Wenn diese Themen in der Lage behandelt wurden, habe ich es nicht mitbekommen. Mindestens ist mir nicht aufgefallen, dass es mal ein Interview oder auch nur Hintergrundgespräch mit einem repräsentativen Vertreter innerhalb der Sicherheitsbehörden zu diesem Thema gegeben hätte.
Die verlinkten Lösungsansätze sind sicher alle richtig, allerdings sind sie m.E. nur nachhaltig, wenn es gelingt, die Beziehung zwischen Polizei und Gesellschaft zu kitten – was nach meiner Erfahrung auch Teil fast jeder Dokumentation über Polizeigewalt oder rechten Netzwerken innerhalb der Polizei ist.
Was ich damit meine:
Die Polizei hat signifikante Nachwuchsprobleme und das kann niemanden wundern. Man erwartet von Polizist:innen, dass sie im Extremfall unter Einsatz ihres Lebens Aufgaben durchführen, die man ihnen von oben diktiert. Dass sie dabei auf Gewalt, Hass und Ablehnung stoßen, selbst wenn sie ihren Job tadellos erledigen, liegt in der Natur der Aufgabe, macht diese gemeinsam mit dem vergleichsweise überschaubaren Gehalt und den fordernden Arbeitszeiten aber nicht unbedingt attraktiver.
Die Tendenz zeigt, dass die gesellschaftliche Anerkennung ihrer Aufgabe eher ab-, und die körperlichen Angriffe auf sie im Einsatz eher zunehmen. Unabhängig von der Ursache dieser Tendenz erscheint es mir durchaus nachvollziehbar, dass sich in so einer Umgebung schnell ein „wir gegen die“-Gefühl einstellt, dass die Entstehung eines Korpsgeistes, der wiederum Teil des Problems ist, begünstigt. Damit wiederum fällt es schwerer, sich von problematischen Kollegen zu distanzieren.
Schon allein diese Randbedingungen dürften dazu führen, dass sich überproportional viele Menschen mit einem Hang zu Waffen und Gewalt, zu rechter Gesinnung etc. entscheiden zur Polizei zu gehen, während diejenigen, die die Polizei eigentlich bräuchte, um ihren Job besser zu machen eher vom Umfeld und den Arbeitsbedingungen abgeschreckt sind. Personalnot und z.T. ungeeignete Bewerber verschärfen die Überforderung im Polizeialltag (die eine weitere Ursache von Polizeigewalt ist) nur noch weiter.
Wer also zu Recht eine Reform innerhalb der Polizei fordert, der sollte gleichzeitig eine Verbesserung der Randbedingungen fordern. Sprich mit der Einführung unabhängiger Ermittlungsstellen etc. müsste eine große Offensive zur Verbesserung von Gehältern, Ausbildung, Arbeitsbedingungen und Anerkennung einhergehen (die natürlich jede Menge Geld kostet). Am Ende wird entscheidend sein, ob sich jemand hinsichtlich Gehalt, Arbeitsbedingungen und gesellschaftlicher Anerkennung so gewertschätzt fühlt, dass er dafür in einem Einsatz im Extremfall sein Leben riskiert. Ob das heute überhaupt noch in ausreichendem Maße möglich ist, weiß ich nicht. Aber es ist sicher eine Mammutaufgabe, die nicht allein innerhalb der Polizei gestemmt werden kann.