LdN395 Was wählen wenn die demokratischen Parteien versagen?

Dann müßte man den Menschen aber auch die Möglichkeit geben das zu wählen was Ihnen am besten liegt, sofern Sie nicht sowieso alle als übergeordnetere Einheitsstruktur abtun.
Damit meine ich das jede Partei in den Parlamenten vertreten sein sollte die auch wählbar ist. Eine 5% Hürde ist weder zeitgemäß noch demokratisch.

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Das Bundesverfassungsgericht sieht das anders. Es hat auf europäischer Ebene die 5% Hürde aus guten Gründen ausgehebelt, was den größeren Parteien nicht gerade gefallen hat. Ein Argument dort ist eben gerade, dass dort nicht vom Parlament eine Regierung gewählt wird. Aber für das deutsche Parlament sieht es eben genau diese Gefahr.

Entschuldige bitte, aber genau solche pauschalen Verunglimpfungen unterbinden jeglichen vernünftigen Diskurs. Deine Texte klingen schon so, dass Du eine vernünftige Ausbildung genossen hast, die Grundlagen dafür wurden von der entsprechenden Landesregierung gelegt - so sehr man sich über die Schulpolitik der Länder auslassen kann. Unsere Gesellschaft steht auch immer noch im Vergleich zu vielen anderen sehr gut da und wir haben im Schnitt einen beachtlichen Wohlstand. Auch Du wirst sicher davon profitiert haben - ob start oder nicht, kann ich natürich nicht wisssen. Aber wenn man sieht, wo unser kleines Land mit gerade mal ca. 84 Mio Bürgern weltweit steht, kann man klar fgesthalten, dass es uns verdammt gut geht - und zwar einem großen Teil der Bevölkerung.
Ich würde mich lieber über Verbesserungspotentiale unterhalten …

Das Problem am kleinsten Übel ist, dass die Parteien am Ende immer behaupten Sie hätten den Wählerwillen gut erkannt und könnten deshalb das machen was Sie immer gemacht haben. Das ist ein Kreisverkehr ohne ausfahrt.

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Ich glaube die Schuldenbremse wäre ein eigener Thread wert und wurde hier im Forum zu genüge besprochen. Zudem führt es am Ende immer zu MMT :slight_smile:

Das Ganze Programm aufzuarbeiten wäre hier so viel und passt auch nicht ganz in dieses Thema aber ganz kurz gefasst.
an oberster Stelle steht für die Linke die Umsetzung eines „demokratischen Sozialismus“ verbunden mit Pazifismus um jeden Preis.
Soweit so gut. Alle weiteren Forderung beziehen sich auf diese Punkt und werden wie bei vielen Parteien im Kreis wiederholt und mit Phrasen verschönt.
Was fehlt sind konkrete Umsetzungsideen. Das Bedingungslose Grundeinkommen wird erwähnt, deren Ausgestaltung nicht weiter beschrieben. Der Wunsch den Kapitalismus abzuschaffen schafft noch keinen Sozialismus.
Wer einen Systemwechsel fordert muss sich folgende Fragen stellen lassen:
Wie organisiere ich das Einkommen der Bevölkerung,
Wie organisiere ich das öffentlichen leben und die Abgaben an eine übergeordnete Institution um dies zu finanzieren.
Wie gestalte ich die Interaktion mit der Welt um mich herum. Also z.B. Wirtschaftsbeziehungen anderer Länder.
Auf diese Fragen gibt es keine realistische Antwort und von den Linken schon nichts konkretes aber wie schon damit sind Sie nicht allein.
Wer sich mal mit dem Sozialismus, Kommunismus und die damit verbundenen Sozialen Umstrukturierungen beschäftigen will dem sei zum Einstieg mit vielen Quellen der Podcast „Linke Theorie“ empfohlen. Hier wird sehr Detailreich auch die unterschiedlichen Aspekte eingegangen.
Danach kann sich jeder ein Bild machen das Wünschenswert wäre oder nicht diese Richtung einzuschlagen.

Die Phrasen im Parteiprogramm kliegen vordergründig nicht schlecht. Sie müssen mit Wegen hintermauert werden und vor allem durch glaubwürdige Personen vermittelt werden. Beides ist leider nicht fall.

Das mag sein, aber Sie haben noch keine so verfestigtes Stammwählerpotential, auf das sich so einfach berufen werden kann. Hier muss noch mehr „gearbeitet“ werden.

Ich gebe dir grob recht und würde auch einigen Aussagen zustimmen. Nur muss man zu deinen Aussagen dann das Thema um die Medien erweitern. Das wäre ein weiterer Thread den ich schonmal aufmachen wollte.
Die Frage ist, wie viele Leute beschäftigen sich Medial mit Ihrer nahen Umgebung im Verhältnis zur Bundespolitik.
Wer die Großen Zeitungen, Spiegel, Welt, Bild, Tagesspiegel, Handelsblatt, FAZ, NZZ, Focus und sogweiter liest, vorrangig vielleicht noch digital, der bekommt vorrangig Bundespolitik.
Wenn ich mich mit Land und Kommunen beschäftigen will muss der Kleinteilig lokale Zeitungen lesen da Fernsehen und Radio etc. das auch eher grob abbilden.
Somit fokussiert sich die Politische Welt immer mehr auf die Bundespolitik während das vor Ort erlebte oft nur indirekt mit dieser zu tun hat.
Ich glaube ist medial und bildungstechnisch eine große Lücke entstanden die angegangen werden sollte.

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Ich finde den Moment, in dem man sich selbst „erwischt“, dass man grade nur scheinrational eine Bauchentscheidung „rationalisiert“ hat, immer ziemlich positiv :slight_smile: Aber auch wenn nicht, ist das in meinen Augen nicht die Aufgabe (und auch keine realistische Anforderung an Politik) aus irationalen Wahlentscheidungen sachangemessene Politik zu zaubern. Das sind ja alles Menschen und keine Rapunzels, die Stroh zu Gold spinnen können, wollen oder sollen.

Problem ist nur, dass v.a. in ländlichen Gegenden die echten lokalen Redaktionen sterben, und gefährliche kostenlose Blättchen die Lücke ausnutzen.

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Bei der Wahl in Brandenburg konnte die AfD besonders bei jungen Menschen punkten. Die SPD eher bei über 60jährigen.

Jetzt könnte man natürlich sagen, die jungen Menschen sind alle rechtsradikal geworden.

Halte ich aber für zu einfach gedacht, ich tippe eher auf ein Generationenproblem.

Die jungen Menschen fühlen sich offenbar von der etablierten Altparteien wie CDU oder SPD und FDP nicht vertreten, weil diese primär eine ältere Klientel der zahlenmäßig wahlstarken Babyboomer vertreten. Die Grünen setzen ihre Interessen nicht durch und verbiegen sich zu sehr als Teil der Regierung.

Die AfD ist auf den für junge Menschen relevanten Social Media Kanälen und im Internet aktiv und spricht diese Zielgruppe mit dem Versprechen nach Veränderung und „Abwahl der Altparteien“ an.

Offenbar wollen diese jungen Wähler primär eine Veränderung und das Gefühl gehört zu werden, ohne dabei aber den Rechtsextremismus der AfD zu hinterfragen oder als Problem zu sehen.

Man mag es auf mangelnde Bildung schieben (also auch ein Versagen der bisherigen Politik), auf mangelnde Dankbarkeit der jungen Generation (obwohl man da genau schauen müsste wofür sie genau dankbar sein sollen) oder auf eine allgemein destruktive Tendenz unserer Gesellschaft (erfolgreicher Einfluss russischer hybrider Kriegsführung?), aber offenbar haben die etablierten großen Parteien da Defizite oder doch versagt?

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Wie viel Prozent der jungen Wähler bleiben den aktuell in Brandenburg? Bleiben vielleicht einfach hauptsächlich AFD Wähler über die nicht wegziehen können oder wollen?

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Und wieder passend zum Thema dieses Threads:
„Die SPD verdankt ihren Wahlerfolg vor allem den über 60-Jährigen. In allen jüngeren Altersgruppen ist die AfD am stärksten, erläutert ARD-WahlexperteJörg Schönenborn.

Drei Viertel der SPD-Wählerinnen und -wähler sagen, dass sie von der SPD als Partei nicht überzeugt sind, sie die Sozialdemokraten aber wählen, um eine starke AfD zu verhindern. Bei den CDU-Wählern sind es 59 Prozent, die diese Aussage als Wahlmotiv nennen.“

Quelle: Liveblog: ++ Grüne könnten Wiedereinzug verpassen ++ | tagesschau.de

Das ist ja ein bitterer Beigeschmack, da gibt es exakt null zu feiern. Selbst unter diesem mauen Ergebnis steckt nur noch „Verhindern“, aber keine eigene Kraft mehr. Toll.

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Mittlerweile muss man schon dankbar sein, dass wenigstens eine Mehrheit noch die eine Sache hinbekommt, die man als halbwegs anständige Menschen schaffen muss: Keine Rechtsextremisten wählen.

Emotional ist aber nicht gleich irrational.

Beispiel:
Eine Partei trifft Entscheidungen über einen längeren Zeitraum hinweg, über die sich die Wähler aufregen: Bankenrettung, Sonderregelungen Zinsen Lebensversicherung, Warburg, um mal drei Beispiele zu nennen. Koalitionspartner tragen das mit aus Loyalität. Die Grünen haben Scholz zum Beispiel bei Warburg gedeckt, das haben viele Hamburger nicht vergessen. Ist es vielen bewusst? Wahrscheinlich nein, aber trotzdem ist es ein Faktor.

Alle Entscheidungen führen zu einer Verärgerung, haben aber allein keine offensichtliche Auswirkung auf eine Wahl. Gleichzeitig entsteht eine schleichende Entfremdung, bei der die einzelnen, durchaus unterschiedlichen Punkte, nur noch vage erinnert werden, aber der als emotional interpretierte Gesamteindruck bleibt: Die nicht mehr.

Case in point: Die Mehrheit der Wähler von CDU und SPD sagt, dass sie sie nur noch wegen der AfD gewählt haben. Das sollte brutal Alarm erzeugen, tut es aber nicht, und ich frage mich warum.

Emotion ist also eine kondensierte Summe von Erfahrungen. Das macht sie aber nicht irrational.

Und genau das ist hier der Fall denke ich. Vertrauen entsteht nicht auf Basis von Ratio. Und ehrlicherweise haben alle Parteien enttäuscht. Wieder besseren Wissens versprechen sie Dinge, die im föderalen System nicht zu erfüllen sind. Das geht nur begrenzt gut, und jetzt eben nicht mehr.

Pauschal? Was genau? Ich habe es trotz unserem elitären Schulsystem geschafft mich besser zu bilden. Ich wurde an einem elitären Gymnasium im der Pubertät einfach abserviert, weil meine Eltern aus der Arbeiterschaft keine Nachhilfe sponsern konnten. Ich musste bei meinem Versuch zu studieren extrem viel nebenbei arbeiten, da Bafög quasi nicht existent war, da meine Eltern zu viel verdienten aber eben nicht mehrere 100 € pro Monat an mich zahlen konnten.
Es wird seit Jahrzehnten eine Politik für Rentner und Eliten gefahren, ganz im Sinne der Lüge Trickle Down. Bitte sag mir nicht dass ich dankbar sein soll, dass etwas meiner Steuern und denen meiner Eltern zurückgeflossen ist.

Meine Weiterbildung habe ich übrigens selbst gezahlt .

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Das ist richtig. Durch die Steuergesetze ist rs Selbständigen zum Beispiel einfacher möglich, BAFöG zu bekommen. So ist es mir ergangen. Arbeiter hatten häufig zu viel verdient, damit ihre Kinder BAFöG bekommen, aber zu wenig, um sie zu unterstützen.
Es gab in der BRD nur EINE Phase, in der das aufgebrochen wurde: Unter Brandt sind die dritten Bildungswege aufgemacht worden. Nur deswegen konnte meine Frau studieren, und ihr fehlte der gymnasiale „Stallgeruch“. Also ist es ungleich schwerer.

Der Staat tut strukturell nichts gegen die Besteuerung von Arbeit vs Kapital. Völlig unabhängig vom Parteibuch. Und aktuell konkret werden auch die Abgaben elegant auf die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenkassen geschoben bei der Krankenhausreform. Und das unter einer SPD Regierung! Früher undenkbar. Und die Grünen tragen das mit. Qui tacet consentire videtur.

Also kann ich @Tris nur voll zustimmen. Wofür sollen die Arbeitnehmer, die kein Kapital, sondern nur Einkommen haben, dankbar sein?

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Das sehe ich anders, Tris. Wie können Gymnasien „elitär“ sein, wenn ca. ein Drittel der Bevölkerung das Abitur macht? Eine Gros der Schüler auf Gymnasien braucht keine Nachhilfe und es gibt wenige Länder, in denen man kostenlos einen vergleichbaren Abschluss machen kann. Ich finde es aber trotzden schade, wenn es nur am Geld für NAchhilfe scheitert. Vielleicht eine gute Idee, hier Abhilfe zu schaffen und Nachhilfe abhängig vom Verdienst der Eltern zu fördern.
Ja, es gibt andere Länder, die das noch besser machen aber wer möchte solche Steuern zahlen, wie sie in den Ländern anfallen. Das soll nicht heißen, dass ich die Bildungspolitik generell für gut halte, aber sie wird zu negativ dargestellt - das schon seit Jahrzehnten und trotzdem sind in Deutschland ausgebildete immer noch weltweit hoch geschätzt. Eine wichtige Verbesserung war es aber, dass die Durchlässigkeit verbessert wurde - auch wenn Umwege teils immer noch schwer sind.
Was mich aufregt, ist die Tatsache, dass die Industrie damals, als wir Boomer aus der Schule kamen, das dreigliedrige System kaputt gemacht hat, indem sie Hauptschüler als minderwertig betrachtete und nicht mehr einstellte sowie für vieles, wofür vorher Realschulabschluss reichte, einen Gymnasiasten einstellten. Dies in irgendeiner Form zu heilen, ist leider der Politik nicht gelungen, das gebe ich gerne zu. Aber wir brauchen verschiedene Schulniveraus, um alle fördern zu können. Sonst bekommen wir einen zu großen privaten Schulsektor was die Elitenbildung deutlich fördert, wie andere Länder deutlich zeigen.

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Wenn gesellschaftlich das Gymnasium die einzig akzeptable Schulform ist, weil sonst „aus dem Kind nix wird“, und Arbeitgeber die Messlatte bei der Qualifikation immer höher und beim Alter immer niedriger setzen, entsteht eine große Gruppe „Zurückgelassener“, die unzufrieden mit ihrem Status ist und auf komische (Wahl-) Ideen kommt.

Jetzt kann man sagen, hätten sich halt alle mehr anstrengen sollen, aber das vereinfacht das Thema böswillig.

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