Inhaltlich werde ich wie gesagt nicht mehr weiter auf die Punkte eingehen, weil das alles im Rahmen der Diskussion schon vor kam und wir uns im Kreis drehen.
Aber dieser Punkt nochmal:
Gottverdammt Leute, versteht doch endlich mal den Unterschied zwischen VERGLEICHEN und GLEICH SETZEN. Niemand setzt hier die Todesstrafe oder Hartz-IV-Sanktionen mit Bußgeldern gleich, das ist absolut nicht die Aussage, die ich hier mache.
Es geht darum, dass in allen diesen - EXTREM UNTERSCHIEDLICHEN - Fällen von der Law & Order-Fraktion die gleiche Argumentation angewendet wird: Mehr Sanktionen würden zu besseren Ergebnissen führen. DENNOCH SIND ALLE DIESE FÄLLE EXTREM UNTERSCHIEDLICH. Die Logik der Problembekämpfung durch „MEHR STRAFE = WENIGER VERSTÖßE“ ist allerdings METHODISCH in allen diesen Beispielen identisch - und in allen diesen Beispielen weitestgehend widerlegt.
Dieses reflexartige „Das kann man nicht vergleichen, die Sachverhalte sind nicht zu 100% Deckungsgleich“ ist einfach ein absurdes Argument. Wären die Sachverhalte zu 100% deckungsgleich, bräuchte man sie nicht vergleichen. Man kann einen Aspekt (z.B. die Logik hinter den Rufen nach „mehr Strafe“) in verschiedenen, vollständig unterschiedlichen Bereichen vergleichen und hervorheben OHNE DIESE BEREICHE DABEI GLEICHZUSETZEN.
Sorry für das viele Capslock und die viele Fettschrift, aber diese Sache muss einfach mal deutlich hervorgehoben werden. Was mich in diesem Thread jedoch am meisten frustriert, ist, dass auf Argumente nicht eingegangen wird.
Beispielsweise habe ich mehrfach aufgeführt, dass es in vielen europäischen Ländern keine Bußgelder für Rettungsgassenverstöße gibt (Frankreich, Spanien, Niederlande) und dort trotzdem keine schlechtere Rettungsgassenkultur herrscht, während in anderen Ländern deutlich drastischere Bußgelder auf Rettungsgassenverstöße stehen (Österreich, Schweiz) und das Problem dort dennoch weiter besteht.
Wie kann man vor diesem Hintergrund davon ausgehen, dass höhere oder regelmäßiger verhängte Bußgelder zielführend wären?!? Wie gesagt, es ist eine reflexartige Panikhandlung. Man sieht das Problem, man will etwas dagegen tun - ZACK: Höhere Strafen. Das ist der Inbegriff von blindem Aktionismus.
Statt auf solche Argumente einzugehen wird einfach die Forderung wiederholt: Mehr Strafe wird es richten. Oder es werden Strohmänner aufgemacht, wie der Vorwurf, Morde, ALG II und Ordnungswidrigkeiten gleichzusetzen, was zu keinem Zeitpunkt getan wurde. Das ist einfach frustrierend.
Das einzige valide Argument, dass für mehr Bußgelder aufgeführt wurde, war, dass es zu einer höheren Publizität der Ordnungswidrigkeit führen könnte. Und wie gesagt: Das kann man über andere Maßnahmen definitiv besser erreichen… alles andere drehte sich eher um Schuldfragen („Die Leute sind selbst Schuld, wenn sie die Rettungsgassen-Regeln nicht kennen“), die zur Lösung des Problems nichts beitragen, siehe z.B. der letzte Post von Lukas. Mit diesen Schuldfragen kann man ein Bußgeld zwar rechtfertigen, aber es macht es Bußgeld nicht effektiver darin, das Problem zu lösen. Und wenn wir ein ineffektives Bußgeld nur rechtfertigen, ist das in einer freiheitlichen Gesellschaft aber eher ein Rückschritt als ein Fortschritt. Das ist mein Problem dabei. Ja, der Autofahrer ist selbst Schuld, wenn er wegen Nichtwissen ein Bußgeld kassiert. Aber das Ziel muss es sein, dieses Nichtwissen in der Fläche zu beseitigen. Der beste Rettungsgassenverstoß ist der, der nicht begangen wird - und nicht der, für den der Verursacher ein ordentliches Bußgeld kassiert hat.
Wie gesagt, diese Diskussion frustriert mich einfach, weil ich das Gefühl habe, gegen eine Wand zu reden. Ich bin auch vollständig für die Mobilitätswende, ich bin auch dafür, das Autofahren deutlich unattraktiver zu machen, aber deshalb werde ich nicht meine generellen Überzeugungen im Hinblick auf den Nutzen von Strafe über Bord werfen und typische Forderungen der Law & Order - Fraktion übernehmen. Und das werfe ich den meisten Vertretern, die in diesem spezifischen Fall deutlich für mehr Bußgelder sind, vor: Es geht nicht darum, ob dadurch das eigentliche Problem gelöst wird, sondern es wird als Schritt zur Mobilitätswende verstanden. Das darf man aber mMn nicht vermischen. Anders kann ich mir nicht erklären, wie so viele Diskutanten, die in anderen Kontexten auch strikt gegen „mehr Strafe“ wären, hier plötzlich an vorderster Front der Law & Order-Fraktion stehen… ich werfe übrigens niemanden vor, das bewusst zu tun - allerdings gehe ich davon aus, dass dieser massive Bias den meisten Diskutanten nicht hinreichend bewusst ist.
Na toll, jetzt hab ich doch wieder einen Roman zu dem Thema geschrieben… ich muss echt mal wieder zwei Wochen Urlaub vom Forum hier nehmen.