Stimmt, ich habe hier das äußerst vielschichtige Thema der 80-20 Regel zuliebe sehr stark zusammengekürzt. Vermutlich war das zu viel.
Stimmt, Habeck hat viel gemacht, aber wie viele Lieferungen sind denn aus Katar und Co schon angelandet? Ich dachte das waren alles Lösungen für 2023+? Ausgefallene Gaslieferungen wurde durch erhöhte Produktion bei unseren europäischen Freunden ersetzt, und zwar überwiegend durch hohe Nachfragepreise, nicht Reisen nach Katar oder Kanada (die im Übrigen beide eher ablehnten).
Anyway, die Bezeichnung Linke und Grüne waren eher als gesellschaftliche Gruppen gemeint, nicht Parteinamen, entschuldige die Unklarheit. Hier eine Illustration dazu. Es ist schon deutlich, dass Anhänger von Parteien Grün bzw links der Mitte mehr Zustimmung einem Importstopp zeigten als Konservative.
Das ist ein sehr interessanter Gedanke! Ich bin natürlich auch nicht vom Fach. Spontan ist mir zu deinem Dilemma Folgendes eingefallen:
Man könnte bei meiner These zwischen Diskursen mit Individualpersonen und einer Abwägung auf „gesellschaftlicher“ Ebene unterscheiden.
Da emotionale Argumente ein subjektives Gewicht haben, kann ich sie im 1v1-Gespräch hinterfragen und die Wichtigkeit für mein Gegenüber im Einzelfall herausarbeiten, daran dann ansetzen im weiteren Gespräch. Ziel meines Appells oben ist ja zumindest auch, durch diese Anerkennung eine pauschale Ablehnhaltung zu durchbrechen und im 1v1 hätte man dann die Möglichkeit, die Sinnhaftigkeit einer Maßnahme dem Gegenüber auch unter Einbeziehung des emotionalen Gewichts darzulegen. Das betrifft natürlich nicht nur die Situation am Esstisch, sondern auch im Internet, da beide Fälle eine persönliche Auseinandersetzung sind.
Auf gesellschaftlicher Ebene ist deine Problembeschreibug real. Da die „Masse“ von Team Emotional völlig unterschiedliche subjektive Standards an den Tag legt, kann die Emotion am Ende des Tages nicht quantifizierbar der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Die Emotion kommt dann nur abstrakt bei einer Verhältnismäßigkeitsprüfung eines Freiheitseingriffs zur Geltung. Hier wären wir dann wieder oben bei @rlinner, dass die verbliebenen, nicht zu überzeugenden Team Emotionalis (aufgrund der idR Verhältnismäßigkeit der Maßnahme angesichts der rationalen Argumente) „mitgeschleift“ werden, wenn auf Individualebene insb. durch Anerkennung deren individueller Emotionen genug überzeugt wurden, dass man eine Mehrheit hat (grausamer Satz).
Um dieser sehr theoretische Konstruktion jetzt einen Anwendungsbereich zu geben: Anerkennung von Emotion bzw deren Herausarbeitung macht nur Sinn, wenn ich direkt mit jemandem diskutiere. Wenn ich ein Thema abstrakt evaluiere, kann ich die Emotion kaum seriös einbauen.
Sehr spannend zu lesen, Fragen von Debattenkultur interessieren mich auch sehr. Was aus meiner Sicht die Situation noch verschärft, ist die zunehmende Generierung von „Fakten“ und „Studien“, die Team Emotional bestätigen. So gelingt es dann, auch Team Rational anzusprechen. Als Beispiel kann ich die Debatte um Windräder und Infraschall anführen, auf die ich durch die interessante Doku Kampf ums Klima aufmerksam geworden bin. Es werden weiterhin inzwischen widerlegte Studien genutzt, um scheinbar rational zu argumentieren, auch wenn die Motive eher emotional sind.
Hinzu kommt ein m. E. emotionaler Aspekt, der Debatten immer mehr bestimmt und alle Beteiligten betrifft: Dissens ist nicht mehr auszuhalten, der Kompromiss zunehmend als Niederlage konnotiert. Es wird kaum noch akzeptiert, dass man unterschiedlicher Meinung bleibt, und sich darauf einigt, sich nicht einigen. Das bedingt eine sich selbstverstärkende Polarisierung bis hin zu Radikalisierung, die sich, wie schon angesprochen, insb. in den USA zeigt.
Wobei man hier klar differenzieren muss zwischen Zynikern, die diese emotionalen Motive Anderer ausnutzen, um sehr eigennützige, darin aber sehr rationale Ziele zu verfolgen (der „Typ“ Mitch McConnell) und denjenigen, die tatsächlich emotionale Beweggründe haben. Erstere sind diejenigen, die diese verzerrten Fakten und waschechten Fake News generieren und damit argumentieren, Letztere kauen es idR allenfalls wider oder konsumieren es und verstärken damit die Illusion, man habe in Wirklichkeit keine emotionalen Beweggründe. Das ist die Grenze meiner obigen These und ist ja das perfide daran: Damit werden Menschen von der Realität entkoppelt und glauben sogar inständig, sie seiten Team Ratio, weil ihre „Fakten“ andere sind - Beispiel impfen und Coronaleugner. Das ist aber ein ganz anderer, genauso interessanter Themenkomplex.
Da kann ich nicht stärker zustimmen, das zu hinterfragen und den Kreisel zu durchbrechen ist ja auch mein obiger Appell. Ich bezweifle ehrlicherweise aber, dass die Spaltung bei uns so weit gehen kann wie in den USA - schließlich sind unsere Gesellschaft und unser System nicht ganz so extrem auf Polarisierung ausgerichtet.
Ich habe den Eindruck, dass es einen dritten Typ gibt, nämlich die, die als Team Ratio starten und auch ohne emotionalen Bias auf die andere Seite wechseln, weil sie im Glauben an ihre Rationalität und die vermeintlich fundierten Argumente der ursprünglichen Gegenseite, sich von diesen überzeugen lassen. Um es konkret zu machen, ein Bekannter, der selber nicht unmittelbar von Windkraft betroffen ist, erzählte mir von der Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, bei deren Erstellung ein systematischer Fehler unterlaufen ist. Dies weckte Zweifel und Bedenken ggü Windkraft bei ihm. Und genau hier liegt die Gefährlichkeit dieses Vorgehens, die sicherlich, da gebe ich Dir mit „Typ Mitch McConnell“ recht, bewusst genutzt wird.
Ich merke hier im Forum sehr deutlich eine Polarisierung. Es gibt bei vielen Themen zwei Mainstream-Meinungen. So ziemlich egal was man postet, man wird in eine der beiden Schubladen gesteckt und bekommt entsprechend von der einen Seite die übliche Unterstützung oder von der anderen Seite die üblichen Gegenargumente.
Dann hier mal ein paar: Ungewissheiten z. B. aufgrund von Annahmen in der UBA Studie. Sehr geringe Wirksamkeit von Tempolimits in Deutschland. Es gibt alternative Maßnahmen, die mehr Einsparungen bringen und weniger Prestige kosten.
Ich will die Diskussion hier nicht wieder anfangen. Da habe ich lange genug diskutiert. Ich will hier nur aufzeigen, dass es sehr wohl noch weitere Positionen gibt, diese gehen jedoch unter. Und dabei habe ich echt viele Beiträge geschrieben. Gefühlt redet man mit Waäden.
Hallo zusammen,
erst mal danke an @Nick_Linden und die anderen für die spannende Diskussion.
Ich denke auch, dass die Einteilung in Team Ratio und Team Emotion zu kurz gegriffen ist. Sie hilft meiner Meinung nach auch nicht bei der Verbesserung der Debattenkultur. Jeder Mensch scheint in sich, vereinfacht gesprochen, ein intuitiv-emotionales und ein rationales System zu vereinen (System 1 und System 2 bei Daniel Kahneman; the elephant and the rider bei Jon Haidt). Es wird immer wieder gezeigt, dass wir extrem gut darin sind unsere (oft intuitiven) Handlungen, Meinungen und Moralvorstellungen zu rationalisieren. Dazu führen diverse kognitive Verzerrungen dazu, dass wir nur schwer von unseren Meinungen abweichen und andere Meinungen einfach wegargumentieren. Je höher unser IQ, desto besser sind wir darin.
Das ist eigentlich ein tolles Beispiel. Was für einen Tempolimit-Verfechter klingen mag wie rein emotionale Argumente, kann für einen Tempolimit-Gegner durchaus rational sein. Für ihn ist der Tempolimit-Verfechter plötzlich der Emotionale, der in seiner „Klima-Angst“ in Aktionismus verfällt und die Effektivität von Maßnahmen und Opportunitätskosten außer Acht lässt.
Zugang zur Beeinflussung von Meinungen anderer erhält man vornehmlich über das intuitive/emotionale System, nicht über das rationale (In diesem Youtube-Video wird das Konzept von Jonathan Haidt sehr schön, aber vereinfacht, erklärt). Populisten („Typ Mitch McConnell“) nutzen das und das macht sie so erfolgreich (so wie auch charismatische Politiker wie Barack Obama). Und das macht auch Debatten im Internet so frustrierend, denn dort ist die emotionale Ebene kaum erreichbar. Stattdessen bewerfen sich einfach anonyme, gesichtslose Menschen mit Argumenten, die die andere Seite dann wieder wegargumentieren kann.
Ich merke hier im Forum sehr deutlich eine Polarisierung. Es gibt bei vielen Themen zwei Mainstream-Meinungen. So ziemlich egal was man postet, man wird in eine der beiden Schubladen gesteckt und bekommt entsprechend von der einen Seite die übliche Unterstützung oder von der anderen Seite die üblichen Gegenargumente.
Das ist mir auch schon aufgefallen - ich finde es hier aber im Vergleich zu anderen Plattformen noch sehr angenehm. Eigentlich bietet das Forum ja eine tolle Grundlage für einen fruchtbaren Austausch, da schon das gemeinsame Interesse für den Podcast einen kleinen Zugang zur intuitiv-emotionalen Ebene gewährt. Die Frage, wie sich das hier noch verstärken lässt, und darüber hinaus auch an anderen Orten, beschäftigt mich sehr. Mich würde brennend interessieren, ob Leute dafür Lösungsvorschläge haben.
These (aufgrund langjähriger Beobachtung): Wenn ein Thema von gesellschaftlicher Wichtigkeit auftaucht und eine Diskussion noch nicht wirklich begonnen hat, positionieren sich die (betroffenen/interessierten) Individuen irgendwo auf einer Skala, oder besser in einem 3-dimensionalen Raum. Es gibt so viele Positionen wie beteiligte Individuen. Die Positionen ergeben sich aus dem Zusammenwirken von emotionalen Reflexen, stabilen Grund-Emotionen (grob die Persönlichkeit) und ersten rationalen, unfertigen Überlegungen.
Anfangs sind die Positionen noch nicht gefestigt. Dabei ist die Geschwindigkeit der Positionierung und die Positionstreue individuell verschieden, wiederum aufgrund der Persönlichkeit und der hyperkomplexen Motivationslage jeder einzelnen Person. Man würde zunächst in dem Raum eine „Punktwolke“ aus Positionen sehen, die schon eine gewisse Form annimmt, aber doch noch verteilt.
Mit fortschreitender Diskussion verdichtet sich die Punktwolke zu einer Wurst mit zwei Enden (lustig). Das ist die natürliche Polarisierungsdynamik würde ich sagen. Die Moderaten sind näher an der Wurstmitte und an den Enden sind die Extremen. Es bilden sich Meinungsführer auf beiden Seiten heraus und je nach Diskussionskultur beschleunigen sie die Polarisierung mit mehr oder weniger unsauberen Mitteln (manipulativer Gewichtung von Fakten, falschen Fakten, Schüren von Angst vor allem Möglichen).
Mich wundert dieser Vorgang gar nicht. Hier im Forum ist - wie @apual sagt - die Polarisierung recht milde ausgeprägt und erträglich. Verbesserungsfähig wäre die Diskussionskultur aber auch hier. Natürlich sollte man sowohl im 1v1 wie auch in der allgmeinen Diskussion die Gefühle der schon zweifelsfrei erkennbaren „Gegenseite“ ernst nehmen. Hinter den Gefühlen könnten gute rationale Gründe stecken, die noch nicht herausgearbeitet worden sind. Wenn also eine rhetorisch überlegene Person diese guten Gründe überfährt, ist das ein Verlust.
Bei einer ehrlichen, vom jeweils eigenen Ego absehenden, wahrheitsgetriebenen Diskussion müsste man aber hinter den Gefühlen irgendwann schon auch die letzten versteckten Vernunftgründe herausgekitzelt haben. Das geht nicht bei einer Schlangenphobie, aber beim Tempolimit geht es schon.
Rationalisierung von Gefühlen (Jonathan Haidt, wie schon erwähnt hier), ist hier ein Hinderniss, aber das kann beseitigt werden, indem man hinter die Tricks kommt (wie beim Zauberkünstler). Dafür braucht man halt Zeit, die scheint hier im Forum etwas knapp zu sein (Faden werden zu schnell geschlossen, und manche Foristen sind nicht sehr beweglich, so dass eine Diskussion mit dem Austausch von Haltungen zu einem Ende kommt. Vielleicht mache ich das auch, weil ich noch schnell etwas loswerden will, bevor es zu spät ist …
Das ist eigentlich ein tolles Beispiel. Was für einen Tempolimit-Verfechter klingen mag wie rein emotionale Argumente, kann für einen Tempolimit-Gegner durchaus rational sein. Für ihn ist der Tempolimit-Verfechter plötzlich der Emotionale, der in seiner „Klima-Angst“ in Aktionismus verfällt und die Effektivität von Maßnahmen und Opportunitätskosten außer Acht lässt.
Kurze Frage: Sind die von mir angeführten Argumente aus Deiner Sicht rationale oder emotionale Argumente?
Dann hier mal ein paar: Ungewissheiten z. B. aufgrund von Annahmen in der UBA Studie. Sehr geringe Wirksamkeit von Tempolimits in Deutschland. Es gibt alternative Maßnahmen, die mehr Einsparungen bringen und weniger Prestige kosten.
Letztendlich ist es so, dass nur 5% der EU-Bürger so leben, wie es für das 1,5°-Ziel nötig wäre (wie ich kürzlich in einem Podcast hörte). Da fordere ich lieber ein Tempolimit (was mir nicht weh tut), als mir vor Augen zu führen, auf was ich alles verzichten müsste, um zu den 5% zu gehören.
Insofern: es ist ein no-brainer und die Fakten sprechen dafür, aber ohne Emotionen ist in den Diskussionen keine Seite.
Insofern: es ist ein no-brainer und die Fakten sprechen dafür, aber ohne Emotionen ist in den Diskussionen keine Seite.
Das beantwortet meine Frage die ich an @apual gestellt habe leider nicht. Ich habe sachliche Argumente gebracht, diese wurde jedoch anscheinend als emotionale interpretiert. Dadurch frage ich mich, ob dies ein generelles Problem in den Diskussionen hier im Forum ist.
Wenn man bei der Diskussion Emotionen hat, ist dies überhaupt kein Problem. Schwierig wird es, wenn die Argumentation emotional und nicht mehr sachlich ist.
Die Frage Tempolimit oder nichts tun, ist ein no-brainer. Aber die tatsächliche Frage ist doch, welche Maßnahmen sollten wir in welcher Reihenfolge umsetzen? Und ist in diesem Katalog das Tempolimit unter Berücksichtigung von allen wesentlichen Punkten (Einsparung, Kosten, Akzeptanz, Langzeitwirkung,…) im Ranking oben mit dabei?
Das ist jetzt das Beispiel, das ich beschrieben habe: Die Prioritätensetzung IST für sich genommen ein rationales Argument, deren ständige Wiederholung in der Tempolimitdebatte unter Verkennung, dass mehrere Maßnahmen parallel umgesetzt werden können und das Tempolimit mit einem Fingerschnipsen eingeführt werden kann, zeigt aber die emotionale Motivlage hinsichtlich der Verwendung des Prioritätarguments.
Denn dieses Argument tut so, als stünden verschiedene Maßnahmen in einem Alternativverhältnis, was mitnichten so ist. Das ist weder juristisch komplex wie die Cannabislegalisierung noch verwalterisch komplex wie damals die Impfkampagnen. Es ist sehr simpel einzuführen, entfaltet sofort Wirkung und an Tag 2 kann wieder mit Status Quo weitergemacht werden.
Damit ist das Prioriätenargument in 99% der Fälle ein Strohmann für das eigentlich dahinterstehende emotionale Störgefühl. Es gibt aber die 1%: Wenn bspw. die FDP sich das Tempolimit teuer zulasten deutlich wertvollerer Maßnahmen erkaufen lässt. Dann ist aber dieser HANDEL emotional begründet (weil der Wert des Tempolimits angesichts des langen Streits im Verhältnis überbewertet wird), an den beiden Seiten der Tempolimitdebatte SELBST ändert sich nichts. So ein Handel wäre dann auch so ein Aktionismus, den @apual beschreibt. Ein Tempolimit aber für sich einfach so einzuführen ist es wegen der eben beschriebenen Sachlage und der vielen Argumente gerade nicht
Kurze Frage: Sind die von mir angeführten Argumente aus Deiner Sicht rationale oder emotionale Argumente?
Dann hier mal ein paar: Ungewissheiten z. B. aufgrund von Annahmen in der UBA Studie. Sehr geringe Wirksamkeit von Tempolimits in Deutschland. Es gibt alternative Maßnahmen, die mehr Einsparungen bringen und weniger Prestige kosten.
Ich sträube mich wirklich gegen die Beantwortung dieser Frage und das war gerade nicht die Ebene, auf der ich unterwegs war. Mir ist diese Klassifizierung zu eindimensional.
Demgegenüber stellt sich die Contra-Front und argumentiert praktisch ausschließlich mit der Relativierung dieser Argumente („sind doch nur 5 Mio. Tonnen - das ist nichts!“) sowie Whataboutism („Deutschland macht eh nur 2% des Ausstoßes aus“ / „dann soll man erstmal die Häuser dämmen!“) oder anderen PLURV-Argumentationsmustern („Wir haben nicht genügend Schilder!“), ohne aber ein einziges wissenschaftliches oder rationales eigenes Argument zu nennen - zumindest habe ich noch nie eines gehört.
Was ich ausdrücken wollte: Dem Original-Post nach könnte es Menschen geben, die deine, @FlorianR, Argumente als emotional bezeichnen würden („Relativierung“). Ich wollte ausdrücken, dass ich diese Einschätzung schwierig finde, da die Rationalität von Argumenten im Auge des Betrachters liegt, und dass eben niemand eine rein rationale Sicht auf Themen hat.
Bei einer ehrlichen, vom jeweils eigenen Ego absehenden, wahrheitsgetriebenen Diskussion müsste man aber hinter den Gefühlen irgendwann schon auch die letzten versteckten Vernunftgründe herausgekitzelt haben. Das geht nicht bei einer Schlangenphobie, aber beim Tempolimit geht es schon.
Es gibt eine Methode namens Double Crux zur Auflösung von Konflikten. Eine Crux ist ein Frage, die, wenn ich sie anders beantworten würde als ich es im Moment tue, meine Meinung zum Thema ändern würde. Eine Double-Crux ist eine Frage, bei der dies für beide Konfliktparteien gilt. Man bohrt also so lange, bis man eine Double-Crux gefunden hat und versucht dort eine Antwort zu finden. Dann hat man eine Grundlage, auf der es sich lohnt zu diskutieren. Aber ja, das kostet Zeit. Im Beispiel Tempolit: Die Frage, wie viele Emissionen wir durch ein solches einsparen können ist für die meisten Tempolimit-Gegner nicht entscheidend. Es bringt also auch nichts, ihnen diesen Fakt immer wieder um die Ohren zu hauen.
Aber die tatsächliche Frage ist doch, welche Maßnahmen sollten wir in welcher Reihenfolge umsetzen?
Vielleicht also: Gibt es Maßnahmen, die wir stattdessen umsetzen können, die eine größere Wirkung haben und die sonst blockiert werden?
Anmerkung: Das sollte nur als Beispiel dienen. ich möchte hier auch keine Debatte über das Tempolimit führen.
Denn dieses Argument tut so, als stünden verschiedene Maßnahmen in einem Alternativverhältnis, was mitnichten so ist.
Diese Aussage ist schlicht falsch. Die Studie des UBA nennt explizit alternative Möglichkeiten der Umsetzung. Eine Erhöung des Spritpreises z. B. Die ist nicht wirklich schwieriger Umzusetzen als ein Tempolimit, die Kontrolle dagegen wäre automatisch gegeben, wärend Tempolimits momentan de facto nahezu wirkungslos sind.
Sei mir nicht böse, das mit dem Tempolimit hört sich so einfach an, ist es aber nicht. Das Thema ist unendlich hochgepuscht und es finden sich nur noch die üblichen oft überzogenen Argumente. Und das ist auch hier im Forum so. Wenn ich in den Tempolimit Debatten nur die alten, tausendfach hergebrachten Argumente höre, zeigt dies mir, dass es in diesen Diskussionen gar nicht darum geht, dass da jemand eine neue Meinung verbreiten oder diskutieren möchte.
Was ich ausdrücken wollte: Dem Original-Post nach könnte es Menschen geben, die deine, @FlorianR, Argumente als emotional bezeichnen würden („Relativierung“). Ich wollte ausdrücken, dass ich diese Einschätzung schwierig finde, da die Rationalität von Argumenten im Auge des Betrachters liegt, und dass eben niemand eine rein rationale Sicht auf Themen hat.
Ich gebe zu, dass es nicht immer eindeutig möglich ist ein Argument in rational oder emotional zu Klassifizieren. Für mich ist ein fachliches Argument eines, das sich überprüfen lässt, z. B. anhand von Studien. Ich hatte meine Argumente auf Basis der UBA Studie gewählt und versucht sie dadurch möglichst rational zu gestalten.
Vielleicht also: Gibt es Maßnahmen, die wir stattdessen umsetzen können, die eine größere Wirkung haben und die sonst blockiert werden?
Z. B. eine konsequentere Kontrolle der bestehenden StVO. Da ist keinerlei Gesetzesinitiative notwendig, ob das mehr ist als das Tempolimit ist unklar und vor allem kann sich keiner darüber aufregen, denn das ist die bestehende Gesetzeslage.
Anmerkung: Das sollte nur als Beispiel dienen. ich möchte hier auch keine Debatte über das Tempolimit führen.
Eigentlich dito, aber mit den ganzen Beispielen fühle ich mich da schon wieder viel zu sehr in der Debatte.
Die Partei, die das Tempolimit verhindert, hat Tanken aber billiger nicht teurer gemacht.
Die gesellschaftliche Akzeptanz wäre in jedem Fall geringer.
Das ist jetzt das Beispiel, das ich beschrieben habe: Die Prioritätensetzung IST für sich genommen ein rationales Argument, deren ständige Wiederholung in der Tempolimitdebatte unter Verkennung, dass mehrere Maßnahmen parallel umgesetzt werden können und das Tempolimit mit einem Fingerschnipsen eingeführt werden kann, zeigt aber die emotionale Motivlage hinsichtlich der Verwendung des Prioritätarguments.
In den Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften gibt es ein einfaches Prinzip zum finden einer (annähernd) optimalen Lösung, die Paretooptimierung.
Bezogen auf das Beispiel CO2 Reduktion würde man sich ein Emissionziel setzen, das man erreichen muss.
Dann würde im einfachsten Fall (2 Dimensionen) mögliche Maßnahmen sammeln und hinsichtlich ihrer Emissionsreduktion (ER) und dem Zustimmungsverlust (ZV) in der Bevölkerung bewerten.
Nun könnte das Verhältnis R=ER/ZV bestimmt und der Größe nach sortiert werden. Nun wählt man solange Maßnahmen der Reihe nach, beginnend mit großem R, bis ER erreicht ist. Damit wäre annähernd (!) sicher gestellt, dass man das Set an Maßnahmen gewählt hat, welches am wenigsten Unmut in der Bevölkerung erzeugt.
Natürlich lässt sich dieses Optimierungsprinzip auch beliebig um weitere Dimensionen erweitern.
Man kann mit diesem Verfahren also Prioritätensetzung leicht rationalisieren.
Ich bleibe im Beispiel, aber nur zur Veranschaulichung, wie ich mir solche Debatten vorstellen könnte. Ich würde mich freuen, Meinungen dazu zu hören (nicht zum Tempolimit).
Z. B. eine konsequentere Kontrolle der bestehenden StVO. Da ist keinerlei Gesetzesinitiative notwendig, ob das mehr ist als das Tempolimit ist unklar und vor allem kann sich keiner darüber aufregen, denn das ist die bestehende Gesetzeslage.
Es gibt eine Methode namens Double Crux zur Auflösung von Konflikten. Eine Crux ist ein Frage, die, wenn ich sie anders beantworten würde als ich es im Moment tue, meine Meinung zum Thema ändern würde. Eine Double-Crux ist eine Frage, bei der dies für beide Konfliktparteien gilt. Man bohrt also so lange, bis man eine Double-Crux gefunden hat und versucht dort eine Antwort zu finden. Dann hat man eine Grundlage, auf der es sich lohnt zu diskutieren.
Wenn dir jemand glaubhaft machen würde, dass das Tempolimit schnell und parallel zu deiner Alternativ-Maßnahme umgesetzt werden kann - würdest du dann deine Meinung zur Einführung des Tempolimits ändern? Sonst könnten wir uns nämlich einer anderen Frage widmen. Oder wir könnten das auch umdrehen: Was müsste man dir glaubhaft machen, um dich bezüglich der Einführung des Tempolimits umzustimmen? Ich hoffe du gestattest mir, dich so ungefragt als Fallbeispiel heranzuziehen.
Erstmal vielen Dank für die Kritik, ich würde nämlich jetzt an diesem Punkt die These erweitern - gerade auch im Hinblick auf das, was @pitus eben noch beigetragen hat.
Wenn ich dich richtig verstehe, erkennst du die Notwendigkeit eines Tempolimits an, widersprichst aber dem Weg: Du willst keine gesetzliche Vorgabe, sondern eine Preissteigerung, die hoch genug ist, dass die Leute freiwillig langsamer fahren, um Sprit zu fahren. D.h. du revolvierst eigentlich gar nicht um die Frage, ob ein geringeres Tempo überhaupt her muss, sondern auf welchem Wege?
Wenn du von dort kommst, ist deine Argumentation keineswegs irrational, lass mich erklären:
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Bisher wurde mir noch immer kein Argument für - und ausdrücklich für! - den Standpunkt kein Tempolimit genannt, weshalb weiter für diesen Standpunkt nur der Fahrspaß der Raser spricht - das ist für sich genommen ein emotionaler Standpunkt, aber natürlich trotzdem im Grundsatz erstmal unter Art. 2 I GG schutzwürdig.
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Wenn nun zwei alternative Maßnahmen existieren, die aber kumulativ wirken, dann wäre das Ausspielen gegeneinander eine Strohmann-Taktik, bekannt als Whataboutism. Beispiel: Mit einem verpflichtenden hohen KfW-Standard für Neubauten ließen sich - hypothetisch - 50 Millionen CO2-Tonnen einsparen, mit einem Tempolimit 5 Millionen Tonnen. Zusammen wären es 55 Millionen, die kumulativ wirken könnten, aber gegeneinander ausgespielt werden. Hier würde die Alternativmaßnahme rein destruktiv benutzt werden, um das emotionale Motiv zu bedienen. Das wäre auch nicht weiter schlimm, wenn wir keinen Klimawandel hätten, siehe Schutzwürdigkeit durch Art. 2 I GG. Wären die Emissionen (inkl. Feinstaub, Mikroplastik, Lärm etc.) kein Problem, dann wären sie auch kein Argument. Aber das ist eben schlicht nicht so.
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Wenn es aber zwei alternative Maßnahmen gibt, die ein und dasselbe erreichen, von der aber eine Maßnahme im Übrigen besser sein könnte, dann ist so ein Alternativvorschlag konstrukiv. Er wird nicht bloß als Manöver benutzt, sondern ernsthaft vorgeschlagen. Zwar ist die Motivlage auch eine Emotionale („ich mag halt schnell fahren“), aber es wird ein rationales Angebot gemacht, das - vorausgesetzt es erreicht den angestrebten Wirkungsgrad - ein Win-Win sein könnte. Und das ist immer ideal. Und was ideal ist, ist rational. Insoweit würde ich meine These also erweitern.
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Dann ist bloß die Frage, ob die Alternativmaßnahme wirklich besser ist:
- Hierzu würde ich nun zunächst Folgendes sagen: Der Sprit ist jetzt in kurzer Zeit um teilweise 100% gestiegen, dennoch wird (derzeit noch) kein sparsameres Fahren beobachtet. D.h. man muss den Sprit noch deutlich teurer machen, um auf den Autobahnen die allerallermeisten Fahrzeuge freiwillig auf 130 runterzuregulieren.
- Das trifft dann aber nicht nur die Raser, sondern eben alle - auch die, die bereits langsam fahren, was den sozialen Sprengstoff erhöht. Da ich aber annehme, dass der Spritpreis über eine CO2-Abgabe erhöht werden würde, könnte man die Mehrbelastung hier ohne weiteres über die schon in der Lage mehrfach angesprochene Klimadividene wieder dämpfen. Die Mehrkosten dafür treffen also vor allem die Schnellfahrer, während Leute, die den ÖPNV nutzen, über die Klimadividende sogar profitieren (bei einem Tempolimit gingen sie finanziell gesehen leer aus)
- Nun hat man aber das Problem, dass eine Preissteigerung beim Sprit gerade e-Autos und die, die es sich leisten können, gerade nicht juckt. D.h. eine Wirkung hat eine Preissteigerung umgekehrt nur bei Mineralöl-Autofahrern, die sich das Rasen zudem nicht leisten können, im Übrigen aber zeigt die Alternativmaßnahme keine Wirkung - kann natürlich trotzdem sein, dass die e-Autos und Wohlhabenden Raser einen so geringen Anteil ausmachen, dass die Preissteigerung trotzdem auf 90-95% der Tempolimit-Einsparungen kommt, das müsste man ermitteln.
- Weiter ist die Einführung einer echten (= 200 €, nicht 50€ pro Tonne!) CO2-Bepreisung zwar sehr wohl ein extrem guter und richtiger Vorschlag, jedoch deutlich, deutlich, deutlich komplexer und aufwendiger in der Einführung als ein bloßes Tempolimit - von der Direktzahlung Klimadividende mal ganz zu schweigen und das sehen wir ja gerade ganz akut. Und dann muss man sich schon im Sinne der Verhältnismäßigkeit (Erforderlichkeit) fragen: Es mag - wenn der Wirkungsgrad erreicht wird und das Tempolimit ersetzen könnte - langfristig milder sein, aber ist es wirklich gleich effektiv? Sollte man dann nicht das annähernd sofort Wirkende einführen, weil das Langfristige nicht mehr rechtzeitig kommt?
Natürlich lässt sich dieses Optimierungsprinzip auch beliebig um weitere Dimensionen erweitern.
Der Knackpunkt hier ist, welche Dimensionen braucht man denn überhaupt. Das ist ja genau das, was ich gemacht habe. Ich habe weitere Aspekte reingebracht.
Was müsste man dir glaubhaft machen, um dich bezüglich der Einführung des Tempolimits umzustimmen? Ich hoffe du gestattest mir, dich so ungefragt als Fallbeispiel heranzuziehen.
Gerne. Zwischen dem Tempolimit und den Alternativen ist vermutlich nicht viel um. Alle sind schwer zu bewerten, da unzureichende Daten vorliegen. Die Studie des UBA hat z. B. als eine Alternative zum Tempolimit angeführt, dass der Diesel um 10-15 ct/L verteuert werden müsste. Diesel ist jetzt doppelt so teuer und wir haben nicht die zig-fache Einsparung eines Tempolimits. Ob das Tempolimit so viel bringt, wie prognostiziert, ist daher noch fraglicher als bisher.
Ich war in den Diskussionen im letzten Jahr der Meinung, dass ein wesentliches Ziel ist, möglichst viele Leute mitzunehmen und möglichst wenige vor den Kopf zu stoßen. Ich fand damals und finde es immer noch, dass die Abschaffung der Wild-West-Mentalität auf den Straßen hier in Deutschland uns weiter bringen würde, als ein Tempolimit. Die StVO erlaubt ein schnell Fahren auf Autobahnen jetzt bereits nur sehr eingeschränkt.
Was meine Meinung geändert hat, ist eine neue Sichtweise - ja ich bin gar nicht mehr gegen ein Tempolimit. Für das Klima resultiert nicht aus der CO2-Einsparung, sondern das Tempolimit ist das Instrument, um die Leute wachzurütteln und das Thema Klima auf die Tagesordnung zu bringen.
Wenn ich dich richtig verstehe, erkennst du die Notwendigkeit eines Tempolimits an, widersprichst aber dem Weg: Du willst keine gesetzliche Vorgabe, sondern eine Preissteigerung, die hoch genug ist, dass die Leute freiwillig langsamer fahren, um Sprit zu fahren. D.h. du revolvierst eigentlich gar nicht um die Frage, ob ein geringeres Tempo überhaupt her muss, sondern auf welchem Wege?
Ich bin Befürworter eines Tempolimits, aber wie geschildert nicht primär wegen CO2-Einsparung, sondern um ein Zeichen zu setzen. Ich revoltiere nicht, ich zeige lediglich Gegenargumente auf.
Bisher wurde mir noch immer kein Argument für - und ausdrücklich für! - den Standpunkt kein Tempolimit genannt,
Ich habe mehrere genannt:
Tempolimits sind de facto in Deutschland wirkungslos, da keine Kontrolle vorhanden ist. Ein weiteres Tempolimit wird da nicht helfen.
Wie schnell die Leute auf der Autobahn fahren ist doch eigentlich egal, so lange sie dabei kein CO2 ausstoßen bzw. diesen Ausstoß auch entsprechend kompensieren.
Hierzu würde ich nun zunächst Folgendes sagen: Der Sprit ist jetzt in kurzer Zeit um teilweise 100% gestiegen, dennoch wird (derzeit noch) kein sparsameres Fahren beobachtet.
Das spricht z. B. auch gegen ein Tempolimit, siehe oben.
Weiter ist die Einführung einer echten (= 200 €, nicht 50€ pro Tonne!) CO2-Bepreisung zwar sehr wohl ein extrem guter und richtiger Vorschlag, jedoch deutlich, deutlich, deutlich komplexer und aufwendiger in der Einführung als ein bloßes Tempolimit
Die CO2-Bepreisung gibt es doch bereits und wurde jetzt ausgesetzt oder irre ich mich da?