Das überzeugt mich persönlich nicht. Die entscheidenden Argumente sind für mich hier, dass Russland eindeutig der Aggressor ist und dass es unsere eigene Sicherheitslage bedroht. Das rechtfertigt unseren Einsatz jenseits historischer Verantwortung.
Jetzt ist die Entscheidung für Kampfpanzer laut Medienberichten wohl durch. Die deutsche direkte Beteiligung scheint ja jetzt erst mal noch nicht so umfangreich zu sein. Na ja, da wird wohl das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.
Was mich wundert ist, dass aus der Fraktion der Zurückhaltenden einfach weiter streng an den Waffengattungen entlang argumentiert wird. Wenn Ralf Stegener jetzt wieder und wieder die rhetorische Frage stellt: „Wo soll das alles nur hinführen? Was kommt als Nächstes? Kampfflugzeuge? Schiffe? Truppen?“ Dann muss das doch jeder, der ein ernsthaftes Interesse am Bestand der Ukraine hat, alles mit „ja“ beantworten, außer natürlich der rhetorischen Frage nach den Truppen. Falls/Wenn es Sinn macht – natürlich dann auch noch andere Waffen.
Ich verstehe die Logik hinter dieser Gesprächstaktik nicht. Ich verstehe nicht, warum die Zurückhaltenden so sehr auf die einzelnen Waffengattungen fixiert sind. Warum jede einzelne Waffengattung quasi den Atomkrieg bringen könnte. Und die Verhandlungsoptionen werden ja nicht wahrscheinlicher, wenn man der Ukraine wichtige militärische Möglichkeiten vorenthält.
Ich selbst befürworte die Waffenlieferungen. Aber wenn ich mich eher zu den Zurückhaltenden rechnen würde, dann würde ich an den Politikern, die meine Position zu vertreten glauben, schier verzweifeln. Es gelingt z.B. nicht, diese „mulmige Gefühl“ (ist alles legitim, meine ich nicht abwertend) irgendwie in ein sinnvolles politisches Programm zu übertragen. Es werden nur die einzelnen Waffengattungen zu roten Linien aufgebauscht, diese roten Linien werden überschritten, der Atomkrieg bricht nicht aus und am Ende hat man die eigene Position nur weiter geschwächt. Daneben werden aus dem Lager recht generische Forderungen erhoben, man müsse halt der Diplomatie eine größere Chance geben. Und weil man politisch kein Oberwasser für seine Position bekommt, sind die Medien wieder mal an allem schuld. Vielleicht liegt es aber auch an den schwächeren Argumenten. Wie gesagt – mich würde das sehr unzufrieden machen. Und es tut der Diskussion insgesamt nicht gut.
Na das ist doch offensichtlich: weil ihnen keine andere Argumentationsstrategie außer der Salamitaktik bleibt.
Mit jeder gelieferten Waffengattung, die entgegen aller Doomsday-Prophezeiungen NICHT den Atomkrieg auslöst, fällt ihnen ja ein weiteres „Argument“ weg. Also müssen sie, um weiter Panik zu schüren, die nächste Waffengattung heranziehen, die noch nicht geliefert wurde und bei der noch nicht bewiesen ist, ob sie diejenige sein wird, die den Atomkrieg auslöst, oder nicht.
Das krampfhafte Festhalten an den Waffengattungen und an „defensiven“ und „offensiven“ Waffen als zentrales Unterscheidungsmerkmal (das ja wiederholt von vielen Experten als unsinnig tituliert wurde) wiederum findet statt, weil ein Hinterfragen dieser Trennlinie bedeuten würde, die ganze Idee, dass es irgendeine konkrete Art konventionelles Waffensystem gibt, dessen Lieferung an die Ukraine in Russland einen Atomschlag provoziert, in Frage zu stellen. Diese fixe Annahme ist aber lebenswichtig für die „Argumentation“ der Zauderer, sie darf also auf keinen Fall in Frage gestellt werden.
Ich würde mich da anschließen. Vielleicht müsste man sagen: Es ist halt die einzige Möglichkeit, die eigene Position überhaupt irgendwie plastisch greifbar zu machen. Aber sie ist halt - wie du schon sagtest - latent immer in Gefahr zusammenzubrechen, wenn der Krieg halt neue Lieferungen notwendig macht. Und sie lebt von der Negation: Keine schweren Waffen, keine Panzer, keine Flugzeuge. Das ist angesichts des Materials, das die Russen rücksichtlos gegen die Ukraine einsetzen halt schon grundsätzlich eine argumentativ schwache Ausgangsposition. Und die Idee, stattdessen auf Verhandlungslösungen zu setzen, trägt halt nicht für sich alleine - man muss das mit der militärischen Entwicklung zusammen sehen. Die konstante Weigerung, diesen Zusammenhang anzuerkennen, untergräbt so eine Haltung nur noch weiter. Bei den Waffen bremsen (also Lage für Ukraine verschlechtern) und gleichzeitig auf Verhandlungen setzen - da setzt man sich halt immer dem Vorwurf aus, ob man die Ukraine eigentlich überhaupt unterstützen will.
Mit jeder gelieferten Waffengattung, die entgegen aller Doomsday-Prophezeiungen NICHT den Atomkrieg auslöst, fällt ihnen ja ein weiteres „Argument“ weg. Also müssen sie, um weiter Panik zu schüren, die nächste Waffengattung heranziehen, die noch nicht geliefert wurde und bei der noch nicht bewiesen ist, ob sie diejenige sein wird, die den Atomkrieg auslöst, oder nicht.
Ist es nicht anders herum? Die „Zauderer“ geben nur zu bedenken, dass ein „Doomsday-Szenario“ grundsätzlich besteht und warnen deshalb vor der Eskalation. Es wird von den entsprechenden Kommentatoren gerade nicht gesagt, dass die aktuelle Forderung zu unkontrollierbaren Folgen führt und es wird auch nicht über einzelne Vor- und Nachteile der jeweiligen Waffen philosophiert. Das übernehmen schon die Expertenjungs, die in ihrer Jugend zu viel Age of Tanks gespielt haben und ganz genau wissen, dass man Russland mit der 2017er Version des Leopard 2 von hinten im Superschall besiegt. Atomwaffeneinsatzchance steht nur bei exakt 0,17 % und ist damit hinzunehmen, vorher aber besser speichern! Ein großer Spaß für die ganze Familie!
Das Argument von Scholz uA ist viel mehr, dass die Forderungen aus den Medien immer an der „Notwendigkeit“ eines Ukrainischen Siegens ausgemacht werden. Aktuell bedeutet das Panzer. Wenn die aber nicht ausreichen, werden sinnvollerweise als nächstes Flugzeuge oder Langstreckenraketen gefordert. Und wenn die auch nicht helfen, muss eben die Nato intervenieren.
Dass das auch eintritt zeigen die Berichte, wonach schon die Forderung nach F16 vorbereitet werden soll. Rote Linien scheint es ja nicht zu geben, oder was soll getan werden, wenn irgendwann feststeht, dass nur „boots on the ground“ ausreichen?
Allein um diese Mechanik geht es und wie man sie einhegt. Das wurde aber auch schon mehrfach erklärt. Was von der kriegsmunteren Seite noch nicht erklärt wurde ist, wieso einerseits das Eskaltionspotential mitunter ein Grund sein soll, wieso wir die Ukraine verteidigen, weil das Baltikum wäre als nächstes dran etc. Andererseits soll es aber kein „Doomsday-Szenario“ geben, denn Russland ist ja nicht stark genug, hat kein Interesse etc. Außerdem müsste man ja sinnvollerweise sofort den Nato-Einsatz fordern, wenn Russland seine Atomwaffen ohnehin nicht benutzt. Die Forderung nach potentiell kriegsverlängernden Panzern wäre vor diesem Hintergrund total unethisch.
Die Vorwürfe gehen total ins Leere. Scholz’ Vorgehen etwa erweist sich bislang als taktisch sehr passabel. Der Spagat aus den beiden offiziellen Zielen, kein Natokrieg und keine Niederlage der Ukraine, scheint zu gelingen. Ich freu mich schon, wenn er dann in einigen Monaten wieder zerissen wird, weil er sich (erneut) gegen die absolut notwendige (!) Flugverbotszone sperrt…
Noch kurz meiner vorherigen Antwort hinterhergeschoben: Die Verweigerung bestimmter Waffengattungen zahlt ja anscheinend nicht auf das erklärte Ziel einer Verhandlungslösung ein. Deswegen wundert mich das Festhalten an dieser Gesprächstaktik so sehr. Ich könnte noch eher verstehen, wenn jemand einfach nur stoisch und unspezifisch nach Verhandlungen rufen würde. Aber das mit den Waffenlieferungen zu verknüpfen, schiebt einen argumentativ doch immer in eine ungünstige Ecke.
Das kuriose ist ja, dass die Diskussion über militärische Hilfen überhaupt in einzelne Waffengattungen zerfällt. Denn natürlich wäre es sinnvoller, Panzer und Kampfflugzeuge zu liefern, damit die zusammen operieren können und nicht erst eine Waffengattung nach der anderen. Was mir aber nicht so recht in den Kopf will ist, warum unter einer einzelnen Waffengattung sozusagen der „Zonk“ sein soll, der den Atomkrieg auslöst.
Ich gebe Dir hier insofern Recht, dass auch eine geringe Wahrscheinlichkeit für einen Atomwaffeneinsatz nach dem Einsatz einer Atombombe (oder mehrerer) ein schwacher Trost ist. Falls es dann noch jemanden geben sollte, der Trost braucht. Das ist tatsächlich eine Schwäche in der Argumentation derjenigen, die (wie ich) Waffenlieferungen befürworten. Aber man hat ja nichts anderes als Wahrscheinlichkeiten, auf denen man aufbauen kann. Ich halte die Wahrscheinlichkeit, dass die Welt ein deutlich gefährlicherer Ort wird, wenn Russland in der Ukraine durch schieres Durchhalten obsiegt für größer als den Einsatz von Atomwaffen aus verletztem Stolz oder Verzweiflung, weil man den Donbass und die Krim wieder aufgeben muss. Gefährlicher auch, weil, die sicherheitspolitische Schlussfolgerung vieler Länder dann diejenige ist, dass sie sich möglichst schnell Atomwaffen besorgen müssen, um nicht in eine ähnliche Lage wie die Ukraine zu geraten, wenn das das Einzige ist, was einen vor der Eroberung durch eine Atommacht noch schützen kann. Aber klar, wenn ich falsch liege, dann ist alles, was ich gerade über Wahrscheinlichkeiten gesagt habe, blödes Geschwätz, das niemandem mehr hilft. Das gebe ich zu.
Ja, es ist richtig. Das Kriegsziel des Kanzlers, dass die Ukraine den Krieg nicht verlieren darf, ist erreicht. Nur macht die russische Führung leider keinerlei Anstalten, von ihren Absichten für die Ukraine irgendwie abzurücken. Ich vermute die Idee war, Russland könnte irgendwie die Lust am Krieg verlieren, wenn nur genügend eigene Soldaten gestorben sind. Stattdessen bereiten sie sich auf einen langen Krieg vor. Ich denke hier hat man in der Bundesregierung die Bereitschaft der russischen Führung unterschätzt, für die Aussicht auf eine postsowjetische Fantasywelt hunderttausende ihrer Bürger zu opfern. Und vielleicht hat man auch die Möglichkeiten bzw. die Bereitschaft der russischen Zivilgesellschaft überschätzt, bei einem ungünstigen Kriegsverlauf genügend Druck auf die eigene Regierung aufzubauen.
Also klar, man kann das taktisch klug nennen. Mission accomplished. Nur die russische Führung spielt nicht mit und hat allem Anschein nach immer noch ziemlich Bock auf Krieg. Die Frage ist doch, was jetzt?
Ich finde, wenn sich erkennbar an den russischen Absichten nicht ändern lässt, dann bleibt ja nur noch zu versuchen, auf die russischen Möglichkeiten einzuwirken.
Es gibt selbstverständlich ein Doomsday-Szenario, nur wird das mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht getriggert durch die Lieferung irgendeiner bestimmten Waffengattung (Atomwaffen mal ausgenommen). Dass es da irgendeine Art „Zonk“ unter den Waffen gibt, von dem wir einfach nur nicht wissen welche das ist, ist so ne fixe Idee der „Zauderer-Seite“, die mir wiederum noch nie jemand schlüssig hat erklären können.
Es gibt realistisch betrachtet sogar zwei tatsächlich mit nennenswerter Wahrscheinlichkeit mögliche Doomsday-Szenarien. Eines ist, wenn Russland die Ukraine plattmacht und seine Invasion mit Fug und Recht als Erfolg bezeichnen kann. Dann sterben wir zwar nicht sofort im nuklearen Feuer, aber es wird weltweit ein extrem negatives Beispiel gesetzt, das mehr oder weniger jeden kriegsfreudigen Staat, und insbesondere die Atommächte, herausfordert, doch einfach auch mal irgendwo einzufallen, um sich irgendwas einzuverleiben. Die gesamte Friedensordnung der Nachkriegszeit ist durch ein solches Beispiel in ihren Grundfesten bedroht. Es ist sogar möglich, dass gegenüber so einem Szenario der schnelle Tod durch nukleares Feuer die angenehmere Variante wäre, so paradox das klingt.
Dieses sehr reale Eskalationspotenzial wird von den Zauderern immer gern wegignoriert. Stattdessen fokussiert man sich auf das zweite einigermaßen wahrscheinliche Doomsday-Szenario, nämlich einen All-In-Weltkrieg mit nuklearer Ebene, der aber nur dann einigermaßen wahrscheinlich droht, wenn die NATO direkt in den Krieg eingreift. Deswegen stellt auch keine nennenswerte Anzahl Leute, selbst unter den größten Befürwortern von Waffenlieferungen, diese rote Linie des direkten NATO-Eingriffs in Frage.
Ich sehe hier keinen logischen Widerspruch. Es sind schlicht zwei völlig getrennte, unterschiedliche Eskalationsszenarien: eines für den jetzigen konkreten Krieg, und eines für die gesamte Weltlage in der Zeit NACH dem jetzigen konkreten Krieg. Das Ding ist halt nur: rein intuitiv könnte man denken, dass das zeitnähere „aktuelle“ Eskalationsszenario das gefährlichere wäre. Stimmt IMHO aber nicht, da hier die Gefahr einer Eskalation relativ gut einhegbar ist, indem man vom direkten NATO-Eingriff bzw. dem Angriff auf Russlands Kernterritorium absieht, und ist der Krieg erst mal vorbei, ist diese Eskalationsgefahr prinzipbedingt auch vorbei. Das gilt aber nicht für das Langfrist-Eskalationsszenario; die Chance, dieses einzuhegen ist genau jetzt gegeben, indem der Ukraine zum Sieg über Russland verholfen wird. Gelingt dies nicht, sind wir gekniffen, denn es gibt keine Möglichkeit, dieses Eskalationspotenzial so einfach loszuwerden wie das mit dem aktuellen Krieg gekoppelte.
Doch, wie schon gesagt, die gibt es ganz offensichtlich: „boots on the ground“ sind die rote Linie.
Ich sehe auch kein Szenario abseits eines Einsatzes nuklearer Waffen durch Russland gegen die Ukraine, das dazu führen könnte, dass wirklich keine Alternative zum direkten Eingriff der NATO besteht. Die Ukraine kann nicht mit nuklearen Waffen im Gegenzug versorgt werden, weswegen in einem solchen Fall der Eskalation seitens Russland (der aber sehr unwahrscheinlich ist, siehe die Funktion des nuklearen Tabus, die hier im Forum schon mehrfach en Detail erklärt und dargelegt worden ist) ein NATO-Eingriff effektiv unausweichlich und das zusätzliche Eskalationspotenzial durch diesen nicht mehr allzu groß ist.
So lange wir aber bei der Annahme eines konventionellen Kriegs bleiben, seh ich nicht, warum man in jedwedem denkbaren Szenario irgendwann an den Punkt kommen sollte, dass NATO-Soldaten direkt angreifen müssten. Das Potenzial zur Lieferung weiterer Waffen in der NATO ist erheblich größer als Russlands Rüstungspotenzial; die Lieferungsumfänge sind aktuell nur durch mangelnden Willen zur Lieferung größerer Mengen begrenzt. Und die Ukraine kämpft um ihre Existenz, es ist extrem unwahrscheinlich, dass sie plötzlich damit aufhören wird, diesen Kampf führen zu wollen, und selbst wenn dem so wäre, entstünde dann eben eine Situation, in der die beiden obig genannten Doomsday-Szenarien gegeneinander abgewogen werden müssten. Aktuell sind wir aber weit weg von dieser Situation.
Nein, ganz sicher nicht. Allein schon, weil westliches Militär nicht so eingesetzt werden kann, dass Eskalation vermieden wird.
Nicht ohne Grund beharken sich chinesische und indische Soldaten in deren Grenzgebiet mit Holzlatten. Weil beide Seiten vermeiden wollen, dass aus so einem Scharmützel eine Eskalation entsteht. Ein paar Soldaten mit zertrümmertem Schädel sind für beide Seiten dagegen nicht weiter problematisch.
Im Westen werden Soldaten und Material jedoch so hoch geschätzt, dass es nicht möglich wäre, in der Ukraine irgendwo ein paar tausend Soldaten hinzuschicken, die sich dann ohne massive Feuerunterstützung mit der russischen Armee um ein paar Schützengräben beharken. Stattdessen wäre es unvermeidlich, zunächst alles zu bekämpfen, was dieser Truppe gefährlich werden könnte. Sprich: hunderte Kilometer nach Russland hinein „zu wirken“. Und genau das ist unvorstellbar. Dass NATO-Militär sozusagen bis zur Stadtgrenze von Moskau alles wegschießt, aber sich gleichzeitig beide Seiten weiterhin einig sind, dass dieser Krieg keine existenzielle Bedrohung Russlands darstellt.
Über den Einsatz von NATO-Militär braucht man daher gar nicht nachdenken. Wenn die ukrainische Armee es nciht mit eigenem Personal schafft, ihr Land zu verteidigen, dann wird der Westen dies nicht mit eigenen Soldaten abzuwenden versuchen. Die Eskalation bis hin zum Atomkrieg wäre vorgezeichnet.
Nicht „jenseits“ historischer Verantwortung, sondern vielmehr gerade als Ausdruck davon. Die historische Lehre ist ja nicht „nie wieder Kämpfe in Osteuropa“, sondern „nie wieder imperiale Aggression“.
Ich halte die Argumentation, warum die NATO keinesfalls Kriegspartei werden darf, nicht für schlüssig, denn sie gibt Putin und damit dem Aggressor einen Blankoscheck dafür, im Zweifel zu tun, was er will.
Es werden jetzt schon in der Ukraine geächtete Waffen wie thermobare Raketen eingesetzt. Es ist jetzt schon offensichtlich das Ziel Russlands, möglichst viel zivile Infrastruktur zu zerstören, um das ukrainische Volk zum Aufgeben zu bewegen.
Und wenn die Ukraine es nicht schafft, ihr Land zu verteidigen und die NATO nicht interveniert, was ist die Konsequenz? Dann wird als nächstes Moldawien fallen, weil die es auch nicht schaffen. Oder wir nehmen Moldawien, Georgien und alle anderen Nachbarstaaten Russlands sofort in die NATO auf, worauf Russland auch nicht positiv reagieren wird.
Also, wie viele Angriffskriege darf Russland erfolgreich führen, bis die NATO irgendwann Stopp sagt? Wie oft und vor allem wie massiv darf Russland das Völkerrecht verletzen, geächtete Waffen einsetzen und Menschen, auch Kinder, verschleppen, bevor die NATO interveniert?
Wenn die Ukraine tatsächlich den Krieg verlieren sollte, wäre ich für eine Intervention durch die NATO. Gerade weil ich davon ausgehe, dass Russland dann sofort den Schwanz einziehen wird, weil Russland offensichtlich kein gleichwertiger Gegner ist. Ja, die Eskalation des Krieges ist denkbar, es ist denkbar, dass Russland dann tatsächlich versucht, einen Abwehrkrieg (oder gar offensiven Feldzug) gegen die NATO zu führen. Aber dieses Risiko müssen wir im Zweifel bereit sein, einzugehen.
Russland handelt, wie es handelt, weil es genau davon ausgeht, dass der Westen sich nicht traut, im Zweifel direkt gegen eine Atommacht in einen konventionellen Krieg einzutreten. Russland ist hier der Bully, der die Grenzen austestet. Und desto mehr Grenzüberschreitungen die NATO zulässt, desto mehr fühlt sich Russland ermutigt, die Grenzen weiter auszutesten. Irgendwann muss die NATO den Mut haben, Russland offen mit einer kriegerischen Intervention zu drohen.
Die NATO wird nicht von sich aus intervenieren, wenn sie nicht angegriffen wird. Es ist ein Verteidigungsbündnis. Die einzig denkbare Alternative wäre wie in Afghanistan wenn sie um Hilfe gebeten wird und von einem UN-Mandat gedeckt tätig wird, aber das wird es garantiert nicht geben da es per Veto von Russland verhindert würde.
Ich denke der Kosovokrieg ist da ein gutes Beispiel aus der Geschichte, welches zeigt, dass die NATO durchaus auch ohne UN-Mandat aktiv in einen Krieg eingreift, wenn Russland und China ein Mandat verhindern.
Dazu auch zeitgeschichtlich folgendes Interview von 1999. An dieser dort geschilderten Einschätzung seitens der NATO dürfte sich wenig geändert haben (Kurzfassung: Ein UN-Mandat sollte gesucht werden, ist aber keine zwingende Voraussetzung)
Wenn es hart auf hart kommt und Russland die Ukraine einnimmt und dort massive Menschenrechtsverletzungen stattfinden (wovon auszugehen wäre!) wäre der Fall kaum anders zu bewerten als der Kosovo-Krieg.
Noch ein kurzer Nachtrag. Die Art und Weise, wie bisher Waffen geliefert wurden, hatte / hat zwei Gründe. Zum einen ging es anfangs darum, möglichst schnell zu helfen mit Material, das ganz akut den russischen Vormarsch aufhalten sollte, also z.B. Panzerabwehrwaffen. Man hatte / hat also immer auf ganz akute Notwendigkeiten reagiert. Gleichzeitig war die scheibchenweise Lieferung neuer Waffensysteme auch immer ein diplomatisches Signal an Russland: „Ja, wir könnten noch mehr, halten uns aber in manchen Sachen noch zurück. Du kannst noch raus aus der Nummer.“ Gleichzeitig war es ein Versuch, die russische Führung nicht in Panik zu versetzen durch eine Aufrüstung der ukrainischen Armee gleichzeitig in allen Bereichen. Kann sein, dass das klug war. Was man aber der Bundesregierung bzw. insbesondere Olaf Scholz und bestimmten SPD-Kreisen vorwerfen muss ist, dass sie der Bevölkerung vorgemacht haben, es ließe sich mit der Beschränkung auf bestimmte Waffensysteme eine nachhaltig effektive Verteidigung der Ukraine aufbauen. Das ist einfach in der Sachlage nicht begründet. Ganz so, als würden sich die Russen auf das Fehlen bestimmter Waffensysteme beim Gegner nicht anpassen. So wie jetzt auch. Im Moment müssen sie nicht fürchten, dass ihnen die Ukraine irgendwo mit einer Offensive in die Flanke fällt, also können sie Meter für Meter den Donbass abgraben. Deswegen halte ich die Fokussierung der Diskussion auf einzelne Waffensysteme für militärisch verfehlt. Und die intendierte diplomatische Wirkung hat dieses Vorgehen anscheinend auch nicht entfaltet. Bis vielleicht auf die Tatsache, dass man die Russen nicht in Panik versetzt, sondern den „Frosch langsam gekocht“ hat (Vergleich aus nem Artikel).
Wie es mit dem Krieg weitergeht, weiß ich nicht. Aber die Debatte in Deutschland sollte sich ändern.
Diese typische Twittermechanik, wonach es eine gute Seite gibt, deren einzige Aufgabe es ist, darzustellen wieviel moralischer, klüger und strategischer sie doch ist, muss aufgegeben werden.
Es gibt keine amoralischen, überforderten „Zauderer“ auf der einen und here, auf wissenschaftlichen Tatsachen argumentierende, Freunde der Ukraine auf der anderen Seite. Bis auf ganz wenige Ausnahmen wollen doch alle an der Debatte beteiligten das Beste für die Ukraine und eine klare Niederlage für Putins Russland.
Es gibt verschiedene Argumente für und gegen Waffenlieferungen. Es gibt die situative Moral und es gibt Ethik. Es gibt Vagheiten und Ungewissheiten.
Eine Meinung sollte sich auch dann nicht automatisch durchsetzen, wenn sie eine mediale Mehrheit vereinnehmen kann, aber auch nicht schön wegen einer Bevölkerungsmehrheit.
Das alles muss man berücksichtigen. Der Umgang mit dem Kanzler in den letzten Wochen war insofern verheerend. Absolut undemokratisch. Erst recht, angesichts des inhaltlich jetzt überzeugenden Ergebnisses.
Wir werden noch lange Zeit über diesen Krieg und andere Dinge debattieren. Die Lagermentalität und damit verbundene Selbstgerechtigkeit, die bei den Lageproduzenten und -hörenden manchmal doch recht ausgeprägt sind, sollte abgelegt werden.
Kann ich nicht mitgehen. Er zögert, sagt es geht nicht, will dann irgendetwas erkältet eskaliert - und macht es dann doch. Weil Montag das Wetter schlechter ist als am Freitag - oder was ist das neue Argument?
Abrahams - lachhaft! Sind wir mal froh, dass die Amis eine Menge größer 10 liefern, sonst wäre es peinlich geworden.
Lieferung von Waffen - aus meiner Sicht sogar soweit, dass wir die Bundeswehr in manchen Bereichen „nackig“ machen können. Beispiel: Panzerhaubitzen PzH 2000 - alle liefern an die Ukraine bis auf das eigene operative Minimum.
Warum? Russland wird uns konventionell nicht angreifen können, solange in der Ukraine Krieg herrscht. Eine wirkliche Bedrohung in der wir bis aus die Kräfte in Osten wirklich signifikant Truppe brauchen, sehe ich nicht.
Einen langen Krieg können wir uns nicht leisten - finanziell ja, wegen mangelndem Interesse in der Bevölkerung nicht.
Also, alles liefern, ausbilden und Munition produzieren lassen, was nur geht - und liefern. Dieses bisschen hier und da führt zu einem Patt.
Das stimmt, aber gerade dafür hat sie auch massiv Kritik bekommen, bzw. bekommt diese immer noch. Es ist daher politisch ein gelinde gesagt schwieriger Präzedenzfall; wenn man ihm folgen wollte, müsste das Vorgehen Russlands schon sehr massiv sein. Ich fürchte, nicht einmal die Einnahme der ganzen Ukraine wäre dafür „schlimm genug“.
Den Kosovokrieg mit einem Krieg mit einer Atommacht zu vergleichen, kann doch unmöglich ernst gemeint sein.
Wie leichtfertig hier über einen Eintritt in einen Weltkrieg gesprochen wird, ist schlicht erschreckend.
Ich finde es wichtig auf die Sprache zu achten. Wenn Du Philip (und das nicht zum ersten mal) den amtierenden Bundeskanzler trotzig nennst (an anderer Stelle auch „trotzig wie ein Kleinkind“), reproduzierst Du nicht nur Eindrücke anderer Medienschaffender, sondern Du ziehst den Menschen, der gerade unser Land regiert ins Lächerliche. Ich bin weder SPD Wählerin, noch Fan ABER in Krisenzeiten halte ich das für destabilisierend. Die Menschen sind ohnehin verunsichert und stehen vor zahlreichen, teilweise unüberschaubaren Herausforderungen. Da hilft das Gefühl einen kindlich trotzigen Kanzler zu haben wirklich nicht weiter. Außerdem wünsche ich mir auch thematisch im Kontext zur Panzerlieferung mehr Anspruch zum Perspektivwechsel. Ohne mich großartig in der rüstungsfokussierten Außenpolitik auszukennen, denke ich dass das Verhalten unserer Bundesregierung auch noch nicht erwähnte Gründe haben kann (abgesehen davon macht sich niemand extra langfristig bei allen europäischen Partnern unbeliebt). Zum Beispiel könnte es doch auch zeigen, dass die USA nach der Trump-ära und in Hinblick auf die kommenden Wahlen ein nicht mehr ganz so sicherer Bündnispartner sind und eine gemeinsame Lieferung von Kampfpanzern mehr Bündnissicherheit in Bezug auf eventuelle Konsequenzen aus Russland darstellen kann. Mögliche Gründe zu recherchieren fand ich hilfreicher als mit allen anderen in eine Richtung zu argumentieren…
Und ich finde es erschreckend, wie leichtfertig die Grundfesten der europäischen Sicherheitsordnung im Zweifel geopfert werden, weil man sich von Russland einschüchtern lässt. Angst ist ein unglaublich schlechter Ratgeber.
Wenn die „Vernünftigen“ aus Angst nicht handeln und den unvernünftigen Bullies damit alles durch gehen lassen, ist doch klar, dass Länder wie Russland immer und immer weiter machen werden. Wenn wir hier in der Ukraine nicht im Zweifel eine rote Linie ziehen, wird Russland halt nach Moldawien gehen. Und wenn wir dort keine rote Linie ziehen ist irgendwann tatsächlich ein Angriff auf ein NATO-Land (z.B. im Baltikum) zu erwarten, denn dann weiß Russland, dass die NATO auch hier im Zweifel den Schwanz einzieht, um bloß keinen Krieg mit einer Atommacht zu riskieren.
Diese Denkweise muss aufhören. Der aggressivere darf nicht gewinnen, weil der weniger aggressive zu viel Angst vor Konsequenzen hat. Ich sage weiterhin, dass Russland keinerlei Interesse an einem konventionellen Krieg mit der NATO haben kann - noch weniger an einem Atomkrieg. Die Angst vor diesen Szenarien darf nicht unser Handeln bestimmen.