Neue „Streikmoral“

Sagte wer?

Eine erfolgreiche Verhandlung beendet immer den Streik. Das ist essentieller Bestandteil des Streikrechts.

Das was du schreibst würde das Ende des Arbeitskampfs bedeuten, denn mit einem Erfolgreichen Abschluss Beginnt die Friedenspflicht.
Ein fortsetzen des Streiks wäre somit illegal und kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Doch, denn es muss in dem Fall gearbeitet werden.

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Was du den Arbeitgebern anlasten darfst, da diese ja laut deiner Aussage Betriebsmittel an Dritte verliehen haben. Also kein Problem der Streikenden.

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Ich mir auch nicht. Ich arbeite selbst als Arzt in einem kommunalen Krankenhaus. Für die Abrechnung mit den Krankenkassen sind mittlerweile die sogenannten Codierfachkräfte viel, viel wichtiger als der Arztbrief. Dokumentieren müssen wir nämlich selbst wenn wir uns weigern würden, einen Brief zu schreiben schon, was wann wie und warum wir etwas für den Patienten getan haben (oder eben nicht). Das gebietet die Absicherung gegen straf- und zivilrechtliche Ansprüche/Verfahren, die auch das Gesundheitswesen immer öfter treffen. In aller Regel dürfte diese Dokumentation von Visiten, Verlaufskommentaren etc. völlig ausreichen, um daraus eine Abrechnung zu erstellen - der fehlende Brief bringt da wenig bis kaum etwas. Außerdem haben Patienten einen Rechtsanspruch auf einen Behandlungsbericht, der muss also ausgestellt werden und darf nicht verweigert werden, weil man damit die Abrechnung bestreiken will.
Zusammengefasst: Diese Art des „Ärztestreikes“ ist heute nicht mehr sinnvoll möglich.

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Ja, das das so ist haben aber die Arbeitgeber zu verantworten! Schließlich haben sie ihre Planungen so angepasst, dass Fernverkehr etc. ohnehin ausfallen, völlig egal ob gestreikt wird oder nicht. Aus Sicht der Gewerkschaften wäre es jetzt taktisch übrigens eigentlich noch viel klüger, den Streik in letzter Sekunde ausfallen zu lassen - dann müssen die Arbeitgeber Lohn zahlen, aber die Arbeitsleistung wird trotzdem nicht in gewohntem Umfang erbracht (weil Zugausfälle etc. ja bereits geplant sind)…

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Au contraire. Wenn die GewerkschaftsführerInnen einen nicht revidierbaren Streiktag ankündigen, dann wird von der Arbeitgeberseite ein nicht revidierbarer Streiktag angenommen. Alles andere würde die Arbeitnehmerseite nicht ernst nehmen.

Wenn die Gewerkschaften ankündigen auf jeden Fall zu streiken und dann nicht streiken würden, dann wären sie unzuverlässige Partner, deren Aussagen man nicht unbedingt glauben schenken darf.

Was bei diesem Streik neu war, war die Vehemenz, mit der der Streiktag angekündigt wurde - no matter what in der Zwischenzeit passieren würde. Wenn die Gewerkschaften gesagt hätten: Wir streiken am Montag, wenn bis Freitagabend kein Angebot nahe unserer Forderungen (z.B. 75% der Forderungen) durch die Arbeitgeberseite vorliegt, dann hätte ich da einen gewissen Druck wahrgenommen. So hatte der Streik keine Auswirkungen auf das von der Arbeitgeberseite vorgelegte Angebot.

Man muss aber auch einfach mal feststellen, dass das Angebot der Arbeitgeber nicht annähernd in die Nähe der Forderungen der Gewerkschaften kommt.

Da kann ich auch nachvollziehen, wenn man auch einfach mal ein Zeichen setzen will.

Es war halt klar, dass von Arbeitgeberseite nur Verarschungsangebote kommen würden. Und es hat ja niemand die Arbeitgeber dazu gezwungen, nicht zwei Tage vorher realistische Zugeständnisse zu machen. Dein Argument „es hätte ja passieren können, dass die Arbeitgeber am Sonntagabend plötzlich allen Gewerkschaftsforderungen nachkommen“ ist einfach Blödsinn. Jeder der Beteiligten wusste ganz genau, dass das nicht passieren würde, weil das ein Spiel ist, deren Ablauf vorher beiden Seiten bekannt ist, und da muss man von Gewerkschaftsseite aus eben dann mit realistischen Szenarien planen.

Die Gewerkschaften in Deutschland sind eh viel zu arbeitgeberfreundlich. Alleine mit Forderungen unter der derzeitigen Inflationsrate einzusteigen ist schon ein Geschenk an die Arbeitgeberseite. Normalerweise könnte die das locker annehmen und sich dabei noch ins Fäustchen lachen, aber sie wissen natürlich, dass die Gewerkschaften auch noch weiter nach unten gehen werden. Die Gewerkschaftssekretäre betrifft so eine faktische Lohnkürzung ja nicht.

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Könntest du deine Aussage, dass dies neu sein soll bitte belegen? Der Warnstreik wurde angekündigt, wie Warnstreiks in der Vergangenheit auch schon. Grundsätzlich mit ein paar Tagen Vorlauf und passend zu den Verhandlungstagen beider Seiten. Da kann ich nicht wirklich eine neue Dimension erkennen. Hier noch mal die Pressemitteilung von Verdi dazu: Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und bei Bahn- und Busunternehmen | ver.di

Der wesentliche Unterschied ist an sich nur, dass es dieses Mal eben wesentlich breiter koordiniert wurde, womit die Auswirkungen des Warnstreiks quasi alle in Deutschland betroffen haben und nicht nur einzelne Standorte bzw. Regionen. Zu dem anderen Punkt finde ich nicht was nicht eher eine Interpretation der Arbeitgebendenseite zu dem Streik ist (und die müssten eben wissen, dass das Streikrecht einen Streik nach Einigung verbietet und es ihnen somit eröffnet mit einem passenden Angebot einen Streik oder Warnstreik zu verhindern).

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Wo haben die Gewerkschaftsführer denn einen nicht revidierbaren Streik angekündigt? In allen Medien, die ich so konsumiere wurde zwar von einem groß angelegten Warnstreik gesprochen, nie aber davon, dass dieser unumstößlich sei. Das gibt im Übrigen das Streikrecht auch nicht her - hätte man sich also Sonntag Abend auf einen Tarifabschluss geeinigt, so hätte der Streik entfallen müssen, weil seine Grundlage passe gewesen wäre.

Solche Streikankündigungen - insbesondere für einen Warnstreik - wären mir neu und habe ich in der Vergangenheit auch nicht wahrgenommen. Warnstreiks sollen ja insbesondere die Streikbereitschaft der Arbeitnehmer demonstrieren und allein dadurch den Druck auf die Verhandlungen erhöhen. Dafür benötigt es keiner konkreten „Streikforderungen“.

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Wenn ich all diese Diskussionen lese frage ich mich, was passieren würde, wenn der „böse“ Arbeitgeber - in diesem Fall die Bahn - sich auf diese abstruse Gewerkschaftsforderung einlässt und im gleichen Masse die Kosten mit Gewinnaufschlag weitergibt. Wäre aus meiner Sicht absolut gerechtfertigt, da ein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen ein Primärziel hat: Profit. Ich möchte dann den Aufschrei hören von all jenen, die den öffentlichen Nahverkehr als klimafreundliche Alternative zum Auto propagieren. Oder nehmen wir die Krankenschwester. Ja, bezahlt sie vernünftig - aber die gestiegenen Kosten werden 1 zu 1 auf ALLE Versicherten umgelegt. Auch hier freue ich mich auf die Diskussionen.

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Was daran ist abstrus?

Seit wann muss die Bahn wirtschaftlich sein?

Wieder nur auf die Gesetzlichen, die Privaten werden schon von den Neoliberalen geschützt.

Und was machen die Arbeitgeber wenn keiner mehr dort arbeiten will wenn nicht mal die Inflation ausgeglichen wird und zeitgleich fröhlich Boni verteilt werden? Ziemlich seltsames Bild ehrlich gesagt.

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Das Problem der Bahn sind nicht die Gehälter.

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Abstrus deshalb, weil Arbeitgeber unmöglich diese Kostensteigerungen unmittelbar an ihre Kunden weitergeben können. Um beim Beispiel Bahn zu bleiben: die angeforderten Lohnsteigerungen hätten vermutlich eine merkliche Steigerung der Fahrkartenpreise zufolge (ich hab leider nirgends eine verlässliche Angaben dazu gefunden). Kein vernünftig wirtschaftendes und gewinnorientiertes Unternehmen kann sich leisten auf die Weitergabe der gestiegenen Lohnkosten zu verzichten. Die unvermeidlichen Preissteigerung reduziert in der Regel die Wettbewerbsfähigkeit. Bei der Bahn spielt das zugegebenermassen keine grosse Rolle – viel Wettbewerb gibt es hier nicht.
Alternativ kann man natürlich proportional die Personalkosten durch die Reduzierung der Mitarbeiter auf die Kosten vor der Lohnkostensteigerung zurückschrauben. Aber auch Prozessoptimierung und Arbeitsverdichtung sind irgendwo Grenzen gesetzt.
Daher sind solche Forderungen für mich schlichtweg abstrus.

Jedes Unternehmen sollte wirtschaftlich und somit gewinnorientiert arbeiten. Ist diese Erwartungshaltung nicht Grundlage des Handelns eines Unternehmens, erlaubt man diesen ja im Prinzip auch defizitär zu agiere . Wer soll dann für die Defizite aufkommen? Der Steuerzahler?

Die Bahn ist aber kein normales Unternehmen, sondern eine Form von Infrastruktur, genauso wie zB Straßen. Und Straßen machen meines Wissens auch keinen Gewinn, sondern kosten jedes Jahr viele Milliarden Euro. Warum sollte es bei der Bahn anders sein?

Die Schnapsidee, dass die Bahn Gewinn machen müsse, anstatt so gute Verkehrsleistungen wie irgend möglich zu erbringen, ist vermutlich der zentrale Denkfehler bei der Bahnreform in den Neunzigern gewesen - und genau dieser Denkfehler schlägt sich in der Katastrophenbahn der 2020er nieder: Man kann ein Unternehmen nicht auf möglichst gute Leistung und möglichst viel Profit optimieren. Das sind vielmehr Ziele, die sich ausschließen.

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Dann hat man als Arbeitgeber zwei Möglichkeiten: entweder muss ich dem Druck nachgeben und gerade so viel zahlen, dass ich Mitarbeiter bekomme. Wenn das allerdings nicht mehr wirtschaftlich ist, muss ich das Geschäft einstellen. Kein Unternehmen sollte gezwungen werden, ohne Gewinn zu arbeiten.

Ja, da gebe ich Ihnen recht.
Steigende Gehälter würden die Probleme zwar noch verschärfen, sind aber bei weitem nicht die Ursache für die wirtschaftliche Schieflage. industrieunternehmen in einer solchen Situation würde man grundlegend restrukturieren, unwirtschaftliche Geschäftszweige und Betriebe einstellen und schliessen und die profitabel Bereiche stützen. Würde der Bahn als Unternehmen sicherlich gut tun, ihren Auftrag im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs könnte sie dann halt nicht mehr erfüllen.

Das ist ziemlich genau das, was der Bahnvorstand seit den Neunzigern versucht hat - und deswegen ist die Bahn ja so kaputt, wie sie heute eben ist, ganz abgesehen von tausenden stillgelegten Bahnkilometern und verwaisten Bahnhöfen.

Die Bahn muss komplett umgestellt werden auf das Ziel optimaler Verkehrsleistungen, das sie jahrzehntelang erfüllt hat - sonst ist die Verkehrswende weg vom Auto und damit auch die Energiewende nicht zu schaffen.

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Was macht dich so sicher?

Verlässliche Zahlen zu finden ist immer schwer und immer wenn Tarifverhandlungen sind geht es den Unternehmen besonders schlecht.
Unternehmen geht es nur blenden wenn der Aktienbericht fällig ist.

Aber mal so als Tipp: Versuch herauszubekommen wie hoch der Anteil der Personalkosten in % ist, dann kannst du ungefähr abschätzen wie viel Cent pro Fahrkarte dazu kommen müssten.

Kannst auch eine kleine Hochrechnung machen:
Der ICE 4 hat nach Wiki 830 Sitzplätze.
Voll besetzt eher selten also nehmen wir 400 Zahlende, das ist unterhalb von 50 %

ICE Hamburg Berlin, Kosten aktuell 51€ schafft der Zug bei 1std 43 3 Mal pro Schicht macht bei einer Erhöhung von 1€ 1200€ mehr an Einnahmen pro Tag

Oder auch (weiterhin konservativ) 24.000€ mehr pro Monat und das nur für eine Schicht ohne Wochenende.

Ich glaube daher nicht, dass nur für die Lohnerhöhung die Fahrpreise sehr merklich steigen müssten.

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Die Verhandlungen sind im übrigen in der letzten Nacht gescheitert. Das aktualisierte Angebot der Arbeitgeber lautete 8% mehr Gehalt oder mindestens 300€ mehr. Sowie eine Einmalzahlung von 3.000€.

Das geht ja zumindest mal in die richtige Richtung, vielleicht kann man sich ja in der Mitte treffen.