Ministerpräsident:innen wollen Bargeld für Geflüchteteauf 50€/Monat begrenzen

Fortsetzung der Diskussion von Bezahlkarte für Migrant:innen:

Es ist passiert. Noch nicht Gesetz, aber von Linke bis Union machen alle mit. 50 Euro im Monat. Ich bin sprachlos.

Das Ganze wird übrigens von Menschen beschlossen, die im Jahr sechsstellig verdienen - nur mit dem MP-Gehalt.

https://www.nds-fluerat.org/59732/aktuelles/bezahlkarte-ministerpraesidenten-votieren-fuer-flaechendeckendes-mobbing-von-schutzsuchenden/

Edit, 20.6.: Ergänzung: Ein Gesetz scheint es - jedenfalls in Nds laut verlinktem Artikel des Flüchtlingsrats - auch nicht zu brauchen.

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Als Nächstes Bürgergeldempfänger.
Als Übernächstes totale Kontrolle über Leistungsempfänger.
Herzlichen Glückwunsch

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Vielleicht bin ich was Online Banking und Kartenzahlung angeht schon weiter als andere aber ich komme mit 50€ Bargeld problemlos über die Runden. Im Normalfall reichen mir 20€/Monat falls die Eisdiele oder der Dönerladen widererwarten keine Kartenzahlung ermöglichen.

Übersehe ich irgendwas? Was wird denn hier im Forum als Minimum erachtet?

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Vielleicht hast du auch einfach nur mehr Geld zur Verfügung. Arme Menschen müssen zum Beispiel öfter Dinge Secondhand kaufen, etwa auf dem Flohmarkt, und da geht meistens nicht viel mit Kartenzahlung.

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Bei uns sind viele Bäcker die nur Bargeld nehmen, Kleinanzeigen, Flohmarkt, Stände an Festen und Veranstaltungen (soziale Teilhabe).

50 € ist da schon eher knapp.

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Soziale Interaktion. Jemand legt etwas aus, das man später wieder zurückzahlt (klassisches Beispiel: Mittags mit den Kollegen Pizza bestellen). Oder man kauft sich etwas, was in größeren Mengen billiger ist, und teilt sich das dann. Nen 20kg-Sack Reis z.B.

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Ja, ich auch. Aber das ist meine eingeschränkte Sicht als privilegierte Großstädter.

Ich bin gerade wieder 1 ½ Wochen durch England gereist und habe dort keine 10 Pfund Bargeld benötigt. Alles ging mit Karte. In vielen Geschäften und Pubs steht sogar „Sorry, no cash“. Sogar in Kirchen kann man mittels Apple Pay spenden.

Ganz anders hier in Deutschland, sobald Du die Großstadt verlässt …

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Diese Thema lässt sich doch sogar noch besser digital lösen. Paypal, Splitwise etc helfen und werden mutmaßlich von jüngeren Leuten sehr viel genutzt. So sehe ich das zumindest in meinem Umfeld.

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Soweit ich das verstehe, funktionieren die ausgegebenen Plastikkarten mit dem Guthaben ja nicht wie deine Girocard, dass du damit überall einkaufen kannst. Die Karten der Geflüchteten gehen mWn nur in „teilnehmenden“ Geschäften, weil das ja gar keine echte Bankkarte ist (sondern mehr wie so ne alte Prepaid Telefonkarte). Ganz so komfortabel einkaufen lässt es sich deshalb damit nicht überall - ganz im Gegensatz zu Bargeld.

Im NDR Lokal (? Ich find den Beitrag nicht mehr) hatten sie jetzt nen Ladenbesitzer der gesagt hat, dass er durchaus auch erhebliche Gebühren bezahlen muss, wenn Menschen mit der Karte einkaufen. Irgendwo sitzt da anscheinend auch wieder ein Konsortium, was an dem Kartenmodell mitverdient. Hat da schon einer was zu gelesen? Welche FDP-Spender verdienen hier an der Bürokratie wieder mit? Das würde mich tatsächlich brennend interessieren, denn beim Bargeld gibt es ja keinen Mittelsmann der mitverdient.

Noergel

Wir erleben gerade mal wieder in Echtzeit, wie erst populistische Forderungen 1:1 in Politik umgesetzt werden und dass einigermaßen seriöse Politiker als Begründung die populistischen Parolen völlig ohne empirische Belege in eine wirksame Maßnahme umdeuten. So sprach Hessens Ministerpräsident Rhein von der Bezahlkarte als

„ein gemeinsames Erfolgsmodell im Kampf gegen illegale Migration“, da sie Anreize reduziere und helfe, Schleuser zu stoppen. [Quelle]

Schon die Theorie, dass Sozialleistungen und andere „Anreize“ maßgeblich für Migrationsentscheidungen sind ist ja gelide gesagt umstritten. Aber dass die Auszahlung in Form von Bezahlkarten anstelle von Bargeld „illegale Migration“ und Schleuser zu bekämpfen hilft, ist vor allem erst mal eine Behauptung, aber zumindest nach meinem Kenntnisstand nichts, was empirisch nachgewiesen wurde. Es mag einem inzwischen völlig normal vorkommen mag, wie sehr Politiker sich selbst loben, aber eine unausgegorene populistische Forderung als „Erfolgsmodell“ zu bezeichnen, ist schon harter Tobak. Und wenn selbst die nicht gerade als antirassistische NGO bekannte Gewerkschaft der Polizei eine Maßnahme so eindeutig kritisiert (siehe dieselbe Quelle), sollte vielleicht auch mal ein CDU-Politiker ins Nachdenken geraten.
Die Ministerpräsidenten scheinen fest entschlossen die Strategie weiter zu verfolgen, die da heißt: „Wenn so viele Leute AfD wählen, erklären wir sie erst alle zu Demokratiefeinden und setzen dann die Programmatik der AfD selber um“

Die Gewerkschaft der Polizei hatte davon abgeraten. Geflüchtete stünden nicht selten unter dem Druck, Krankheitskosten der Familien im Herkunftsland mitzutragen, oder schuldeten Schleusern Geld, sagte der GdP-Vorsitzende Jochen Kopelke. Er befürchtet, dass Asylbewerber in die Kriminalität gedrängt werden: „Wenn hier nicht Maß und Mitte gehalten werden, besteht das Risiko, dass Geflüchtete versuchen werden, sich das nötige Geld über kriminelle Machenschaften zu besorgen.“

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Soweit ich weiß, bezieht sich das mit den teilnehmenden Geschäften auf die Bargeldabhebung. Jedenfalls bei der Social Card. Ansonsten sollen die Karten aber ähnlich wie eine Debit-Kreditkarte funktionieren, aber es soll Möglichkeiten geben, bestimmte, zB geographische Einschränkungen vorzunehmen.

Kann aber gut sein, dass es lokale Unterschiede gibt. Bislang ist das ja alles eher als „Standard“ beschlossen. S. dazu die bestehenden Threads.
Schon allein, dass hier nichts gesetzlich geregelt wird, sondern entweder per Rechtsverordnung oder Gusto der MPs/der Ministerien, finde ich aus grundrechtlicher Sicht sehr bedenklich. Besonders mit Blick auf die anstehenden LT-Wahlen.

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Weiß jemand wie es bei den Bezahlkarten eigentlich mit Überweisungen und Funktionen wie PayPal geregelt ist? Wenn man sich bargeldlos bewegen will (wie es hier einige so abgefeiert haben) ist man ja aus so etwas angewiesen, etwa für Second-Hand-Einkäufe, Arzt- oder Anwaltskosten etc.

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Der Zugriff auf derartige Dienste ist den Inhabern dieser Karten verwehrt, damit sie nicht durch die Hintertür Geld an Schlepper schicken oder an ihre Familien im Ausland überweisen können.

In allen bisherigen Umsetzungen lässt sich die Geldkarte nur geographisch begrenzt - meist nur innerhalb des ausgebenden Landkreises - und nur bei teilnehmenden Geschäften nutzen. Die nächste Stadt im Nachbarkreis ist von meinem Wohnort vielleicht 3km entfernt. Wenn‘s im dortigen Supermarkt ein Sonderangebot gibt, könnte ich da hinlaufen. Den Inhabern dieser Flüchtlingsgeldkarten ist diese Möglichkeit verwehrt (sie können zwar hinlaufen, aber nichts kaufen).

Das ist gegenwärtig offenbar sehr unterschiedlich geregelt:

Zwar benutzen nun bereits mehrere Kommunen Bezahlkarten, doch die Systeme unterscheiden sich stark voneinander. Während in Pirmasens Geflüchtete 150 Euro monatlich in bar abheben können, liegt die Bargeldgrenze pro Person in Hamburg und Bayern bei 50 Euro.

In Hannover wiederum können Geflüchtete den vollen Leistungsanspruch als Bargeld abheben. Der Stadt ging es bei der Einführung auch darum, Verwaltungsabläufe zu entlasten.

Die von der Stadt Pirmasens ausgegebene Karte funktioniert im gesamten Bundesgebiet und auch im Online-Versandhandel. Im Thüringer Kreis Schmalkalden-Meiningen hingegen sind mit der Karte keine Onlineeinkäufe und keine Überweisungen möglich.

In Thüringen gibt es nur eine Plastikbankkarte. In Hamburg beispielsweise funktioniert das Bezahlkartensystem genau wie in Pirmasens auch digital mit dem Smartphone.

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Dann ist also zu befürchten, dass auch die Möglichkeiten für Überweisungen, Onlineeinkäufe etc. auf ähnlich hemdsärmlige Weise durch Vereinbarungen der Bundesländer immer weiter eingeschränkt werden. Vielleicht fällt denen, die so etwas beschließen, ja irgendwann mal wieder einigen ein, dass es so etwas wie eine Verfassung und eine einschlägige Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage gibt:

„Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG garantiert ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfGE 125, 175). Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch als Menschenrecht. Er umfasst sowohl die physische Existenz des Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Das Grundrecht steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu.“ (Hervorhebungen von mir)

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2012/07/ls20120718_1bvl001010.html

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Das mag ein realpolitisch kluger Einwand sein, aber eigentlich ist das Geld ja als Existenzminimum gedacht um etwa auch soziale Teilhabe zu ermöglichen. Kriminelle Schleuserbanden und die Krankenversorgung im Heimatland sind nicht unbedingt primäres Ziel der deutschen Steuergelder.

Wenn man die Herkunftsländer unterstützen möchte (Fluchtursachen bekämpfen), wären die Gelder doch viel besser in der Entwicklungshilfe und der Unterstützung von NGOs vor Ort aufgehoben.

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  1. Asylbewerber sind keine illegalen Migranten. Hier übernimmt der Herr die Sprache von rechtsaußen.
  2. Wieso hilft das, Schleuser zu stoppen? Die müssen ja trotzdem bezahlt werden.
  3. Man könnte Schleuer stoppen, indem man die Möglichkeit zum Stellen von Asylanträgen und die Anreise vereinfacht und die Schleuser so aus der Gleichung herausnimmt. Aber das wollen wir auch wieder nicht.

Aber das war alles auch schon in dem alten Thread klar. Was können wir noch neues besprechen?

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Woran bemisst sich, dass das Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe nicht gewährleistet ist, wenn mensch 50 Euro für Barausgaben hat?

Die Unterstützung von Familienangehörigen lässt sich durchaus als „Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen“ verstehen, die das Urteil des Bundesverfassunsgsgerichts ja explizit zu den Menschenrechten zählt, die durch die Zahlungen nach dem Aslybewerberleistungsgsetz gewährleistet werden sollen. Und nicht alles, wofür Menschen sich im Rahmen ihrer gesellschaftlichen Teilhabe entscheiden Geld auszugeben, muss deswegen „primäres Ziel der deutschen Steuergelder“ sein. Das ist m. E. ein ziemlich merkwürdiges Verständnis von Grundrechten.
Im Übrigen verschwinden Schulden und soziale Verpflichtungen ja nicht einfach dadurch, dass man es Menschen erschwert, diese zu bezahlen bzw. diesen nachzugehen. Daher ist die Annahme, dass Menschen das dann eben auf illegale Weise versuchen, wenn ihnen legale Wege hierzu verwehrt werden, ist eigentlich recht basal und keineswegs nur ein „realpolitischer“ Einwand. Und wie gesagt: Wenn sogar schon die GdP darauf hinweist, dass die Regelungen an der Lebensrealität vieler Asylbewerber völlig vorbeigehen, sollte man vielleicht zumindest mal drüber nachdenken.

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