LdN375 Faktencheck Atomausstieg

Wenn er die große weiße Wolke über dem Dorf Niederaichbach sah, wusste Josef Klaus, dass er bald zu Hause sein würde. Auf der Autobahn konnte man schon von Weitem den Kühldampf erkennen, der vom Kernkraftwerk Isar 2 in den Himmel stieg. Sogar beim Landeanflug auf den Flughafen München war er an klaren Tagen zu sehen. Es hatte etwas Vertrautes für den CSU-Politiker und heutigen Bürgermeister. Ein Stück Daheim.[…]Inzwischen seien die Leute der Gegend froh über die Abschaltung, berichtet Klaus. Auch ohne Kernkraft gibt es genug Energie.[…]„Die Meiler werden zurückgebaut, aber die Zwischenlager existieren weiter, und niemand weiß, wie lange“, klagt Bürgermeister Klaus.[…]„Wir können mit diesen Flächen nichts anfangen, sie nicht bebauen oder anderweitig nutzen. Das sind de facto Gewerbeflächen, die nichts einbringen, sondern Kosten verursachen. Dafür brauchen die Kommunen, in denen die Zwischenlager liegen, eine Kompensation.“

Sauberer Atomstrom :wink:

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Das ist einfach nur objektiv komplett falsch. Da kommt kein Quadrat rein, weil der Kapazitätsfaktor dimensionslos ist. Der Kapazitätsfaktor ist bezogen auf das Verhältnis des maximalen nominellen Energieoutput auf den tatsächlichen.

„The net capacity factor is the unitless ratio of actual electrical energy output over a given period of time to the theoretical maximum electrical energy output over that period.“ (1)

Es ist ganz genau so wie ich es geschrieben habe.

Wenn dir das tatsächlich alles klar war - super. Ich lese ständig Aussagen der Art „Erneuerbare Energie ist die billigste Energie“ und das ist immer auf den Preis im Regime weit weg von 100% erneuerbaren Quellen bezogen.

(1) Capacity factor - Wikipedia

Ich gebe mir alle Mühe verständlich zu sein. Schwammige, rein verbale Argumente sind genau das Problem in der Diskussion.

Ein Kapazitätsfaktor von 1 ist Quatsch und ich weiß gar nicht warum wir darüber sprechen, das behauptet niemand.

Das Problem ist, dass ihr offenbar die qualitative Dynamik dieser Transformation nicht versteht.

Es gibt im Grunde, vereinfacht gesprochen, 2 Regime:

  1. Fernab von 100% erneuerbarer Energie im System

  2. Nah an 100% erneuerbarer Energie im System

Wir sind noch in ersterem Regime, was man daran erkennt, dass in erster Näherung jede installierte kWh * Kapazitätsfaktor eine entsprechende Menge fossiler Energie verdrängt, während der Kapazitätsfaktor relativ stabil ist.

Die realistische Gefahr ist diese: Wenn wir uns an Regime 2 annähern, steigen die Kosten so sehr, dass der Ausbau versandet. Das wird sehr plötzlich passieren, weil das System sich dann nicht mehr linear verhält. Das könnte bei 70, 80, 90 Prozent passieren, aber das kann niemand seriös sagen. Der Rest wird dann von Peaker-Gaskraftwerken geliefert, wenn die gebaut sind.

Diese, sagen wie mal 20%, sind aber nicht vom heutigen Strombedarf, sondern am Ende der Transformation vom kompletten Energiebedarf, der 5-10x höher liegt, je nach Land.

Und ob es einen funktionierenden Weltmarkt für CO_2-neutrales Gas geben wird, und wenn ja, was das dann kosten wird, steht in den Sternen.

In diesem Szenario kommen wir also nie aus CO_2-Emissionen raus.

Das muss alles nicht so kommen, aber es ist absolut plausibel und erscheint mir aktuell das realistischste Szenario zu sein.

(*) Ein gewisser Teil des Gases wird auch für stromunabhängig Prozesse genutzt werden.

Auf dieses „Argument“ geht niemand ein weil es extrem verschwörungstheoretisch klingt (genau wie der ständige Lobby Vorwurf). Die Kernenergie wurde in Deutschland nicht nennenswert subventioniert (F&E sind keine Subventionen), da gab es vor ein paar Jahren eine Erklärung der Regierung zu. Spielt aber auch keine große Rolle, wenn wir Klimaneutral werden wollen werden wir irgendwo ohnehin subventionieren.

Ich fänd‘s auch gut wenn du nicht immer sofort „Schließt den Thread, Lobby Propaganda!!“ hier einwerfen würdest wenn es um Kernenergie geht.

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Entschuldige, dass ich geschrieben habe Zeit mal kWh. Da kommt korrekt eben kWh^2 raus.

Ich war gedanklich wohl bei Volllaststunden, weil Leistung mal Kapazitätsfaktor (ist genau genommen nichts anderes als Volllaststunden durch Jahresstunden oder eine andere Bezugsgröße) keinen Sinn ergibt. Da kommt immer noch keine Arbeit raus. Das wäre Leistung mal Faktor und da du am Anfang auf Preise für Energie hinaus wolltest nichts mit dem Mensch etwas anfangen kann.

Alle Studien, die ein 100% EE-System inklusive des Pfades betrachten sind also unseriös? Was soll den für deine Behauptung sprechen? Das wir uns dann entscheiden einfach doch weiter fossile Energie zu verbrennen? Da hätten wir aber vorher schon so viel falsch gemacht, und das müssen wir auch mit AKW machen. Dinge wie Speicher, Flexibilisierung und Netzausbau sind unabdingbar (um ein paar Stichworte zu nennen). Bei dir klingt es etwa so, wie mit AKW gibt es die silver bullet und die rettet uns. Das ist viel zu kurz gedacht und sorgt nur dafür, dass man sich erst mal wieder an anderen Stellen ausruhen wird.

Deine Quelle belegt, dass es sich hier um Leistung handelt (electrical energy output over a given period of time - Arbeit pro Zeit) nicht um Arbeit. Daher spricht man von kWp. Der Einwand, dass das h dort fehl am Platze ist, ist also objektiv richtig.

Das ist in der Tat erst mal komplett richtig (beides).
Was du eigentlich meinst ist ja die Frage der Volatilität bzw wie groß eine Dunkelflaute sein kann, was wiederum teure Speicher erfordert. Das wurde auch auch schon durchgekaut.
Oder gibt es da noch was, was höher Kosten verursacht, wenn wir Ri 100% kommen?

Ich würde sagen, die Studien die ich hier auch selbst immer wieder zitiere - z.B. vom Frauenhofer ISE - sind sehr seriös ausgearbeitet und trotzdem müssen sie natürlich Annahmen treffen, wie sich z.B. Power to Gas Technologien entwickeln. Ich glaube selbst nicht, dass Atomkraft in Deutschland eine Zukunft hat. Trotzdem würde ich @svara 2 Punkte zugestehen:

  1. Außerhalb des wissenschaftlichen Diskurses wird z.B. von Journalisten aber auch immer wieder hier im Forum tatsächlich oft der aktuelle Preis von Atomstrom mit dem von Erneuerbaren verglichen und daraus abgeleitet, dass Atomstrom gegenüber erneuerbaren unwirtschaftlich sei. Tatsächlich müsste man aber ein zukünftiges Energiesystem mit Netto Null Emissionen einmal mit und einmal ohne Atomstrom vergleichen.
  2. Es gibt natürlich eine Unsicherheit, dass Wasserstoff und Power to Gas so wirtschaftlich wird, wie in den Studien prognostiziert oder erhofft. Einfach weil sie davon heute noch recht weit entfernt sind. Dann könnte auch die Wirtschaftlichkeit von einem Energiesystem mit Atomstrom anders aussehen.

Hier würde ich allerdings keinen Vorteil durch Atomstrom sehen. Im Gegenteil. Würden wir das im großen Stil machen müssen, dann wären Erneuerbare hier deutlich im Vorteil. Schließlich schreibt uns niemand vor, WANN man das CO2 aus der Atmosphäre ziehen muss. Das könnte man also wunderbar mit erneuerbaren Überkapazitäten tun und bräuchte entsprechend weniger (saisonale) Speicher.

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Danke erst einmal, dass du meine zentralen Punkte so klar extrahiert hast. Ich komme anscheinend nicht wirklich durch mit dem, wie ich es versuche zu erklären.

Das ist jetzt wirklich ein gutes Argument!

Das überzeugt mich, in der Hinsicht, dass CO_2 direct air capture und erneuerbare tatsächlich ein guter fit sind.

Ich denke aber nicht, dass es die ganze Kalkulation ändert. Wir müssen ja trotzdem den aktuellen Gesamtenergiebedarf durch erneuerbare decken (auch indirekt durch Import von CO_2-neutralem Gas), nicht nur den Bedarf an Strom.

Ja, da wird es Effizienzgewinne bei Gebäuden etc. geben, aber moderne Rechenzentren sind zum Beispiel unglaublich energieintensiv und KI ist der absolute Stromfresser. Wenn man sagt, das geht alles in Deutschland nicht, dann geht es halt stattdessen woanders, und das Land wird abgehängt.

Nein, es gibt gut gemachte Studien von seriösen Wissenschaftlern dazu. Deswegen ist es aber nicht seriös, die Ergebnisse ihrer Modelle für unausweichliche Wahrheiten zu halten. Ganz wichtiger Unterschied.

Dafür spielen da einfach zu viele unterschiedliche Faktoren rein, die zusammengenommen zu großen Fehlerbalken führen. Zum Beispiel habe ich einige der Dinge, die gleichzeitig gut funktionieren müssen, in meiner Antwort auf @LeoWom aufgezählt.

Wie sicher müsste man denn deiner Meinung nach sein, dass man auf dem deutschen Weg gleichzeitig dekarbonisieren und eine kompetitive Wirtschaftsnation bleiben kann, bevor man die Wette einfach eingeht? 90%? 95? Davon sind wir meilenweit entfernt.

Das ist überhaupt nicht meine Meinung. Wenn ich das entscheiden könnte, würde ich AKWs als Backup behalten für den Fall, dass die Alternative schief geht.

Und zwar im Umfang einer Leistung von ca. 2x der Leistung, bei der im ganzen Land grundlegende Dienste aufrechterhalten werden können, und Anlagen am laufen gehalten werden können, bei denen eine Unterbrechung der Stromversorgung sehr kostspielig wäre.

Wahrscheinlich kann man in 10 Jahren oder so dann auch neue Atomkraftwerke sehr günstig bei den Chinesen oder Südkoreanern oder anderswo einkaufen und in ein paar Jahren bauen, das heißt, man kann dann zur Not auch noch umsatteln. Das geht natürlich alles nur, wenn die Deutschen ihre Atomkraft-Angststörung kurieren.

Die Extrakosten kommen 1) aus den Kosten der Speicherung und des Baus von Speichern, 2) des Netzes und des Ausbau des Netzes (Fernleitungen sind notwendig um regionale Wetterunterschiede herauszumitteln, smarte Netze und spezielle Steuerelektronik in Haushaltsgeräten, Autos, Industrieanlagen, … sind notwendig um Lasten an das Angebot anzupassen), 3) des Imports von CO_2-neutralen Energieträgern zu dem Grade in dem die Speicherung in Europa nicht ausreicht und 4) dem Ausbau von (nominellen) Überkapazitäten um den Bedarf für Speicher zu minimieren.

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In dem Wikipedia Artikel sind sogar Beispielrechnungen, damit verstehst du es hoffentlich. Du stellst zwei Energien (kWh) in Bezug zueinander und erhältst einen dimensionslosen Kapazitätsfaktor. Die Zahl im Nenner habe ich „kWh Peak“ genannt, das war von mir offensichtlich unklug weil es so viel Verwirrung gestiftet hat.

Du hast es leider auch nicht richtig verstanden, schau dir die Beispielrechnungen an. Man stellt zwei Energien in Bezug zueinander und die Einheiten kürzen sich. Natürlich gibt es andere Rechenwege, du kannst auch die durchschnittliche Leistung durch die maximale Leistung teilen und kommst zum gleichen Ergebnis, das ist vielleicht, was du meinst.

So oder so ein kompletter Nebenschauplatz, ich werde versuchen in Zukunft strikt sprachliche Abkürzungen zu vermeiden, damit das nicht nochmal passiert. Schon krass aber, wie ihr mir deswegen sofort unlautere Motive unterstellt.

Es scheint mir ein wenig widersprüchlich, das Risiko mangelnder Wirtschaftlichkeit mit einer redundanten Infrastrukturinvestition begegnen zu wollen, die ja die Wirtschaftlichkeit weiter reduziert.

Obendrein zeigen die Erfahrungen mit einigen AKW-Projekten, dass ein großes Risiko besteht, dass die Kosten viel höher werden und der Bau länger dauert als geplant.

Wäre aber tatsächlich interessant, mal die Risiken zu berechnen, von Investitionen in Netze, Speicher, Last-Management und AKWs.

Das liegt daran, dass beide Erklärungsansätze von Dir als Strohmann aufgebaut wurden, weil es Dir dann leichter fällt, sie in dieser Diskussion abzuwerten.

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Nicht nennenswert?

Abgesehen von der Streitfrage, was genau mit „Subvention“ gemeint ist (was im verlinkten Text des Wissenschaftlichen Dienstes auch diskutiert wird), sehe ich staatliche Unterstützung der Kernenergie u.a. in folgenden Externalitäten, die nirgends als Summe abgebildet sind:

  • wir bzw. der Staat zahlten für die Durchsetzung der Atomkraft gegen der erklärten Willen der betroffenen Bevölkerung, u.a. durch polizeilichen Schutz der Atomtransporte.
  • wir bzw. der Staat zahlen für die Endlagerung - Jahrtausende lang.
  • weil es keine Endlagerung gibt, werden wir bzw. der Staat irgendwann die Rechnung für die Folgen der nicht-Endlagerung erhalten. Das fängt im Kleinen an, siehe der oben im Thread verlinkte Welt-Artikel über Zwischenlagerkosten.
  • ein GAU ist unversicherbar und kein Betreiber kann dessen Kosten bezahlen. Wir bzw. der Staat hätten die Folgen getragen, wenn die Umgebung eines verunglückten AKWs auf Jahrzehnte bis -hunderte unbewohnbar wird.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie nonchalant solche „externen“ Kosten der Kernenergie kleingeredet werden.

(Als Schüler besuchte ich auf Klassenexkursion ein AKW. Man erzählte uns damals, dass die Technologie völlig sicher und ein signifikanter Unfall deshalb praktisch unmöglich sei. Damals fand ich das überzeugend. Seitdem habe ich zu meinen Lebzeiten zwei solcher praktisch unmöglichen GAUs erlebt, Nicht in der Dritten Welt, sondern in Ländern, die ebenso wie Deutschland für die Qualität ihrer Ingenieure berühmt sind. Und bin heute irgendwie nicht mehr so beeindruckt von der Technologie.)

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Das Risiko liegt ja eigentlich nicht wirklich bei der Wirtschaftlichkeit. Da kommt das Vorsorgeparadoxon zum Tragen. Die Energiepreise werden nie wirklich so durch die Decke gehen, dass hier die Industrie komplett abstirbt.

Der (traurige) Grund dafür ist, dass stattdessen halt fossiles Erdgas verbrannt werden würde.

Es geht mir darum sicherzustellen, dass wir auf jeden Fall an den Punkt gelangen, wo eine deutsche Industrienation mit minimalem CO_2-Ausstoss funktioniert.

Ich habe strikt drauf geachtet, dass ich nur Vorschläge von anderen Diskutierenden umformuliert habe, sonst wäre es nicht lustig gewesen.

Trotzdem habe ich natürlich eine Art Strohmann aufgebaut, ich dachte es bringt den einen oder anderen zum Nachdenken, wenn man aufzeigt, wie weit und breit konventionell für wahr gehaltene Dinge zu völlig absurden Schlüssen führen, wenn man sie zu Ende denkt.

Aus PNs weiß ich dass es der eine oder andere verstanden hat.

Das ist für sich ein guter Punkt. Deutschland (und viele andere) plant sich aus dem verbleibenden CO2 Budget mehr zu bedienen als für die Pariser Klimaziele gerecht und notwendig wäre. Ob es nun am Schluss Elektrolyseure, Stromleitungen oder AKWs sind, die fehlen um die Ambitions- oder Zielerreichungs-lücke zu schließen, ändert dabei nicht viel. Außer vielleicht, dass sich „weniger AKWs“ als Ausrede politisch besser verkaufen lassen.

Das wird nochmal interessant, wenn wir wieder einen FDP Wirtschaftsminister haben. Dann kommt statt der Drohung mit Sonntagsfahverbot die Drohung mit AKWs im Prenzlauer Berg, wenn die Klimaziele für Energie nicht auch fallen gelassen werden.

Das ist unredlich. Wir wissen wie ein Stromnetz mit Grüßen Kraftwerken aussieht, ob Kohle, Gas oder Kernkraft - meiner hat sich dieses Netz ausgedacht. Es ist entstanden.

Was wäre denn, wenn unserer Alternative zu Atomkraftwerken konventionelle Gaskraftwerke wären mit CCS?
Wie bauen regenerative Energieerzeuger aus und sichern uns an, über Gaskraftwerke, die nur Erdgas betrieben werden.
Überschüsse aus dem erneuerbaren setzen wir ein für die H2 Produktion für Industrie, Lfz und Fahrzeuge (Brennstoffzelle). So haben wir ausreichend Backup, die Treibstoffkosten für dieses Backup sind überschaubar, Lagerung ist möglich und eine Dunkelflaute leicht zu überbrücken.

Und wie sparen uns Investitionen in Atomkraftwerke.