Die Ankündigung selbst macht halt noch kein starkes Video aus. Ich könnte auch ein Video aufnehmen in dem ich beschreibe, dass es eine riesige Ungleichheit auf dem Planeten gibt, außerdem gibt es die Klimakrise und die Politik macht nichts dagegen. Und dann kündige ich an, dass ich für all das eine geniale Lösung habe, die ich demnächst verkünden werde. Zu Recht würden mir alle den Vogel zeigen. Denn was für einen seriösen Grund sollte es geben, sowas zu tun?
Stark, weil sie die Probleme im Diskurs gut beschrieben hat.
Aber egal, lassen wir das. Ich wurde eh eines „Besseren“ belehrt
Da kommt es jetzt drauf an, worauf sich das bezieht. Enttäuscht sein, das Mai Thi uns ver*rscht hat? Da ist Enttäuschung etwas gutes - zumindest deutlich besser als es nicht wahrhaben zu wollen, wie es bei vielen AFD Wählern passiert.
Enttäuschung über das Konzept des Experimentes würde mir zumindest nicht in den Sinn kommen - aus den hier schon genannten Gründen.
Bevor man diese Prämisse akzeptiert sollte man sich allerdings folgende Frage stellen: welche Perspektive hat eine Gesellschaft die es aufgegeben hat, das Gegenüber durch Argumente zu überzeugen und stattdessen darauf setzt, es durch Manipulation zu tun?
Enttäuscht, dass sie doch nicht in die Politik geht. Und vielleicht ein kleines bisschen, weil sie den Trick benutzt haben könnte (bewusst im Konjunktiv), Werbung für ihre neue Staffel zu machen. Denke auch nicht, dass sie mit ihrem „Experiment“ die richtigen Menschen erreicht. Ich fürchte, zu ihrer Community gehören eher wenige AfD-Wähler…
Ich finde allerdings weiterhin, dass es durch nichts zu entschuldigen ist, AfD zu wählen.
Mai Thi konnte natürlich nicht so aus den Vollen schöpfen, sonst wäre es zu deutlich geworden, worauf sie hinaus will, aber ich denke, sie hat dann doch ein wenig zu tief gestapelt.
Wir gegen die
„Hallo Berlin, Hallo, hier unten, wir, die vernünftige Mehrheit…“
Die vernünftige Mehrheit ist doch das, was gerade beworben wird: Die Mehrheit der Menschen in Deutschland sind gefestigte, vernünftige Demokraten. Durch Populismus und Aufmerksamkeitsökonomie kommen aber andere Stimmen überproportional zu Wort. Ist jetzt jeder Populist, der glaubt, dass die Mehrheit vernünftig ist? Nach langem nachdenken kann ich hier ein bisschen Populismus erkennen, aber wenn man das Video für das nimmt, was es vorgab zu sein, dann wäre: „Eine kleine Gruppe von potentiellen Wählern fühlt sich meinen Ansichten von „Vernunft“ verbunden, daher…“ echt komisch gewesen.
Nicht so wie die Elite
„Manchmal ist es nicht so verkehrt einen festgefahrenen Betrieb mit einem Außenseiterblick aufzuwirbeln…“
Das ist das Standardargument für jeden Außenseiter und Grundlage für den Wirtschaftszweig der Unternehmensberater… das ist kein Populismus.
Würde es besser machen
„Wenn du willst, dass es gut wird, musst du es selbst machen…“
Klar müsste sie glauben, dass sie es besser macht. Sonst bräuchte sie ja nicht in die Politik gehen. Das ist cocky-funny und nicht populistisch.
Wir gegen die
„Vernunft und Wissenschaftlichkeit ist die einzige Therapie gegen Desinformation und Populismus. Also Nerds an die Macht…“
Verstehe ich nicht. Das neue Video leitet sie ein mit „wir haben zu wenig Wissenschaftlichkeit in der Politik“ und hier soll es jetzt Populismus sein?
Es geht dabei ja nicht um Ideale - ich denke, wir sind uns einig, dass das Ideal ist, dass man die Köpfe der Menschen durch schlüssige und gültige Argumente gewinnt, nicht durch Populismus. Ob man die Prämisse akzeptiert, dass es immer Menschen geben wird, die man nicht mit Argumenten, sondern mit Populismus erreicht (ich nenne sie einfach mal „Bildzeitungsleser“ ) ist daher nicht von der Frage abhängig, in welcher Gesellschaft man leben möchte. Wenn es diese Bildzeitungsleser gibt und diese Gruppe groß genug ist, um Wahlen zu entscheiden (ich fürchte, das ist der Fall), muss man mit diesem Problem irgendwie umgehen. Dass es nicht ideal ist, sie mit „Kontermanipulation“ gewinnen zu wollen, ist dabei klar.
Langfristig müssen wir natürlich versuchen, über Bildung und politische Kultur einen Zustand zu erreichen, in dem die Zahl der Bildzeitungsleser so weit reduziert wird, dass sie keinen spürbaren Einfluss mehr auf Wahlen haben - ob „linker Populismus“ z.B. mit dem Ziel, höhere Ausgaben für Bildung und Soziales zu erstreiten, dabei hilft oder dadurch, dass er Populismus noch weiter normalisiert eher diesem Ziel schadet, ist die große Diskussion. Ich will mich da nicht mal auf eine Antwort festlegen, ich denke in dieser Debatte haben beide Seiten hervorragende Argument, also sowohl diejenigen, die „linken Populismus“ völlig ablehnen, weil sie nicht auf das Niveau von AfD und Union sinken wollen, als auch diejenigen, die „linken Populismus“ fordern, weil sie ihn als einzige Chance auf Waffengleichheit sehen, um langfristig die notwendigen Änderungen durchsetzen zu können.
Wir können uns ja alle mal anschauen, was Sahra Wagenknecht mit ihrer neuen Partei so bewegt, denn das entspricht meiner Meinung nach so ziemlich dem, was zum Teil als Linkspopulismus definiert wird. Sie macht das zwar längst nicht so geschickt wie ihr Vorbild Jean-Luc Mélenchon in Frankreich, aber mal schauen, wie es sich entwickelt. Ich persönlich bin ja eher skeptisch und denke dass das weder zu mehr sozialer Gerechtigkeit führen noch die von Mai Thi angesprochenen Krisen der Information und des Diskussionsklimas positiv beeinflussen wird.
Wagenknecht hat auch total rechte Haltungen.
Sorry, aber das halte ich für eine gefährliche Ansicht. Was möchtest du damit sagen? Dass man eigentlich niemandem trauen kann? Wenn z.B. ein Stefan Rahmstorf mal wieder etwas zum Klimawandel berichtet, dann kann ich das in der Regel aus Mangel an Zeit, Kompetenz und Zugriff auf Ressourcen nicht persönlich überprüfen. Deine Ansicht, dass es „Teil des Problems“ wäre, wenn ich ihm da von einem meritokratischen Ansatz her erstmal vertraue, würde ja bedeuten ich dürfte im Grunde genommen nichts zum Klimawandel glauben, außer meinem „persönlichen Empfinden“, dass es die letzten Jahrzehnte im Schnitt wärmer geworden ist. Und das wäre dann genau das Gegenteil davon Wissenschaft ernstzunehmen.
Das Problem ist wohl eher, dass es Menschen gibt, die Markus Söder als seriös ansehen.
Ich kann mich eher in einem heutigen Statement von Johnny Haeusler auf BlueSky wiederfinden: »Finde die Mailab-Aktion eher ärgerlich. Es ist doch niemand auf das eine Video hereingefallen, sondern auf die vielen hundert davor. Eine seit Jahren vertrauenswürdige Person mit Reputation lügt plötzlich sehr überzeugend: Ja, darauf kann man reinfallen. Populismus ist aber nochmal was anderes. Die Lehre hier ist jetzt: „Vertraue auch denen nicht, die sich dein Vertrauen ehrlich erarbeitet haben“. Meh.«
Das ist halt das typische Problem wenn man immer in diesen total überholten Rechts-Links Kategorien denkt. Das Minimum einer Unterteilung muss 2 Dimensionen umfassen, nämlich die gesellschaftliche Achse Liberal-Autoritär und die wirtschaftliche Achse Links-Rechts.
Und eigentlich ist selbst das noch viel zu vereinfachend. Verweisen möchte ich dazu auf den entsprechenden Wiki Artikel, der einen ersten Einblick in Modelle gibt.
Hört daher bitte mit dieser reinen rechts-links Logik auf. Die ist krass unterkomplex, wie man an der BSW sieht.
Weg von der Links- Rechts Geschichte hin zum Topic Mai Thi:
Ich fand das Experiment großartig. Ich gebe zu ich habe es auch nicht durchschaut, aber als Skeptiker habe ich mich auch nicht gewagt eine Meinung zu bilden ohne mehr Informationen zu haben. Ich würde mir auch sehr von der Gesellschaft wünschen lieber erstmal durchzuschnaufen, die Ereignisse in Ruhe zu betrachten und dann bei ausreichend Informationen begründbar zu urteilen, statt jedem noch so toll oder skandalös klingenden Trend mit starken Statements hinterher zu jagen.
Von dieser skandalorientierten Aufmerksamkeitsökonomie profitieren mit Sicherheit nämlich NUR die Populisten und nicht die zarten, abwägenden Stimmen, die oft zwischen sowohl Pro- als auch Kontraseite als Gegner ausgemacht und aufgerieben werden.
„Rechts“ war nur auf die vorherige Einordnung „links“.
Und zu Mai Thi hatte ich persönlich jedenfalls keinerlei Meinung. Ich hatte nur hoffnungsfroh auf nähere Informationen gewartet und diese Hoffnungen wurden enttäuscht. Natürlich hätte ich sie ohne nähere Angaben nicht gewählt. Ich finde das Experiment nach wie vor schwierig.
@Margarete das mit der Meinungsbildung war nicht explizit auf dich gemeint. Sorry, das war nicht eindeutig genug.
Zumindest fällst du mir nicht als jemand auf, der immer schon 2 Minuten vor der Veröffentlichung einer Nachricht bereits das Urteil gesprochen hat. Da sind andere Stammgäste hier viel auffälliger.
Ich verstehe deinen Punkt, aber es ist wichtig zu verstehen, dass auch Populisten meist zuvor mal seriös waren und sich so ihre Basis aufgebaut haben.
Irgendwann merken sie dann vermutlich, dass für die Erreichung ihrer Visionen das bewusste Weglassen von Informationen und Emotionalisieren hilfreich sein kann. Damit ist man dann schon sehr nah am Populismus. Selbst manche Wissenschaftler sind davor nicht immer gefeit.
Daher ist es wichtig eine gewisse Grundskepsis an den Tag zu legen und nicht immer dem neuesten Skandal hinterher zu rennen. Wenn man nur 2-3 Tage wartet werden sich fast immer Fachexperten mit einer Nachricht auseinandergesetzt haben und dazu eine weit begründetere Position bezogen haben als der gewöhnliche Laie es kann.
Da man dann auch einige Nächte drüber geschlafen hat ist das Diskussionsklima dann auch wesentlich fairer und gesellschaftsdienlicher. Der einzige Nachteil davon ist, dass man nicht mehr die Likes anderer Empörter sammeln kann weil man den meisten Trends hinterherhinkt.
…
Ich hab halt jetzt vorhin erst das erste Video gesehen, und ich finde man braucht schon eine recht weite Populismus-Definition, um das darunter zu fassen. Ja, einige Aspekte sind dort untergebracht worden, die auch im Populismus essenziell sind, z.B. die vermeintliche Mehrheit, die sich von allen Parteien nicht mehr repräsentiert fühlt. Aber wenn man den Begriff Populismus sinnvoll verwenden möchte, dann sollte man schon noch etwas weitergehendere Anforderungen stellen, die ich in dem Video nicht unbedingt sehe, z.B. die Delegitimierung all dieser Parteien und der Institutionen, die „nicht die Mehrheit vertreten“.
Ich meine, einfach nur zu sagen „alle im Bundestag vertretenen Parteien machen die falsche Politik und es braucht eine neue Kraft“, wird vermutlich jede neue Partei sagen, denn ansonsten bräuchte sie sich gar nicht erst gründen. Das ist für mich noch kein Populismus. Populismus ist, wenn diese Parteien eigentlich nur durch Betrug dorthin gekommen sind und an der Macht bleiben, und wenn sie sowieso in Wahrheit™ nicht „dem Volk“ sondern geheimen Mächten dienen, und sie deswegen eigentlich nicht einmal bis zur nächsten Wahl legitimiert sind.
Oder die aggressive Benennung von Zielen, die „schuld“ sind an allem was schlecht läuft, einhergehend mit einer Entmenschlichung, wo dann u.U. die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung sinkt.
Das alles dann im Zusammenspiel mit den berühmten „einfachen Lösungen für komplexe Probleme“, die Mai Thi ja aber gar nicht anbietet, sondern einfach sagt, „kommt alles später“.
Insofern würde ich sagen, wenn jemand so ein Experiment machen möchte, ob auch die eigene Fanbase dem Populismus verfallen würde, müsste jemand erstmal eine wirklich populistische Message kreieren. Das war hier aber irgendwie nicht der Fall und wäre ansonsten vielleicht auch mehr Leuten aufgefallen.
Ich möchte damit sagen, dass man sein Weltbild immer mal wieder hinterfragen sollte. Und dazu gehören auch die Menschen auf dessen Aussagen man vertraut. Entweder wenn diese Personen etwas sagen, dass ich sehr stark nicht nachvollziehen kann. Dann kann das auch eine einmalige Aussage sein. Oder etwas dass ich nur ein bisschen nicht nachvollziehen kann aber über einen längeren Zeitraum. Letzteres wäre z.B. der Stammwähler dessen Partei sich inhaltlich von ihm entfernt. Ersteres wäre jemand der in Corona oder Ukraine Kriegs Zeiten von der Person seines Vertrauens auf einmal denkwürdige Töne hört. So ein Fall wäre auch das Mailab Video.
Wenn Rahmstorf wirklich mal etwas zum Klimawandel sagt, das mir nicht nachvollziehbar vorkommt, habe ich das Glück, dass er nicht der einzige Klimaforscher auf der Welt ist und es in aller Regel Kommentare, Einschätzungen u.v.m. von anderen Forschern zu solchen Aussagen gibt. Und einem wissenschaftlichen Konsens darf man selbstverständlich trauen.
Da würde ich gerne mal wissen, was an dem Video denn vergleichbar mit Coronageschwurbel oder Putinliebe gewesen sein soll.
Neues kleine Aufarbeitung von Mai von heute:
In den letzten Tagen habe ich in einem Podcast zur Politikverdrossenheit gehört: der 18-jährige Erstwähler fühlt sich vermutlich nicht der Regierung näher, dass nun eine 24-jährige Studentin für die Grünen im Bundestag sitzt und im Monat das verdient, was er in ganzen Jahr bekommt.
Ich hätte es sehr gut verstehen können, wenn eine frische Mutter ihre Reichweite und Bekanntheit nutzen würde, einen aussichtsreichen Listenplatz zu ergattern. Wenige Jobs ermöglichen bei relativ festem Gehalt ein „komme ich heute nicht, komme ich morgen“ wie die hinteren Bänke des Bundestages. Gleichzeitig wäre sie wohl eine gefragte Interviewpartnerin gewesen. Sie hätte sicher nicht so viel bewegen können, wie mancher und vielleicht die selbst erhofft hätte.
Das hat auch wieder niemand behauptet. Verstehe auch nicht warum das Mailab Video unbedingt so heftigen Populismus hätte enthalten sollen, damit es funktioniert.
Natürlich war das da alles viel subtiler. Aus gutem Grund. Wäre es offensichtlicher Populismus gewesen, dann hätten es die allermeisten sofort erkannt. Und diejenigen die es nicht erkannt hätten, hätten es nicht zugegeben.
So ist es überhaupt keine Schande dem Video auf den Leim gegangen zu sein und dabei das ein oder andere zu lernen. Und wichtig ist es allemal, denn die meisten Populismen fangen ja subtil und versteckt irgendwo an.
Na klar. Wäre ja auch durchaus denkbar gewesen, dass sie in die Politik geht. Nur verbunden mit diesem Video war es für den aufmerksamen Zuschauer durchaus möglich das zu entlarven.
Ja, da hast du recht.
Es zeigt auch die Gefahr sozialer Medien, wenn dir ein Link zugespielt wird aus vertrauter Quelle mit einer gewissen Intention.
Das Thema braucht dann gar nicht mehr direkt angesprochen werden, man hat es beim Schauen aber im Hinterkopf. Ich fand das Video anstrengend, hab es nach 4 Minuten auf 1,5x gestellt. Aber die Botschaft „Mai Thi geht in die Politik“ als gegeben genommen und nicht mehr hinterfragt. Insofern ja, hat sie einen Punkt.
Der Satz „mach’s selber damit es gut wird“ war aber natürlich fies.