LdN308 Fachkräftemangel - Was ist mit den Frauen?

Glad you asked: Das ist eigentlich spätestens seit den 2000er Jahren aus Veröffentlichungen der Hans-Böckler-Stiftung [1] bekannt und wird durch neuere Studien [2,3] immer wieder bestätigt. Gilt im Übrigen auch für z.B. Österreich [4]. Die Links sind natürlich pars pro toto.

[1] Wunsch vieler Eltern: Arbeitszeiten gleichmäßiger aufteilen - Hans-Böckler-Stiftung
[2] https://bibliothek.wzb.eu/artikel/2018/f-21480.pdf
[3] Trendstudie: 9 von 10 Vätern wollen Elternzeit nehmen / Das Väternetzwerk conpadres ... | Presseportal
[4] Arbeitswelt - Viele Väter wollen weniger Stunden arbeiten - Wiener Zeitung Online

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Ja, natürlich ist der Erwartungswert nie Null. Hatte ich das behauptet?

Und natürlich können Männer auch ausfallen, so naiv das auszuschließen wird hoffentlich niemand sein. Es geht um die unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten eines solchen Ausfalls. Der Erwartungswert ergibt sich schlicht aus der statistischen Verteilung:

Nimm 1000 Männer und 1000 Frauen mit vergleichbarer Qualifikation und berechne den Mittelwert der Anzahl an Arbeitsstunden, die beide Gruppen vom 25. bis zum 45. Lebensjahr für ihren Arbeitgeber geleistet haben. Subtrahiere diese Zahl von der Anzahl der Arbeitsstunden, die ein nie kranker Vollzeitarbeitnehmer in dieser Zeit geleistet hätte. Das Ergebnis ist der Erwartungswert für den Ausfall bis zum 45. Lebensjahr. Er wird immer größer Null sein, aber er wird erhebliche geschlechtsspezifische Unterschiede aufweisen.

Natürlich kann das bei dem einen Mann und der einen Frau individuell ganz anders sein. Wahrscheinlichkeiten sind keine Sicherheiten. Aber ein Großunternehmen, das Tausende beschäftigt, wird den Effekt messen können – und bei der Personalplanung berücksichtigen.

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Bestimmt kann man es messen. Aber berücksichtigen? Ginge ja nur, wenn alle das gleiche arbeiten, oder was ähnliches. Zumindest in der Industrie kann ich es mir nicht vorstellen.

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Mal etwas globaler betrachtet: liegt das Problem eher in unserem Verständnis von Erwerbsarbeit?
Die Digitalisierung führt zur Substitution von einfachen Tätigkeiten. Auch solche, die von Frauen nach einer Elternzeit gern ausgeführt werden. Die teils starren Arbeitszeiten tun ein übriges.
Da wäre ein zukunftsweisender Ansatz ggf angezeigt

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Fragestellung war, ob Eltern lieber mehr beruflich arbeiten und Kinder in Betreuung geben oder ob sie lieber die Kinder selbst betreuen. Keiner der Links beschäftigt sich damit. Lediglich in [3] kommt Care-Arbeit überhaupt vor.

Doch und genau darauf bezog sich meine Kritik:

Naiv bezeichne ich das nicht. Es ist nur in unsere Gesellschaft oft üblich, dass Männer genau so gesehen werden: Zuverlässige Arbeitskräfte, die nie ausfallen. Darauf bezog sich meine Kritik. Dass Frauen öfter ausfallen ist statistisch sicher so, aber ich glaube dass die Zuverlässigkeit der Männer immer noch deutlich überschätzt wird.

Da wäre es interessant zwischen kinderlosen und ArbeitnehmerInnen mit Kindern zu unterscheiden und zusätzlich auch noch Daten bis zum Renteneintritt zu nehmen.Es sollte auch positve Aspekte von Kindern geben, z. B. höhere Resilienz und weniger burnout oder so.

Ja, aber momentan haben viele Unternehmen diese Option gar nicht, die sind froh, wenn sie irgendjemanden finden ;).

Das ist sicher auch ein wichtiger Aspekt.

Anscheinend habe ich den Überblick darüber verloren, was du eigentlich sagen möchtest.

Aber klar, wahrscheinlich geben die meistens Menschen in Umfragen an, dass sie weniger Erwerbsarbeit leisten wollen, weil sie damit eigentlich sagen wollen, dass sie mehr Erwerbsarbeit leisten wollen.

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Ich glaube wir gehen alle Konform damit, dass jede Person die die Kinder in eine Tagesbetreuung geben will die Möglichkeit dazu haben soll.

Ich glaube aber nicht, dass so viele Mütter dazu animiert werden können zeitnah wieder ihre Arbeit aufzunehmen wie es der Eingandspost suggerieren will. Ich kenne einige junge Mütter in meinem Umfeld die ihr Mutter sein genießen.
Auch für Eltern die sich dafür entschieden haben einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen um nach der Schule für die Kinder da zu sein wird es erst ab einem gewissen Alter des Kindes akzeptabel sein mehr zu arbeiten.

Fazit
Der Fachkräftemangel wird uns in allen Bereichen noch lange begleiten. Ein, vor allem schnelles, Allheilmittel wird es nicht geben. Eine Ausbildungsoffensive ist vor allem in Handwerksberufen (die für die Energiewende benötigt werden) dringend geboten. Auch sollten diese Berufszweige wieder attraktiver gemacht werden wie es z.B. hier diskutiert wurde

Des weiteren sollten wir von der Erwartungshaltung weg kommen alles immer sofort bekommen zu wollen. Was über Jahre oder Jahrzehnte verpennt wurde kann nicht abrakadabra über Nacht gerichtet sein. ABER wir müssen JETZT die Weichen für die Zukunft stellen.

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Das sehe ich genauso, was die Eile angeht.

Aktuell wird eher versucht, ein bestehendes, aber für kommende Arbeitsbedingungen ungeignetes System mit Notlösungen am Leben zu halten.

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Ich habe auch meine Elternzeit genossen. Leider ist es für viele, uns auch, finanziell gar nicht machbar auf so viel Einkommen zu verzichten. Ich würde auch liebend gerne reduzieren und mehr Zeit mit meinem Sohn haben, geht aber leider absolut nicht. Ich kenne viele denen es so geht, wo auch die Mutter dann die Wochenenden durcharbeitet damit es reicht. Ich habe das Gefühl, dass ich zwar viel für das Land tue, in dem ich ein Kind bekomme, aber dafür nur Knüppel zwischen die Beine kriege. Wir wollten eigentlich immer 2 Kinder, leider wird das Stand jetzt nicht möglich sein.

Hallo! Ich, Frau, 3 Kinder, Hochschulabschluss in Naturwissenschaften, möchte gar nicht mehr als meine 25 Stunden in der Woche arbeiten. Das ist meine (zugegebenermaßen was Rente etc. angeht teuer erkaufte) Work-Life-Balance.

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Nein, kommt nicht. Steuerklassen sind Schall und Rauch, die bestimmen bloß die monatlichen Abschläge auf die Steuer. Versteuert wird immer das Jahreseinkommen, bei gemeinsam veranlagten Eheleute das gemeinsame Jahreseinkommen. Es spielt – nach der Einkommenssteuererklärung – überhaupt keine Rolle mehr, wer welche Steuerklasse hatte und wer wieviel zum gemeinsamen Einkommen beigetragen hat.

Und wie sah es nach der Steuererklärung aus?

Wenn durch den Wiedereinstieg deiner Mutter tatsächlich nur maximal 2400 EUR/Jahr mehr Netto rumgekommen sind, dann kann selbst im Extremfall (komplette Versteuerung zum Grenzssteuersatz von 42%, Sozialversicherung 20%) deine Mutter nicht mehr als etwa 5.000 EUR/Jahr Brutto verdient haben, während dein Vater deutlich mehr als 140.000 EUR/Jahre an Brutto gehabt haben muss – sonst hätten sie die zusätzlichen 5.000 EUR nicht zum Grenzssteuersatz versteuern müssen. (Da ich es nicht besser weiß jetzt hier mit der Steuertabelle 2022 und 1 Kinderfreibetrag gerechnet).

Das Ehegattensplitting und die freie Wahl der Steuerklassen (bei der es ja auch das Faktorverfahren gibt, dass versucht möglichst gleichmäßig aufzuteilen) sind hier wirklich nicht das Problem, sondern dass erstaunlich viele Menschen die elementarsten Grundzüge unseres Einkommenssteuersystems nicht verstehen und deshalb die falschen Schlüsse ziehen.

Ich plädiere seit langem dafür, dass das Teil des Politikunterrichtes in der Schule werden muss. Zum einen, weil es in einer Demokratie ganz essentiell ist, dass der mündige Bürger und die mündige Bürgerin verstehen, wie sich der Staat finanziert und was das für sie persönlich bedeutet. Zum anderen aber auch, weil das wirklich mal Wissen ist, dass man über viele Jahre im Leben braucht!

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Ein passender Aspekt dazu, der auch die jüngere Generation berücksichtigt:

Zwar TaZ mässig sehr „eigen“ und einseitig, trifft aber dochveinige relevante Punkte.
Auch hier der Tenor, das unsere konservative Art der 40h- Woche mit vielen Überstunden zum Erwerb eines Eigenheimes gar nicht mehr das allseits erstrebenswerte Ziel ist.

Ich tendiere immer noch dazu, eher die starren Arbeitsstrukturen an aktuelle Anforderungen anzupassen als krampfhaft an Ansätzen des letzten Jahrtausends festzuhalten.
Junge Arbeitnehmer zeigen ja schon sehr deutlich, das sie diese Art von Hamsterrad gar nicht mehr wollen - was ich auch nicht verwerflich finde.

Das erscheint mir auch so. Kann ich auch verstehen, Care-Arbeit ist ein relativ neuer Begriff. Könnte man nachfragen oder aber den anderen einfach als dumm hinstellen.

Da sind wir uns einig, das ist eigentlich alles was ich möchte.

Bist Du Dir dabei sicher? Wir haben 10-15 Millionen in Teilzeit plus noch einige die gar nicht arbeiten. Das ist ein enormer Hebel.

Das ist meiner Sicht eine der schnellsten Maßnahmen, denn die Arbeitskräfte sind ja bereits hier im Land. „Schnell“ ist aber sicher nicht innerhalb von ein paar Monaten.

Ja, richtig. Das hatte ich falsch dargestellt.

Die Steuer war hier nicht der einzige Punkt. Meine Mutter hatte, da wohnhaft auf dem Land, noch ein eigenes Auto benötigt.

Politikunterricht ja, aber wieso braucht man das Ehegattensplitting dann überhaupt? Ist ein anderes Thema, aber ich habe den Eindruck, dass bei der Einkommensteuer Dinge mit Absicht kompliziert gestaltet sind.

Deshalb würde ich vorschlagen, den Begriff nicht einfach zu missbrauchen, um den auf Selbstausbeutung setzenden Arbeitsmarkt weiter am Laufen zu halten. Als letzter Beitrag hier deshalb ein Hinweis auf das neue Buch der großartigen Teresa Bücker, das auch nochmal auf die von mir vorgebrachten empirisch dokumentierten Wünsche von Eltern eingeht:

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Sie wollen also behaupten dass diese Mütter deshalb nicht arbeiten weil sie keine Tagesbetreuung haben?
Ich halte dagegen dass die überwiegende Zahl der Mütter gar nicht arbeiten wollen und schon gar nicht Vollzeit!
Wenn meine Behauptung stimmt müssten sie einen (finanziellen) Zwang ausüben damit der Hebel den sie ansetzen wollen funktioniert.

Ich erkenne in dem Post von @less_ink die Ironie, dass sie sich bei diesem Thema immer wieder selbst widersprechen, unterstellen „es gibt keine Daten“ werden die Daten verlinkt dann negieren sie diese oder reißen sie diese aus dem Kontext.
Hier tun sie gerade wieder das was sie weiter oben mir unterstellen.

Bezogen auf den Ausgangspost sicher die entscheidenden Fragen:

Wieviele Frauen mit noch betreuungsbedürftigen Kindern möchten überhaupt voll-oder Teilzeit arbeiten? Und die Kinder in eine Betreuung geben?

Was ist mit Frauen, die nach längeren Erziehungszeiten lange aus dem Beruf raus sind? Laut Agentur für Arbeit zählt man nach 4 Jahren in denen man den erlernten Beruf nicht ausgeübt hat, quasi wieder als ungelernt.
Stehen diese Frauen dem Arbeitsmarkt sofort zur Verfügung? In welchen Tätigkeiten? Müssen die alle zwangsläufig im Niedriglohnsektor arbeiten? Lohnt sich das dann?
Was ist mit Qualifizierungen, z.b. per Bildungsgutschein? Bis zu welchem Alter gesteht man diesen Frauen noch kostspielige Fortbildungen oder Umschulungen zu, auch unter Berücksichtigung des AGG?

Wenn Frauen entsprechend als Fachkräfte gewünscht sind, dann zum gleichen Gehalt bei gleicher Leistung wie Männer?

Wie soll auf der anderen Seite die umfassend verfügbare Kinderbetreuung garantiert werden? Woher komnen sie Fachkräfte mit der formal gewünschten Qualifikation bei zumeist geringen Gehältern?

Scheint mir auf den ersten Blick doch noch offene Fragen zu geben…

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Da ist was dran. Lerne immer mehr junge Frauen kennen, die sich bewusst gegen Kinder entscheiden. Früher war das noch mit einem gesellschaftlichen Makel behaftet, aber heutzutage steigt die Akzeptanz dafür langsam. Es gilt in manchen Kreisen sogar als egoistisch Kinder zu bekommen, weil der CO2-Fußabdruck von Babys und Kindern nicht gerade unerheblich ist. Insbesondere Männer haben allerdings Probleme damit den gesellschaftlichen Wandel zu akzeptieren und sind immer noch in alten Rollenbildern gefangen.

In der Privatwirtschaft wird das Gehalt oft noch ausgehandelt, daher die Ungleichheiten. Der öffentliche Dienst mit festen Tarifverträgen ist da sicherlich attraktiver für Frauen. In den neuen Bundesländern verdienen Frauen, die Vollzeit arbeiten, bereits schon jetzt mehr als Männer:

Wie die Bundesagentur für Arbeit mitteilt, erreichte das Medianentgelt der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten in Ostdeutschland 2021 erstmals die 3.000-Euro-Marke, aktuell beträgt es 3.007 Euro. Dabei verdienten die ostdeutschen Frauen mit 3.060 Euro im Mittel 82 Euro mehr als die Männer, die im Median auf 2.978 Euro Monatsbrutto kamen. Man muss jedoch berücksichtigen, dass es sich hier um einen Medianwert handelt. Denn auch in Ostdeutschland arbeitet jede zweite Frau in Teilzeit. Die Anzahl der vollzeitbeschäftigten Frauen ist also viel geringer als der Anteil der vollzeitbeschäftigten Männer und daher wird das vermeintlich höhere Mediangehalt der Vollzeitfrauen eingeschränkt, wenn es um die Betrachtung der absoluten Werte geht.

https://www.zeit.de/wirtschaft/2022-10/gender-pay-gap-ostdeutschland-westdeutschland-frauen-maenner

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Wieviele Frauen mit noch betreuungsbedürftigen Kindern möchten überhaupt voll-oder Teilzeit arbeiten? Und die Kinder in eine Betreuung geben?

Aktuell ist es doch so, dass das Vollzeit Arbeiten mit Frauen mit hohen „Kosten“ (Zeit + Geld) verbunden ist und wir noch nicht in einer Situation sind, in der überhaupt alle Frauen die möchten Vollzeit arbeiten.

Ich denke, sobald ausreichend Betreuungsplätze zur Verfügung stehen und die finanzielle Benachteiligung abgeschafft ist (Splitting + Kostenlose KV für nicht-/geringfügig Beschäftige), kann sich jede Frau dann entscheiden ob sie Vollzeit arbeiten möchte oder nicht.

Was ich geschrieben habe, gilt natürlich genau so für Männer.

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Da muss man aber in sehr seltsamen Kreisen unterwegs sein.

Belege bitte. Ich kann aus meinem Freundeskreis sagen, dass es häufig die Frauen sind, die dir komplette Betreuung einfordern. Und da sind leider genug Männer die sich nicht durchsetzen. Außerdem liegt es oft an den unfairen Löhnen (Lohntransparenz könnte helfen).

Weil dort in meinen Augen immer schon weniger auf diese konservativen diskriminierenden Rollen geschaut wurde.

Bei Millenials habe ich das Argument noch nicht so häufig gehört, aber bei der Generation Z, die beim Thema Klimaproteste deutlich aktiver ist als wir, ist das durchaus eine ernsthafte Überlegung. Hängt aber sicherlich auch mit den pessimistischen Zukunftsaussichten zusammen. Wenn ich fest davon überzeugt bin, dass die Erde in 20 Jahren nicht mehr lebenswert ist aufgrund des Klimawandels, dann will ich das meinem potentiellen Nachwuchs nicht zumuten.

In Vergleich zu früher schließen viel mehr Frauen ein Studium ab und verdienen danach auch entsprechend. Da finde ich es nur gerecht, wenn die Betreuungszeiten fair zwischen den Partnern aufgeteilt werden. Das ergibt natürlich keinen Sinn bei einer Beziehung zwischen Chefarzt und Kassiererin. Aber heutzutage werden ja viel mehr Ehen geschlossen, wo beide Partner einen ähnlichen sozio-ökonomischen Hintergrund haben.