LdN365 Bahnstreik

Ich glaube mir ist es in dieser Diskussion nochmal ein Anliegen zu frage / sagen, dass es (glaube ich) eine Fehlinformation im Podcast gab. Es wurde gesagt, dass die „kritische Infrastruktur“ nicht gänzlich bestreikt wird, sondern dass es - wie bei dem Streik der GDL nun - einen Notfallfahrplan gibt. Meines Wissens war das beim Streik der EVG im Jahr 2023 nicht der Fall! Da sind keinerlei Züge gefahren, alles stand wirklich still. Und das sogar mehrfach bzw. wurde dann abgesagt. Ich fand es schade, dass das so abgewischt wurde. Weil es eben auch anders laufen kann, als bei dem Streik der GDL.

Wie wir im Podcast ja auch diskutieren, kann man lange streiten, ob die Bahn überhaupt dazu gehört.

Bei den wirklich kritischen Infrastrukturen wie Wasser, Strom und Rettungsdienst/Krankenhäuser jedenfalls stimmt unsere Darstellung, dass es nicht zu Ausfällen in kritischen Bereichen kommt, weil die Gewerkschaften verantwortungsbewusst streiken.

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Also, da gibts ja viel zu sagen:
Leiharbeit: versucht mal, bei einer Leiharbeitsfirma Euch selbst mit Euren Kenntnissen anzubieten und dann später als möglicher Auftraggeber jemanden zu suchen. Ihr werdet feststellen, dass sich die beiden Stundensätze um etwa 100 % unterscheiden (ja, ich wei0: Die haben ja auch Kosten). Die Bahn könnte also mehr Lokführer direkt einstellen, denn es gibt sie ja. Sie zieht es nur vor, sie sich zu leihen und damit die die Leihfirma die Verantwortung für die indirekten Arbeitsbedingungen und alles andere. Das ist es ihr wert, für geleaste Lokführer (und sicher auch anderen Berufsgruppen) das Doppelte zu bezahlen. Das Geld für Verbesserungen wäre also da. Die GdL garantiert den Lokführern die von ihr ausgehandelten tariflichen Bedingungen. Sie jagt nicht der Bahn die Lokführer ab, sondern den Verleihfirmen. Wenn die Betriebsräte sich einigen könnten, wäre es möglich, die regelmäßige Beschäftigung von Leih-Lokführern zu regeln oder gar zu verhindern und diese direkt zu beschäftigen. Lokführer bedienen bei der Bahn das Kerngeschäft, für die regelmäßige Beschäftigung von Leihkräften als Lokführer fehlt also das Argument. In den Betriebsräten hat die GdL aber keine Mehrheit und die größere Gewerkschaft lässt dieses Modell halt zu.
In der letzten Ausgabe vom podcast „Frisch an die Arbeit“ berichtet ein Zugführer von Schichten 7 Tage hintereinander bis zu zwölf Stunden und mehr (Arbeitszeitgesetz!), die noch dazu ungeregelt sind. Er hat nur jedes 3. Wochenende frei. Er kann sein Familienleben nicht planen - ein Hoch auf gleichberechtigte private Aufgabenverteilung!
Es wird immer wieder berichtet, die GdL sei ja so klein. Wenn die GdL so viel kleiner ist als die große GED - wieso fallen dann die Züge fast komplett aus? Weil bei der Mitgliederzahl der „Großen“ die Rentner mitgezählt werden und bei der kleinen nicht.
Die GED wird mit juristischen Tricks von der Bahn davor bewahrt, bei Streiks die eigene Streikkasse belasten zu müssen, die GdL natürlich nicht.
Ich wäre froh gewesen, wenn meine Gewerkschaft mich und meine KollegInnen genauso mutig und kämpferisch vertreten hätte wie der Kollege Weselski! Oder wo ist die ehemals so aktive IG Metall?

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wir sollte auch aufhören, die Terminologie der DB AG einfach zu übernehmen. Beispiel: „Notfahrplan“. Es handelt sich bei dem Tarifstreit doch nicht um eine Naturkatastrophe o. ä.

Vorschlag stattdessen: „die Bahn hat für die Dauer des Streiks einen Ersatzfahrplan eingerichtet.“

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Minister Habeck spricht - ist mir mehrmals aufgefallen - immer mal von der „Bundesbahn“. Erst hat es mich irritiert, mittlerweile vermute ich aber eine Absicht dahinter.

Und wenn ich weiter darüber nachdenke: das klingt doch eigentlich richtig gut. Die Vorstellung die hiesige Bahn könnte vielleicht nach einer Rückverstaatlichung wieder in einer Liga mit der ÖBB oder der SBB fahren… naja, man wird ja kurz träumen dürfen. Von wegen „alle reden vom Wetter - wir nicht“.

Mit Beamten vielleicht sogar an Schlüsselpositionen? Weniger Marktwirtschaft, mehr hoheitliche Aufgabe.

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Ach, war das erfrischend im aktuellen Podcast! Endlich mal eine Schilderung ohne blindwütiges GDL-Bashing.

Ich bin als 100er-Fahrer von dem Streik sehr stark betroffen, aber habe zugleich vollstes Verständnis für die Belange des Bahnpersonals. Und wahrscheinlich werden sie ihren Zielen auch nur über genau diesen Weg näher kommen.

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Na ja, sie schlägt halt vor ab 2026 auf 37h abzusenken. Es ist ja nun auch nicht so, dass die Bahn sich völlig querstellt.

Das mag vielen vielleicht zu wenig sein, fine. Aber nun ist eigentlich die GDL dran ein Angebot zu machen.

Es ist meines Erachtens nicht die Aufgabe des Managements auf Jahre vorauszusehen, dass die Mitarbeiter bestimmt in 6 Jahren plötzlich die Arbeitszeit um fast 10% kürzen wollen und das versuchen mit Streik zu erzwingen.

Nein, ich kann nicht von heute auf morgen substantielle Forderungen stellen und dann erwarten, dass die Gegenseite die sofort erfüllen kann. Das wäre wie wenn mein Arbeitgeber mich heute angerufen und angewiesen hätte ab übernächster Woche vertraglich vereinbarte Homeoffice sein zu lassen und nun von Frankfurt nach Berlin ins Büro zu pendeln. Da würde auch jeder mit dem Finger an die Stirn deuten.

Eine schrittweise Absenkung wie von @vieuxrenard beschrieben ist die richtige Lösung. Geschwindigkeit und Intensität muss nun halt Inhalt von Aushandlungsprozessen sein.

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Ich fand den Themenblock zum Bahnstreik leider einer der schwächsten seit langem in der Lage. Ulf wies zurecht darauf hin, dass in der öffentlichen Debatte sehr einseitig auf der GDL herumgehackt wird und die Bahn außen vor bleibt. Leider geht ihr in eurer Diskussion ähnlich vor, nur mit umgekehrten Vorzeichen.

Einige Aspekte, die mir zu kurz kommen:

  • Verhältnismäßigkeit: Hier diskutiert ihr fast ausschließlich juristisch. Dass der Streik legal ist, stellt aber kaum jemand in Frage - sehr wohl aber ob er in dieser Form angemessen ist. Der Streik wäre nicht weniger wirkungsvoll, würde man ihn z.B. 2 Wochen vorher ankündigen. Die Bahn könnte mangels Alternativen kaum reagieren, die Kunden sich aber besser drauf einstellen. Nur dass die Kunden der GDL am A***h vorbeigehen.
  • „Der Lokführer-Job ist extrem hart“: Das halte ich für übertrieben. Natürlich ist Schicht-Arbeit immer anstrengend, deswegen werden Lokführer für ihren Ausbildungsstand auch überdurchschnittlich bezahlt. Aber sie sitzen in der warmen Lok und haben nur indirekt Verantwortung für und Kontakt mit Menschen. Verglichen mit schlechter bezahlten Jobs wie Krankenpflege, Lieferdienste oder Rettungsdienst ist der Job nicht „extrem hart“.
  • „18 andere Bahnunternehmen haben sich mit der GDL geeinigt.“ Im Podcast der taz wurde berichtet, dass die mit der GDL eine Wettbewerbsklausel abgeschlossen haben: wenn die GDL mit der Bahn (aus Bahnsicht) bessere Konditionen abschließt, werden diese übertragen. Es ist eine Win-Win-Situation: Die kleine Konkurrenz kauft sich von Streiks frei, wohl wissend, dass sie am Ende doch günstiger wegkommen. Die GDL verbessert ihre Verhandlungsposition mit der DB und ihr öffentliches Standing.
  • „Die Angebote liegen meilenweit auseinander.“ Tun sie das? Die DB bewegt sich schon in ihrem öffentlichen Angebot (das mit Sicherheit schlechter sein wird als das Ergebnis) auf dem Niveau der Ergebnisse im öffentlichen Dienst. Sie hat bereits erstes Entgegenkommen bei der Arbeitszeit signalisiert. Warum sollte auf dieser Basis keine Verhandlung und keine Schlichtung möglich sein?
  • „Wenn die Bahn mehr Geld zahlt und Arbeitszeit reduziert, findet sie auch mehr Lokführer“. Das halte ich für fragwürdig. Der Arbeitskräftemangel ist branchenübergreifend und wird sich demografisch bedingt noch deutlich verstärken. Es ist schon in zahlreichen Branchen so, dass trotz guter Konditionen keine Leute zu kriegen sind. An Grundproblemen wie Schichtarbeit kann man halt in der Masse wenig ändern. Wahrscheinlicher ist, dass die Bahn absehbar zahlreiche Züge ausfallen lassen müsste, wenn sie auf die 35h-Forderung einginge.
  • „Bahn ist keine kritische Infrastruktur.“ Vielleicht ist sie es heute noch nicht, weil der Großteil der Menschen noch private Autos zum Ausweichen hat. Wenn man die Mobilitätswende ernst meint, wird die Bahn wichtiger. In Hamburg ist der Süderelberaum quasi vom ÖPNV abgeschnitten, wenn die von der DB betriebene S-Bahn konsequent streikt.
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Disclaimer: ich habe die Podcast Folge noch nicht gehört. Daher kenne ich die genaue Begründung dafür, dass der Zugverkehr keine kritische Infrastruktur sein soll, noch nicht.

Allerdings möchte ich dir in dieser Aussage hier widersprechen. Große Teile der chemischen Industrie stellen Grundchemikalien her, die dann in Pharma- oder Agrarindustrie und vielen anderen verwendet werden. Diese werden oft mit den Zügen der DB Cargo beliefert. Für mich persönlich ist der Güterverkehr eindeutig Teil der kritischen Infrastruktur.

Für mich ist die GDL die Lindner-FDP unter den Gewerkschaften. Zusammen mit weiteren Spezialgewerkschaften wie Cockpit oder dem Marburger Bund. Die vereinen die Berufsgruppen in Unternehmen, deren Streik die maximalsten Auswirkungen hat - ohne Rücksicht und Solidarität mit dem Rest der Belegschaft des Unternehmens mit weniger Streikpotenzial. Ich verstehe daher nicht, warum ich als von deren Streiks betroffener Bürger Solidarität zeigen soll, wenn diese Gewerkschaften sie nicht einmal im eigenen Betrieb zeigen.

Die „Einigung“ mit 18 anderen Bahnunternehmen ist oft nach dem Motto erfolgt, dass die GDL auf dem Papier bekommen hat was sie forderte - mit dem Vorbehalt, dass das Papier nichts mehr wert ist, wenn die DB nicht auch einknickt…

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Ich fand die Perspektive des Beitrags spannend. Möchte mich aber dringend - anknüpfend an die obigen Ausführungen zu den Anschlüssen mit den kleinen Bahngesellschaften - für eine Korrektur in der kommenden Folge aussprechen. Die Vorbehaltsklausel nicht zu thematisieren steht im Widerspruch zu der sonst vorherrschenden ausgewogenen Darstellung. Ich gehe daher davon aus, dass euch das in der Recherche lediglich entgangen ist.

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Strohmann-Argumentation. Wie die Vereinbarungen mit anderen Unternehmen zeigen, wäre schrittweise Reduzierung durchaus akzeptabel. Aber natürlich stellt man die Forderungen, die man am Ende erfüllt haben will.

Zum einen kann man auch eine schrittweise Reduzierung über längere Zeit verabreden. Wenn man jetzt nur den ersten Schritt beschließt und weiteres Vorgehen offen lässt, hat man in ein paar Jahren denselben Konflikt wieder.

Und desweiteren bietet die Bahn diese 37 Stunden nur unter dem expliziten Vorbehalt, dass sie bis dahin „ausreichend“ zusätzliches Personal eingestellt haben, eine Bedingung, die unter ihrer alleinigen Kontrolle liegt. Das ist lächerlich. Damit könnten die sich einfach zurücklehnen und 2026 mit den Schultern zucken und sagen „tja, hat halt nicht geklappt“.

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Da hast Du aber einiges überlesen. Erstens ist die Absenkung auf 37 Stunden mit dem Verzicht uf die letzte Lohnsteigerung verbunden. Und zweitens, was viel schlimmer ist, steht da drinn dass das nur möglich wird, wenn die Bahn genügend neues Personal bekommt, um die fehlenden Zeiten aufzufangen. Die Bahn kann sich also 2026 hinstellen und sagen: „Es gibt nciht genügend Personal, Pech gehabt ihr Lockführer“.

Die Forderungen sind nicht neu, sie sind von der GDL nur zur Corona Zeit zurückgestellt worden.

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Zum Thema der durch die GdL gegründeten Genossenschaft mit dem Zweck Arbeitsvermittlung der Lok-Führer:

  • Die maximale Anzahl von Anteilen zu 500€ pro Mitglied liegt bei 4. Selbst Weselsky kann also maximal 2000€ dort anlegen, der Gewinn dürfte überschaubar sein.
  • Mitarbeitende (Lokführys) der Genossenschaft dürfen (müssen aber nicht) selbst bis zu 10 Anteile erwerben, profitieren also auch mehr.
  • Die Arbeitsbedingungen müssen immer besser als im Tarifvertrag der GdL sein.
  • In Genossenschaft haben alle gleichviele Stimmen in der Generalversammlung, die auch die Vorstände bestellt oder abberuft.
  • Das finde ich fair.
  • Die DB könnte ja selbst auch Leute vorhalten, statt sie bei anderen Leihfirmen zu mieten. Bei letzteren bekommen die Werktätigen definitiv weniger raus bei gleichem Risiko.
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Laut Anmeldeformular der GdL können alle oder zumindest sehr viele Bahnangestellte Mitglied werden. Daher ist Deine Darstellung so nicht richtig.

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Klingt sehr nach Verschwörungstheorie und Fake News. Gibt es dazu Belege, zum Beispiel das Berufsgruppen gesondert ausgeschlossen werden?

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Ich würde auch eher sagen Chapeau für die GdL. Solange sich die Vermögen in einem Jahr verdoppeln, hören sich. 15% dagegen bescheiden an :sweat_smile:

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Möchte nur folgendes einwerfen,gerade Nachrichten verfolgt:
Bahnstreik endet bereits Montag früh: DB und GDL verhandeln wieder | NDR.de - Nachrichten - NDR Info

Soweit ich weiß trifft es bei Marburger Bund und Vereinigung Cockpit zu. Nur bei der GdL, entgegen dem Namen, nicht.

Eines möchte ich noch zum Argument „Streikverbot/regulierung bei kritischer Infrastruktur“ einwerfen:

Es gab bereits ein Streikverbot bei der Deutschen Bahn. Bis 1993 waren die Bahnen Staatsbahnen, die 1994 dann privatisiert wurden. Durch die Privatisierung erhoffte man sich Kostensenkungen - nicht zuletzt auch bei den Lohnkosten.

Mit der Privatisierung ging dann natürlich auch das Streikrecht einher. Wenn die Parteien, die damals die Privatisierung in die Wege leiteten, nun das Streikrecht einschränken möchten, ist das in meinen Augen äußerst perfide.

Dann doch lieber zurück zur „Staatsbahn“. Der Wettbewerb auf den Schienen ist ja gerade im Nahverkehr vielerorts gescheitert, da oft Billigheimer Ausschreibungen gewannen, die nun noch größere Probleme haben an Personal zu gelangen und daher teils die Hälfte der Zugbewegungen ausfallen.

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