Mobilität. Was bislang ja in unserem Land primär am Automobil hing, gewinnt langsam neue Facetten. Antriebsarten, alternative Fortbewegungsmittel, neue Verkehrsstrukturen - es tut sich was. Doch wie veränderungsfreudig ist Deutschland als Automobilnation Nr.1 in der Welt?
Mal einige Gedanken als Diskussionsgrundlage:
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Wie interessiert sind (Automobil-) Industrie und Politik an alternativen Konzepten zum Automobil? GM und autoaffine Firmen in den USA kauften in den 1920er Jahren die Strassenbahnen in rund 45 Städten auf, und ruinierten diese, um mehr Autos zu verkaufen. (Quelle mal Wikipedia: Großer Amerikanischer Straßenbahnskandal – Wikipedia
Ist ähnliches Denken nicht auch von der deutschen Autoindustrie zu erwarten, die ihre neuen Elektroautos und SUV verkaufen wollen? -
Elektromobilität. Diese nimmt grad dank massiver Förderung Fahrt auf. Allerdings noch mit einem ordentlichen Pioniergeist und stetiger Entwicklung hin zur „wirklichen“ Alltagstauglichkeit. Hier einige Fragen:
- Was passiert mit gebrauchten Elektroautos, die evt 5-8 Jahre alt sind? Selbst wenn der Akku noch gut funktioniert, wer kauft für viel Geld ein Auto mit Reichweiten von 100-200 km, was damals ja üblich war? Was ist mit gebrauchten E-Autos, deren Akku defekt ist?
- Wie erschwinglich sind E-Autos, wenn die staatliche Förderung wegfällt, wie Wirtschaftsminister Habeck ja absehbar in Aussicht stellt? Fallen dann die Preise?
- Laut DRV betrug das Durchschnittsgehalt in Deutschland rund 38.900€. Homepage | Durchschnittseinkommen | Deutsche Rentenversicherung (deutsche-rentenversicherung.de)
Viele liegen darunter. Wer davon kann sich einen teuren Elektrowagen leisten, die meist erst ab 30.000€ starten? Die Einzelhandelskauffrau mit 1200 netto im Monat kaum. Und gebraucht bleiben bis auf weiteres nur Verbrenner bezahlbar. Wie lässt sich diese Innovationsbremse lösen? - Während in der Stadt die Ladeinfrastruktur schon recht gut ist, ist auf dem Land wenig zu holen. Hier gibt es im Umkreis von 10 km meist nur 2-3 Ladesäulen. Mehr als 54% in Deutschland sollen zur Miete wohnen Deutschland - Land der Mieter - Geld - SZ.de (sueddeutsche.de), was eine eigene Wallbox nicht einfacher macht. Lässt sich diese Infrastruktur schnell genug aufbauen unter Berücksichtigung des steigenden Strombedarfes bei Umstellung auf erneuerbare Energien?
- ÖPNV und Radverkehr
- Auch hier ähnliche Problematik: Innenstädte sind sehr gut angebunden, machen Autos teils überflüssig. Hier fahren die Busse/Bahnen im 5-Minuten-Takt. Auf dem Land fahren 5 Busse am Tag. Meist grosse Linienbusse mit nur 2-3 Fahrgästen. Lassen sich hier finanziell überhaupt alternative Ideen wie On-Demand Verkehr per App umsetzen? Kostendeckend?
- Kosten: Ein Azubi-Ticket kostet bei uns (bei rund 20 km einfache Strecke am Tag) über 160€; welcher Azubi hat das über?
- Berufspendler haben es noch schlechter: eine 45 km Strecke dauert mit dem Auto 45 min. Mit ÖPNV rund 12h. Mit Übernachtung am Bahnhof. Lässt sich diese Knappheit mit Reaktivierung/Neubau von Trassen oder Buslinien aufheben oder ist das möglicherweise gar nicht so gewollt? Siehe Punkt 1 Autoindustrie…
Freue mich über Meinungen, Fakten und eine regen Austausch.