Du würdest in die Stadt ziehen, weil dir die Pendlerpauschale gestrichen wird?
Ich bin nach meinem letzten Jobwechsel in die Stadt gezogen, da nun kurzer Arbeitsweg und Bahnhof in Reichweite. Der qm-Preis ist mal eben von 6,40 auf 10€ gestiegen. Und ja, die Pendlerpauschale ist natürlich jetzt weg.
Mach ich nicht. Ich habe auf deine Frage geantwortet. Schade, dass du nicht darauf reagiert hast.
Wäre sicher kein Argument.
Ich pendele rund 25.000km im Jahr, aber die Pendlerpauschale spielt in meinen Erwägungen keine Rolle. Ob ich sie bekomme oder nicht, ändert ja an meinem Arbeitsweg und meinem Wohnort nichts.
Ich arbeite gern, auch mit viel Herzblut für Menschen, aber ich lebe nicht um zu arbeiten.
Wenn das pendeln nicht mehr praktikabel ist, kündige ich und muss mir halt einen wohl deutlich schlechter bezahlten Job in Wohnortnähe suchen.
Ich hab in Hamburg, Köln, Berlin und Koblenz lange gearbeitet und auch zeitweise gelebt. Hatte Vorteile wie ÖPNV, aber auch zuviele Autos, zuviele Menschen, möchtecichvals Dorfkind nicht leben. Persönlich Entscheidung.
Muss man akzeptieren.
Bin ein halbes Jahr 200km am Tag gefahren, anfangs mit Bahn, da der Chef aber auf den Fahrplan keine Rücksicht nehmen musste und ich regelmäßig meinen Zug nach der Arbeit knapp verpasst hatte, bald mit Auto. War der Anfang vom Ende. Aber das muss jeder selbst entscheiden. Ich verzichte lieber auf Geld als zwei Stunden meines Lebens jeden Tag fürs pendeln zu opfern. Aber letztendlich ist die Pendlerpauschale eine Subvention, die die Leute nicht vom Arbeiten abhalten wird und nicht vom pendeln. Sie ist vor allem psychologisch - dann tut der Arbeitsweg nicht so weh. Aber eben auch psychologisch, dass man auch gerne längere Wege in Kauf nimmt ohne schlechtes Gewissen, der Staat unterstützt das schließlich, also ist es im Sinne der Gesellschaft.
Ich würde gerne hier noch eine weitere Perspektive beisteuern, aus Arbeitgebersicht:
Ein Wegfall der Pendlerpauschale würde vermutlich bedeuten, dass es verschiedene Unternehmen (noch) schwieriger haben werden Fachkräfte für sich zu gewinnen. Unser historischer Firmensitz ist für Auswärtige leider sehr schlecht angebunden und in einer klassisch strukturschwachen Region. Daher pendeln mehr als 20% der Arbeitnehmer eine Strecke von über 40 km zu uns. Mit dem ÖPNV würde das circa 2x1,2-1,5h pro Tag bedeuten, mit dem Auto sind sie 2x30-40 min zu uns unterwegs. Selbst wenn der ÖPNV seine Zeiten deutlich reduziert, würden diese Leute sich vermutlich einfach einen neuen Job suchen, wenn die Entfernungspauschale ersatzlos gestrichen wird, weil sie letztlich weniger Geld für mehr Arbeitsweg bekämen. Wir reden hier ausnahmslos über Menschen, die sowieso überall Arbeit finden.
Da die Stadt andere Sorgen hat (die Zinswende macht alle kommunalen Anstrengungen der letzten 10 Jahre quasi kaputt), wird sich auch beim Thema ÖPNV nichts tun. Die Popularität als Standort ist sowieso schon mies, weil der Gewerbesteuerhebesatz enorm hoch ist.
In meiner Brust schlagen hier zwei Herzen: Meiner Meinung nach hören quasi alle Werbungskosten abgeschafft und die Steuern gesamt gesenkt, so dass der Staat einkommensneutral auf die negative Lenkunsgwirkung der Entfernungspauschale verzichtet. Mal vom Klimathema abgesehen, ist diese einfach auch ungerecht, weil sie Zersiedelung befördert und - insbesondere in Großstädten - arbeitsnahes Wohnen (mit hohen Mieten) quasi bestraft.
Seitdem ich mir aber anschaue, welche Lebensmodelle hinter unseren Angestellten stehen, befürchte ich, dass ein einfaches „weg damit“ und beten, dass mit klassischem Deutschlandtakt in 20 Jahren der ÖPNV ausgebaut ist, wenn wir alle in Rente sind, unangenehme Nebeneffekte haben wird.
Realpolitisch muss man überdies sehen: Never gonna happen. Die FDP will es nicht, die SPD hat Angst dem Arbeiter was zuzumuten, die CSU legt sich nicht mit dem ländlichen Raum an - wer bleibt da denn noch? Die Grünen sind allein auf weiter Flur und selbst von denen hört man hierzu kaum noch was. Der Schock des Heizungsgesetz führt wahrscheinlich dazu, dass diese Generation an Grünenpolitikern den Rest ihrer Lebens auf Eierschalen laufen werden.
Rein rechtlich ist die Sache außerdem ebenso klar: Man kann die Entfernungspauschale nicht einfach abschaffen. In seiner Entscheidung von 2007 hat das BVerfG klargemacht, dass die für die Bemessung der Einkommenssteuer eines Arbeitnehmers die Abzüge der durch beruflich entstandenen Aufwendungen maßgeblich sind. Wenn sich jemand für die Arbeit ins Auto setzt, muss sich das steuerlich irgendwo widerspiegeln.
Pragmatische Lösung: nur noch E-Autos fördern.
Und Ladeinfrastruktur weiter ausbauen.
Siehe mein Edit. Ich vermute, dass das einfach nicht gehen wird. Der Arbeitnehmer kann für berufliche bedingte Kosten nicht selbst aufkommen. Bei der Entfernungspauschale wurde doch geurteilt, dass sie ungeachtet des Verkehrsmittels gezahlt werden muss. Eine Unterscheidung nach Antriebsart beim gleichen Verkehrsmittel stelle ich mir da schwierig vor.
Da kommt wieder das Thema des politischen Kapitals: Wer will sich so eine unpopuläre Maßnahme, die erst über Jahre durch die Gerichte gehen müsste, auf die Fahnen schreiben?
In seinem Urteil 2007 hat das BVerfG ja damals bereits die Entfernungspauschale gekippt, weil für die damalige Regel kein sachgerechter Grund vorlag. Zitat aus dem Urteil damals zu Einschränkungen der Pauschale: „Eine solche Abweichung bedarf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich hinreichend gewichtiger Gründe zu ihrer Rechtfertigung“. Nun hat das BVerfG mit seinem Urteil 2020 sicher den Verfassungsrang des Klimaschutzes betont, aber ob es diesen Verfassungsrang höher als den des Nettoprinzip gewichtet? Das Nettoprinzip geht immerhin auf Artikel 3 GG zurück.
Vielleicht sollte man sich politisch mehr mit dem Machbaren beschäftigen.
Das hatten wir schon. Der Wegfall der Förderung war in meinen Augen richtig nur war der Wegfall über Nacht keine gute Idee von der Ampel. Wenn man sich aber jetzt mal die Angebote für BEV’s anschaut, stellt man fest das es nun gute Angebote gibt. Leasingverträge für 150€ zb oder zeitweise Finanzierung für 0% . Was mit der Förderung undenkbar war. Eine Regulierung der Ladeanbieter wäre da sinnvoller. Wenn man schaut was ENBW zur Zeit macht,kann man nur mit dem Kopf schütteln.
Gemeint war: Dienstwagenprivileg nur noch für E-Autos
Fände ich durchaus sinnvoll. Evtl. Aber mit einem Vorlauf von 2-3 Jahren, weil das doch einen ziemlichen Einfluss darauf haben dürfte welche Fahrzeuge wie stark verkauft werden und sonst die Gefahr bestünde, dass die Nachfrage nicht ausreichend gedeckt wäre, was ja dann wieder generell ein schlechtes Licht auf alles was mit Transformation zugunsten des Klimaschutzes zu tun hat werden würde.
Ja, ich finde Übergangszeiten extrem wichtig.
Dieses Ausspielen „Land gegen Stadt“, wie es sich auch in dieser (ja überhaupt nicht ersten) Diskussion zu diesem Thema widerspiegelt, ist alles andere als zielführend. Die Hosts haben ja nicht gesagt „Penderpauschale auf null sofort“. Sonder sprechen sich für ein „Ausschleichen“ aus. Und parallel zur massiven ÖPNV-Verbesserung. Leider nehme die Meisten hier nur die eine oder die andere Extremposition ein, anstatt mal genau zuzuhören bzw. zu lesen. Ich finde diese Art von öffentlichem Diskurs ebenso ermüdend wie ernüchternd, denn sie spiegelt die politische Atmosphäre in unserem Land wieder.
Es gibt noch viele andere Kosten, die Du zur Berufsausübung brauchst, aber nicht absetzen darfst (danke @ped).
In jedem Fall wird man, wenn man die Entfernungs-, km- oder Pendler-Pauschale abschaffen wird, das differenziert angehen müssen, damit Menschen, für die ÖPNV objektiv keine zumutbare Alternative ist, nicht „in die Röhre schauen“ und langfristig die Chance haben, sich anzupassen. Entweder mit einem alternativen Verkehrsmittel, mit einem alternative Wohnort oder einen alternativen Arbeitsort. So, wie es ist, kann es auf keinen Fall bleiben!
Voraussetzung ist natürlich, dass der öffentliche Verkehr massiv verbessert wird.
BTW: Kennt jemand Studien, die „Machbarkeit und Best Practices für ÖPNV auf dem Land in Deutschland“ untersucht haben?
Kannst Du das durch Studien oder so belegen? Ich halte das für eine konta-intuitive Behauptung: Wer würde denn freiwillig einen Dienstwagen, wenn er dabei drauflegt? Ich hatte früher Dienstwagen - war immer ein Schnapper! Allein die Urlaubsfahrten …
Und Fahrrad (danke @DrFB)? Wenigstens Frühjahr bis Herbst? Klingt nach Bequemlichkeit.
Oh Mann, was ein framing.
Der Staat schreibt Dir hier gar nix vor! Der soll einfach aufhören, Dich auch noch dafür zu bezahlen, dass du Dich für das klimaschädlichste Verkehrsmittel entscheidest.
Die Pendlerpauschale ist nicht das Problem, sondern die Art, wie wir Mobilität organisiert, v.a. wie sehr wir den öffentlichen Verkehr vernachlässig haben Leider hat die Pendlerpauschale einen großen Anteil an dieser Entwicklung. Davor sollte man nicht die Augen verschließen.
Interessante Rechnung. Finanziell sinnvoll, aber mit sehr nachteiligen Anreizen zu einem klimaschädlichen Handeln. Der Staat ist kein gewinnorientiertes Wirtschaftsunternehmen. Seine Aufgabe ist es, aus gesellschaftlicher Sicht sinnvolles Handeln zu fördern und schädliches handeln einzudämmen (oder sogar zu verbieten).
Die Dienstwagenregelung wird nach meiner Wahrnehmen weit überwiegend genutzt, um seinen Mitarbeitern steuer- und abgabenbegünstigt einen finanziellen Vorteil zukommen zu lassen. Würde ein Unternehmen diesen finanziellen Vorteil als Gehalt ausbezahlen, wäre das durch die Arbeitgeberbeiträge für den Arbeitgeber teurer.
Es ist in aller Regel eine Win-Win-Situation von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Und daher auch so wahnsinnig schwer politisch anzugehen …
Nein, denn die E-Autos an dich wurden schon schlecht und kontrolliert subventioniert für Dienstwagen und Gutverdiener. Msn trifft also wieder die, die sich eben nicht ein neues E-Auto leisten können und denkt die Möglichkeit weiter ab.
Schlecht verdienende Menschen werden im Zweifel keinen Dienstwagen haben. Sehe den Nachteil für sie gegenüber der aktuellen Situation nicht.
Zumindest bzgl. Dienstwagenprivileg. Um das ging es mir.
Ich dachte es ging dir um die Pendlerpauschale.
Kilometerpauschale müsste anders organisiert werden
Wie @TilRq schrieb: Langsamer Rückbau und parallel Ausbau ÖPNV. Intelligenter „Ausbau“.
UNd wie wäre es mit Begünstigung von Fahrgemeinschaften?
Zuerst bezahlt die Landbevölkerung das 49€ Ticket schön mit, das diese selbst nicht nutzen können.
Dann soll auch noch die Kilometerpauschale wegfallen? Da wundert man sich über das Wahlverhalten dieser Menschen…
Leider völlig weg von der realität der Menschen.
Bin ich ja absolut bei dir.
„Der Staat schreibt Dir hier gar nix vor! Der soll einfach aufhören, Dich auch noch dafür zu bezahlen, dass du Dich für das klimaschädlichste Verkehrsmittel entscheidest.“
Bestreite ich nicht, ich bestehe ja keinesfalls auf der Pendlerpauschale, sondern nur auf die Freiheit, das für mich aktuell einzig mögliche Verkehrsmittel zu nutzen. Solange bis sich die Rahmenbedingungen ggf zu mehr Alternativen ändern. Somit ist meine Entscheidungsfreiheit sachlich begründet eingeschränkt hinsichtlich des Verkehrsmittels.
Bin ich auch absolut deiner Meinung