Polizeigewalt - reden wir vom selben Fall?

Ich frage mich tatsächlich, ob es womöglich mehrere sehr ähnliche Fälle auf Twitter gegeben haben muss. Das Video, dass ich bei Twitter gesehen habe, ist für mich überhaupt nicht eindeutig: Ja, es werden weitere Polizisten herangeholt, weil die Beamten offensichtlich körperlich überfordert sind und eben keine anderen Mittel einsetzen wollen. Ja, der Junge wird laut angebrüllt, erscheint mir aber doch erstaunlich unbeeindruckt. Von Weinen sieht man gar nichts und der Junge ist extrem kräftig für sein Alter (das der 15 ist, ist schon krass) und er schubst einen der Polizisten aus dem Stand meterweit. Am Ende will er sich sein T-Shirt ausziehen, was für mich eher so zu verstehen ist „Dann wollen wir mal sehen…“ oder hat jemand eine andere Interpretation?
Keine Ahnung was vorher passiert ist und ob es generell verhältnismäßig war, aber ein hilflosen, weinender Junge sieht für mich zumindest anders aus.
Vielleicht reden wir ja von zwei Fällen, aber so wie ihr das hier verbal beschrieben habt, kann ich so gar nicht mitgehen.

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Ich glaube, dass man solche Videos immer ganz unterschiedlich interpretieren kann, aber ich habe das Video auch gesehen und man hört deutlich, wie ein Passant zu den Beamten*innen sagt, dass der Junge weint. Jemand anders ruft, dass er Angst hat. Dadurch dass diese Menschen viel näher am Geschehen waren und den Ablauf sicherlich besser mitbekommen haben, vertraue ich darauf, was sie sagen. Als er auf dem Boden liegt, ruft er auch mit einer weinerlichen Stimme „Ich kriege keine Luft“.

Dass er sein T-Shirt auszieht, werte ich definitiv nicht als ein „Jetzt geht es los“. Für mich wirkt es als Überforderung mit der Situation, denn wann sonst wird man als 15-jähriger Mensch von erst vier, dann acht Polizist*innen umzingelt und angebrüllt. Ich als erwachsene Frau wäre deutlich überfordert.

Das ist interessant, weil es aus meiner Sicht nochmal deutlich macht, wie notwendig gut aus Ausgebildete Schlichterinnen hier wären. Angst/Panik und Wut/Aggression sind ja leider schwer voneinander zu unterscheiden und liegen in einer solchen Angriffssituation nebeneinander.

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Hallo zusammen,

ich stimme Ihrer Interpretation als er da T-Shirt auszieht voll zu „… dann wollen wir mal sehen …“. Ich habe mir eine Stunde Zeit genommen noch weitere Quellen zur studieren und habe daher das Gefühl dass die „Lage der Nation“-Interpretation wesentliche Fakten vermissen lässt. Erstens, der Junge wurde bereits mehrfach bezüglich der selben Ordnungswidrigkeit mündlich verwarnt - hat ihn scheinbar nicht interessiert. Zweitens, er ist mit gerade mal 15 Jahren bereits fünfmal straffällig geworden, unter anderem wegen Diebstahls und Körperverletzung. Drittens, laut seiner eigenen Aussage mag er boxen - da kämpft man gewöhnlich ohne T-Shirt. Es gibt sicherlich teilweise nicht gerechtfertigte Polizeigewalt und diese sollte auch besser verfolgt werden. Die Reaktion auf dieses Video sagt aber weniger über die Polizei aus als vielmehr über Meinungsmacher die einen unconscious bias gegenüber der Polizei haben. Ehrlich gesagt haben wir in Deutschland ein Problem mit solchen Jugendlichen die weder Respekt vor der Polizei (Widerstand) noch anderen Mitbürgern (Diebstahl, Körperverletzung) haben. Ich würde mir wünschen, dass die Berichterstattung diesbezüglich etwas „neutraler“ erfolgen würde.

Schönes Wochenende für die meiner Meinung UND anderer Meinung sind :slight_smile:

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Hier berichtet übrigens der junge Mann, wie er den Fall erlebt hat:

Wenn man danach geht, dann war die polizeiliche Eskalation noch deutlich krasser, als wir es dargestellt haben. Beispielsweise will er mehrfach angeboten haben, seinen Vater anzurufen, damit der seinen Ausweis vorbeibringt. Das sollen die Beamten nicht zugelassen haben.

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Hallo,

ich habe mir nur das Video angeschaut wo der Junge mit dem Vater auftritt, deshalb vielen Dank für die Aussage des Jungen auf Instagramm als Text, das gibt sicherlich eine weitere Perspektive. Ich war natürlich auch nicht dabei, letztendlich steht hier Aussage gegen Aussage. Schade dass die Polizei keine Bodycam eingeschaltet hatte. Glücklicherweise haben wir ja eine relativ unabhängige Justiz und viele der Behauptungen lassen sich ja prinzipiell auch beweisen/nachvollziehen (wie viele Vorstrafen / Anzeigen hat er tatsächlich, hat er tatsächlich Platzangst / Asthma was schon mal vom einem Arzt attestiert wurde, wahrscheinlich wird der Funkverkehr der Polizei aufgenommen sodass man auch den zeitlichen Verlauf ermitteln kann, etc.).

Bei seiner Darstellung auf Instagram sind mir zwei Dinge aufgefallen. Erstens, die Antworten des jungen Mannes klingen für mich etwas zu professionell - vielleicht gab es hier schon anwaltlichen Beistand und sind daher vielleicht schon etwas auf einen kommenden Prozess „zugeschnitten“. Das ist sein gutes Recht, macht es aber nicht wirklich glaubhafter als eine spontane Aussage. Beispiel: … der Polizist der mich dort angehalten hat, ich erinnere mich nicht, dass ich jemals mit ihm gesprochen habe … Meine Meinung: Kadir möchte es nicht abstreiten aber auch nicht zugeben dass er von ihm bereits angehalten wurde und macht auf Erinnerungslücken … sagt einfach nur „kann mich nicht erinnern“. Wenn man nicht jeden Tag von der Polizei wegen einem E-Roller angehalten wird, würde man doch normalerweise antworten „ich habe noch nie mit diesem Polizisten gesprochen“. Am Ende des Interview gibt es einen Hinweis auf „Racial Profiling“, die Antwort klingt schon sehr nach Verteidigungsstrategie.

Zweiter Punkt, den ich unglaubwürdig finde. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die Polizei so ein Drama veranstaltet wenn Kadir wie behauptet bereits am Anfang der Kontrolle glaubhaft seine Adresse mitgeteilt hätte.

Ich hoffe dass es hier zu einer Gerichtsverhandlung mit intensiver Beweisführung kommt und wir nicht in unseren „Vor“-Urteilen verharren müssen. Meines Wissens wird gegen ihn bereits wegen Widerstand ermittelt. Vielleicht erstattet Kadir ja auch noch Anzeige wegen Körperverletzung.

Es wäre natürlich besser wenn es für diese Fälle eine noch unabhängigere Ermittlungsbehörde geben würde, damit die Ermittlungsergebnisse auch besser von allen Seiten akzeptiert werden. Meines Wissens gibt es diese unabhängigen Ermittlungsbehörden (auch Partei-unabhängig) auch in anderen Behörden nur sehr eingeschränkt - oder warum sind Herr Scholz (CumEx-Betrug-Amnestie) oder Herr Scheuer (Maut-Desaster) immer noch auf ihrem Posten?

Schönes Wochenende und nochmals danke für den Artikel

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Wäre eine Bodycam bei der Polizei gut? ja

Wären Sozialarbeiter/Schlichter bei der Polizeiarbeit sinnvoll? Ja

Sollte man eine unabhängige Dienststelle für Ermittlungen hinsichtlich Polizeigewalt installieren? Ja

Dennoch sieht man hier einen kräftigen,kampfschulgelehrten Jungen, der sich der Polizei nicht nur verbal, sondern auch körperlich widersetzt und von den verbalen Aufforderungen nicht nur unbeeindruckt scheint sondern körperlich den Konfrontationskurs wählt.
Die Aussage der jungen Grünen und der LdN ist für mich in diesem Sinne absolut unverständlich und in dem Sinne nur weltfremd, als das beide mMn. zu einseitig argumentieren.

Sollte man sich auch mal aus seiner eigenen Wohlfühlblase hinausbegeben und erleben, wie Polizeiarbeit/das Leben von Sozialarbeitern in Brennpunkten aussieht, bevor man altklug daherredet? definitiv

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Wenn seine Schilderung genau so zutrifft, wäre es sicherlich unverhältnismäßig. Ich weiß aber nicht, ob man jetzt der Darstellung einer Seite zu 100% folgen muss - insbesondere wenn er tatsächlich in dem Alter schon polizeilich auffällig gewesen ist, halte ich es ehrlich gesagt für naiv.

Es sind nur Indizien, aber:
Er macht keinerlei Versuch sich zu ergeben, sondern wehrt sich beständig und für einen 15jährigen erstaunlich erfolgreich.
An der Wand steht „I can’t breath“ und er sagt am Boden liegend auch sofort genau diesen Satz (auf deutsch natürlich). Das kommt für mich einfach zu schnell.
Und wieso man in so einer Situation sein T-Shirt ausziehen muss, konnte mir bislang keiner erklären. Gerade weil er Boxer ist, ist das für mich eher ein Zeichen für Bereitschaft zur Eskalation.
Mit erscheinen die Beamten überfordert und von ihm provoziert - womöglich hätten sie die Situation verhindern können, aber das sagt sich von der Couch aus immer leicht.

Das Video wurde gerne verkürzt geteilt - vielleicht kann die Lage dazu später mal ein Update machen, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen.

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Ich finde die Darstellung von Polizeigewalt in der Lage mittlerweile stark tendenziös gegen die Polizei. Das fiel mir schon früher auf, aber es wurde mit dieser Lage auf ein neues Level gehoben. Natürlich haben die Beamten einen Ermessensspielraum. Sie dürfen und müssen Maßnahmen auch durchsetzen können, zur Not auch mit unmittelbaren Zwang. Was wäre denn die Alternative? Der junge Mann möchte nicht mitmachen und dann darf er einfach gehen? Das würde polizeiliche Maßnahmen nur aushöhlen.
Die Idee der Grünen mit Kommunikationsspezialisten für alle möglichen Probleme klingt erstmal ganz toll. Wie soll das denn aussehen? Der Spezialist für Ruhestörung, der Spezialist für Nachbarschaftsstreit, der Spezialist für häusliche Gewalt? Und was passiert, wenn es dann mit Reden nicht mehr weitergeht? Dann wird die Polizei gerufen, um Zwang anzuwenden? Die ganze Argumentation verkennt, dass die deutsche Polizei sehr wohl in der Lage ist, Konflikte ohne Gewalt zu lösen, kommunikativ auf Menschen einzuwirken und deeskalierend aufzutreten. Nur kommt irgendwann der Punkt, wo man mit Reden nicht mehr weiterkommt und dann wird es immer hässlich. Denn - überraschend - die Gewalt geht in der Regel nicht von der Polizei aus. Wer polizeiliche Maßnahmen duldet und kooperiert, wird auch keine polizeiliche Gewalt erfahren.
Hier wird eine Hexenjagd auf die Polizei betrieben, die nicht angemessen ist.

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Darf ich fragen, wo man über die mehrmalige mündliche Verwarnung und die Vorstrafen des 15-jährigen nachlesen kann? Er sagt ja, dass er nicht vorbestraft sei. Danke :slight_smile:

Hallo,

[…]

Bitte verzichtet auf persönliche Diffamierungen der Podcaster - danke.

Meine persönliche Meinung zu den Videos der letzten Zeit, die ich gesehen habe:

Düsseldorf, Knie auf Kopf: Schulmäßiges polizeiliches handeln.

Hamburg, Überzahl und Drohkulisse gegen einen 15 Jährigen: Sieht nach viel aus, die Alternativen wären, nicht weiter einschreiten und dem Jungen darin bestärken, dass er machen kann was er will, mit entsprechenden Folgen für seine Entwicklung. Nur mit zwei Beamten überwältigen. Dazu braucht es aber erhebliche Gewaltanwendung (stumpfe Gewalt und Einsatz von Hilfsmitteln der Gewalt). Sieht noch unschöner aus. In solchen Situationen kann man sagen, dass je mehr Beamte an der Überwältigung einer Person beteiligt sind, desto wenige stumpfe Gewalt muss eingesetzt werden. Auch Trainingsinhalt. Und die Tatsache, dass die Beamten ihn anbrüllen könnte ihre Ursache darin haben, dass das Video einsetzt als die Beamten schon eine Weile versuchten auf ihn einzureden. Irgendwann kommt es dann zu Androhung und die ist in den wenigsten Fällen freundlich ausgestellt. Ziel ist es eine Drohkulisse aufzubauen, um eine Aufgabe des Gegenüber zu erzielen, damit der Einsatz von unmittelbaren Zwang nicht erfolgen muss. Für mich insgesamt kein Fehlverhalten der Beamten erkennbar.

Frankfurt, Nachtreten eines auf dem Boden liegenden fixierten: Eine ganz klare strafbare Handlung des Beamten, die dazu noch feige ist, weil er keine Gegenwehr zu befürchten hat. Das wird auch unmittelbar von einem seiner Kollegen bemerkt und er wird entsprechend zurechtgewiesen. Schön hier zu erkennen, dass die Kollegen eben nicht alles durchgehen lassen.

Insgesamt lässt sich sagen, dass je mehr die Gewalt in der Gesellschaft in den Hintergrund rückt und je weniger Erfahrungen mit Gewalt besser gestellte Gesellschaftsschichten machen, desto kritischer wird Gewalt generell gesehen, auch wenn sie in vielen Fällen gerechtfertigt und unumgänglich war. Die Mitglieder dieser besagten Gesellschaftsschicht vergessen jedoch schnell, dass es immernoch Randgruppen gibt, in denen Gewalt zum Alltag gehört und dass die Polizei eben mit diesen Randgruppen nicht so kommunizieren kann wie mit den besser gestellten.

In diesem Sinne, bleibt sachlich und unaufgeregt

Martin

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Ich hatte versucht zu erklären, warum jemand in so einer Situation möglicherweise sein T-Shirt auszieht. Nach Aussage des Jungen hat er sein T-Shirt ausgezogen, damit die Beamtinnen sehen, dass er unbewaffnet ist, da sie immer wieder gewaltsam gegen ihn vorgehen. Ob das so war, können wir vermutlich schwer beurteilen.
Er sagt zudem, dass er Asthma hat. Das kann man wiederum sicherlich sehr leicht beweisen. Zudem kommen Menschen, die mehr Körpergewicht haben, schneller in Atemnot, wenn sie sich zuvor körperlich betätigen. Das könnte auch bei der Überlegung herangezogen werden. Dazu kommt die Panik, die er schildert. Auch das können wir nicht beurteilen. Die Passant
innen vor Ort schienen zumindest davon überzeugt. Ich glaube zu vermuten, dass jemand nur „Ich kriege keine Luft“ sagt, weil dieser Schriftzug auf Englisch an der Wand hinter ihm steht, wenn er mit dem Gesicht auf dem Boden liegt, etwas zu fernliegend ist.

Und zudem lernen Beamtinnen in ihrer Ausbildung mit solchen und viel viel schwierigeren Situationen umzugehen. Das muss nicht bedeuten, dass sie nicht in der Situation überfordert waren, aber die Erwartung an jemanden, der 15 Jahre alt ist und auf solche Situationen nicht in einer Ausbildung vorbereitet wird, anders handzuhaben als bei ausgebildeten Polizeibeamtinnen, empfinde ich zu einseitig.

Ich wäre aber auch sehr daran interessiert, alle Fakten zu hören und ein Update bei der LdN, wenn neue Fakten dazukommen, wäre super!

Ich muss auch sagen, dass ich das Gefühl habe das manche Leute sich schon fast freuen, wenn sie die Polizei endlich mal Maßregeln können. Ich halte es für falsch, dass wir die Polizeigewalt Debatte weitgehend unreflektiert aus den USA importieren. In den USA kocht diese Debatte hoch, weil Menschen sterben. Hierzulande wird dieselbe Diskussion geführt, weil sich auf verwackelten verkürzten Handyvideos jemand ungerecht behandelt fühlt. Es ist einfach eine ganz andere Dimension des Problems. Bei 250k Polizisten und was weiß ich wie vielen Einsätzen pro Woche wird es immer einige geben, die vermutlich auch auf einer geringeren eskalationsstufe gelöst hätten werden können. Aber mMn ist das größere Problem unserer Gesellschaft der wachsende Mangel an Respekt ggü unseren Behörden. Man hat bisweilen das Gefühl, dass zum Widerstand motiviert wird, nur um zu schauen, ob die Polizei sich falsch verhält, anstatt einfach den Anweisungen der Polizei Folge zu leisten.
Der Typ von der Grünen Jugend hat im Ernst gesagt, dass wir sehen, dass in letzter Zeit Polizisten vermehrt in stresssituationen Leute erschießen und ihr habt an dieser Stelle nicht kritisch nachgefragt. Wir reden hier aber über die deutsche Polizei, nicht die amerikanische. Dass die Polizei vermehrt Leute erschießt wäre mir neu. Wenn dem so wäre, würden wir vermutlich nicht über einen vorbestraften 15-jährigen reden, der mit der Polizei auf Konfrontationskurs geht und offensichtlich keine bleibenden Schäden davon getragen hat, sondern über unschuldige Opfer von tödlicher Polizeigewalt. Aber dieses Problem haben wir hier schlicht nicht.

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Das sehe ich genauso. Ich habe den Eindruck, das polizeikritische Meinungen nicht hinterfragt werden. Auch wenn die Lage nicht neutral sein muss, sollte sie in dem Bereich zumindest diese Kritik hinterfragen. Der Grünenpolitiker war meinem Eindruck nach weit von der Realität entfernt. Das Verbot von Diensthunden und -Pferden bei Demonstration erweckt den Eindruck, dass jede Versammlung durch deren Einsatz eskaliert. Sie werden aber eingesetzt, um einen aggressiven Mob unter Kontrolle zu bekommen. In der ganzen Gewaltdiskussion wird regelmäßig Ursache und Wirkung vertauscht. Man verkennt, dass in der Regel nicht die Beamten angefangen haben.

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Das ist aber nicht der Maßstab: Die Beamtinnen dürfen nie ohne Grund Gewalt anwenden. Dass es bei hunderttausenden von Einsätzen im Jahr nur in ein paar tausend Fällen passiert, ändert doch nichts daran, dass jeder Fall einer zu viel ist.

Ich bin ehrlich gesagt sehr froh, dass der nahezu rechtsfreie Raum, in dem die Polizei seit Jahrzehnten Gewalt anwenden kann, endlich einmal Gegenstand einer gesellschaftlichen Debatte ist. Der Widerstand aus der Polizei belegt für mich vor allem, dass wir da einen validen Punkt haben.

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Ich denke, dass jeder Fall von überzogener Gewalt der Polizei einer zu viel ist und dass auch eine unabhängige Aufsichts- und Beschwerdestelle sinnvoll wäre.

Trotzdem finde ich die Berichterstattung zu Polizeigewalt in Deutschland derzeit zu einseitig. Durch die Vorkommnisse in den USA und Bildern von Despoten, die die Polizei zur Unterstützung ihres Machtanspruchs nutzen, entstehen schnell Verknüpfungen, die ein großes Misstrauen gegen die Polizei schüren.
Dieses starke Misstrauen ist in Deutschland jedoch nicht angebracht. Die Polizeiausbildung in Deutschland ist sehr viel intensiver, länger und anspruchsvoller als beispielsweise in den USA. Auch das Verhältnis zum Einsatz der Waffe ist ein ganz anderes.
Nimmt man jedoch alleine die Stimmung der Medien auf, so könnte man meinen, dass man bei jeder Kontrolle Polizeigewalt fürchten müsste.

Diese Entwicklung führt meines Erachtens dazu, dass die Polizei von vielen nicht mehr als der „Freund und Helfer“ sonder als „Feind“ wahrgenommen wird. Gerade das führt in letzter Zeit immer häufiger zu Angriffen auf Beamte.

Ich denke, dass man mit einer differenzierteren Berichterstattung dieser Entwicklung schnell entgegenwirken muss, um dieses Bild nicht weiter zu befeuern. Denn auf gewaltätige Szenen aus der Bevölkerung folgen Bilder von Einsätzen, die das Anwenden von Zwang nötig machen.

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Die Beamtinnen dürfen nie ohne Grund Gewalt anwenden.

Das stimmt zwar, aber das ist mir ein zu pauschales Totschlagargument.

1.: Es geht in den meisten Fällen, die gerade diskutiert werden nicht darum, dass die Polizei ohne Grund Gewalt anwendet. Es geht wenn überhaupt darum, dass es schon einen Grund gibt Gewalt anzuwenden, allerdings unverhältnismäßig viel Gewalt angewendet wird. Das ist ein gewaltiger Unterschied, denn im umkehrschluss heißt das: wer mit der Polizei kooperiert, hat nichts zu befürchten.

2.: Es wird nie 100% Sicherheit geben, dass nicht doch mal irgendeinem Polizisten die Sicherung durchbrennt. Ab einer bestimmten Größe einer Organisation gibt es immer Einzelfälle, die natürlich aufgeklärt werden müssen. Hier sehe ich auch noch verbesserungsbedarf, Stichwort Korpsgeist etc.
Aber wer immer mit dem Maßstab rangeht das es unter keinen Umständen auch nur einen Fall geben darf, bei dem ein Polizist seine Kompetenzen überschreitet, kann auch gleich die Polizei abschaffen, denn solange dort Menschen arbeiten wird es auch solche Fälle geben. Das ist aber generell so, es gibt nie 100% Sicherheit. Wer wirklich der Meinung ist, dass es nie wieder einen Verkehrstoten geben darf, der baut keine sichereren Autos, sondern schafft den Straßenverkehr ab. Wer unter keinen Umständen zulassen will, dass ein terroristischer Akt passiert, muss jeden Menschen rund um die Uhr überwachen. Das lässt sich auf fast jedes Themengebiet übertragen.

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Ich hätte eine Nachfrage. Worauf stützt sich diese Aussage? „[D]ass der nahezu rechtsfreie Raum, in dem die Polizei seit Jahrzehnten Gewalt anwenden kann …“. Ich bin als Lehrer in der Ausbildung von Polizeibeamtinnen im Bereich Politische Bildung tätig und habe es dort ganz überwiegend mit jungen, interessierten und reflektierten Schülerinnen zu tun. In diesem Fach wird – mit eingehendem Bezug zu den Vorkommnissen zwischen 1933 und 1945 – die Rolle der Polizeibeamten im Staat reflektiert. Auch die latente Gefährdung der Polizeibeamtinnen für übermäßigen Gewaltanwendung wird thematisiert. Von den Rechtsfächern ganz schweigen, in denen die Voraussetzungen für die Anwendung von Unmittelbarem Zwang umfänglich unterrichtet wird, auch in der Polizeitaktik etc. Kurzum, ich halte die oben aufgestellte These für weit übertrieben. P.S. Ich war auch selbst mehrere Jahre im Streifendienst und habe dabei – mit einer Ausnahme – nur die gegenteilige Erfahrung gemacht.

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Da genügt ein Blick in die Statistik: Nur wenige % der Strafanzeigen gegen Polizist innen wegen mutmaßlich ungerechtfertigter Gewaltanwendung führen zu einer Verurteilung. Entweder werden sie nahezu ausschließlich grundlos angezeigt, oder meine These trifft zu, dass der Rechtsstaat an dieser Stelle leider versagt.

Welche Erfahrungen hast du denn gemacht? Wurden deine Kolleginnen und Kollegen regelmäßig verurteilt?

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In meiner Wahrnehmung wird die Diskussion in Deutschland rund um das Thema Polizeigewalt von Übertreibungen, aber auch Relativierung bestimmt. Glaubt man manch sozialem Netzwerk, dann haben wir bei der deutschen Polizei bereits amerikanische Verhältnisse. Das ist insofern übertrieben, als dass man die Einsätze, bei denen deutsche Polizisten zur Waffe greifen müssen, glücklicherweise noch mit ein paar Händen abzählen kann. Gleichwohl lebt die Wirksamkeit einer Polizei von der gesellschaftlichen Unterstützung. Viele Polizeibehörden im englischen Sprachraum haben das Motto „to serve and protect the People“ - dass finde ich grundsätzlich den richtigen Spirit. Um diesen Spirit zu erhalten ist Vertrauen und Respekt sowohl der Polizei, wie auch der Bürger notwendig.

Vielfach müssen sich PolizistInnen anfeinden lassen, die verbale Gewalt ist zunehmend entgrenzt und der öffentliche Druck durch soziale Netzwerke immens. Hinzu kommt ein erheblicher Personalmangel und man kann sich durchaus die Frage stellen, ob die Polizei noch ausreichend in allen Lebenswelten der Gesellschaften ausreichend verankert ist (z.B. durch Wegfall des mittleren Dienstes). Ich fürchte das Problem ist sehr vielschichtig und muss auf verschiedenen Ebenen angegangen werden: Verbesserung der Ausbildung, mehr Personal, mehr Präventionsangebote und Bürgernähe, mehr Transparenz. Gleichsam sind wir Bürger aber auch gefragt, PolzistInnen ein Grundvertrauen entgegenzubringen. Daher würde ich mir wünschen, abseits der üblichen Interessensvertreter, dass Ihr in der Lage Euch des Themas nochmal annehmt und schaut, wie es grundsätzlich um die Polizei in Deutschland bestellt ist.

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