Polizeigewalt - reden wir vom selben Fall?

Ich empfehle zum Thema folgende ARD-Doku. Da sich Polizisten in der Regel gegenseitig decken vor Gericht, haben Betroffene kaum eine Chance erfolgreich gegen eine ungerechtfertigte Behandlung zu klagen. Der verpflichtende Einsatz von Bodycams wäre daher sicher wünschenswert.

1 „Gefällt mir“

selbst ich als weiße deutsch aussehende Person die aus dieser Richtung keine Vorverurteilung zu erwarten hat, gehe nicht einfach grundsätzlich davon aus, dass schon rechtens ist was die Polizei (mit mir oder anderen) macht. Und ich glaube, dass auch genau das unsere Aufgabe ist in einer Demokratie, die Exekutive nicht einfach hinzunehmen. Damit meine ich nicht bockig zu sein, sich auf geratewohl einfach zu wehren etc., sondern sachlich zu hinterfragen: dürfen die jetzt diesen Eingriff in Grundrechte vollziehen, ist das gerechtfertigt?

Natürlich stammt das auch aus Erfahrungen, selbst erlebte Polizeigewalt, und beobachtete Polizeigewalt. Irgendjemand schrieb hier, dass sich manche scheinbar geradezu freuen wenn die Polizei vorgeführt werden kann. Und dem muss ich zu einem Teil tatsächlich recht geben, ja ich „freue“ mich wenn ich sehe das unrechtmäßige Polizeigewalt dokumentiert wurde. Aber aus dem Grund, weil ich es zigfach gesehen habe, ohne dass es eine Dokumentation gab. Solche Vorfälle wie die getretene Person am Boden und im Polizeiauto, das erschreckt mich nicht wirklich, soetwas hab ich schon dutzendfach gesehen und auch selbst erlebt.

Aber deswegen verurteile ich nicht „die Polizei“ dass alle gewaltätig sind, aber ich verurteile alle die wegschauen, die verhindern das offen darüber gesprochen werden kann, die vertuschen und Aufklärung behindern. Das ist das eigentliche Problem, nicht das Fehler passieren, das ist selbstverständlich bei Menschen, selbstverständlich gibt es da keine 100%. Aber, dass eine Anti-Atmosphäre herrscht dazu diese Probleme anzusprechen, auch menschlich damit umzugehen und Raum zur Entwicklung zu geben, das verurteile ich. Dass eine Empörungslobby besteht, die jede vernünftige Auseinandersetzung verhindert ist das Hauptproblem, dass jemand der Scheiße gebaut hat nicht einfach dazu stehen kann sondern quasi gezwungen ist sich immer weiter reinzureiten.

… und das ist das zweite Mal, dass sie meinen deutlichen Hinweis darauf, dass es sehr wohl und in einiger Regelmäßigkeit auch Fälle von ungerechtfertigter Polizeigewalt mit Todesfolge gibt, völlig ignoriert haben.

Ich habe ihren Link sehr wohl beachtet, bitte verzeihen Sie mir aber, wenn sich mein Mitleid für Leute, die mit einem Messer oder mehr bewaffnet auf Polizisten losgehen, in Grenzen hält. Das ist doch genau mein Punkt. Die aktuelle Debatte wird so geführt, als ob die Polizisten einfach willkürlich Leite für kleinste Vergehen verprügeln oder erschießen, aber dem ist einfach nicht so. Wenn Sie einen Polizisten mit einer Waffe attackieren müssen Sie damit rechnen, dass dieser von seiner Schusswaffe gebrauch macht. Hätte der Polizist in der Situation ins Bein schießen können? Vielleicht. Aber man muss halt garnicht erst bewaffnet auf den Polizisten losgehen, dann passiert nämlich auch nichts. Im übrigen finde ich lustig wie die taz genau den Tathergang beschreibt (wo die Polizisten natürlich nicht so gut bei wegkommen), um einen Absatz später zu schreiben, dass es keine Dokumentationen zu dem Vorfall gibt und auch kein Zeuge den entscheidenden Moment so richtig mitbekommen hat.

1 „Gefällt mir“

Meine beiden Fragen haben sich in der Zwischenzeit beantwortet. Auch wurde ich netterweise aufgeklärt, wo mein unterschwelliger Rassismus liegt. Ich würde aber doch gerne noch wissen, um was es denn in der Sache geht und um was es in meinem Kommentar geht, der ja neben der Sache liegen soll. Ich bin davon ausgegangen, dass es um das Video geht, Ihre Darstellung davon in der Lagefolge, dem Umstand, dass manche irgendwie der Auffassung sind ein anderes Video gesehen zu haben, und die ganze Debatte darum. Und ich habe doch auch nur diesen Themenkomplex kommentiert. War zumindest meine Intension.

Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Woran soll man das denn sonst diskutieren, als anhand von konkreten Beispielen? Statistiken schaut sich kaum einer an und selbst wenn diese das Problem (wie das Beispiel Anzeigen gegen Polizeibeamte und dass diese de facto komplett aussichtslos sind) sehr offensichtlich darlegen, holt das seit Jahren keinen müden Hund hinterm Ofen hervor. Ich glaube daher schon, dass man auch ein Großthema mit einem aktuellen Beispiel aufhängen darf und evtl. sogar muss, um konkret zu zeigen, worum es geht. Allerdings geh ich mit Dir mit, dass ein einzelnes Beispiel zu wenig ist. Was mir fehlt sind Beispiele, wo ähnliche Situationen anders gelöst wurden. Wie würde zum Beispiel in der Poizeiausbildung gelehrt, mit so einem Fall umzugehen (überforderter Jugendlicher wird aggressiv)? War das, was die Beamten hier machen das, was offiziell Ausbildungsgegenstand ist, oder hätte es andere Werkzeuge gegeben, die man Ihnen auch beigebracht hat?

Dankeschön. Jetzt habe ich verstanden wo der unterschwellige Rassismus liegt.

2 „Gefällt mir“

Es gibt einige Beispiele von Toten in Polizeigewahrsam und auch durch erschiessen die aus fragwürdigen Ursachen passiert sind. Ich bin jetzt ehrlich gesagt zu faul die dir rauszusuchen, aber zum Beispiel die Person im Neptunbrunnen in Berlin, dann vor kurzem Familienvater (mit Messer) vor Wohnhaus, dann eine Frau in Berlin Friedrichshain in ihrer Wohnung. Alle 3 Fälle haben gemein, dass es sich um psychisch belastete Personen handelt, alle dass sie ein Messer hatten. Nun ist es bei Messern ja so, dass die auf Distanz nicht gefährlich sind, trotzdem haben in allen Fällen die Beamten gerade von sich aus nicht aus der Distanz deeskaliert sondern sind eskalierend in die Situation gegangen woraufhin dann geschossen (werden musste evtl.)

Das entwickelt ja nicht nur die Lage, wenn du das indiskutabel findest das bei einem solchen Fall überhaupt als Thema zu nehmen, dann weiß ich ehrlich gesagt auch nicht wo dann deine Schwelle liegt?

Du gehst immer noch davon aus, dass Gewalt sein musste, so oder so, mit mehr Beamtinnen oder weniger, aber das Thema ist ja unabhängig davon auch erstmal, warum wird so eine gewaltvolle Stimmung von den ausgebildeten Beamtinnen überhaupt erst erzeugt?

Das freut mich! Gerne.

…aber dieses Beispiel unterstützt die These eben überhaupt nicht.
Es war auf den ersten Blick ein Aufreger „Acht Polizisten gegen einen weinenden 15jährigen“, aber beim zweiten Blick, erweist es sich zumindest als sehr zweifelhaftes Beispiel und könnte dem durchaus berechtigten Thema einen Bärendienst erweisen.

1 „Gefällt mir“

Hmm, nicht ganz fair, da Sie exakt das gleiche tun. Sie geben sich auch nicht besonders viel Mühe die durchaus vernünftigen Gegenargumente gelten zu lassen.
Wenn es hierzulande ein grundsätzliches Problem mit der Polizei gibt - wofür es Argumente gibt - dann ist nach meiner Überzeugung aber klar:

  • Listenelement
    das hier vorgestellte Beispiel ist ziemlich ungeeignet, dies zu zeigen.

  • Listenelement
    wir sind weit entfernt von den Zuständen in den USA - das macht es nicht super, aber in der Tat kann man sich Gelassenheit in der Diskussion wünschen.

1 „Gefällt mir“

Sie lassen eine erschreckende Ignoranz für Menschen erkennen, die psychisch krank sind oder sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden. Von einem Menschen, der nicht „die gleiche Realität teilt“ rationales Handeln zu verlangen ist schon zynisch.

Wäre dieser junge Mann fähig gewesen, rational zu handeln wäre die Polizei nie gerufen worden. Menschen, denen die Polizei gegenübertritt befinden sich mehrheitlich in einem emotionalen Ausnahmezustand und ein Polizeibeamter muss in der Lage sein, mit einem eben gerade nicht rational handelnden Menschen umzugehen, ohne die Eskalationsspirale weiter aufzudrehen. Klappt ja (zum Glück) auch oft genug. Fälle in denen es nicht klappt als vernachlässigbare Einzelfälle abzutun schützt aber Täter in Uniform.

Und wenn Sie mal 5 Minuten auf Google verbringen, finden Sie auch diverse andere Beispiele, inklusive Videomaterial (Achtung, nix für den empfindlichen Magen).

Für die an anderer Stelle nachgefragten Möglichkeiten polizeilichen Handelns: wie wäre es zum Beispiel damit? https://twitter.com/matthewbennett/status/1157282816406822912?s=21

Da mein mehrmaliger Hinweis konsequent ignoriert wird, hier nochmal:

Es GIBT tödliche Polizeigewalt hier in D.
Und es gibt viele Beispiele, auch Videos wenn man ein bisschen sucht.

1 „Gefällt mir“

Genau das (grundsätzlich positiv ggü. der Polizei, aber kritisch im Einzelfall) nehme ich für mich auch in Anspruch. Ich finde unnötige Polizeigewalt sehr schlimm und war beim Anschauen der Videos zu Floyd sehr wütend und den Tränen nahe.
Nur komme ich bei dem besprochenen Fall zu einem ganz anderen Ergebnis. Ich halte auch die Erklärungen des Jungen („ich wollte zeigen, dass ich unbewaffnet bin“, „ich kann mich nicht erinnern“, usw.) für absolut unglaubwürdig. Ich halte es bei Sichtung aller vorhandenen Infos einfach für wahrscheinlicher, dass der Junge nicht so unschuldig ist und die Polizei nicht viel anders reagieren konnte (danke auch an @MartinP für die überzeugende Argumentation!).

Ich sehe hier auch gar keine Lagerbildung, sondern nur unterschiedliche Meingungen, für SM sogar äußerst zivilisiert vorgetragen - sehr angenehm übrigens!!

2 „Gefällt mir“

Richtig, die Zahlen sprechen sehr dafür, dass es da ein Problem gibt.
…aber eben nicht in dem hier besprochenen Fall!

1 „Gefällt mir“

Vielen Dank für Ihre Offenheit und Lernbereitschaft!

1 „Gefällt mir“

Meine Eltern sind Dipl. Sozialpädagogen und waren beide lange in der Kinder- und Kugendarbeit beschäftigt. Ich unterstütze daher eine Mittelverschiebung in diese Richtung, vorallem eine angemessene Bezahlung im Verhältnis zum gehobenen Dienst.

Jedoch hatte mein Vater auch immer wieder mit Kinder zu tun, die die Unfähigkeit der Gewaltausübung von Erzieher:innen gegenüber Kindern und die Straflosigkeit ihrer Handlungen ausgenutzt haben.
Da gab es dann geziehlte Tritte in den Intimbereich, das Zerstechen von Fahrradreifen oder sogar das bedrohen mit einem scharfen Messer durch einen 12-Jährigen.

Wenn man dem Kind das Messer wegnimmt (wofür man nicht ausgebildet ist) und dabei natürlich Gewalt ausüben muss, kommt man sofort in ungehäure Rechtfertigungsnot.

Glücklicherweise konnte mein Vater den Arm des Jungen packen und ihm somit das Messer entreißen, sodass die Situation noch mal für alle beteiligten glimpflich verlaufen ist.
Leider war im Nachhinein der Respekt für das beherzte Eingreifens meines Vaters eher gering, Vielmehr stand der 12-jährige Messerangreifer wie beabsichtigt im Mittelpunkt und mein Vater kam in Rechtfertigungsnot.
Das mein Vater selbst einer Gefahr ausgesetzt war, interessierte im Nachhinein niemanden mehr. Es ging einzig und allein um den Angreifer.

Wenn solche Kinder immer wieder die Erfahrung machen mit diesem Verhalten durchzukommen, tanzen sie dem System immer weiter auf der Nase herum. Das bindet unfassbare Ressourcen, die dann allen andern Kindern nicht mehr zukommen können. Ein einziger Erzieher:in muss ständig auf das Problemkind abgestellt werden.

Daher ist die Grenzerfahrung für viele Kinder und Jugendliche notwendig. Wer sich polizeilichen Maßnahmen körperlich zu Wehr setzt, muss mit dem Einsatz von Zwangsmitteln rechnen.
Viele Jugendliche konnten mit einem „Schuß vor den Bug“ noch auf die richtige Bahn zurückgelenkt werden.
Über einzelne Vorfälle muss sicherlich immer im Detail gestritten werden. Jedoch ist der Einsatz von gebotener staatlicher Gewalt im pädagogischen Gesamtkontext nicht immer die schlechterste Option.

3 „Gefällt mir“

vergleichst du gerade „jemanden mit einem messer bedrohen“ mit „auf einem gehweg roller fahren“ ? Und auch in deinem Beispiel zweifle ich doch etwas, dass das Verhalten des Jugendlichen so sehr darauf zurückzuführen ist, dass dein Vater ihm das Messer abgenommen hat. Das geht doch viel mehr in ganz andere Themen rein als hier eigentlich besprochen wird (Polizeiarbeit).

Hallo Daniel,

kannst Du mir bitte eine Rückmeldung geben zu Deiner Aussage „die Zahlen sprechen dafür das es hier ein Problem gibt“. Welches Problem meinst Du genau und auf welche Zahlen beziehst Du Dich?

Hintergrund: Bezüglich „Black Lives Matter“ in den USA hatte ich auch schon mal nach Zahlen gesucht und in den USA angefragt, aber nie was wirklich „belegbares“ erhalten.

Danke Dir - viele Grüße

… vielleicht ist dieses Beispiel gar kein Bärendienst, sondern uns den Spiegel vor bevor es zu spät ist - erstens, nämlich denjenigen, die unbedingt die „böse“ Polizei an den Pranger stellen wollen, vielleicht werden diese Leute etwas weniger ideologisch … zweitens, es zeigt uns dass wir ein Problem mit manchen Leuten haben, die jeden Respekt vor Regeln in unsere Gesellschaft verloren haben …

1 „Gefällt mir“

Die Bemerkung bezog sich auf die schon im Podcast genannten Verhältnisse zwischen Anzeigen und (den eben extrem seltenen) Verurteilungen von Polizeibeamten. Ich selbst habe die Zahlen nicht recherchiert, aber Ulf wird da sicher nichts Falsches erzählen. Und ich folge auch seiner Argumentation, dass es wahrscheinlich ist, dass hier z.T. berechtigte Anzeigen erfolgreich geblockt werden.
Das Beispiel allerdings ist für mich ein typscher Twitter-Aufreger ohne Substanz. Ganz genau wissen kann man es nicht, aber ich halte es für wahrscheinlicher, dass hier viele einem 15jährigen beispringen, der womöglich bewusst mit den Grenzen gespielt hat und sich jetzt als Opfer ausgibt.
Bei den anderen aktuellen Fällen sehe ich das ganz anders.

1 „Gefällt mir“