LdN370 - Zumutungen

Er hatte aber den Nachteil, dass die Fläche die ein Hof bewirtschaften musste um überleben zu können stieg. Das nötige Kapital um den Hof betreiben zu können stieg.
Kleine Höfe fielen dem zum Opfer.

Und so wird man fast immer negative Aspekte finden können.

Ich würde mal pauschal sagen sobald die persönliche Bilanz inst negative kippt. Was das genau für Kriterien sind, ist individuell unterschiedlich. Das führt dazu, dass wenn nur auf die negativen Dinge geguckt wird, alles schnell zu einer Zumutung wird. Siehe Klimawandel. Fossile Rohstoffe sind auf so vielen Ebenen so unglaublich schlecht, dass ich Schwierigkeiten habe mir vorzustellen, wie eine Umstellung eine Zumutung sein könnte.

Mal konkret gedacht:

Wenn Benzin teurer wird, und ich dadurch mehr Kosten habe, um zur Arbeit zu kommen, und dadurch weniger Geld im Monat übrig habe, ist das unangenehm, aber noch keine Zumutung. Da mir das dahinterliegende Ziel klar ist. Das ich, sobald mir das finanziell und von der Infrastruktur möglich ist, auf ein umweltfreundliches Auto umsteigen sollte.

Würde man jetzt extrem gesagt den Individualverkehr mit dem PKW sofort verbieten, ohne Alternativen zu schaffen, so das ich nicht mehr zur Arbeit komme, um überhaupt Geld zu verdienen, dann wäre das schon eine Zumutung

Das Ziel muss Dir aber nicht nur klar sein. Du musst es als erstrebenswert erachten und Du musst den Eindruck haben, dass Dein Beitrag dazu mehr wert ist, als Deine Bequemlichkeit.

Beim Thema Klima ist, denke ich, das Problem, dass von dem sinkenden CO2-Ausstoß niemand direkt was hat. Bis das wirksam wird, sind viele schon längst unter der Erde. Wir machen es also, im Wesentlichen, für jemand anders. Vor allem da wir noch in einer Region leben, die bisher relativ glimpflich davonkommt. Und das fällt dann schwer, insbesondere, wenn man nicht das Gefühl hat, auch wirklich wirksam zu sein.

Was ich nicht verstehe ist, warum wir immer nur über die „Zumutungen“ reden und nicht über das enorme Potential außen herum.
Warum reden wir von Arbeitsplatzverlust, warum nicht vom Arbeitsfreiheit? Warum reden wir vom fehlenden Parkplatz und nicht von der gewonnen Fläche? Warum reden wir nicht von weniger Lärm in Städten oder an Flughäfen?
Wenn wir den ganzen Konsumschund nicht produzieren würden, dann müsste es doch möglich sein viel weniger zu arbeiten. Warum machen wir uns nicht Gedanken darüber, wie wir unsere Gesellschaft organisieren, wenn es nur noch 20 Arbeitsstunden für jeden gäbe und warum denken wir nicht danach, wie wir da hin kommen?

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Ist das nicht aber auch ein besonderes Phänomen bei gesamtgesellschaftlichen Veränderungen? Die Vorteile so eines Gesetzes betreffen ja die gesamte Gesellschaft und sie treten nur dann ein wenn alle mitziehen. Ich glaube dass auch hier das Zögern des Einzelnen, Zumutungen zu akzeptieren, mit dem Misstrauen gegenüber den Aspekten von Veränderung zu tun hat, die er selbst nicht in der Hand hat.

4 Beiträge wurden in ein neues Thema verschoben: Haftung bei autonomen Fahrzeugen

Nun ja, unsere Gesellschaft global ist aktuell so ausgelegt, das wir einer Erwerbsarbeit nachgehen, dafür ein allgemein anerkanntes Zahlungsmittel in vereinbarter Höhe erhalten, mit dem wir Dinge zum Leben kaufen sowie weitgehend sinnfreie Konsumartikel, mit denen wir die verbleibende Freizeit füllen.

Das ist sicher keine besonders intelligente Form seine Lebenszeit zu verbringen. Zudem wir dabei noch unseren Planeten ausbeuten, Kriege führen und uns gegenseitig das Leben schwer machen.

Sicher wäre es fein, wenn wir uns aus diesem selbstgeschaffenen Korsett befreien könnten.

Nur ist mir das bei aller Vision zu weit weg.
Die aktuell drängenden Probleme sind mir näher.
Und es ist nicht immer Bequemlichkeit. :wink:

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Welche wären das denn? Natürlich ist es nicht immer nur Bequemlichkeit. Das wollte ich damit auch nicht sagen. Ich denke, nach Abzug all dessen, was unter Bequemlichkeit läuft, bleiben noch genug Probleme übrig.

Was ich damit sagen wollte sind zwei Sachen:

  1. Auch wenn ich den Begriff nicht mag: Man könnte die Veränderungen auch positiver „framen“ als als Zumutung.
  2. Wenn wir Themen wie den Klimawandel, Biodiversität, Nachhaltigkeit, wirklich angehen wollen, werden sich die von mir genannten Fragen automatisch stellen. Bisher haben wir die technologischen Möglichkeiten an vielen Stellen nicht, dass alles so weiter gehen kann, wie bisher, nur halt nachhaltig. Ich kann es nicht rechnen, aber mein Ingenieursblick lässt mich vermuten, dass wir viele Dinge einfach sein lassen müssten. Zumindest bis es bessere Lösungen gibt. Wenn das so ist, stellt sich halt zwingend die Frage, ob noch genug Arbeit übrig bleibt und wie wir Teilhabe organisieren, falls nicht.

Wenn wir die drängenden Probleme nicht durch andere ersetzen wollen, dann sollte man sich schon mit der Frage beschäftigen, was die Auswirkungen sind: Welche erwünscht sind, welche nicht und wie man damit umgeht.

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Bin ich absolut bei Dir.

Zu 1: ja.

Zu 2: wir müssen die genannten Probleme konstruktiv angehen, weniger dem Status Quo bewahren. Aber die Menschon mitnehmen, indem man das Ziel, den Weg und die Herausforderungen klar benennt.

Dann geht Veränderung

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Für diese Behauoptung hätte ich aber gern eine Quelle.

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Ich denke, hier kommt noch eine Frage hinzu: führen die Zumutungen zu etwas das mein Leben verbessert? Oder genauer gesagt, glaube ich, dass etwas besser wird?

Denn genau hier hakt es meiner Einschätzung nach. Ich gehe jetzt auf die vierzig zu, und liege damit immer noch einiges unter dem Durchschnittsalter in Deutschland, und wenn ich jetzt mal spontan schaue, welche größeren, politisch gewollten Veränderungen und Großprojekte ich so miterleben durfte, wird es mit dem Glauben an Besserung ziemlich eng:

  • Agenda 2010: der Generalangriff auf den deutschen Sozialstaat, mit propagandistischem Unterstützungsfeuer von Springermedien, INSM und Konsorten. Seitdem ist Arbeitslosigkeit eine nicht nur soziale sondern auch physische Bedrohung, der entstandene Niedriglohnsektor ist eine Schande nationaler Größe, und für 20 Jahre hatte das Kapital einen gewaltigen Vorteil um Löhne und Arbeitsbedingungen zu drücken, bis der einsetzende Arbeitskräftemangel anfing, die Verhältnisse langsam wieder auf eine ausgeglicherene Basis zu verschieben.

  • Bologna-Reform: das Versprechen war eine europaweit vergleichbares Bildungssystem, bekommen haben wir verschulten Mist der die Bezeichnung Studium nicht verdient. Was die nur wenige Jahre älteren Doktoranden mir während meiner Bachelor- und Masterarbeitszeit über ihr Studium erzählt haben, klang wie von einem anderen Stern, und zwar einem weitaus besseren, auf dem man mehr lernte und weniger Bürokratie ausgesetzt war.

  • Riester-Rente: viel Geld für Versicherungsgesellschaften, aber kaum Nutzen für die Menschen

  • Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Atomausstieg: viel Geld für Stromkonzerne dank eines Gesetzes das so schlampig war dass man sich fragen muss, ob hier Absicht am Werk war

  • Sabotage der deutschen Solarindustrie durch Altmaier: muss man nichts zu sagen, wurde auch in der aktuellen Lage erwähnt. Windkraft ebenfalls.

  • Mautkatastrophen: Milliarden verschwendet in Vorgängen bei denen ein normal denkender Mensch nicht nachvollziehen kann wie hier etwas anderes als Korruption am Werk ist.

Dazu dann noch einige widerliche Projekte wie Vorratsdatenspeicherung (beliebige Inkarnation), Zensursulas Stopschilder, TTIP, ACTA.

Es ist zwar nicht meine Ansicht, aber wenn jemand in Anbetracht dieser List zu dem Schluss kommt, das Beste sei jede Veränderung zu bekämpfen damit es nicht schlimmer wird, kann ich das schon irgendwie verstehen.

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Da machst Du es Dir m. E. zu einfach. Anders als bei dem Traktor oder dem Fließband stellen sich hier komplexere ethische Fragen. Wie soll die KI entscheiden, wenn entschieden werden muss, ob Passagiere des Autos oder Außenstehende geschützt werden sollen? Was ist, wenn ein Ausweichen in beide Richtung Menschen verletzen würde? Hier Vorfestlegungen zu treffen ist auch mit Blick auf Grundrechte schwierig.
Es geht nicht nur um Haftungsfragen und Strafrecht.

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Mal ein anderer Gedanke dazu:

Menschen rauchen. Menschen trinken Alkohol.
Nachweislich ist beides schädlich für die eigene Gesundheit. Sekundär verursacht es auch hohe Kosten im Gesundheitswesen, Krankheitstage im Job, dazu negative Nebenwirkungen wie Passivrauchen von Kindern, Alkohol im Straßenverkehr oder erhöhte Gewaltbereitschaft durch Alkohol.

Vorteile von beidem fallen mir grad nicht ein, bis auf Gewinne und Arbeitsplätze der zugehörigen Industrien.

Würde man jetzt aus nachvollziehbaren Gründen beides verbieten, würden das Betroffene als Zumutung empfinden. Als Bevormundung, Einschränkung der Freiheit, etc.

Will sagen: bei aus der einen Sicht positiven Veränderungen gibt es immer auch eine Seite, welche diese Veränderungen als negativ betrachtet. Das macht es wohl so zäh.

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Zunächst ein Vorschlag: wollen wir das Thema in einen neuen Thread auslagern? Finde es spannend aber etwas off-topic.
Dann: mich würde auch die Quelle interessieren. Nicht weil ich behaupte, dass die Zahlen nicht stimmen, sondern weil ich gerne verstehen würde, wie sie zustande gekommen sind.
Dann zum Thema: selbst wenn wir die Zahlen mal so hinnehmen: vergleichbar sind sie halt leider nicht. Auf rein rationaler Ebene wäre es ggf. vernünftiger, Menschen ließen sich von einer KI kutschieren, die weniger Unfälle baut, als sie selbst. Viele würden sich dadurch aber nicht sicherer fühlen. Ähnlich wie beim Fliegen, dass statistisch deutlich sicherer ist, als das Autofahren. Die Tatsache, dass man seine Sicherheit in die Hände von jemand anderem legt, der damit ggf. sogar besser aber eben nicht perfekt umgeht ist da aus meiner Sicht eine schwer zu überwindende psychologische Hürde. Machbar wäre es dennoch, wenn man das Ganze im Kleinen irgendwo einführt, wo es für jedermann zu beobachten ist, dadurch das Vertrauen stärkt, und dann nach und nach ausbaut.

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Nicht zu vergessen die Politik und insbesondere die Verkehrsminister, die sich seit Jahrzehnten gegen Tempolimits aussprechen. Auch diese tragen mindestens eine Teilschuld

Bezog sich auf diesen Artikel, den ich just zuvor gelesen hatte:

Was ich angreife, ist die Logik dahinter, nicht die konkreten Zahlen. Also meinetwegen kannst du auch 30-40% oder sogar 60-70% daraus machen. Also selbst wenn vollautomatisches Fahren „nur“ 1000 Verkehrstote pro Jahr weniger erzeugen würde (also 40% weniger als aktuell) wäre das für mich schon genug, es ernsthaft in’s Auge zu fassen.

Das Problem ist und bleibt dabei die Ablehnung des Neuen: Wenn wir durch einen „menschlichen Fehler“ getötet werden, ist das ein tragischer, oft unvermeidbarer, Unfall, wenn wir durch einen „technischen Fehler“ getötet werden, der ebenso - auf dem aktuellen Stand der Entwicklung - unvermeidbar ist, ist das ein riesiges Problem. Das kann man mit Haftungsfragen begründen, halte ich aber für problematisch, weil sich dafür wie gesagt Lösungen finden ließen, wenn man einen ähnlichen Maßstab im Hinblick auf Perfektionismus anlegt, wie bei den aktuellen Regelungen (die alles andere als Perfekt sind!). Bei einer Neuerung legen wir aber einen anderen, nicht mal theoretisch erfüllbaren Maßstab an, nämlich tatsächliche Perfektion.

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Wenn es dir um die strafrechtliche Haftung geht gilt das gleiche wie oben: Wir wollen hier eine perfekte Regelung, obwohl die Regelung aktuell auch nicht perfekt ist. Aktuell ist es - vereinfacht gesagt - so: Handelte der Fahrer fahrlässig und war der Unfall deshalb vermeidbar, haftet er für fahrlässige Körperverletzung / Tötung. War der Unfall nicht vermeidbar („Verkettung unglücklicher Umstände“) haftet der Fahrer nicht. Der gleiche Maßstab kann auch an automatisiertes Fahren angelegt werden, aber dazu müssen wir an technische Systeme den gleichen Maßstab anlegen wie an Menschen. Einen Menschen verurteilen wir nicht wegen fahrlässiger Tötung, wenn der Unfall für den durchschnittlichen Fahrer nicht vermeidbar gewesen wäre. Beim automatischen Fahren setzen wir den Maßstab höher, da vergleichen wir nicht mit „dem durchschnittlichen Fahrer“ oder „der durchschnittlichen KI auf dem aktuellen technischen Stand“, sondern mit absoluter Perfektion. Und das ist genau die Fortschrittsbremse.

Das Beispiel sollte eigentlich nicht den ganzen Thread derailen, aber manchmal kommt es leider so. Wenn der Thread weiter „auseinandergeht“, also über zwei Themen parallel diskutiert wird, müssten wir es in der Tat trennen, aber vielleicht kommen wir ja von dem Beispiel weg wieder zur allgemeinen Problematik der Beharrungskräfte, weil jede Veränderung als Zumutung aufgefasst wird.

Mir ging es hauptsächlich darum, dass auch jede Veränderung nur einseitig über Zumutungen dargestellt wird. Das ist auch hier in der Lage der Fall. Beim Klima hatte ich das bereits angemerkt und hier ist es mir so deutlich nochmals aufgefallen, dass ich auch hier nochmal drauf hinweisen wollte. Denn das zieht sich irgendwie so durch die gesamte Berichterstattung und Politik, dass sich alle schon daran gewöhnt haben.

Dieses Verhalten ist meines Erachtens der Kern von Zumutungen. Es scheitert an dem Irrglauben, dass es eine noch bessere und erstrebenswertere Lösung gibt, was dazu führt, dass man sämtlichen Fortschritt ablehnt, obwohl die Zumutung entweder gar nicht oder nur sehr vage definiert/spezifiziert werden kann. @Mike hat diese „Unschärfe“ bei der Definition finde ich schon recht gut an einem Beispiel dargestellt.

Das ganze ist durch das Phänomen der „Nirvana Fallacy“, bzw. der Subkategorie „Perfect Soulution Fallacy“ genau beschrieben:

The perfect solution fallacy is a related informal fallacy that occurs when an argument assumes that a perfect solution exists or that a solution should be rejected because some part of the problem would still exist after it were implemented. This is an example of black and white thinking, in which a person fails to see the complex interplay between multiple component elements of a situation or problem, and, as a result, reduces complex problems to a pair of binary extremes. It is common for arguments which commit this fallacy to omit any specifics about exactly how, or how badly, a proposed solution is claimed to fall short of acceptability, expressing the rejection only in vague terms. Alternatively, it may be combined with the fallacy of misleading vividness, when a specific example of a solution’s failure is described in emotionally powerful detail but base rates are ignored (see availability heuristic). The fallacy is a type of false dilemma.

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Da gab es ein meiner Meinung nach gutes Beispiel gerade bei einem Vogelbrutgebiet, das bewässert werden soll, da der Vogel dort wegen Ackerbau immer weniger Gebiet zur Verfügung hat.
Das Landratsamt sagt, es sei mit Bauern im Gespräch, die Land gegen Entschädigung zur Verfügung stellen würden. Der Bauernverband glaubt aber nicht, dass es bei diesem Land bleibt und lehnt darum das ganze Projekt ab. Jetzt platzt es wohl, weil man sich über die Zumutungen, die es erfordert uneinig ist.