bestimmte Gesellschaftsschichten) von der Polizei, obwohl kein grobes Fehlverhalten vorlag.

2.: Ein wenig mehr Gelassenheit (was generell für unsere heutige Debattenkultur angebracht wäre). Keiner ist gestorben, es gab keine bleibenden Schäden, es gibt keinen Grund die Stimmung Kontra-Polizei künstlich anzuheizen, indem zB behauptet wird (wie von dem Vorsitzenden der Grünen Jugend) dass wir in Deutschland ein Problem mit Polizisten hätten, die Vorschnell Leute erschießen. Das spaltet doch nur noch mehr.

Ich denke Politiker, Medien und Influencer haben irgendwo auch die Verantwortung, bei aller berechtigten Kritik an dem Verhalten einzelner Polizeibeamter, das Vertrauen in unsere Sicherheitsbehörden insgesamt nicht noch weiter zu erodieren. Dazu gehört mMn auch die klare Message: egal was ihr für Videos gesehen habt und was ihr persönlich von der Polizei haltet: verhaltet euch kooperativ, leistet keinen Widerstand und provoziert nicht. Dokumentiert gerne Polizeieinsätze, aber behindert die Beamten nicht. Das macht es für alle Beteiligten einfacher.

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Vielen Dank für die Antwort! :slight_smile:

  1. Das war zwar nicht das Thema, dass ich mit meinem Kommentar ansprechen wollte, aber ja, ich hinterfrage grundsätzlich immer das Verhalten meines Gegenübers, wenn es von mir etwas einfordert und die Forderung in meine Rechte eingreifen kann. Wenn die Polizei mich anhalten sollte, um meine Personalien aufzunehmen, dann würde ich, wenn kein Anlass dazu aus meiner Sicht besteht (und damit beziehe ich mich auf einen fiktiven Fall) erstmal fragen, warum das notwendig sei und nicht meinen Ausweis zücken. Da sind wir vielleicht unterschiedlicher Ansicht.

Übertragen auf den jetzigen Fall wurde dazu glaub ich schon alles gesagt von Notwendigkeit der Identitätsfeststellung bis hinzu dem Vorbringen, dass er kein Ausweis mit sich führe.

  1. Wie bitte soll man auch beim Ansehen eines Videos die Nationalität einer Person bestimmen können??? Es verwundert mich aber schon, dass Sie auf der einen Seite sagen, dass es für Sie keine Rolle spielt, welche Nationalität er hat und Sie in Ihrem Kommentar dann aber mit Rassismen um die Ecke kommen und unterstellen, er wäre Türke und solle „daheim“ doch so etwas versuchen. Dieser Junge kann Deutscher, Franzose, Brasilianer, Chinese oder Japaner sein - es ändert nichts daran, wie er von der Polizei behandelt wird und wie er sich zu verhalten hat.

Als mutmaßlich weißer Deutscher stimmt das auch überwiegend so.

Nur sind wir das eben nicht alle - und wenn man sich die Berichte anderer Bevölkerungsgruppen anhört, kommt mir schon das kalte Grausen.

Ich schreibe mal hier zum Punkt 2. Ich finde es sehr problematisch zu behaupten, dass jegliche Kritik unangemessen ist, nur weil “noch keiner tot ist”. Eine gemessene Debatte ist immer angemessen, aber es ist ja auch nicht so, als würde z.B. die Grüne Jugend eine Auflösung der Polizei fordern. Sich ernsthaft gegen eine objektive außerbehördliche Kontrolle der Polizei zu sperren fördert mMn weder ein angemessenes Verhalten der Polizei noch das Vertrauen der Bevölkerung in jene.

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Wie ich bereits schrieb, geht es mir nicht darum eine außerbehördliche Überprüfung der Polizei zu verhindern, es geht mir um den Ton der Debatte. Und der ist für mich unverhältnismäßig, als Beispiel dafür habe ich ja bereits die Aussage des Vorsitzenden der Grünen Union genannt.

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Ich frage mich die ganze Zeit was an meinem ersten Kommentar unterschwellig rassistisch war. Ich habe echt versucht den Rassismus zu erkennen. Ich bin aber irgendwie nicht zu dem Schluss gekommen, dass mein erster Kommentar jemanden aufgrund seiner Rasse benachteiligt wird. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir erklären könnten, wo genau mein unterschwelliger Rassismus liegt. Dann kann ich eventuell zukünftig erkennen, dass Dinge, die ich nicht für rassistisch halte, doch rassistisch sind und solche Dinge dann nicht mehr sagen und meine Haltung auch ändern. Weil rassistisch sein, will ich nicht und wäre daher echt dankbar wenn mir das jemand sagt.

Den jetzt von Ihnen beantworteten Kommentar würde ich nicht unbedingt rassistisch nennen. Aber ich sehe ein, dass man über diese Auffassung diskutieren kann. Dass er Türke ist, zumindest jedoch einen Migrationshintergrund hat, schreibe ich, weil er einerseits einem deutschen Ableger eines türkischen Propagandasenders ein Interview gibt und ich das Interview von Instagram so verstehe, dass er sich selbst als mit Migrationshintergrund bezeichnet.

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… und das ist das zweite Mal, dass sie meinen deutlichen Hinweis darauf, dass es sehr wohl und in einiger Regelmäßigkeit auch Fälle von ungerechtfertigter Polizeigewalt mit Todesfolge gibt, völlig ignoriert haben. Und alle von mir angebrachten Punkte, die nicht in Ihre Argumentationsstruktur passen, ebenfalls.

Symptomatisch gerade für diese Kultur des „was nicht sein darf, existiert nicht“, dass ich bereits beschrieben habe - auch wie schädlich es gerade für die derzeitige und die Polizei in Gänze ist.

Zu ihrer Frage:

Das ist eine Variation des Argumentes: „Wenn es Dir hier nicht gefällt, geh halt dahin wo Du herkommst“, mit dem Rechte allen Menschen, die nicht biodeutsch aussehen (oder keinen deutsch klingenden Namen haben), die Legitimität ihrer Anwesenheit und ihrer Ansichten absprechen.

Es ist ein rassistisches Argument, denn es bedeutet: „wenn Du nicht biodeutsch bist, gehörst Du nicht hier her und Deine Meinung zählt nicht.“

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Okay, das mache ich sehr gerne, wenn Sie wirklich ihre Aussagen selbst nicht als unterschwellig rassistisch werten. Das finde ich gut, dass Sie da Wert drauf legen, nicht rassistische Aussagen zu tätigen.

Sie unterstellen doch mehrmals, dass er keine deutsche Nationalität hat. Dabei verweisen Sie sogar selbst auf das Interview bei IG. Da sagt er, er sei Deutscher. Warum also spielen Sie überhaupt in Ihrem ersten Kommentar auf die Nationalität an? Dass er TRT ein Interview gibt, muss nicht heißen, dass er nicht deutsch ist. Zudem ist es schlichtweg - wie ich schon gesagt habe - irrelevant für den Fall, welche Nationalität Kadir hat. Sich aber mit der Nationalität in so einer Debatte zu beschäftigen, hat für mich einen bitteren Beigeschmack. Unterschwellig rassistisch wird es, wenn die Anspielung/Bezeichnung der vermeintlichen Nationalität ein Grund für eine andersartige Wertung wird bzw. diese anklingen lässt.

Diese Aussage trägt nichts zur Sache bei, macht aber für mich eindeutig, dass Sie den Jungen entlang der ganzen Bewertung des Vorfalls und Ihrer Einordnung von Polizeigewalt als nicht-deutsch wahrnehmen. Von „daheim“ in diesem Kontext zu sprechen, spricht dem Jungen ab, in Hamburg daheim zu sein. Das macht Ihren Kommentar in meinen Augen unterschwellig rassistisch, denn es erzeugt das Bild, dass Sie hier nicht neutral bewerten, sondern die Eingriffe in seine Rechtsgüter aufgrund seiner vermeintlichen Nationalität für eher gerechtfertigt halten und ein „Wenn’s dir hier nicht gefällt, geh doch zurück in die Heimat Türkei“ andeuten wollen. Es erzeugt schlichtweg das Bild vom strafauffäligen Migranten gegen den sich die deutsche Polizei zur Wehr setzen muss, um es überspitzt zu formulieren. Wie Sie wissen werden im Zusammenhang mit Straftaten immer wieder Nationalitäten angesprochen, was ein äußerst unschönes Bild von Menschen, die nicht nur deutsch oder auch deutsch sind, erzeugt: Kriminelle. Ihr Kommentar geht genau in diese Richtung. Daher mein Rat an Sie, wenn Sie dem Vorwurf des unterschwelligen Rassismus nicht ausgeliefert sein wollen, die vermeintliche Nationalität unberücksichtigt lassen.

Stimmt. Wenn jemand sagt, solange „noch keiner tot ist“, ist jegliche Kritik unangemessen, ist das sehr problematisch.

Nur gehts darum ja gar nicht. Der Kommentator hatte beanstandet, dass der Vorsitzende der Grünen Jugend Quatsch dazu erzählt, dass die Polizei angeblich vorschnell Leute erschießt. Und dafür ist es eben essentiell, ob die Polizei wirklich vorschnell Leute erschießt oder eben nicht.

Und diese Behauptung - dass die Polizei vorschnell Leute erschießt - sollte man in der Tat erst dann aufstellen, wenn man mal mindestens ein Beispiel hat.

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Hier gehts erstmal darum, ob es das von Ulf beschriebene Problem (im konkreten Fall) überhaupt gibt. Ich finde es indiskutabel, aus diesem Fall das Großthema Polizeigewalt zu entwickeln.

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Toll, wenn ein Video viral geht, in dem gute Polizeiarbeit zu sehen ist. Echt zynisch.

Wie sieht denn gute Polizeiarbeit hier aus? Die vier Polizisten, die zunächst mit der Sache befasst sind, erledigen den Fall ohne Verstärkung. Aber mit mehr Gewalt.

Sieht eigentlich jemand auf den Bildern die Zurückhaltung, mit der die Polizeibeamten von ihren Möglichkeiten Gebrauch machen? Ich nehme mal an, die haben alle einen Schlagstock (und mehr) greifbar gehabt.

Die Zurückhaltung der Beamten hat (glaube ich) jeder gesehen, der das Video gesehen und nicht nur den Podcast gehört hat.

Hat irgendjemand (möglicherweise jemand, der George-Floyd-Assoziationen in den Raum stellt) mal überlegt, wie der Fall mit einer anderen Polizei aussehen könnte?

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Lieber Ulf,

kannst Du Dir überhaupt einen Fall VORSTELLEN, in dem ein Polizist auf einem Pferd grundlos Gewalt anwendet? Wenn man Leute verhauen will, ist man auf einem Pferd einfach in der falschen Etage.

Pferde strahlen eine krasse (und: total gewaltlose) Autorität aus. Das macht sich die Polizei zunutze. Ist doch zur Vermeidung von anderen Formen der Gewalt genau richtig, oder?

Wenn wir laut Ulf eine gesellschaftliche Debatte dazu brauchen, dann wäre ich doch dankbar zu verstehen, wo denn (konkret) das Problem bei Polizisten auf Pferden ist.

Beste Grüße
Jan

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