1 und 4 ist das gleiche.
Aber schön, dass du zugibst, alles was du in deinen Faktor hinein verklausuliert hast, sind allgemein bekannte Themen an denen längst gearbeitet wird. Und für jeden der sich halbwegs seriös mit der Energiewende beschäftigt sind das Allgemeinplätze.
Wenn du erlaubst, dann interpretiere ich mal deine Motivation.
Glaube du bist überzeugt, dass Atom eine tolle Technologie und wirtschaftlicher als Erneuerbare ist. Problem sind Volatilität und Speicher.
An der „Ideologie“ gegen Atom störst du dich besonders.
Weil du mit dem Argument „Nachts scheint keine Sonne“ nicht punkten kannst, packst du es in einen Faktor der möglichst unbekannt ist.
Du magst halt nicht darüber reden, dass die Menschen nicht mal in der Lage sind ein Auto zu bauen welches zuverlässig ohne Ausfall fährt. Das Risiko eines GAU ist trotzdem für dich akzeptabel.
Du glaubst die Franzosen haben von Technik wenig Ahnung, weshalb ihre KKW mehr stehen als sie laufen.
Man müsste differenzieren:
- Alternative zu Backup-Kraftwerken v.a. als Überbrückung von Dunkelflauten (wenige Laufstunden im Jahr). Da ist die spannendere Frage vmtl. eher wie viele Stunden man hier in einem zukünftigen Energiesystem noch backupen müsste. Hier gibt es aber m.E. keine wirtschaftlichere Alternative als Erdgaskraftwerke mit CCS. AKWs wären viel zu teuer um 99% der Zeit rumzustehen bzw. in Teillast zu laufen.
- Alternative zum z.B. saisonalen Lastausgleich. Das müsste man tatsächlich mal durchrechnen. Hier ist CCS Stand heute nicht wirtschaftlich. Aber wie es sich zu AKWs vergleicht: keine Ahnung.
Ich hab diese Diskussion nur teils verfolgt.
Ließen sich (alte oder neue) AKW denn überhaupt sinnvoll wirtschaftlich betreiben?
Vor allem wenn sie nur als Backup dienen sollen?
Als Backup waren AKW eine Katastrophe. AKW sind Grundlastkraftwerke.
Man müsste diese ständig laufen lassen und mit dem Überschuss aus regenerativen Energien H2 erzeugen.
Kurze Antwort nein. Die Wirtschaftlichkeit ist dabei gar nicht das Problem sondern die Technik, die kein flexibles Lastfahren erlaubt.
Bei neuen Kernkraftkonzepten steht auch keine Integration als Backup zur Debatte. Vielmehr soll die Energie (Strom + Wärme) zur Nutzung von industriellen Prozessen bereitgestellt und optimiert werden. Infrage kommen alle Prozesse, die unflexibel viel Energie und Wärme benötigen und für die man deswegen viel Speicherkapazität (teuer) vorhalten müsste, wenn man rein auf Erneuerbare setzt.
In Fragen kämen z.B. die thermochemische Wasserstoffproduktion (HTTR Testreaktor in Japan), Meerwasserentsalzungsanlagen, Papierindustrie, Methanol Produktion, Schwerölentschwefelung…
Da wird sich jetzt wieder an einem Wort aufgehangen ohne zu versuchen den Punkt zu verstehen…
Mit Backup habe ich hier nicht load following gemeint, sondern eine Backup-Strategie zur Diversifizierung der Risiken.
Das wäre eine Diskussion die man sinnvoll führen könnte. Bei einem massiven Ausbau von CCS-Gaskraftwerken sehe ich aber den Widerstand von genau denen, die Atomkraft für Teufelszeug halten, auch wieder hochkochen.
Dass du findest ich hätte das „zugegeben“ irritiert mich ein bisschen. Das ist doch kein Geheimnis? Aber okay…
Das sind sicherlich nicht allgemein bekannte Themen. Wenn es so wäre, würde viel differenzierter über die Kosten erneuerbarer Energien gesprochen werden, als das tatsächlich medial der Fall ist.
Auch in der Lage werden ja immer wieder die Aussagen „erneuerbare sind billig“ und „Atomkraft ist teuer“ gegenüberstellt, und das ist so einfach nicht richtig.
Natürlich, wenn du nur Leute zählst die sich „seriös mit dem Thema auseinandersetzen“ mag das stimmen, aber davon gibt es ganz wenige und nicht nur die wählen.
Unter all den teilweise sehr lustigen Dingen (über meine Beziehung zu Frankreich weißt du nichts und könntest falscher nicht liegen), die du in meine Motivation hineinphantasierst, hast du damit Recht.
Aber das ist wirklich ein separates Thema und ein Fass, das ich nicht auch noch aufmachen will. Das geht übrigens fast jedem so, der in verschieden Ländern unterwegs ist, in denen Atomkraft eine Rolle spielt. Insbesondere der Unterschied zwischen Japan und Deutschland ist skurril – die Deutschen haben mehr Angst vor der Ruine von Fukushima Dai-Ichi als die Leute in der Provinz Fukushima.
Ok, verstanden.
Mit Blick auf industrielle Bedarfe, wo Speicher teuer wäre:
- Ist der Neubau eines Atomkraftwerkes und der folgende Betrieb demnach signifikant kostengünstiger als der Betrieb entsprechender Stromspeicher?
- Ist die Investition in den Bau und Betrieb eine neuen Atomkraftwerkes für einen potentiellen Betreiber (Z.b. Energiekonzern) wirtschaftlich zu betreiben oder wären erhebliche Steuermittel als Subvention nötig?
- Da wir vermutlich keine „alten“ Atomkraftwerke aus den 80ern nachbauen wollen, müssen wir bei neuen Anlagen auf neue Kraftwerktechnologien setzen, sowas wie HTTR oder ähnliches wie du beschreibst. Sind diese neuen Technologien schon alle serienreif, und auch wirtschaftlich zu betreiben?
Für mich klingt diese Lösung „Neue Atomkraftwerke“ immer irgendwie zu simpel…
Übrigens: Ich glaube ich verstehe langsam, woher dein Vorwurf ich kommt, ich wolle etwas „verstecken“.
Ich vermeide ganz bewusst Allgemeinplätze wie „nachts scheint keine Sonne“, weil der Austausch rein verbaler „talking points“ hier in die Irre führt.
Ich möchte darauf hinarbeiten, dass sich jeder im Kopf ein zumindest semi-quantitatives Modell des Systems als Ganzes baut, um daran Dynamiken des Transformationsprozesses durchzuspielen.
Nur wer das kann, kann mit Gewinn mitreden.
Der Ansatz ist dir vermutlich nicht vertraut, und bei einer Grundhaltung, dass Menschen, die Atomkraft nicht ablehnen, böse sind, erkennt man im nicht Vertrauten dann schnell schlechte Absichten.
Das ist übrigens ein bisschen haarspalterisch. Ja, Atomkraftwerke sind nicht die erste Wahl für load following. Wobei deine Aussage, das sei technisch nicht möglich, nicht korrekt ist. Das ist möglich und wird massiv gemacht in Frankreich und früher auch in Deutschland (1).
Stell dir die Kurve der Nachfrage nach Leistung über die Zeit vor. Bei einer bestimmten Leistung kannst du den harten Mindestbedarf eintragen, ein Schwellwert der nicht unterschritten werden kann, ohne großen Schaden anzurichten.
Wenn dieser Schwellwert bei Null liegt brauchst du keinen Speicher und keine Grundlast. Dann gibt es halt immer wieder Blackouts, aber die interessieren keinen.
Je höher der liegt, desto mehr muss deine Produktion über die Zeit wie ein Grundlastkraftwerk aussehen. Das heißt, du musst massiv die verschieden Methoden ausbauen, Produktion über die Zeit zu Mitteln und zeitlich zu verschieben, wenn es nur erneuerbare gibt.
Ein Kernkraftwerk im System erlaubt dir einfach einen konstanten Wert von diesem Schwellwert abzuziehen.
Das ist kompatibel mit dem was du sonst über den Nutzen neuer Atomkraftwerke geschrieben hast, aber du übersiehst, dass die Notwendigkeit für Speicher etc. dadurch systemweit abnimmt.
Da es ja nun erlaubt ist, sollte man meinen dass Investoren sich mutig in Diskussionen mit Nimbys stürzen. Habe aber bisher nichts darüber gehört.
Scheint nicht das einzige Problem zu sein?
Hast du Zahlen, die das differenzierter darstellen? Der Streitpunkt ist ja inzwischen relativ klar: erneuerbare sind billig, Atomkraft ist verhältnismäßig teuer, aber Speicher eben auch. Die entscheidende Frage ist doch jetzt wie die Kosten des jeweiligen Energiesystems mit Netto Null Emissionen aussehen, bei dem Atomkraft integriert ist oder eben nicht. Zumindest in der Theorie könnte man daraus auch ableiten wie teuer ein Speicher max. sein dürfte, damit sich ein Energiesystem mit AKWs nicht mehr lohnt.
Ja, du stellst die richtigen Fragen.
Der Fokus auf Speicher ist aber ein kleines bisschen verkürzend, da ja ein ganzes Bündel von Massnahmen notwendig ist, wovon Speicher nur eine sind.
Du musst ausserdem berücksichtigen, dass es es eben nicht einfach nur um die Speicherung von Strom geht, der zur falschen Zeit produziert wurde, sondern um die massive Bereitstellung CO_2-neutraler Energie, um nicht nur den (heutigen) Strombedarf zu decken, sondern den gesamten (zukünftigen) Energiebedarf, der 5-10x höher liegt.
All dies vorausgeschickt: Ich habe solche Zahlen nicht. Ich suche seit Jahren danach. Solche Zahlen können aber nur aus sehr detaillierten Modellen zukünftiger Entwicklungen kommen, die notwendigerweise noch sehr unklar sind.
Ich stosse immer mal wieder auf interessante Modelle (ganz sehenswert ist z.B. https://model.energy; oder die Studie vom Frauhofer ISE, die hier auch schon genannt wurde), aber die machen alle vereinfachende Annahmen und gehen von spezifischen Technologie-Entwicklungs-Szenarien aus.
Aus dieser fundamentalen Unsicherheit rührt meine Forderung nach einer Backup-Strategie.
Es ist halt kein Nebenschauplatz, wenn es um grundlegende Dinge geht und Abkürzungen falsch verwendet werden. Gerade bei einem solchen Thema, wo daraus schnell falsche Schlussfolgerungen entstehen können. Wir werden uns an der Stelle wohl nicht einig werden können, aber eines noch von mir:
Da stand nie etwas von im Nenner in deinem Ausgangspost zu den kWh Peak. Also bitte nicht so tun, als ob andere daran Schuld sind, wenn man dich nicht voll nachvollziehen kann.
Du meinst also es lässt sich politisch durchsetzen, dass wir die Energiewende so machen wie geplant und gleichzeitig noch in AKW investieren, um auf Nummer sicher zu gehen, dass wir auch CO2-neutral werden? Bisher hatte ich dich eigentlich so verstanden, dass wir besser AKW nutzen, um auf das andere verzichten zu können? Am Anfang hattest du auch mal das Kostenargument gebracht, was hier ja aber noch teurer werden würde.
Um ehrlich zu sein - ich kapiere gar nichts mehr. Ich kann - obwohl ich den ganzen Thread gelesen habe - kein Modell bauen.
Also ist die Atomkraft brutto gesehen nicht (wirklich) teurer als Erneuerbare. Und was ist mit der Endlagerung (oder fällt dann gar kein Atemmüll mehr an)? Und der Versicherbarkeit - oder ist ein GAU ausgeschlossen?
Zwischen den Zeilen lese ich leider immer - und so kommt es bei mir rüber - das viele Mitbürger und Foristen zu doof sind, es zu verstehen. Ich gebe zu - ja ich „checke es einfach nicht“. Daher kann ich aktuell auch nicht mit Gewinn mitreden… sorry.
Aktuell sicherlich nicht, nein. Auf Grund des mangelnden Verständnisses der Schwierigkeit und Ernsthaftigkeit der Situation, auch wegen der ständigen Verkürzungen im medialen Diskurs.
Das Modell muss erst mal eigentlich nur aus ein paar Zahlen und Intuitionen bestehen, vor allem:
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Warum die Systemkosten im Stromsystem nicht-linear von der Penetration durch erneuerbare abhängen - weil am Anfang eine kWh erneuerbare egal zu welcher Zeit eine kWh fossil verdrängen kann, und am Ende die Kosten der Verschiebung von Produktion und Verbrauch in der Zeit dominieren.
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Wie weit weg wir davon sind den deutschen (und weltweiten) Energieverbrauch (nicht Stromverbrauch) durch erneuerbare zu decken. Es sind aktuell grob 10%.
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Warum Grundlastkraftwerke zwar nicht die erste Wahl sind um Fluktuationen der Stromversorgung auszugleichen, aber den Bedarf an Speichern reduzieren - weil sie in einem Stromsystem, in dem Verbraucher dynamisch an und ausgeschaltet werden um auf die Produktion zu reagieren, garantieren, dass die wichtigsten Verbraucher nie zu wenig Strom haben. Für die weniger wichtigen Verbraucher sind temporäre Stromausfälle akzeptabel. Dadurch sinkt der Bedarf an Speichern massiv.
Das sind jedenfalls die Eckpunkte des Modells aus dem heraus ich mir große Sorgen mache und das mich dazu bringt den Atomausstieg für einen schweren Fehler zu halten.
Ich wollte erst mal diese high level Modellfragen durchkauen, bevor dann diese klassischen Atomkraftthemen kommen, könnte mir aber vorstellen, dass das einfach zu ausgelutscht ist…
Sorry! Aber in dem Bereich wird wirklich unglaublich viel falsches und halbwahres mit großem Selbstbewusstsein verkündet, davon fühle ich mich oft provoziert.
Das Problem ist nur, dass einige dieser Aspekte zentral für dein Model sind. Du führst immer wieder die Systemkosten als ein Argument an. Für die ist es nur von zentraler Bedeutung welche Kosten angesetzt werden. Kommen da tatsächliche Kosten für Versicherung oder Endlagerung hinzu, dann sieht es für AKW nicht mehr so rosig aus.
Du wirfst z.B. dem Wasserstoffhochlauf zu hohe Unsicherheiten vor. Was ja auch stimmt und es sieht im Moment so aus, dass wir die prognostizierten Kosten zu Beginn des Hochlaufs schon mal nicht erreichen. Nur, die Unsicherheit besteht bei AKW ebenfalls. Die ETH hatte da zuletzt mal für die Schweiz eine Analyse gemacht (Nexus-e - Swiss Electricity Supply after the "Mantelerlass" - Quo vadis? A perspective on Nuclear Power). An sich ging es um Laufzeitverlägerungen. Da sind die Systemkosten im Stromsystem geringer ausgefallen. Anmerken würde ich, dass hier nicht aufgeführt ist, wie sich eventuell ansteigende Instandhaltungskosten bei den dann immer älteren Kraftwerken auswirken. Die basieren auf Erfahrungswerten (was ok ist, aber du führst die nicht linearen Unsicherheiten gerne auf). Wenn es zum Neubau kommt, dann ist das im Fall der in Europa aktuell zu sehenden Investitionskosten schlicht teurer als das Referenzszenario mit EE. Da fehlen dann aber auch die eingangs genannten Kosten. Es wird also vermutlich noch teurer. Es ist also nicht so einfach und deutlich wie du den Anschein erwecken willst.
Wenn man nun noch bedenkt, dass du die AKW als Backup haben möchtest, dann kann ich dein Argument im die Kosten noch weniger nachvollziehen. Und weil du sagst wir wissen wir ein System mit AKW sich verhält. Wir wissen auch, dass ein quasi erneuerbares Stromsystem mit ausreichend Speichern funktioniert. Klar kann man die Situation der Wasserkraft aus Norwegen nicht in Deutschland anwenden. Was sie aber zeigt ist, dass ein System mit entsprechender Speicherkapazität sicher und zuverlässig ist. Ja, wir haben das noch nicht (wäre auch zu schön), aber technisch ist es machbar und wir wären wieder bei der Umsetzungsfrage.