LdN350 Wohnungsnot

Ich glaube, auf so etwas kommen viele Menschen nicht von allein oder wissen.auchngar nicht, an wen sie sich wenden könnten.
Deshalb: Ansprache, Kampagne

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Idee finde ich immer noch gut.

Nur: Wer machts? Wer startet diese Kampagne? Lokal, regional, bundesweit?

Wir haben hier echt gute Ideen in Deutschland (und hier im Forum), kriegen aber nur wenig umgesetzt.
Woran scheitert es?

Ich wohne auf dem Land, Kerngemeinde hat 3500 EW. Durch die Wohnungssuche unserer Tochter haben wir gemerkt, dass es praktisch keine Wohnungen gibt und wenn doch, bezahlt man weit über dem Mietspiegel (die Studentenwohnung in München war unwesentlich teurer als jetzt).Wenn man durch die Gemeinde läuft, sieht man überall Leerstand. Einliegerwohnungen werden nicht vermietet, in Zweifamilienhäusern steht die zweite Wohnung leer. Lieber kein Ärger mit Mietenden! Sowas gibt es auch.

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Mal eine Perspektive aus dem Ausland.

Ich lebe in den USA (San Diego in Kalifornien) und Wohnungspreise sind hier Thema Nr. 2. Thema Nr. 1 ist Obdachlosigkeit was direkt mit den Wohnungspreisen zusammenhängt.

Hier ist einiges sehr anders aber so gut wie alle angesprochenen Probleme und Diskussionen gibt es genauso hier auch. Ich bin recht aktiv in der lokalen YIMBY Bewegung (Yes In My Backyard, eine Gegenbewegung zu den sogenannten NIMBYs (Not In My Back Yard)), einer diversen Gruppe von Leuten die sich darum bemühen die Wohnungsnot auf politischer Ebene anzugehen.

Ein Argument auf das ich eingehen möchte ist und ich paraphrasiere mal etwas „Teure Luxuswohnungen bauen hilft dem Mietpreis nicht“. Das ist immer ein gutes Argument weil es einleuchtet vergisst aber zwei Dinge. Die Wohnungen die gebaut werden sehen oft auf den Bildern toll aus und werden als Luxus vermarktet, sind aber oft nicht so viel teurer als umliegende Wohnungen die es schon gibt. Teurer ja, aber nicht exorbitant.

Der zweite Punkt ist: Leute die besser gestellt sind, ziehen sowieso in die „coolen“ Stadtviertel und wenn es ein Angebot an neuen, besseren Wohnungen gibt, macht es einen Unterschied wieviele Leute sich auf die restlichen Wohnungen bewerben. Oder plump gesagt, mehr neue Wohnungen heißt weniger Konkurrenz bei bestehenden Wohnungen. Gibt auch ein paar Studien die zeigen, dass Mieten in der Nähe von Neubauten leicht nach unten gehen.

Ein anderer Punkt der oft angebracht wird (und auch in diesem dem Post) ist dass es ja so viele leer stehende Objekte gibt. Als Nachsatz kommt dann meistens, dass die Reichen die ganzen Wohnungen horten.

Es ist richtig, dass es eine große Zahl leer stehender Wohnungen gibt. Aber zum einen sind viele Immobilien in Gebieten wo niemand wohnen möchte und zum anderen muss man die Zahlen genauer angucken. Sobald man nur noch Wohnungen anschaut die länger als 6 Monate leer stehen anguckt, sieht das schon ganz anders aus. Das ganze wird of der Vacancy Myth (Leerstehmythos) genannt und wird in diesem Artikel ganz gut eingeordnet.

San Diego hat eine Vacancy Rate (Leerstehrate) zwischen 3 und 4 %. Und man muss auch sagen, es ist nicht erstrebenswert den Wert auf 0 zu senken. Wenn die Vacancy Rate zu niedrig ist, wird es schwierig für Leute umzuziehen oder eine Wohnung zu finden. Aber es ist richtig, dass es dann immer noch Objekte gibt die ohne Grund leer stehen.

Abschließend ist das Problem mit der Diskussion um den Wohnungsmarkt schwierig weil die Lösungen so vielschichtig sind. Es wird schnell mit dem Finger auf private Investoren oder AirBnb gezeigt und die verdienen einen Haufen Kritik. Man tut sich aber keinen Gefallen nur die Punkte hervorzuheben die einen einfachen Gegner haben.

Ich glaube man muss das ganze von mehreren Seiten her angehen.

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Das ist letztlich die ganz normale Debatte, die wir ja auch bei Arbeitslosenzahlen haben. Als Vollbeschäftigung gilt irgendwas zwischen 2 und 4% Arbeitslosenquote, weil die verbleibende Arbeitslosenquote als „friktionelle Arbeitslosigkeit“ quasi unvermeidbar ist. Genau so haben wir es bei einer Leerstandrate von wenigen Prozent auch mit „friktionellen Leerständen“ zu tun, die nahezu unvermeidbar sind.

Anders ausgedrückt:
Wenn die durchschnittliche Mietdauer in Deutschland z.B. knapp über 8 Jahre beträgt, bedeutet das, dass jedes Jahr 12% der Wohnungen neu vermietet werden. Wenn wir davon ausgehen, dass eine Wohnung i.d.R. einen Monat zwischen Kündigung und Neuvermietung leer steht (oft, weil Revovierungen / Modernisierungen stattfinden), hätten wir schon 1% friktionellen Leerstand, bei 3 Monaten 3% usw.

Hier ist eine Karte zu (geschätzten) Leerstand-Zahlen von 2017:


Da kann man sehr schön sehen, dass die Zahl der Leerstände sich in den wirklich problematischen Regionen (Berlin, München usw.) tatsächlich nahe der friktionellen Leerstandquote bewegt.

Diese Karte verdeutlicht auch, dass eine mögliche Lösung der Leerstandproblematik ist, das Leben im ländlichen Bereich wesentlich attraktiver zu gestalten. Dazu würde eine möglichst gute ÖPNV-Anbindung (z.B. regelmäßige Zugverbindungen) tatsächlich helfen. Da sieht man wieder, wie all diese Probleme zusammenhängen.

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Das ist prinzipiell sehr löblich! Mir stellt sich nur die Frage, warum du dann weiter oben trotzdem eine Meinung dazu abgeben hast… Falls nicht klar ist, was ich meine, diesen Beitrag:

Du sagst also wenn Privatleute Wohnraum leer stehen lassen dann ist das schon in Ordnung?

Sicherlich nicht, wenn man versucht die Privatvermieter komplett auszuklammern…

Ist das wirklich so? Schauen wir uns einmal die roten und tiefroten Bereiche an. Das sind Landstriche wo wenig Industrie ist (Arbeitsmarkt), wo die Ärztliche Versorgung und wo kulturelle Einrichtungen kaum gegeben sind. Außerdem sind diese Gegenden weit von Metropolen entfernt.
Nun machen wir mal ein Gedankenspiel, eine Region um Dresden wird entwickelt und bekommt einen Bahnanschluss, was nur eine Regionalbahn sein kann. Dann pendelt man trotzdem 1-2 Stunden pro Fahrt, was 2-4 Stunden pro Tag sind. Das ist ziemlich viel Lebenszeit und auch schwer mit Kindergarten und Schule vereinbar. D.h. eine Person kann nicht arbeiten.

Ich empfehle den Bericht von Berlin Direkt von Sonntag über Brandenburg. Tesla und weitere Unternehmen geben an, sie siedeln sich an, weil die Anbindung an Berlin gegeben ist, weil ein Industrie Cluster sich entwickelt und weil günstige EE zur Verfügung stehen.
D.h. Unternehmen werden das ländliche immer mehr meiden, weil der Fachkräftemangel dort noch schwerer wiegt.
Ich sehe hier einen Teufelskreis; Unternehmen gehen näher an die Metropolen, um weniger Fachkräftemangel zu haben, darum ziehen mehr Menschen in die Metropolen, darum werden noch mehr Wohnungen in den Metropolen benötigt.

Das passiert grade in Breslau (Wroclaw). Dort siedelt sich extrem viel Industrie an (LG, Samsung, uvm) die Stadt platzt aus allen Nähten, obwohl sich die Stadt immer weiter auf das Land ausbreitet und dafür auch viel in die Infrastruktur investiert. Aber 50 km raus aus Breslau verfallen die Dörfer und die Gemeinden.

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In Holland (in den Grossstädten zumindest) zahlt man Strafe, wenn man erwischt wird, eine Wohnung leerstehen zu lassen. Bürger werden ermuntert, Leerstände anzuzeigen, und Beamte „fahnden“ danach.

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Naja, du beschreibst im Prinzip die seit der Industrialisierung immer weiter voranschreitende Verstädterung / Urbanisierung. Dieses Thema ist wirklich nicht neu, es wird als „Landflucht“ schon seit den Frühzeiten der Industrialisierung beschrieben.

Die Frage ist, was man dagegen tun kann. Die logischste Antwort wäre wohl, Industriezentren in strukturschwachen Gebieten zu fördern - mit der Hoffnung, dass die Arbeiter den Arbeitsplätzen folgen. Aber im schlimmsten Fall führt das einfach nur zu mehr Pendlern, die dann doch in der nächsten Großstadt wohnen.

Unternehmen wollen sich natürlich lieber dort ansiedeln, wo sie direkt die frischen Akademiker von den Universitäten pflücken können, sie am besten schon während des Studiums als Werkstudenten rekrutieren können…

Gegen die Landflucht gibt es bisher noch kein Allheilmittel, der Vorschlag der besseren ÖPNV-Anbindung soll vor allem dazu dienen, den Einzugskreis um die urbanen Zentren zu vergrößern, daher: Auch wenn 5 Millionen Menschen in Berlin oder München arbeiten, müssen die ja nicht alle in Berlin oder München leben, sondern können im Idealfall auch in einem weiten Umkreis in Brandenburg und Bayern leben und mit dem ÖPNV zur Arbeit pendeln.

Alles richtig, aber definiere mal bitte [quote=„Daniel_K, post:89, topic:21349“]
weiten Umkreis
[/quote]?

Ich finde Genossenschaften auch interessant.
Als wir uns da mal umgesehen haben, gab es allerdings auch seltsame Details in den Verträgen, z.B. wenn der Vormieter andere Fliesen hatte als der Standard, dann musste man die übernehmen, aber später beim Auszug die Standardfliesen einbauen. Wir fanden beide Designs scheußlich.
Die Wartezeiten waren auch sehr lang. Aber das liegt halt an der Lage auf dem Wohnungsmarkt, da können die Genossenschaften nichts für, dass die Nachfrage so hoch ist.

Dazu kommen noch die geringeren Heizkosten.

Traurig auch, wenn die Leute nur Emotionen für ihre Immobilie, aber kein Mitgefühl für Obdachlose/Wohnungssuchende und anscheinend auch keine Angehörigen haben, die bei ihnen wohnen wollen. Wenn ich mal alt bin, will ich nicht allein auf 130 qm wohnen. Dann würde ich diese Wohnung meinen Kindern geben, die da mit meinen Enkelkindern wohnen. Vielleicht auch mit mir zusammen. Oder ich vermiete einzelne Zimmer an jüngere Leute und lebe dann in einer Mehrgenerationen-WG. Aber allein 130 qm putzen und heizen? Nein danke!

Wie genau ist es eine Altersvorsorge, wenn man allein in einer riesigen Eigentumswohnung wohnt? Ich kenne das so, dass man die Wohnung dann vermietet und selber in eine kleinere Wohnung zieht. Oder dass man sie verkauft, aber lebenslanges Wohnrecht hat, da spekuliert dann der Käufer darauf, dass die alte Person bald stirbt. Scheint aber hier beides nicht zuzutreffen.

Man zahlt keine Miete, die hat man vorher schon durch den Kauf oder die Finanzierung gezahlt.
Man kann sein Geld auch auf die Bank bringen, aber was man da rausbekommt steht in keinem Verhältnis mehr.

Was da oft gern unter den Tisch fällt: Ja, ist die Wohnung oder das Haus bezahlt, ist keine Miete mehr fällig oder die Rate fürs Haus. Aber deswegen hat man da ja nicht 100% Rente zum Leben.
Meist sind die Häuser dann schon 30+ Jahre alt, dann muss das Dach neu, Außenfassade, die Heizung ist aktuell ein Thema… Wenn man dann selbst nicht mehr fit zum heimwerker ist, bleiben nur Handwerker, die kosten dann auch viel Geld.
Das schreckt auch sowohl die älteren Besitzer als auch ggf die Kinder ab, sich auf die Immobilie einzulassen.
Nur mal als Ergänzung.

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Das Problem sind ja auch eher die Boomer und die wären ja noch fit genug umzuziehen.

Wer hat das denn vorgeschlagen?

Doch, es müssen ja nicht die eigenen Kinder sein. Aber eine Renovierung nimmt man als junge Familie gern in Kauf, wenn man dafür überhaupt mal eine Wohnung oder ein Haus bekommt.

Wie viel Prozent der Wahlberechtigten sind denn Eigentümer von Immobilien und viel viel Prozent leben zur Miete? Regional ist das sicher unterschiedlich (Häuslebauer in BaWü, Mieter in Berlin), aber insgesamt?