Okt.22: Was bringt Streckbetrieb in der aktuellen Situation?

Bitte nicht Streckbetrieb und Laufzeitverlängerung durcheinander bringen. Hier im Forum wurde der Streckbetrieb besprochen, in der Studie, die du zitierst, heißt es aber:

In dieser Kurzstudie wird angenommen, dass eine Verlängerung der Laufzeiten, mit einer umfassenden Sicherheitsüberprüfung inklusive der erforderlichen Ertüchtigungen und der Beschaffung neuer Brennstäbe, bis Anfang 2024 realisierbar ist.

Dort geht es also um eine richtige Laufzeitverlängerung. Dau vergleichst hier also ein Stück weit Äpfel mit Birnen.

edit:
BTW: Aus welcher Stelle der Studie nimmst du genau die 10 %? Doch hoffentlich nicht aus dem Szenario mit ambitioniertem EE-Ausbau und -10% Verbrauch, oder?

Diese Befürchtung teile ich auch. Hat beispielsweise schon irgendwer, irgendwo gelesen, dass die Franzosen bis nächstes Frühjahr die Probleme mit ihren AKW in den Griff kriegen werden?
Denn wenn nicht, gibt es auch im nächsten Frühjahr sicher wieder genug Konsevative und Liberale, die den Untergang der deutschen Industrie wegen hoher Strompreise an die Wand malen werden.

edit:
Noch ein weiteres Indiz, dass sich die Lage am Strommarkt eigentlich entspannen sollte und die AKW eigentlich nicht nötig sind, ist die Tatsache, dass sich die Großmarkt-Preise für Strom seit dem Hoch im August wieder stark reduziert haben, trotz gesprengter Pipelines(Quelle: SMARD):

Aber die Stromanbieter geben diese Marktentwicklung offenbar nicht an die Kunden weiter:

4 „Gefällt mir“

Also derzeit verzögert sich das wieder einmal weiter wegen Streiks.

Ein weiterer Artikel von CNBC - nicht gerade der Greenpeace-Haussender - rechnet mit langfristigen Problemen in Frankreich und skizziert, warum die Situation in Frankreich fundamental festgefahren ist. Macron hat eigentlich keine guten Optionen:

  • Mehr AKWs bauen? Versucht er, aber vor 2040 werden die nicht online gehen - wenn überhaupt.
  • Erneuerbare ausbauen? Windenergie ist in Frankreich extrem unbeliebt. Das Wahlprogramm von Le Pen war in Teilen „Vernunftkraft auf Steroiden“.
  • Wieder auf Kohle und Gas setzen? Das wäre klimatechnisch unvernünftig, ein Eingeständnis, dass der Atomkurs gescheitert ist (und damit eine massiver Schlag für das französische Selbstbild) und niemandem im Frankreich vermittelbar.

Es bleibt eigentlich nur, dass Frankreich in den nächsten 15-20 Jahren vom Energieexporteur zum -importeur wird. Alle Nachbarländer (insbesondere Deutschland) müssen sich wohl darauf einstellen. Das bedeutet meiner Meinung nach, dass wir mehr regulierbare Energie brauchen, als die üblichen Szenarien annehmen. Erzeugung aus Erneuerbaren, flexible Verbraucher und Speichertechnologien müssen wohl noch schneller entstehen, als die Bundesregierung derzeit plant.

Fairerweise muss man aber auch sagen, dass auch diese Entspannung noch immer deutlich höher ist, als das langjährige Mittel.

2 „Gefällt mir“

Reuters hat das bereits nach Annexion der Krim 2015 als Szenario vorgestellt. Ganz überraschend kommt es also nicht.

In einem Wirtschaftskrieg werden alle Arsenale gezogen. Sich in einen Wirtschaftskrieg zu begeben und gleichzeitig die nationale Energieproduktion zu reduzieren führt zu einer höheren Abhängigkeit vom Ausland - was insbesondere in einer Konfliktsituation mutig ist.
Also ja - im März hätten sofort die kurz zuvor abgeschalteten AKWs wieder instandbesetzt werden sollen. Die wären vermutlich jetzt auch schon wieder größtenteils am Netz und weniger Geld würde gen Russland überwiesen werden.

Technisch geht vieles, politisch und regulativ ist diese Lösung ausgeschlossen und noch nichteinmal untersucht worden.

Im übrigen ist de Verweis auf die französischen AKWs doch nun müssig. Deutschland muss als Industriestaat in der Lage sein, seine eigenen Energiebedarfe zumindest stromseitig zu decken. Es hängt in Deutschland so viel mehr an einer lückenlosen Stromversorgung, dass ein verlassen auf andere Länder (wo dies nicht so gilt) maximal wahnwitzig erscheint.

Noch einmal: Das Problem ist nicht, dass Frankreich weniger liefert. Das Problem ist, dass Frankreich unerwartet viel braucht, weil es nicht genug Kapazität hat, um in allen Szenarien einen Blackout zu verhindern, der dann auch das europäische Netz betreffen würde. Würde D die Kabel an den Grenzen kappen (was unsolidarisch und unvernünftig wäre), dann wäre genügend Reservekapazität vorhanden und die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts in Frankreich höher. Frankreich wird auf absehbare Zeit im Sommer und Winter die in den Nachbarländern eingeplante Reservekapazität beanspruchen, weil es selbst keine Reserven mehr hat.

AKWs sind eben nicht nur eine Hochrisikotechnologie, sondern liefern auch auch nur Flatterstrom, auf dem man nur dann seine Stromversorgung aufbauen sollte, wenn man flexible Nachbarn hat. Sieht man im Übrigen auch ganz gut an Isar 2, bei dem nun auf einmal Reparaturen anstehen (was die Öffentlichkeit aber verdächtigerweise erst erfahren hat, nachdem sich Habeck für einen Streckbetrieb eingesetzt hatte und nicht mehr zurückrudern konnte).

3 „Gefällt mir“

Das stimmt so nur vordergründig.
Wenn Frankreich nicht so viel nach Italien exportieren müsste, könnte sich Frankreich sehr gut selbst versorgen und müsste nichts aus Deutschland importieren.
Wenn also ein Kabel aus Deutscher Sicht gekappt werden sollte - dann doch bitte das FRA-ITA :smiley:

Die These habe ich noch nie gehört. Quelle?

Genau und deswegen ist auch Habeck Schuld der 2021 Minister geworden ist :crazy_face:

(…)

Selbst wenn man im März daran gedacht hätte, würden die Arbeiten nächstes Jahr im März beginnen, frühestens.

Revisionen zumal „Wiederinbetriebnahme“ benötigen mindestens 12 Monate Planungszeit durch Personal, was du 3 Monate zuvor freigestellt hast.

Aber auch nicht alles.
Die drei Meiler die am 31.12.2020 final abgefahren wurden waren im selben Zustand wie die drei Meiler jetzt.
Technische Überprüfung ausgesetzt.
Verschleißteile verbraucht.
Brennstäbe verbraucht.

Und was haben wir inzwischen über die Lieferzeit für Brennstäbe gelernt?
12 Monate.

2 „Gefällt mir“

Du hast vielleicht die Formulierung nicht gehört. Aber die beschreibt recht gut, was in dem von cors verlinkten CNBC-Artikel steht.

1 „Gefällt mir“

> Nach einer Studie der Universität Nürnberg-Erlangen dürften die Strompreise schon in einem ungünstigen Szenario um knapp fünf Prozent sinken. Dieses Szenario geht von einer unverändert hohen Stromnachfrage, einem deutlich höheren Gaspreis, einem ungünstigeren Wetter als 2020 und einem verzögerten Ökostromausbau aus. Das günstigste Szenario lasse sogar eine Preisentlastung von bis zu zwölf Prozent erwarten.

Bis zu 12% Entlastung bei den Strompreisen ist viel.
Ich kann immer noch nicht glauben, dass viele lieber die AKW abgeschaltet und die Braunkohle angeworfen hätten und einen solchen Beitrag zur Inflationssenkung herunterspielen.

1 „Gefällt mir“

Heute im Spiegel:

„Der Streckbetrieb aller drei verbliebenen Kernkraftwerke bis Ende April könnte die Strompreise über das ganze kommende Jahr gerechnet um etwa neun Prozent drücken“, sagt der Ifo-Energieökonom Mathias Mier der Augsburger Allgemeinen. „Die kritische Phase ist vor allem von Dezember bis April, in diesen Monaten ist mit einem spürbaren Preiseffekt zu rechnen.“

Die früheren, höheren Prozentzahlen des Ifo-Instituts bezogen sich auf eine Laufzeitverlängerung bis 2024 mit Kauf von Brennstäben und sind höchst umstritten (u.a. inzwischen völlig unrealistische Annahmen in Bezug auf die Stromproduktion in Frankreich).

Insgesamt ist die Prognose von Strompreisen in diesem extrem komplexen Markt von erheblichen Unsicherheiten geprägt.

Auf welchen Annahmen die Erlanger Studie beruht?

Bislang hat mir noch niemand erklären können, wie AKWs (Grundlastkraftwerke, die extrem langsam an- und abfahren) die Stromproduktion von Gaskraftwerken (Spithenlastkraftwerke, die bei Nachfragespitzen sehr kurzfristig mehr und dann auch wieder weniger Strom produzieren können) ersetzen können.

Das wäre nur möglich, wenn schon heute die Grundlast zum Teil durch Gaskraftwerke gedeckt würde. M.W. ist dies nicht der Fall.

Was man argumentieren könnte, wäre: AKWs können solche Kohlekraftwerke ersetzen, die heute Grundlast-Strom erzeugen und so (vermutlich nicht unerheblich) CO2-Emissionen einsparen. Ob das möglich ist, hat mir bis heute bestätigen können. Auf eine solche Argumentation würde ich eher mich einlassen. Würde aber bedeuten, dass man jetzt für Winter 23/24 Brennstäbe für die 3 AKWs beschaffen müsste … und dann im Frühjahr 2024 wieder mit Union und FDP in die Diskussion gehen müsste, warum man die Kraftwerke nicht noch so lange laufen ließen, weil die Brennstäbe ja noch nicht ganz verbraucht wären. Da ist doch keine Seite wirklich „un-idiologisch“ …

1 „Gefällt mir“

In der Tageszeitung wurde heute u.a. für das AKW Emsland ein Beitrag von 0,03% zum Gesamtstromvolumen genannt, aufgrund der abgenutzten Brennstäbe und einem technisch nur reduzierten Betrieb, der maximal möglich sei.

Klingt zumindest nicht nach dem großen Wurf…

3 „Gefällt mir“

Die AKWs weiterlaufen zu lassen, ist äquivalent dazu, den Strombedarf, der vom restlichen Kraftwerkspark bedient werden muss, um ca. 4 GW zu senken. Da würden dann öfter die ineffizientesten Gaskraftwerke (sprich: die, die hinter der Gasturbine nicht noch eine Dampfturbine haben) nicht mehr gebraucht werden und somit die marginalen Gestehungskosten, an denen sich der Spotmarktpreis orientiert, gesenkt.

Die Studie ist öffentlich zugänglich.

Ich mag mir die 90 min nicht noch einmal ansehen, ich erinnere mich jedoch an einen Zusammenhang in Verbindung mit möglichen Blackouts (falls mich meine Erinnerung nicht trügt), deren Wahrscheinlichkeit durch den Streckbetrieb stark sinkt. Die Übertragungsnetzbetreiber positionieren sich hier schon recht klar:

Bezüglich der Endlagerung gibt es keine Änderung zur jetzigen Situation (es kommen keine neuen Brennstäbe ins Spiel), die Betriebsrisiken von weiteren drei Monaten der ohnehin recht sicheren AKWs in DE schätzt man scheinbar als gering ein (was ich mangels Expertise etc. nicht beurteilen kann, schließlich sind angesichts des Betriebsendes die letzten obligatorischen Wartungen entfallen).

Ob die AKW einen Einfluss auf die oben genannten Punkte haben, weiß ich nicht, die spielen aber wohl keine große Rolle in der Diskussion.
Wenn, dann ist der Klimaaspekt wahrscheinlich noch erwähnenswert, vielleicht findet sich ja jmd., der ein paar Zahlen dazu hat. Aber dass hier 3 Monate den großen Effekt auf den CO2-Ausstoß haben, kann ich mir nicht vorstellen.

Verwundert bei einer bayrischen Uni nicht wirklich.
Abgesehen davon, wirst du als Kunde davon sowieso nichts merken.

Und auch wieder auffallend, wie dann plötzlich statt Versorgungssicherheit der Preis diskutiert wird, denn auch in deiner Quelle ist zu lesen, dass der Beitrag zur Versorgungssicherheit marginal ist.

Man kann nur hoffen dass die Betreiber rechtzeitig eingreifen können, denn wenn etwas schief gehen sollte in den drei Monaten will wieder keiner die Verantwortung übernehmen und alle sind sich dann auch plötzlich einig, dass sie auch vorher schon gesagt haben, was für eine schlechte Idee es doch war die Blöcke bis zum Letzten auf Verschleiß zu fahren …

2 „Gefällt mir“

Ja das Zitat stammt aus der Tagesschau.
Aber in der Studie wird das nicht explizit abgebildet. Ich kann nicht nachvollziehen bei welchem Zeitrahmen unter welchen Voraussetzungen und in welcher Prognose das stehen soll.
Edit
Auf welches Szenario der Studie sich die Tagesschau beruft.
Edit 2
Grundsätzlich finde ich prozentuale Angaben ohne die zugrunde liegenden Bezugsgrößen einen ganz schlechten journalistischen Stil.

1 „Gefällt mir“

Also wenn ich in gängigen Visualisierungen der Stromerzeugung über die Stunden der letzten Tage schaue, z.B. hier: SMARD | SMARD - Strommarktdaten, Stromhandel und Stromerzeugung in Deutschland

…dann finde ich kaum eine Stunde, in der kein Gasanteil vorhanden ist. Eher im Gegenteil, es gibt nahezu immer einen substanziellen Gaskraftanteil. Man kann offenbar aktuell schon davon sprechen, dass de facto ein Teil der Grundlast durch Gas gedeckt wird.

Für das sehr kritische Szenario ++ wurde in einer zusätzlichen Berechnung der mögliche Effekt einer Verfügbarkeit der drei Atomkraftwerke Emsland, Isar und Neckarwestheim im Stromnetz untersucht. Die Ergebnisse zeigen: Wenn man die drei Atomkraftwerke verfügbar hält, kann dies in Stresssituationen im Stromnetz nur einen begrenzten Beitrag leisten. Zur Stabilisierung des Stromnetzes würden die drei AKW in einem sehr kritischen Szenario den Bedarf an Redispatchkraftwerken im Ausland nicht um die Nennleistung der AKW senken, sondern nur um 0,5 GW. […] Es bleiben auch bei einer Nutzung der drei verbleibenden Atomkraftwerke deutliche Eingriffe in den Kraftwerkspark nötig, um die Netzsicherheit zu gewährleisten.

Pressemitteilung BMWK

Hab jetzt keine Zeit mir die 80 Minuten PK anzuschauen, aber sagen die da wirklich, dass die Wahrscheinlichkeit für Blackouts im Streckbetrieb stark sinkt? Das kommt mir irgendwie so vor, als würde das im Widerspruch zur Pressemitteilung des BMWK stehen. Außerdem hätte sich nicht selbst Habeck bei aller Ideologie von Anfang an für den Streckbetrieb eingesetzt, wenn er die Blackoutwahrscheinlichkeit wirklich stark senken würde?

Logisch, wenn der Strom das Abfallprodukt ist.

Leider dürfte es Recht schwer werden herauszufinden wann Gaskraftwerke für Strom laufen und wann für benötigte Prozesswärme und nebenbei den „Abfall“ einspeisen.

Das ist richtig; ich würde näherungsweise annehmen dass wohl der geringste Wert für erzeugten Gasstrom ungefähr diesen Anteil darstellen dürfte, den man nicht wegbekommt, weil das Gas eh für die Wärme verfeuert werden muss. Denn den wird das Kraftwerk ja wenn nötig mit Null-Preis anbieten und somit immer verkaufen.

Dieser „Sockel“ scheint ungefähr bei 2-3 MWh zu liegen. Darunter fällt die Gasstromerzeugung zumindest in den verlinkten Daten nie. Allerdings liegt sie fast ausnahmslos deutlich darüber, in einem Band von 6-12 MWh. Die zusätzlichen ungefähr 3-4 MWh würde ich als „Quasi-Grundlast“ betrachten, die offenbar derzeit von den Gaskraftwerken zusätzlich abgefordert wird - und das auch jetzt schon, wo die Atomkraftwerke noch mit 4 MWh am Netz sind.

Mir scheint es daher durchaus plausibel, dass ein Wegfall dieser 4 MWh den dauerhaft zu liefernden Anteil der Gaskraftwerke noch weiter erhöhen würden und somit negativen Einfluss auf den Strompreis hätten. Und auch, dass dort zumindest derzeit relativ problemlos weitere 3-4 MWh an Grundlastproduktion unterzubringen wären, um den Gasanteil abseits der „eh-da“-Produktion durch KWK weiter zu drücken.

1 „Gefällt mir“

Deine Zahlen können nicht stimmen.

Leider eine Bezahlstatistik, aber wenn man nur auf 2021 schaut so wurden 450MW Leistung in Betrieb genommen, damit erzeugt man nicht nur 4-5 MWh …

Atomkraft wird in SMARD nicht gesondert aufgeführt, dürfte also unter „sonstige Konventionelle“ aufgeführt sein und liegt bei 200MWh

Der Gesamtverbrauch scheint nicht unter 40.000MWh zu fallen

Irgendwo hast du einen Kommafehler.