LDN304 Situation der Linken

Ihr habt hier sehr zugespitzt. Die Rede von Wagenknecht im Bundestag hat die meiste Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Darauf war sie offenbar angelegt, und das hat in der auf Skandale fokussierten Medienlandschaft (aus ihrer Sicht hervorragend) funktioniert. Wagenknecht war jedoch, anders als ihr behauptet habt, nicht die einzige Redenerin der Linken in den Haushaltsdebatten. Wagenknecht hat zum Haushalt von Habeck gesprochen. Insofern war der Fokus auf Wirtschaft und Energie richtig (womit ich weder ihre Analyse verteidigen will noch die Entscheidung sie in die Bütt zu schicken).

In der Generaldebatte über den Haushalt des Bundeskanzlers hat die Fraktionsvorsitzende Amira Mohammed Ali gesprochen und sie hat mehr oder weniger die Rede gehalten, die ihr Euch von den Linken erwartet habt - mit sozialpolitischem Schwerpunkt. Ihre Botschaft ist allerdings nicht durchgerungen, auch wegen des Schlagabtauschs zwischen Kanzler und Oppositionsführer.

In der Grundanalyse würde ich zustimmen: die Linke zerlegt sich selbst.

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In den Live-Lagen ist es immer etwas zugespitzer.

Oder vl. weil Wagenknechts Rede ihr die Show gestohlen hat? Weil die Rede ja genau auf Skandal ausgelegt war?

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Das ist letztlich aber auch ein Problem der Medienlandschaft.

Hätte Wagenknecht hier keinen Skandal erzeugt, glaubst du wirklich, dass dann die Rede von Amira Mohammed Ali es in die Medien geschafft hätte? Ich fürchte nicht. Zumindest nicht annähernd so prominent, wie es Wagenknechts Rede geschafft hat (wenngleich das Resultat dieser Berichterstattung für die LINKE negativ sein dürfte…)

Mit vernünftiger Oppositionspolitik schafft man es eben leider kaum in die Medien. Das sieht man auch bei der CDU: Die Merz-Reden, bei denen er maximal polemisch ist (z.B. nach dem missglückten Habeck-Auftritt) werden von allen Medien aufgegriffen und breit berichtet, die Reden, in denen die CDU ausnahmsweise mal konstruktive Oppositionspolitik macht, lösen maximal eine Kurzberichterstattung aus (z.B. „CDU für Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine“).

Ein auf den Grundlagen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung basierendes Pressewesen wird halt berichten, was die meisten Klicks gibt. Und das sind Skandale und Polemik - und nicht die gut durchdachte, konstruktive Opposition. Und die Parteien sind auf Medienberichterstattung angewiesen, wenn sie eine maximale Reichweite haben wollen. Gerade für die Opposition gibt es keine günstigere Werbung als eine maximal-polemische Bundestagsrede, die am besten noch unter die Gürtellinie geht. Leider.

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Vollkommen richtig, wir haben jedoch in Deutschland auch gebührenfinanzierte Medien. Leider berichten diese auch nicht genug darüber.

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Nur dass diese Medien eben politisch besetzt sind (zumindest in den Führungspositionen) und von daher kein Interesse haben neutral zu berichten.

Kannst du das bitte sauber belegen - oder ist das einfach nur dummes Bashing?

„Objektiv“ berichten kann man ohnehin nicht, aber der örR verfügt über in der internationalen Medienlandschaft ziemlich einmalige Mechanismen, um eine ausgewogene Berichterstattung zu gewährleisten.

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Stimmt, dann eben „ausgewogen“. Man muss nicht jedem eine Platform bieten, aber die Berichterstattung zu vielen der kontrovers diskutierten Themen in den letzten jahren war schon sehr einseitig. Ob nun Corona Massnahmen oder der Ukrainekrieg. Es gab einen Tenor, und wer ausscherte konnte vorher so beliebt sein wie er wollte, er wurde „Persona non grata“, und zwar überall.
Glaube ich dass das Absprache war? Vermutlich nicht. Aber keiner will sich mehr einem „Shitstorm“ aussetzen, also sehen wir immer öfter „2 Stühle, eine Meinung“.
Das ist meine Wahrnehmung der Mainstream TV Medien.

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Deswegen hat man gestern auch die Corona- und Ukraine-Mainstreamerinnen Alice Weidel und Sahra Wagenknecht in die ARD und ins ZDF eingeladen. Seriously, das ist doch schon hart an der Grenze zur „Lügenpresse“-Rhetorik.

Zum Threadthema: Interessanter Kommentar heute in der taz von Pascal Beucker: Die Fraktionsführung um Dietmar Bartsch scheint tatsächlich vom Wagenknecht-Lager abzurücken - auch nachdem es in den letzten Tagen ja massiven Druck aus den Landesverbänden gab. Viel zu spät, aber immerhin.

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Letztlich gilt für gebührenfinanzierte Medien leider das gleiche wie für private Medien.

Auch die gebührenfinanzierten Medien müssen ihre Existenz - aktuell stärker denn je - rechtfertigen und tun dies oft über die Quoten, denn über Quoten können sie ihre gesellschaftliche Relevanz belegen. Das zwingt letztlich auch Qualitätsformate wie die Tagesschau dazu, Skandale stärker in den Vordergrund zu rücken als vernünftige Sachpolitik der Opposition.

Das Problem ist hier vielleicht eher ein Empfänger- als ein Sender-Problem, denn die Medien müssen halt das senden, was die Bürger sehen wollen. Und in einem Land, in dem die BILD-Zeitung weiterhin die auflagenstärkste überregionale Tageszeitung ist (mit einer deutlich höheren Auflage, als alle anderen überregionalen Tageszeitungen zusammen) muss man eben auch in den öffentlich-rechtlichen Medien Abstriche machen, wenn man nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken will.

Daher werden auch die öffentlich-rechtlichen über (für die meisten Bürger interessante) Skandal-Reden im Bundestag stärker berichten als über (für die meisten Bürger langweilige) Sachdiskussionen im Bundestag. Leider.

So gesehen stimme ich zu, dass es weniger ein Problem der kapitalistischen Logik ist, denn dieses Problem gäbe es auch in anderen Wirtschafts- und Gesellschaftsformen in einem ähnlichen Maß. Es ist ein generelles Problem der menschlichen Natur, dass für die meisten Menschen Skandale interessanter sind als komplexe politische Sachzusammenhänge.

Und das schreibst Du einen Tag, nachdem Weidel bei Maischberger (ARD) und Wagenknecht bei Lanz (ZDF) eine große Plattform bekommen haben…

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Vielleicht findet ja ein Umdenken statt. Ich kann ja nicht wirklich beurteilen was in Zukunft passiert. Aber es gab ja genug Beispiele von früher respektierten und gern gesehen Gästen (und da rede ich nicht mal von Leuten wie Wedel und Wagenknecht), die ob ihrer kontroversen Ansichten plötzlich überall ausgeladen wurden. Ich sage nicht, dass man diesen Leuten ein Forum bieten sollte. Ein Forum heisst ja, ihre Positionen unwidersprochen so auszustrahlen. Das sollte man natürlich nicht tun.

Und ehrlich, „Lügenpresse“ ist etwas gänzlich anderes.

Diese Kritik ist so undifferenziert, unspezifisch und abgehoben, dass ich zumindest Schwierigkeiten habe, sie von einschlägigen Telegram-Gruppen zu unterscheiden. Ich verliere auch den Überblick, ob es jetzt um „Cancel Culture“, „Staatsfunk“ oder alles durcheinander geht. Viel Geraune.

Da es ja aber eigentlich um die Linkspartei geht, schließe ich hier mal mit einem aktuellen Symbolbild:

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Das ist nebenbei ein Resultat der Problematik, die ich oben aufführte. Denn Weidel oder Wagenknecht zu einer Talkshow einzuladen führt ja gerade zu quotenträchtigen Skandalen, über die die Print- und Internetmedien noch Tage lang berichten werden.

Das ist letztlich auch das Problem mit der „false balance“ die wir z.B. in Klimadiskussionen lange hatten - nach dem Motto: Wir laden einen Klimaexperten und einen Klimaleugner ein und lassen sie diskutieren, wodurch der falsche Eindruck entstehen könnte, dass es sich gleichwertige Meinungen handelt, obwohl die Meinung des Klimaexperten 99% der Wissenschaft abbildet und die Meinung des Klimaleugners eine krasse Minderheitsmeinung ist. Auch das wurde letztlich deshalb gemacht, weil es gut für die Quoten war, wenn zwei Leute mit möglichst unterschiedlicher Meinung aufeinander losgelassen wurden, wohingegen ein Plenum von fünf Klimaexperten, die alle geringfügig andere Facetten der gleichen Mehrheitsmeinung vertreten, für die meisten Zuschauer nicht interessant wäre.

Das Ganze zeigt aber auch gut, dass die Medien es kaum richtig machen können, weil es nicht möglich ist, gleichzeitig den Vorwurf der „skandalhaschenden Präsentation von Minderheitsmeinungen“ und den Vorwurf der „Unter- oder Nichtrepräsentation von (oppositionellen) Minderheitsmeinungen“ zu beseitigen. Irgendwo werden die Medien immer offen für Kritik sein, aber das gehört in einer Demokratie wohl auch irgendwo dazu. Problematisch wird es, wenn die Kritik zu undifferenziert ist („Lügenpresse“).

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Leider leidet die Ausgewogenheit zunehmend. Fast zwei Jahrzehnte bundesweite CDU-Dominanz haben ihre Spuren in den Führungsgremien hinterlassen. Wertvolle, investigative Formate, die den Mächtigen auch gerne mal auf die Finger klopfen, werden zunehmend in die Nachtstunden oder gleich in die Mediatheken gedrängt, während ideologische Bullshitformate wie „Wirtschaft vor Acht“ oder sinnlose Krawall-Talkshows Sendezeit in der Primetime beanspruchen dürfen. Angeblich „gecancelte“ Figuren wie Lisa Eckhart dürfen regelmäßig ihr Programm hart an der Grenze zu Rassismus, Antisemitismus u.ä. unbehelligt aufführen, aber satirische Oma-Lieder werden durch direkte Intervention des Intendanten in Nullkommanix zensiert, usw.

Dabei müsste man eigentlich sagen, dass selbst „Ausgewogenheit“ im Grunde nicht ausreicht, sondern es bräuchte ein echtes, öffentlich-rechtliches Gegengewicht zu den kommerziell gesteuerten, tendenziell rechten Medien. Die Produkte des Döpfner-Konzerns sind Extrembeispiele, aber prinzipiell wird doch keine Konzernpublikation eine eher linke Blattlinie verfolgen, weil das einfach nicht den Interessen der Eigentümer entspricht. Mit politischer Berichterstattung an sich lässt sich nur schwer Geld verdienen, also wird das durch andere Aktivitäten crossfinanziert. Wer bezahlt, bestimmt die Richtung, und das sind garantiert keine großen Fans von Vermögenssteuern, Mietendeckeln u.ä.

Statt dem aber bewusst etwas entgegenzusetzen, kopieren die ÖRR zunehmend die Berichterstattung ihrer kapitalgesteuerten, rechtspopulistischen Konkurrenz, weil ihnen von denen sonst wieder vorgeworfen wird, sie wären „linksgrün dominiert“ – was allerdings sowieso passiert, egal wie weit man den Konzernmedien nach rechts hinterher läuft.

Dann würde ich mal sagen, du hast eine sehr sonderbare Wahrnehmung. Wirklich zur „Persona non grata“ wurden allerhöchstens einige wenige Gestalten, die irgendwann echt falsch abgebogen sind und angefangen haben, wirklich hanebüchenes Zeug zu verbreiten, bspw. Xavier Naidoo oder Eva Hermann.

Dagegen genießen Dampfplauderer ohne besondere Qualifikationen wie Richard David Precht praktisch unbegrenzt Airtime, genauso wie notorische Falschlieger wie Streeck oder Stöhr in Bezug auf Corona, oder Vad und Varwick, wenn sie sich in irritierender Form zum Ukrainekrieg äußern. Weidel und Wagenknecht wurden ja schon erwähnt.

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Das ist doch aber eigentlich schon eine bemerkenswerte Ambivalenz. Eine Strategie, die auf die Erzeugung eines Skandals setzt, um daraus mediale Aufmerksamkeit zu generieren, wäre ja nur dann sinnvoll, wenn diese Aufmerksamkeit auch in elektoralen Erfolg umschlagen würde. Ansonsten ist es einfach eine schlechte Strategie. Die LINKE liegt seit Monaten in Umfragen kontinuierlich bei 4-5% und fährt in jeder Landtagswahl Verluste ein. Die Exponierung des Standpunkts von Wagenknecht ist ja nicht neu oder unbekannt, sie ist aber offensichtlich aktuell nicht erfolgreich.

Deshalb würde ich das Problem hier auch gar nicht unbedingt darin sehen, dass man sich gezwungen fühlt, mit medialen Aufmerksamkeitsökonomien zu kalkulieren, sondern schlicht darin, dass die Position Wagenknechts in der Fraktion mehrheitsfähig ist - oder ihr zumindest nicht genügend entgegen gesetzt wird. Die LINKE hat in erster Linie ein Fraktionsproblem, kein Medienproblem. Das Wagenknecht-Lager dominiert die fraktionsinternen Abstimmungen; Amira Mohamed Ali wurde als Fraktionsvorsitzende durchgesetzt, um Caren Lay zu verhindern; der vollkommen dubiose Putin-Apologet Andrej Hunko gegen die Rechtsextremismusexpertin Martina Renner zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Dort wo die LINKE politisch erfolgreich ist, etwa in den Landesparlamenten von Thüringen oder Berlin, sind solche Gestalten marginalisiert - in der Bundestagsfraktion sitzen sie an den Schalthebeln.

Wenn man jetzt vor allem die mediale Seite fokussiert, übersieht man m.E., dass die ideologische Nähe zum Aggressor innerhalb der Bundestagsfraktion der LINKEN eine Haltung ist, die mit Ämtern und prominenten Redezeiten honoriert wird.

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Nicht zu vergessen die Ernennung von Putinknecht und Porsche-Fan Klaus Ernst zum Vorsitzenden des Energieausschusses.

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Ein Beitrag wurde in ein neues Thema verschoben: „Die Linke“ Situation und Perspektive

Ulrike Guerot z.B.
Edit: Ich sage nicht dass die Frau recht hat, bei weitem nicht. Aber sich nicht öffentlich inhaltlich mit ihren Aussagen auseinander zu setzen halte ich für falsch.

Welche Qualifikation sollte er denn haben um in solchen Runde mitzureden? Ich frage mich das wirklich.

Ob die wirklich so falsch lagen ist immer noch offen und wird auch nie geklärt (dafür müsste man in der Zeit zurück reisen und stattdessen mal das machen was Streek gefordert hat).

Die wurden erst wieder eingeladen nachdem es jede Menge Kritik gab.

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Die Covid19 Debatte (seit dem Jahr 2020) in der LdN und hier im Forum mit den Fakten aus wissenschaftlichen Studien lassen das nicht offen - diese Behauptung ist ebenso wie Deine pauschale Medienschelte unangemessen.

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Ja keine Lust mehr hier darüber zu diskutieren, Du hast Recht, macht leider keinen Sinn.