Ich denke, man muss hier ganz klar mehrere Teilprobleme sehen:
1.) Überforderung der Polizisten (durch mangelnde Ausbildung?)
Wenn eine einzige Person Teil des Konfliktfalls ist, würde ich erwarten, dass zwei Polizisten die Situation selbst bewältigen können. Gerne auch mit absichernder Verstärkung von zwei weiteren Kollegen im Hintergrund, das muss dann aber reichen. Ja auch PolizistInnen sind keine Übermenschen, aber ich kann doch erwarten, dass deren Ausbildung gerade in Bezug auf Anwendung körperlicher Gewalt mit Nahkampf und den Hilfsmitteln die sie mit sich führen ausreichen, nach einer entsprechenden Entscheidung eine unbewaffnete Person unter Einsatz geringster zu rechtfertigender Mittel zu überwältigen!? Mit 8 Polizisten immer wieder wie die Bullies auf dem Schulhof auf jemanden loszugehen verbessert keine Situation. Nie.
Ein Teil des sinkenden Respekts ist m.M.n. auch darauf zurückzuführen, dass man die Polizei immer mehr als Rudel Sandhandschuh-tragender, aggressiv aussehender und martialisch angezogener Kämpfer wahrnimmt. Früher hatte man Respekt vor dem grün angezogenen Menschen im Hemd. Das eine bedingt sicher das andere, weiterer Ausbau dreht aber nur die Spirale.
2.) Ungerechtfertigte übertriebene Gewalt
Darf nicht stattfinden. Da muss es immer eine angemessene Lösung geben, die vor Ort von besonnenen gut ausgebildeten Polizisten getroffen wird.
3.) Die mangelnde Aufarbeitung und Untersuchung
In Gerichten findet dank Korpsgeist keine wirkliche Aufarbeitung statt. War hier ja auch schon öfter Thema in der Lage. Polizisten halten zusammen, haben gerade in die andere Richtung gekuckt oder der Akku der Kamera war leer, die Sicht grade verdeckt etc.
Hier fehlt eine Fehlerkultur und ein Selbstbild, das es erlaubt Fehlverhalten zu verarbeiten und dazu zu stehen. Fehler werden immer passieren, aber man muss damit umgehen und sie nicht unter den Teppich kehren.
Erster Schritt wäre natürlich eine unabhängige Untersuchungsstelle mit entsprechenden Befugnissen, aber natürlich muss man auch bei den Beamten selbst ein entsprechendes Bild schaffen.
Wie in meinem Themenvorschlag geschrieben, wünsche auch ich mir eine neutrale Besprechung des Themas. Die Polizisten alle über einen Kamm zu scheren bringt genauso wenig wie die „der wirds schon verdient haben Einstellung“.
P.S.: Im Laufe meines Lebens habe ich durchaus Polizistinnen und Polizisten kennengelernt, die Menschen auch viel größerer Statur überwältigen können ohne ihn halbtot zu prügeln, sowas ist mit richtiger Ausbildung durchaus möglich und wird (wurde?!) auch bei der Polizei gelehrt.
Ich habe aber auch Polizisten aus Hundertschaften erlebt, die sich schon wie ein kleines Kind auf das Fußballspiel am Wochenende freuen, wenn sie die „Sandhandschuhe“ anziehen dürfen und es wieder richtig rund geht… Letztere haben m.M.n. gar nicht bei der Polizei zu suchen, sind aber meinem Eindruck nach nicht gerade die Minderheit.
Man muss das Ganze schon differenziert betrachten. Die Einzelfälle sind dabei nur Beispiele, vielleicht gibt es aber ja auch viele Positivbeispiele wo sich die Polizei exzellent verhält, auch in der Ausübung der aufgetragenen Gewaltausübung. Davon sieht man dann nur eben keine Videos auf Twitter…