Das müsste man differenzierter betrachten.
Die Vorgänge 2015 waren in der Tat problematisch. Die Flüchtlinge standen letztlich nicht „plötzlich“ vor der Grenze, sondern waren sehr lange angekündigt. Die Regierung hat es nur ignoriert und dann aus humanitären Gründen doch die Grenzen geöffnet.
Die Öffnung der Grenzen aus humanitären Gründen war gut und richtig - aber die Situation hätte von Anfang an sauberer durchgeführt werden können, wenn man nicht über Wochen und Monate die Augen verschlossen hätte. Das Resultat war, dass keine Vorbereitungen für die Grenzöffnung getroffen wurden - mit dem großen Problem, dass die Flüchtlinge nicht hinreichend registriert oder gar angemessen untergebracht werden konnten, was zu zahlreichen Folgeproblemen geführt hat. Wie gesagt, das wäre vermeidbar gewesen und hätte vermieden werden müssen, indem man sich schon während die Menschen unterwegs waren darauf vorbereitet.
Die Frage ist nun: Warum hat die Regierung Merkel das nicht getan?
Hat man gehofft, dass die Menschen nach ein paar Monaten einfach wieder abziehen? Ich denke nicht. Wahrscheinlicher ist tatsächlich, dass das Thema dieses Threads hier der maßgebliche Grund für die Problematik ist: Denn bevor sich an der Grenze eine humanitäre Krise abgezeichnet hat, war es Merkel einfach nicht möglich, gegen den Widerstand der konservativen Hardliner etwas zu unternehmen. Frühere Vorbereitungen wären vermutlich auf großen Widerstand beim rechten Rand der Union (heute: AfD) gestoßen.
Und so sind gerade die Leute, die die Zustände von 2015 am härtesten kritisieren, auch diejenigen, die daran Schuld sind, dass es dazu kommen musste. Und das ist der generell Ansatz bei Migrationsdiskussionen: Migration wird passieren - wir können uns nicht einmauern. Die Frage ist nur, ob wir diese Realität einer mobilen, globalen Welt akzeptieren und versuchen, das Beste daraus zu machen, oder ob wir uns so lange mit Händen und Füßen dagegen wehren, bis wir vor der Entscheidung stehen, entweder die Grenzen mit Waffengewalt zu verteidigen oder die Migration zuzulassen. Quasi der Trump-Ansatz nach dem Motto: Eine Mauer wird es schon richten. Nein, das wird sie nicht. Wenn der Leidensdruck auf der anderen Seite der Mauer zu groß wird, wird keine Mauer die Menschen abhalten.
Wenn du sagst, die Mehrheit der Deutschen sei gegen die aktuelle Migrationspolitik (die schon relativ restriktiv ist!), stimmt das vielleicht sogar - denn die Mehrheit der Menschen überall auf der Welt würde bei der Wahl zwischen „den eigenen Reichtum sichern“ und „moralisch und ethisch korrekt handeln und fremden Helfen“ leider eher zum eigenen Reichtum tendieren.
Gegen Migration zu sein ist nichts anderes als Egoismus auf einer völkischen Ebene.