„Die Linke“ Situation und Perspektive

Dem würde ich auch nicht widersprechen wollen.

Das Problem ist nur: Wie kann die LINKE das in Zukunft besser hinbekommen, ohne sich komplett in die Bedeutungslosigkeit zu spalten (das klassische linke Problem…).

Auch wenn ich Gleichsetzungen von Linke und AfD völlig ablehne, drängt sich hier der Vergleich mit der Flügel-Problematik der AfD auf. Beide Parteien haben parteiintern einflussreiche, problematische Flügel, die aus der Partei auszuschließen (wenn das überhaupt juristisch möglich wäre) einer Spaltung der Partei gleichkäme. Und beide Parteien haben darauf keine Antwort und stehen daher medial - zu Recht - permanent als tief zerstritten dar, was sich darin bemerkbar macht, dass die Parteien ihr maximales Wählerpotential (im Fall der AfD: zum Glück) nicht erreichen können.

Die LINKE bräuchte in der Tat eine personelle Generalüberholung. Andererseits schätze ich an der LINKEN auch, dass es eine sehr pluralistische Partei ist - und dieser Pluralismus bedeutet eben, dass es parteiinterne Richtungsstreite geben kann, wird und sogar muss.

Tatsächlich gefährdet der starke Einfluss des Wagenknecht-Flügels aber gerade den Pluralismus in der LINKEN, ebenso wie Höckes Leute den rechten Pluralismus in der AfD gefährdet: Eben weil viele einflussreiche, gemäßigtere Politiker aus den Parteien austreten und damit den Radikalen noch mehr Einfluss überlassen.

Ich sehe nicht wirklich eine positive Entwicklung der LINKEN mit Wagenknecht an Bord, aber ich tue mich auch schwer, mir zumindest kurz- und mittelfristig eine LINKE ohne das Wagenknecht-Lager vorzustellen. Doofe Situation, die am besten lösbar wäre, wenn Wagenknecht sich einfach mal ein wenig zurückhalten würde, statt ihren Status als begehrter Talkshow-Gast zu nutzen, um ihre Positionen stärker zu vertreten, als sie in der linken Basis tatsächlich sein dürften.

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Sehe ich auch so. Das große „Aber“ kommt dann in der Konsequenz, wenn die Richtungsstreits abgeschlossen (z.B. durch Parteitagsbeschluss) sind. Dann sollte man, ganz im Sinne der parteiinternen Demokratie, die Ergebnisse akzeptieren. Wagenknecht und andere tun aber genau das nicht - sie streiten weiter, dann halt in der Öffentlichkeit - teilweise sogar im Bundestag. Und dann stellt sich die Frage, wie mit Parteimitgliedern umgegangen werden sollte, die die parteiinterne Demokratie nicht respektieren. Ich hätte meine Antwort - aber die schafft die LINKE offensichtlich nicht umzusetzen.

Mal zwei (mehr oder weniger gute) Vergleiche:

  1. Wenn eine wichtige SPD-Politikerin (austauschbar mit den meisten anderen Parteien und allen Geschlechtern) mit der Parteilinie in einem Thema nicht übereinstimmt, hält sie sich aus dem Thema quasi raus. Da kommen dann die altbekannten „Nicht-Antworten“ und im äußersten Fall sagt sie „Da verweise ich auf den Parteitagsbeschluss“. Dann wissen geneigte Zuhörer:innen immer noch, dass sie das Thema anders sieht, aber in der allgemeinen Bevölkerung wirkt es nicht wie so ein Zirkus, wie wir ihn von der Linkspartei kennen.
  2. Luisa Neubauer ist (ich tippe mal immer noch) Mitglied der Grünen. In Talkshows sitzt sie aber als Klimaaktivistin oder „Fridays for Future“-Sprecherin. In diesen Funktionen kann sie dann auch Grünen-Linien und -Entscheidungen öffentlich kritisieren. Sahra Wagenknecht tut das als Linken-Politikerin.
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Problem: die Linke hat nichts zu verteilen, um führende Parteimitglieder zu disziplinieren. Es gibt mangels Regierungsbeteiligungen (Ausnahme: Thüringen) kaum Ämter und attraktive Positionen, die man Quertreibern vorenthalten könnte. Wenn es aber ohnehin nix zu erreichen gibt, außer 15 Minuten Ruhm in der abendlichen Talkshow oder per Videoclip in den sozialen Medien, warum dann zugunsten der Partei darauf verzichten, sich dort auszuleben?

Neben Thüringen ist die Linke auch in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen an der jeweiligen Regierung beteiligt. Aber stimmt, viel zu verteilen hat sie nicht.

Vor allem wird ja kolportiert, dass Wagenknecht nicht einmal regelmäßig zu Ausschusssitzungen erscheint. Ein Ministerposten o.ä. irgendwo wäre ihr sicher zu anstrengend.

Ich denke eher, dass das Problem insbesondere der Bundestagsfraktion an deren Größe liegt. Wie soll man jemanden aus seiner eigenen Fraktion sanktionieren, wenn man dadurch riskiert, den Status als Fraktion zu verlieren. Bereits wenn nur drei Abgeordnete die Fraktion verlassen, dann wäre „Die Linke“ keine Fraktion mehr, sondern nur noch eine Gruppe im Bundestag, d.h. weniger Rechte und weniger Geld.

Kein Wunder also, dass die jetzigen Fraktionsvorsitzenden nur halbgare Erklärungen von sich geben. Es geht hier auch um ihr eigenes politisches Überleben!