Ja das stimmt. Wenn man als These formuliert „grünes Wachstum gibt es nicht“ dann hast du recht.
Mich würde es aber einen Hauch konkreter interessieren.
Der Umstieg der Energieversorgung wird noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen und für grünes Wachstum sorgen. Gibt es hierzu einen Widerspruch?
Zweites Beispiel: Firmen werden mit Recycling immer mehr Geschäfte machen.
Drittes Beispiel: Remanufacturing wird der „Normalfall“ werden.
Außer der philosophischen Annahme „geht nicht“ fehlen mir noch handfeste Beispiele
Ein vollständig ausformuliertes Konzept kann ich dir nicht anbieten.
Das Problem ist doch aber, dass der Kapitalismus in seiner jetzigen Form als oberstes Ziel das Anhäufen von Besitz bedeutet und davon immer mehr und immer schneller.
Eine Wirtschaftsform die darauf ausgelegt ist die Bedürfnisse möglichst vieler zu erfüllen ohne die Gier nach größer/mehr von allem zu erzeugen hat dann aber nicht mehr wirklich etwas mit Kapitalismus zu tun.
Es beginnt aber voerher schon damit, dass soch die Menschen selbst von dem Trend nach immer mehr los sagen und nicht immer den neuesten Trrend mitmachen.
Auch das braucht man für Degrowth bedeutet aber, dass man den Kapitalismus in seiner jetzigen Form nicht mehr weiter betreiben kann.
Das trifft es ziemlich gut.
Ich werde mit meinem Smart angestaunt als ob ich irgend einen Supernobelschlitten fahren würde um Aufmerksamkeit zu bekommen und die Leute schütteln schnell mit dem Kopf, wenn ich sage, für mich und meinen Alltag reicht der völlig.
Und ja es ist unser Zweitwagen wir haben auch noch einen großen Benziner, aber auch weil wir nicht die Kohle haben einen Langstreckentauglichen BEV zu kaufen.
Ich möchte gern auf den Themenvorschlag zurückkommen.
Ich verstehe es so:
Thema 1: Grünes Wachstum ist nicht grün, da externe Faktoren nicht hinreichend berücksichtigt sind.
Der Wachstumsbegriff als solcher wird diskutiert: (IPCC)
Moving away from our addiction to growth could improve the quality of life for many in the overconsuming North, and can leave more carbon space for the global South to flourish.
Thema 2: Kommunikation in den Medien zu diesem Thema ist einseitig. Stichwort: Pluralität in den Medien.
Das sind also erst einmal zwei Themen. Und, was ich überhaupt nicht begreife, ist wie Degrowth, Agrowth, Suffizienz,…mit dem Kern des Kapitalismus kompatibel sein kann: der Kredit. Kredite werden mit der Wette auf Wachstum vergeben. Ohne Wachstum kein Kredit. Das ist Abschaffung oder Überwindung des Kapitalismus.
Soll das so sein oder was ist die Idee? Oder Suffizienz im Norden, Kapitalismus im Süden?
Vermutlich sollte doch erst einmal Claudia Kemfert erläutern, was das hier bedeutet:
Abgesehen davon scheint mir grünes Wachstum besser zu sein als fossiles Wachstum. Und vielleicht folgt man diesem Weg bis man sich auf einen besseren Weg verständigt hat.
Als vorangehenden Schritt bietet es sich an, die Normen unserer Wirtschaftspolitik zu diskutieren. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Möchten wir (als Deutschland, als Menschheit)…
ein ökologisch nachhaltiges Wirtschaftssystem?
ein politisches stabiles Umfeld?
ein Wachstum des Gesundheitssektors?
ein Wachstum des Bildungssektors?
Ich bejahe alle vier Normen und vermute, dass die meisten Mitmenschen es genauso sehen. „De-Postgrowth“ verneint zumindest semantisch die letzten beiden Normen. Können Sie hierzu Studien empfehlen, die diese nicht-ökologischen Aspekte befriedigend einbeziehen?
Es ist wie gesagt ein Missverständnis, dass De- oder post-growth generelle Schrumpfung „der Wirtschaft“ bedeutet - es geht nicht mal um Schrumpfung des BIP als Ziel, sondern Reduktion des Energie- und Materialverbrauchs, um wieder innerhalb der planetaren Grenzen zu gelangen.
Agrowth / postgrowth Position ist: Lass uns alles machen, um innerhalb der sozio-planetaren Grenzen zu gelangen; ob dann mehr oder weniger BIP-Wachstum rauskommt, ist da erstmal egal. Und: Wir sollten BIP als Wohlstandsindikator ersetzen, mindestens ergänzen.
Degrowth Position ist: OK, aber empirisch gibt es eine starke Korrelation zwischen BIP und Material Footprint (und z.T. auch Umweltbelastungen). Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass BIP bei konsequenter Transformationspolitik sinken wird (als FOLGE nicht als ZIEL an sich). Unser Wohlfahrtsstaat ist aber z.T. abhängig von steigendem BIP - daher müssen wir Wege finden, unsere Institutionen unabhängig von Wachstum zu gestalten - eine Postwachstumsökonomie.
Man kann sich streiten, ob der Begriff „Degrowth“ treffend ist (gibt dazu eigenen Diskurs: Vorteile - er kann nicht vereinnahmt werden; er macht deutlich, dass Wachstumsfixierung problematisch ist; Nachteil: er wird oft missverstanden).
Fakt ist aber: In der Literatur geht es bei Degrowth um selektives Wachstum (oder: Improve instead grow):
schändliche fossile Industrien ersetzen => mehr Eneuerbare Energien
weniger bullshit jobs und Überkonsum durch Werbung => mehr sinnvolle Arbeit & Grundbedürfnisse für alle abdecken.
Es geht um sozial-ökologische kohärente Policies: z.B. mehr öffentliche Güter und Dienstleistungen durch Universal Public Servieces (UBS); Jobgarantie, Klimageld, Arbeitszeitverkürzung etc.
Zur Frage: Wäre Degrowth etc. mit Kapitalismus vereinbar?
Hier ist die Frage, welchen Begriff von Kapitalismus man in Anschlag bringt. Ulrike Herrmann argumentiert in ihrem Buch (2022) „Das Ende des Kapitalismus“ in der Tat, dass Kreditvergabe mit Wachstumserwartung weitgehend obslet wird (vgl. auch hier im Artikel: Kapitalismus und Klimaschutz: Schrumpfen statt Wachsen - taz.de). Ihre These ist, dass wir - um in eine Kreislaufwirtschaft zu gelangen - nach dem Vorbild der britischen Kriegswirtschaft (im 2. Weltkrieg) der Staat stark vorgibt, was produziert wird und reazionieren wird, aber die Unternehmen privat bleiben. Streng genommen wäre das jedoch nicht das Ende des Kapitalismus, weil die Produktionsmittel in privater Hand sind. Übrigens meint sie das in ihrem Buch deskriptiv, nicht unbeding normativ.
Ein Teil der Postwachstumslitertur (z.B. Nico Paech, Bisswanger) sehen in Kredit und Zins einen Wachstumstreiber. Weite Teile der Degrowth-Literatur dagegen sieht das Problem grundsätzlicher in der Akkumulation von Kapital; einige würden sagen, die Transformation kann nur klappen, wenn zumindest Großkonzerne enteignen werden, andere würden sagen, es genügt schon eine starke Einhegung.
Beispielsweise fundieren Richters und Simoneit in ihrem Buch „Markwirtschaft reparieren“ eine Postwachstumsökonomie mit liberalen Grundwerten. Sie sagen: Kapitalismus ist nicht Marktwirtschaft. Wir können dysfunktionale Elemente des jetztigen Systems abschaffen und so zu einer tatsächlichen Marktwirtschaft gelangen, wo eben nicht viele Menschen sich durch leistungslose Einkommen bereichern, sondern Leistungsgerechtigkeit herrscht (https://www.marktwirtschaft-reparieren.de/).
eine Aussage, die zum einen nicht stimmt (schon gar nicht in diesem Forum) und keinen Beitrag zum eigentlichen Thema liefert. Zynismus, Ironie oder Sarkasmus tut das ganz selten.
Ich sehe im Gegenteil, dass das BIP bei einer ausbleibenden oder inkonsequenten Transformationspolitik sinken wird. Stellen wir uns mal vor, wir würden bzw. werden die Energiewende, die Mobilitätswende und die Digitalisierung konsequent umsetzen:
Durch die Energiewende wird unsere Energieversorgung nicht nur weniger umweltschädlich, sondern langfristig auch günstiger (und damit wachstumbeanreizend).
Durch einen ausgebauten und verlässlichen Schienenverkehr macht man nicht nur Millionen von Autos obsolet, sondern ermöglicht es den Pendlern - z.B. - während der Pendelzeit zu arbeiten statt zu lenken.
Durch eine Digitalisierung reduziert man nicht nur den Materialfussabdruck von „eine ganze Bibliothek voll Holz“ auf „ein USB-Stick“, sondern vereinfacht auch die Bearbeitung von Daten, wodurch die Erwerbstätigen für anspruchsvollere Arbeit bereitstehen.
Nach allen drei Transformationen wäre der Materialfussabdruck kleiner und das BIP größer.
Zustimmung.
In meinen Ohren klingt er unmissverständlich. Aber das wäre in der Tat Thema eines anderen Threads.
Ich verstehe die Argumentation: Ich stimme zu, dass eine konsequente Transformation in vielen Bereichen zu mehr Wachstum führt (Digitalisierung, Energiewende etc.) - und das will Degrowth ja auch.
Aber man darf drei Dinge nicht vergessen:
schädliche Bereiche müssen gleichzeitig massiv schrumpfen (z.B. fossile Industrien, CO2 intensiver Luxuskonsum, Flugverkehr etc.).
Man kann mit Effizienz gewisse Nachhaltigkeitseffekte erreichen - Problem: Häufig treten sog. Rebound-Effekte auf - Effizienzgewinn führt zu mehr Konsum und Ressourcenverbrauch unter Strich, weil z.B. Menschen Einkommensersparnis woanders verkonsumieren oder dann mit gutem Öko-Gewissen durch ihr Car-Sharing durch die Gegend fliegen. Daher Suffizienz-Politik nötig.
Vieles, wo man denkt, das ist doch „entmaterialisiert“, ist in Wirklichkeit C02 oder Ressourcen intensiv (irgendwo muss ja die Energie herkommen; die seltenen Erden für Elektroautos etc.).
Letztlich will die Degrowth-Literatur aber sowieso eher weniger spekulieren, was mit dem BIP geschieht. Denn: Das BIP wächst ja auch, wenn wir die ganzen Schäden der Naturkatastrophen wieder reparieren müssen. Die Forschung zeigt: In sog. entwickelten Ländern führt Wachstum ab bestimmten Punkt ohnehin nicht zu mehr Wohlbefinden (zumal der Wohlstand ja extrem ungleich verteilt ist). Eine politische Fixierung aufs BIP ist daher nicht sinnvoll.
Kann es sein, dass Du die Idealwerte des Model Y mit Worst-case Werten eines Verbrenners vergleichst? Laut Spritmonitor ist ein Verbrauch von >10l bei pkw recht selten. Wo kommen die 30l her?