Mai Thi geht in die Politik

Wenn ich den Fokus-Artikel zur ihrer „Ankündigung“ lese, dann sehe ich den Populismus etwas deutlicher. Dank der verzerrenden Zusammenstellung des Fokus. Aber trotzdem, sie hätte wesentlich deutlicher „populistisch“ sein müssen. Probleme aufzeigen ohne ausgearbeitete Lösung ist kein Populismus, vor allem, wenn man den Lösungsweg, Wissenschaftlichkeit, bereits bekräftigt hat. Grüne für ihren Hang zur Homöopathie zu kritisieren ist kein Populismus und die nicht genannte Lösung ist natürlich, nicht auf Homöopathie zu setzen.

Ich weiß über ihre persönliche Einstellungen mehr, als ich über die der Listenkandidaten bei einer Bundestagswahl weiß. Warum sollte es kritikwürdig sein, wenn man glaubt, sich von ihre gut vertreten zu fühlen.

Das Experiment wäre gut gewesen, wenn ihr populistisches Video nicht nur mit der Lupe populistisch gewesen wäre.

Ich glaube zum einen dass aus diesem Flickenteppich kein konsistentes politisches Profil entsteht und man zum anderen aus Dingen die jemand gut oder schlecht findet keine politische Strategie entsteht. Und das reicht daher auch kaum für eine Wahlentscheidung.

Nein, das ist ein Wunsch.

Nein es reicht ein einziger Satz pro Punkt, wir sie ihren Wunsch oder ihr Ziel erreichen möchte. Denn zwischen „Nerds an die Macht“ und z.B. Stärkung wissenschaftlicher Beiräte liegt ja doch ein Weg.
Es ist z.B. auch keine politische Strategie mehr Bildung ermöglichen zu wollen. Das wollen alle Parteien, aber ob ich sie deshalb wählen würde hängt davon ab, wie sie das erreichen wollen. Steuern hoch, mehr Effizienz, Schulden, Elitenförderung, die Schwächsten fördern?

2 „Gefällt mir“

Die kündigen aber an „wenn wir in der Regierung sind, wird alles besser“ und bauen dabei formal auf die von Mai aufgezeigten und verwandte Mittel.
S. unseren Thread „Kann es die CDU wirklich besser?“

Sie haben ein Programm, aber egal. Ich mag jetzt auch nicht weiterdiskutieren. Ich glaube, dass Projekt erreicht die falschen Leute. Aber was soll’s. Ich hsbe verstanden, was sie beweisen wollte, auch wenn es nichts nutzt.

Auf Instagram verbreitet sie gerade stolz, wie viel Reichweite das Video hat. Da ich nicht annehme, dass es besonders viele AfD-Anhänger erreicht, bleibt für mich ein schlechter Beigeschmack.

Es war ne Ankündigung, dass da bald was kommt. Nicht eine Zusammenfassung ihres Wahlprogramms. Wahlentscheidungen werden anhand von sehr viel weniger Informationen getroffen, als das, was man über Mai Thi weiß.

Ich bin immer noch überrascht wie viel ihr über ihre politischen Einstellungen wisst. Aber selbst wenn. Hinter einem Listenkandidaten steht ein detailliertes Parteiprogramm und eine meist jahrzehntelange Erfahrung mit der dahinterliegenden Partei. Ich weiß also schon ziemlich genau wie der Kandidat abstimmen würde. Anders wäre das bei einem parteilosen Kandidaten der nie sein Programm veröffentlicht hat. Finde es also schon schwierig sie bereits auf Basis ihres Videos zu wählen, ohne dass sie überhaupt irgendwas angekündigt hat.

Da ist natürlich zu differenzieren, ob die Leute das dann wirklich getan hätten.
BSW hatte in den in den Umfragen auch schon x Stimmen, dabei war Wagenknecht zu dem Zeitpunkt noch Linke, weder Mitglieder noch Parteiprogramm waren bekannt. Das darf man dann gerne unter Populismus verbuchen, vor allem, was die Medien da betrieben haben.
Die letzte Generation tritt nun mit einer Liste zur Europawahl an. Was bekannt ist? Dass sie als Nicht-Partei mit einer Liste zur Europawahl antritt, um „die EU aufzumischen“. Angeblich waren nach kurzer Zeit schon 50.000€ an Spenden zusammen.
Ich gebe dir recht: Politik sollte sachorientierter sein. Und wenn man dem Video unterstellt, sich da in eine Reihe zu stellen, dann lässt sich so wohl gut argumentieren.

Mehrfach wurde hier darauf hingewiesen, dass man Leuten erstmal einen Vertrauensvorschuss geben könne weil sie in der Vergangenheit seriös waren. Benannte Beispiele waren Rahmstorf und Mai Thi.

Ich möchte das noch einmal zur Diskussion bringen. Wir haben mittlerweile etliche Tools professionelle Deep Fakes herzustellen. Wenn man nun den Einzelnen für unangreifbar hält nur weil er in der Vergangenheit zweifelsohne vernünftigen Content in die Welt herausgebrüllt hat, dann wird man sicher auch das Deep Fake Video für echt halten.

Niemand hier konnte meines Erachtens bisher glaubhaft erklären warum abwarten und durchatmen, statt auf jeden Zug gleich aufzuspringen, nicht eine saubere Absicherung gegen das Populismusproblem sein soll.

Ist die Erregungskultur uns schon so in Mark und Blut übergegangen, dass ein wenig Slow Down unmöglich erscheint?

Falls das so ist, rate ich zu einem dringenden Kurswechsel. Denn sonst werden wir extreme gesellschaftliche Angriffsflächen für Populismus und Deep Fakes ausbilden. Übliche Aufmerksamkeitscyclen sorgen nämlich dafür, dass die Fake News sonst nicht ausreichend eingefangen werden kann.

Die Frage, die sich mir stellt, wo du in diesem Thread das von dir genannte Problem erkennst?
Es ist ja gerade so, dass sie in dem Video keine Behauptungen aufgestellt hat, außer einer Andeutung, dass Merz populistisch sei, was die meisten ihrer Fans auch davor so gesehen haben dürften.

Ich finde, die Diskussion zeigt, dass die Videos funktioniert haben. Es ist einige gute Reflexion zustande gekommen. Klug ist auch der YT-Videotitel - das Video hat evtl. Chancen, Menschen zu erreichen, die hauptsächlich Empörungscontent bekommen.
Meine 2 Cent:

  • Mais Videos waren im weiteren Sinne Satire, also Kunst. Es ist daher normal, dass sie stärker deutungsbedürftig sind als wissenschaftliche Aussagen. Nicht vergessen: Mai ist keine aktive Wissenschaftlerin, sondern macht eine wissenschaftliche Unterhaltungssendung & Wissenschaftskommunikation. Ihre Sprecherposition ist eher die einer Publizistin denn einer Wissenschaftlerin. Die Grenze ist fließend, auch Wissenschaftler:innen kommunizieren ja ständig mit der Öffentlichkeit. Ich persönlich nutze als Heuristik eine im Ausgangspunkt an der institutionellen Anbindung orientierte, formale Abgrenzung: Wissenschaftler:innen arbeiten an (möglichst unabhängig finanzierten) Forschungsinstitutionen.
  • Definition von Populismus: Mai nennt notwendige (auch hinreichende?) Elemente: Aufbau einer homogenen Volksmehrheit gg. eine homogene, elitäre Minderheit. Ausblenden von pluralen Interessen zugunsten von Schwar-Weiß-Schema. Sie spricht auch den Graubereich zu Stammtischrhetorik an.
    In der Diskussion hier haben nicht alle eine präzise gemeinsame Definition. Vllt. hätte Mai iSd Wissenschaftlichkeit noch präziser und deutlicher werden müssen. Sie nennt nur Elemente und zeigt pointiert Bsp. rhetorischer Mittel. Insb. die bei @turmfalke und @riodoro anklingende Abgrenzung zu Rhetorik und sonstiger Emotionalisierung ist ein kritischer Punkt.
    Normativer Teil der Definition: Ist Populismus immer verwerflich oder ein (in Grenzen) zulässiges Mittel? Irgendwo muss man eine Balance finden: Wir können kritikwürdige Äußerungen nicht allein an der Form festmachen. Emotionalisierung, die gg. Menschen nach dem Schema „Wir gegen die“ aufhetzt ist anders zu bewerten als Emotionalisierung, die auf humanistischer Zuwendung zum Menschen aufbaut und sich bspw. für universale Rechte oder den Schutz der Lebensgrundlagen einsetzt.
    In manchen Fällen delegitimiert die Form schon die Äußerung. Der Jurist Tonio Walter nennt solche Mittel den „rhetorischen Giftschrank“.
  • „Nerd-Populismus“ gibt es mMn durchaus, wenn „die Wissenschaft“ monolithisch dargestellt wird und an die Politik der Anspruch einer wissenschaftlich determinierten Entscheidungsfindung oder ein anderer überzogener Wissenschaftlichkeitsanspruch gestellt wird. Dem kann sie nie gerecht werden, daher kann man immer behaupten, „die Wissenschaft“ müsse Diskurs und Politik (zurück-)erobern. Verwandtes Phänomen: Technologieaffine Politiker:innen, die technische Lösungen für alles in Aussicht stellen, wenn „die Politik“ die Technolog:innen nur gewähren ließe. Bei beiden ist aber die begriffliche Anbindung an den populus schwierig.

Interviewvorschlag: Rhetorik-Expert:in und/oder Politikwissenschaftler:in. Bspw. Olaf Kramer (Uni Tübingen).

2 „Gefällt mir“

Ich finde auch, sie hat eine Art Nebenschauplatz eröffnet. Völlig unnötig.

Auf individuellem Level ist das eine gute Strategie. Die Preisfrage ist aber doch: Wie bringt man Menschen dazu, das unter den gegebenen Kommunikationsbedingungen - insb. Social Media & Aufmerksamkeitsökonomie - auch zu tun (ein allgemeiner Verweis auf Bildung taugt hier mMn nicht)?

Die monierte Erregungskultur beruht auf soziobiologischen Voraussetzungen und kommunikationstechnischen Mitteln, die wir derzeit nur begrenzt beeinflussen und sicher nicht umkehren können. Daher: Erregungskultur und ihre Grundlagen bearbeiten (DSA der EU ist auf der technischen Seite mMn kein schlechter, aber begrenzter Ansatz), aber auch unter der Annahme dieser Bedingungen gegen die Verbreitung von Fake News und menscheinfeindlichen Äußerungen mit diesen Mitteln arbeiten. Auch hier kann man mMn sinnvollerweise beides tun.

Wir drehen uns in Kreis:

Ja genau und deswegen nicht geeignet als Grundlage für eine Wahlentscheidung

Na klar ist das bei vielen so. Das heißt doch aber nicht, dass es gut ist. Populismus ist doch weit etabliert. Aber selbst wenn ich mich politisch wenig informiere habe ich in aller Regel mitbekommen was die Parteien in den letzten Jahren so grob gemacht haben.

Fair. Habe auch, als ich gehört habe, dass sie in die Politik geht im ersten Moment gedacht: die würde ich wählen.

Naja, sie hat Videos zu ziemlich vielen Themen der aktuellen Zeit gemacht. Jetzt kann man unterstellen, dass was sie in Putin und die Grüne Energie (youtube.com) sagt, nicht das ist, was die Grundlage ihres „politischen Handelns“ bilden würde. Aber das Risiko besteht unabhängig davon, ob ich Erwartungen aus ihren Videos oder ihrem Parteiprogramm ableite.

Hinter einem Listenkandidaten steht ein detailliertes Parteiprogramm und eine meist jahrzehntelange Erfahrung mit der dahinterliegenden Partei.

Ja, und dann wählt man eine Partei die 2% Mwst-Erhöhung fordert oder eine, die die Mehrwertsteuer nicht erhöhen will und bekommt dann eine Koalition dieser Parteien, die eine Erhöhung um 3 Prozentpunkte beschließt.

1 „Gefällt mir“

Sollen wir den Thread dann mal zumachen? Schon über 100 Beiträge und wir wiederholen uns.

1 „Gefällt mir“

Ich verstehe den Thread schon lange nicht mehr. Es scheint ja nicht mal Einigkeit darüber zu geben, ob es sich um erfolgreiches Marketing/PR, um ein gelungenes Medienexperiment oder um ein politikwissenschaftliches YouTube-Seminar zum Thema Populismus handelt. Und dann haben auch noch 3 Leute zu jedem dieser Aspekte 4 verschiedene Meinungen…

Dasselbe Problem wie mit der Werteunion und vor Jahren Lafontaine, noch eine Partei.
Dann haben wir irgendwann 70% unter „Sonstige“ und 30% AFD.
Oh wait, in zwei Bundesländern könnte das ja fast passieren mit einer Mehrheit der AFD.

Den Thread können wir gerne schließen, sollten uns dann aber dringend nochmal darüber unterhalten, was wir eigentlich unter Populismus verstehen.

1 „Gefällt mir“

Gerne in einem neuen Thread.