LdN350 Wohnungsnot

Auch dazu mal Erfahrungen aus meinem Lebensumfeld:
Schwiegereltern hatten ein Zweifamilienhaus mit zusätzlich ausgebauter Dachwohnung in Innenstadtlage, baujahr in den 60ern.
Schwiegersohn ist mit 42 Jahren flügge geworden und ausgezogen aus der Dachwohnung, die Enkelin mit Partner als Mieter ging generationsbedingt nur 1 Jahr gut.
Den wurde das Haus zu gross, gesundheitlich und auch finanziell war eine Pflege und Instandhaltung nicht mehr möglich, so das sie es für eine höhere fünfstellige Summe verkauft haben und in eine kleine Erdgeschosswohnung gezogen sind.
Machen aus unserer Familie viele, die altersbedingt die Häuser verkaufen oder früh an die Kinder überschreiben. Im Pflegefall muss das Haus eh versilbert werden. Die Kinder haben teils ein eigenes Haus oder wollen sich eine solche finanzielle Belastung nicht ans Bein binden.
Der Grundsatz „Das Haus ist später für die Kinder“ funktioniert da auch nicht mehr, da diese kaum Interesse an einem renovierungsbedürftigem Altbau haben.
Auch da ein Sinneswandel.
Daher die Frage, ob sich Eigentum im Alter wirklich so als Vorteil erweist. Statt Miete lauern teure Renovierungskosten.
Da wäre es schon sinnvoll, ob man im Alter da schon vorausdenkt hinsichtlich altersgerechtem Wohnen.

Noch. Denn die aktuelle Situation ist ja die wie von @Mike Beschriebene.
Die meisten Häuser, die jetzt frei werden, sind äußerst renovierungsbedürftig. In der Folge tut sich keine Privatperson das an. Gekauft werden die von privaten Wohnungsgesellschaften, die damit in den Großstädten ein Oligopol entwickeln und die Preise nun diktieren.
Familien ziehen eher in Neubausiedlungen aufs Land. Dort werden die Grundstücke mittlerweile verlost oder potentielle Käufer campieren tagelang vor dem Rathaus.
Es ist also noch solange ein Tabu, so lange ein großer Teil der älteren Wähler nicht weggestorben ist. Die jungen Wähler hat das Problem längst erreicht und so kann man in Berlin ganz offen über Enteignung diskutieren und sogar eine Prüfkomission einsetzen.

Warum kann diese alte Witwe nicht einen Studenten oder eine Migrantin oder eine junge kleine Familie aufnehmen? In vielen Fällen wäre es eine Win-Win-Situation.
Warum soll es selbstverständlich sein, in viel zu großen Häusern oder Wohnungen leben zu dürfen, wenn es 1. einen großen Wohnungsmangel und 2. eine Klima- und Biodiversitätsnotlage gibt?

Der Leerstand auf dem Land ist natürlich komplizierter, aber im Großraum von Städten ist das möglich. Und auch auf dem Land:
Den ländlichen Raum muss man sowieso wieder besser mit alternativer Mobilität an die Städte anbinden. Auch er würde dann wieder sehr attraktiv, vor allem in künftigen Hitzesommern.

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Das ist zumindest ein dickes Brett zu bohren, da sich „vernünftiger“ ÖPNV dort meist wirtschaftlich nicht rechnet, und Alternativen zum Auto rar sind. Das eAuto ist im kommen, aber für die rund 60% Mieter nur zum Teil alltagstauglich und generell bezahlbar.
Da wäre ich begeistert über jede tragfähige und bezahlbare Alternative.
Musste mir grade schweren Herzens wieder für sehr teures Geld einen kleinen Verbrenner kaufen…

Darf ich einmal eine Praxisfrage stellen? Wie sollen die Behörden den Leerstand einer Wohnung denn ermitteln? Und wann ist ein Leerstand gegeben?
Ich frage, weil in den Niederlanden die gleiche Aktion läuft und der Vorschlag mehrerer Parteien ist, dass Nachbarn dieses an eine Meldestelle berichten. Da kommen bei mir aber ganz komische Überwachungsstaatgedanken.

Grundsätzlich muss sich in Deutschland jeder anmelden. Die Meldungen kann man dann mit den existierenden Häusern und Wohnungen abgleichen.
Damit hat Deutschland ein System, das in seiner Engmaschigkeit meines Wissens weltweit einzigartig ist.
Ansonsten ist es üblich, Nachbarn anzuzeigen.
Die meisten Schwarzarbeiter werden so entlarvt. Auch bei Boris Becker flog nur deswegen auf, dass er öfter in Deutschland ist als angegeben, weil ein Nachbar ihn verpfiffen hat.

Ich kann mich doch als Vermieter mehrfach anmelden oder meinen Partner*in, Kinder usw.
Zweitwohnsitz ist ebenfalls erlaubt.
Außerdem kann ich als Vermieter auch Modernisierungsmaßnahmen angeben oder Veräußerungsversuche.

Ich sehe nicht, wie Behörden das ermitteln sollen, auch weil es die Stellen dafür gar nicht gibt.

Einfache Antwort: weil sie das vielleicht nicht möchte. Das muss man respektieren.
Sie hat ja mit ihrem Mann das Haus für sich und ihre Familie gebaut und nicht für andere.

Weil es in diesem Fall ihr Eigentum ist.

Man kann gerne über die Enteignung von Wohnungsbaugesellschaften sprechen, da gibt es genug Pro und Kontra. Aber wenn man an das Privateigentum der normalen Hausbesitzer geht, wird es schwierig und wie oben schon gesagt, für jeden Politiker ein Tabu.

Und dabei wird es nicht mal bis zur nächsten Wahl dauern. Der erste Politiker der großen Parteien, der nur laut über das Thema nachdenkt, wird direkt rasiert.

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Ich hatte nicht wirklich in Erwägung gezogen, dass man Privatpersonen „enteignen“ sollte. Noch nicht einmal, dass man sie zu irgendetwas zwingen sollte (obwohl es in Notsituationen z.B. nach dem Krieg obligatorische Einquartierungen gegeben hat. Auch Eigentumsrecht hat Grenzen.)
Ich hatte eher an direkte Ansprache, Beratungen, soziale Treffpunkte und positive Kampagnen gedacht. So viele Menschen sind heutzutage vereinsamt. So viele ältere Personen bräuchten theoretisch Hilfe und halten mehr schlecht als recht allein durch.

Ausschließlich neu zu bauen, ist jedenfalls auch keine Lösung.
Und wenn man schon bauen muss, bitte wenigstens effektiv.

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Nein, es ändert nicht an den Eigentumsverhältnissen, klar. Das habe ich auch überhaupt nicht gefordert! Trotzdem sollten wir uns als Gesellschaft überlegen, ob unter geänderten Vorzeichen das Einfamilienhaus weiterhin das anzustrebende Nonplusultra sein soll. Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass dem nicht so ist, dann wäre es nur folgerichtig auch gesellschaftliche Steuerungsmöglichkeiten (zum Beispiel Steuern…) einzusetzen, um eine Lenkungswirkung in die gesellschaftlich gewünschte Richtung auszuwirken.

Das ist ja auch in Ordnung - niemand will sie dazu direkt zwingen. Trotzdem dürfen wir als Gesellschaft über Lenkungsmechanismen nachdenken, die es attraktiver machen, noch andere Menschen in der großen Wohnung oder dem großen Haus wohnen zu lassen. Es scheint mir, dass jede Lenkungswirkung für dich gleich die Freiheit des Einzelnen massiv einschränken würde - das ist doch aber nicht so! Solange es kein Verbot einer gewissen Wohnfläche pro Kopf gibt kann jeder weiter alles tun, er muss sich eben nur im Klaren sein, dass das gegebenenfalls seinen Preis hat. Trotzdem hat man weiter die Freiheit in völlig überdimensionierten Häusern oder Wohnungen zu bleiben.

Und Eigentum verpflichtet…

Ich warte übrigens immer noch auf die Antwort auf meine Nachfragen zu deinen obigen Beiträgen bezüglich Vermietung leerstehender Wohnungen - würdest du die vielleicht noch liefern oder möchtest du nur immer neue Aspekte einwerfen statt konstruktiv zu diskutieren?

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Da gebe ich dir Recht - wenn wir so eine Abgabe einführen, dann muss sie für alle Menschen gelten, völlig egal ob sie zur Miete oder im Eigentum wohnen.

Ja, das ist ein Problem. Lösungsmöglichkeiten sehe ich viele - die Witwe könnte ja zum Beispiel noch andere Menschen in ihrer großen, größtenteils ungenutzten Wohnung wohnen lassen (damit verkleinert sich die Wohnfläche pro Kopf, eventuell sogar unter eine irgendwie anzusetzende Grenze, unterhalb derer die Steuer nicht anfallen würde). Das hat dann sogar den Vorteil, dass wir Vereinsamung im Alter begegnen könnten.

Richtig! Genau deswegen bin ich auch der Meinung, dass so eine Maßnahme erst langfristig eine Wirkung haben kann - weil wir sie eigentlich nicht ab morgen für alle einführen können sondern nur so, dass sie den Menschen genug Zeit lässt, ihre Lebensplanung darauf auszurichten. Die ideale Lenkungswirkung haben wir ja nämlich dann, wenn die Menschen gar nicht erst bis 80 allein in ihrer viel zu großen Wohnung bleiben, sondern vorher gezielt umziehen, solange sie auch kognitiv flexibel genug sind, um sich im neuen Umfeld gut zurecht zu finden.

Ja, das ist ein Problem - und zwar ein großes! Das Eigenheim wird als der totale Lebenstraum dargestellt, der aber leider für immer weniger Menschen überhaupt realisierbar ist. Das führt zu viel Frust und Leid. Mehr Ehrlichkeit (weder ökologisch noch finanziell noch sozial können wir uns den Traum vom Eigenheim für alle weiter leisten - außer wir ändern massiv die Art unseres Zusammenlebens hin zu Mehrgenerationenwohnen) wäre hier eigentlich angebracht, aber wir wissen wohl alle, was mit dem Überbringer schlechter Nachrichten passiert.

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vielleicht dazu (ältere Hausbesitzerin lässt junge Familie bei sich wohnen und vereinsamt so nicht) eine Anmerkung:
Theoretisch schöne Idee.

praktisch, aus Erfahrung, kommt es oft vor, das die Vorstellungen der Generationen sich unterscheiden können.
Ältere Menschen haben oft eine eher eingeschränkte Flexibilität und offenheit gegenüber neuen Ideen und Veränderungen, was nicht unbedingt zu den Lebensvorstellungen und Wohnträumen junger Menschen passt.
(„Die wuchtige Vitrine in Eiche brutal hab ich 1955 von meiner Oma zur Hochzeit bekomnen, die bleibt im Wohnzimmer. In meinem Haus bestimme ich!“).
Nur als Randaspekt, das gewisse Generationenkonflikte nicht völlig abwegig sind.

Mag sein, ich finde aber immer, es wäre einen Versuch wert, darüber zu sprechen.
Meine Mutter würde ganz gewiss jemanden aufnehmen, wenn sie sich nicht selbst nach dem Tod ihres Mannes eine kleine Wohnung gesucht hätte.

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Da bin ich gar nicht drauf eingegangen, weil ich mir da noch gar keine Meinung gebildet habe.

Aber ich denke auch hier: Finger weg von Privathäusern.

Bei Wohnungen als Spekulationsobjekt bin ich ziemlich emotionslos, aber da wird es so viele Schlupflöcher geben. Ich weiß nicht ob das durchsetzbar ist.

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Ausgesprochen interessant zu diesem Thema:
Interview mit Wohnungssoziologin Christine Hannemann

Finde die Idee ja gut, wollte nur alle möglichen Aspekte mal auf den Diskussionstisch legen.

Sowas basiert halt eher auf Freiwilligkeit, wäre also eher ein soziales Projekt als eine flächendeckende politische Lösung.

Noch was anderes zu dem Thema. Bei den Herstellungskosten und der Kaltmiete gibt es eine relativ einfache Formel… Immobilienfinanzierungen sind oft auf 30 Jahre ausgelegt - das sind 360 Monate. Gewünschte Kaltmiete beispielsweise 8 € / m² würde damit zu maximalen erstellungskosten von 2.880,- € führen, damit sich die Immobilie rechnet.
Wenn man jetzt in München bei einer Neubauwohnung mit 10.000,- € pro m² rechnet, sind die Mieten von derzeit um die 20,- € für solche Immobilien sogar noch „günstig“. Die Kosten für neuen Wohnraum sind einfach aufgrund der niedrigen Zinsen in den letzten Jahren zu stark gestiegen. Ich denke also serielles Bauen kann wirklich helfen.

Absolut. Natürlich wäre das wünschenswert. Das Problem ist nur:
Leider spielen alte, tendenziell konservativere Menschen da oft nicht mit.

Jede ältere Person, die alleine in einem großen Haus wohnt, ist natürlich dabei zu unterstützen, Mitbewohner (z.B. Senioren-WG) oder Untermieter zu finden. Aber ich fürchte, viele wollen das einfach nicht. Und da sind wir dann wieder beim Thema: Sollte man sie zwingen? Und da lautet die Antwort wohl eher nein, eben weil der Aspekt „Wohnen“ für Menschen grundsätzlich von so großer Bedeutung ist, dass staatliche Eingriffe, die sie zwingen, umzuziehen oder gegen ihren Willen Wohngemeinschaften zu bilden, sehr schwierig verfassungsmäßig umsetzbar sind (mit anderen Worten: Es ist immer eine immense Eingriffsintensität gegeben, sodass die Schwelle, damit dieser Eingriff verhältnismäßig ist, generell recht hoch ist…).

Das ganze Thema muss man letztlich mit viel Fingerspitzengefühl anpacken. Und ein erster Schritt wäre, das Ansehen von Wohngemeinschaften grundsätzlich zu verbessern. Ich erinnere mich da mit Graus an das letzte verwaltungsgerichtliche Verfahren, das ich in eigener Sache geführt habe:

Ich hatte mich vor Jahren bei einer großen Stadt im Ruhrgebiet beworben und wurde (nach einem ausgelagerten Testverfahren) zum Vorstellungsgespräch geladen. Dort wurde ein Fragebogen abgearbeitet und im Verlauf des Gesprächs habe ich irgendwann gesagt, dass ich in einer WG lebe (weil ich das als Beleg für Sozial- und Problemlösungskompetenz angeführt habe - wenn man mit anderen Menschen zusammen lebt, ist man offensichtlich in der Lage, Konflikte zu managen…). Ich wurde abgelehnt und habe Akteneinsicht beantragt, weil die Ablehnung mir merkwürdig vorkam (Zeugnisse alle perfekt, passender Hintergrund für die Stelle, Assessment-Center-Bewertung über 90%).

Im Fragebogen stand dann folgendes mit rotem Stift angemerkt: „Lebt in einer WG. Mit 33 Jahren!“, gefolgt von einem Kreis mit einem Minuszeichen. Also offenbar wurde das negativ ausgelegt.

So lange wir in einer Welt leben, in der auf Menschen, die mit höherem Alter noch in WGs leben, herabgeblickt wird (und ihnen die Kompetenz abgesprochen wird bzw. sie für „komisch“ gehalten werden), werden wir solche Wohnformen nicht vermittelt bekommen. Wenn schon Behörden solche Vorurteile haben, kann man es alten Menschen leider nicht vorwerfen, wenn sie „WG“ hören und direkt an Sodom und Gomorrah denken.

(Den Prozess habe ich übrigens gewonnen, beim zweiten Vorstellungsgespräch hat man alles darauf ausgelegt, dass man Ablehnungsgründe finden kann (u.a. ein „Rollenspiel“ mit einem Mitarbeiter aus dem Justiziariat in einer Dilemma-Situation, für die es kein optimales Ergebnis gibt). Mir war’s dann zu doof, nochmal zu klagen.)

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Zeit, das zu ändern, oder?
Ich bin eher nicht bereit, den aktuellen Status als gegeben zu akzeptieren. :wink:

Und manche Wohnungen bieten auch eine geteilte Nutzungsmöglichkeit. Also nicht WG.

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Wenn es keinen Zwang geben soll, worum geht es denn dann? Jeder Senior der darauf Lust hat, kann doch derzeit Familien, Flüchtlinge oder Studenten aufnehmen (die Lust darauf haben).

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