LdN294: Soziales Pflichtjahr

OK, meine, wie ich dachte, offensichtliche Kritik an dem Vorschlag war wohl nicht offensichtlich genug.

Also noch einmal: Wieso sollte ein soziales Pflicht-Jahr das schaffen, was mindestens 10 Jahre Schule nicht geschafft haben?

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Der Witz impliziert gerade dass was ich meine diese seltsame Vorstellung von Arbeit als gesellschaftliche Pflicht und dem damit verbundenen Vorwurf man würde seine Pflicht der Gesellschaft gegenüber nicht erfüllen. Mit automiserter Selbstveranstwortlichkeit hat das wenig zu tun. Weshalb man auch in anderen Ländern diese Diskurse nicht sieht.

Was meinst du mit Prozessen ? Die meinsten Leute gerade auch jüngere stecken doch so oder so in irgendwelchen Prozessen zwischen ehrenamtlicher und Lohnarbeit.

Zusammenarbeit bedeutet alles und nichts und nur weil man miteinander arbeitet ist das noch keine Zusammenarbeit. Ich hab das Gefühl du versucht aus der Kontakthypothese die Wirkung des Pflichtdienstes abzuleiten. Kontakt bzw Interaktion kann man aber auch viele weisen schaffen.

Das ist ein sehr guter Ansatz, ich hatte auch schon die Idee, innerhalb des Pflichtdienstes auch regelrechte Praktika anzubieten, um z.B. auch Leute für Handwerksberufe zu begeistern. Aber so wie du es beschreibst, ist es noch durchdachter. Wenn man das Ganze dann „Pflichtpraktikum“ oder einfach „Praxisjahr“ nennt, dann klingt das doch auch gleich viel netter. Und zum Thema, dass viele sich ja bereits freiwillig engagieren: das ist wie bei der Schulpflicht, die gibt es auch nicht für diejenigen, die ihre Kinder so oder so in die Schule schicken würden… Mit einem Praxisjahr könnte man auch viele junge Menschen erreichen, die ansonsten nicht auf die Idee kämen, sich sozial oder gesellschaftlich zu engagieren. Verweigerer oder Drückeberger wird es so oder so immer geben, die lassen wir mal außen vor.

Hier gibt es so gute, pragmatische und kreative Ansätze, während in der öffentlichen Debatte oft nur Argumente vorgebracht werden, warum das alles nicht geht und aus den und den Gründen einfach keine gute Idee ist. Dorti fehlt mir immer das konstruktive Denken, was man hier dann aber geballt findet! Deshalb hoffe ich wirklich, dass hier auch mal Politiker und andere Entscheidungsträger mitlesen und sich input holen!

Goldener Käfig, wirkliche/reale Leben, regelmäßig um 6 Uhr zur Arbeit. Mal abgesehen davon dass man sich vielleicht für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen sollte anstatt zu fordern es solle doch bitte allen so beschissen gehen ^^ ist diese Sicht auf Studis recht seltsam. Weder Bildung noch disziplinierte Arbeitsverhältnisse machen dich automatisch zu einem besseren oder klügeren Menschen.
(Fast) Alle Studiengänge haben Pflichtpraktika, Praxissemester oä. , viele Studis arbeiten in extrem beschissenen unterbezahlten Jobs, engagieren sich Ehrenamtlich einige machen auch vorher schon fachspezifische Sachen um am NC vorbeizukommen, Praktika gibts auch immer mehr in der Schule. Klar sind einige Studis abgehoben, dass hat aber was mit dem Milieu/Schicht zu tun aus der diese Leute kommen, dass umgeht man nicht mit nem Pflichtdienst. Insbesondere, wenn dass so dynastische Familien sind. Diese Leute werden sich dann eh entspannte Stellen suchen. Hinzu kommt das Selbstverständnis einiger Studiengänge als Elite, man nehme die Juris ^^

Zu mal ich gerne mal den Beleg hätte das Leute in Ausbildungsberufen bzw die früh arbeiten gehen besser im Leben klar kommen als „goldkäfig“ Studis. Hat jemand Studien?

Man fragt sich hier wer in welchem abgeschirmten Käfig wohnt, wenn man scheinbar nicht mitbekommen hat was bei vielen Kommiliton*innen abgeht.

Viele Sachen die hier angesprochen werden, lernt man einfach durch leben. Die Leute die sich vollständig davon abschirmen können weil sie genug Ressourcen haben, werden das auch weiterhin machen können. Hier kommt so ne seltsame Glorifizierung der „echten“ Arbeit zum Vorschein.

Zu mal es in dem Vorschlag ursprünglich um den gesell. Zusammenhalt ging. Dann sollte man vielleicht mal mehr in politische Bildung und Sozialkompetenzen investieren. Diese Lücken stopfen nämlich gerade unterbezahlte Freiberufler in viel zu wenigen Unterrichtsstunden. Es mag vielleicht etwas kontrovers sein, aber eine Person die in der Lage ist ihre Probleme mitzuteilen, Kompromisse einzugehen und sich Hilfe holen zu können entwickelt sicherlich deutlich mehr Selbstwirksamkeit. Sollte diese Person nicht mit Geld umgehen können, hat sie nämlich nen soziales Netz dass sie unterstützt anstatt ihr die ganze Zeit zusagen: sie muss halt mal Kontakt zu wahren Leben haben.

Btw liebe die Idee: Leute die kein Geld haben fürs Studium können ja dann vorher arbeiten gehen. Coole Sozialstaatsvorstellung.

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Was davon habe ich gefordert bzw. behauptet? Natürlich habe ich pauschalisiert und auch an der einen oder anderen Stelle eine Überspitzung verwendet und werde es auch im folgenden tun. Aber wenn man immer bis aufs letzte Wort alles wörtlich nimmt und aufpasst niemanden versehentlich auf die Füße zu treten kommt man auch nicht vorwärst.

Es geht nicht darum, dass du selber mal die Disziplin lernst oder früh aufstehst. Ich bin selber extrem undiszipliniert und bin froh in meinem Ingenierusjob erst um 8:30 Uhr da sein zu müssen. Aber selber mal mit den anderen Kollegen in der Schichtarbeit gewesen zu sein, deren Nöte und Sorgen zu kennen hilft die Arbeit dieser Leute wert zu schätzen. Außerdem hilft es extrem einschätzen zu lernen was ein Arbeitsauftrag von mir an einen Facharbeiter an Arbeit auslöst und das man sowas vielleicht nicht um 13:30 Uhr rausgeben sollte wenn der Facharbeiter bereits um 6 Uhr da war und um 14 Uhr Feierabend macht. Haben viele von meinen „nur studierten“ Kollegen die erst um 10 Uhr da waren nicht verstanden. Die sind immer davon ausgegangen, dass ja alle bis 18 Uhr da sind.

Mir ist egal wie entspannt die Stelle ist. Denn wie gesagt es geht nicht darum, dass diese Leute danach Schwielen an den Händen haben. Es geht darum, dass sie mal aus ihrem Mileu raus kommen, mal eine andere Welt sehen. Man kann auch als Jurist für ne NGO arbeiten wenn man Papas Jura Studium nacheifert aber vorher mal ein Praktikum in der Rechtsabteilung von eben einer solchen NGO gemacht hat und die Leute eigentlich ganz cool fand. Oder eben man macht die von dir angesprochenen Praktika in Papis Kanzlei macht sich nen Lenz, hat trotzdem die Zeit fürs Pflichtpraktikum erfüllt und wundert sich dann warum nicht alle Studenten keine Finanzsorgen haben.

Das mit den Praktika in der Schule ist ein Witz. Erstens am Gymnasium haste glaube ich einmal 2 Wochen und zweitens Wissen die meisten Kids danach doch immer noch nicht, was sie wollen. Und wenn doch kann sich das in dem alter noch 3 mal ändern. Guck dir doch an wie viele Leute erstmal irgendwas studieren weil sie ja nen Abi haben und denen jemand erzählt (häufig die Eltern) ohne Studium wirst du nichts. Dabei kennen sie ihre anderen Möglichkeiten noch gar nicht. Haben eben nicht alternative Lebenswege von anderen Leuten gesehen.

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Von den 68 Leuten die in meinem Studiengang angefangen haben, haben es gut 30-40 geschafft. Davon vllt 10 bis max. 15 in Regelstudienzeit (schwierig wenn man auf Bafög angewiesen ist) und für außerakademische Tätigkeiten wie Asta, das Racing Team der Hochschule (eine sehr gute Praxiserfahrung) oder ne Partei hatte von denen niemand Zeit. Glaub mir ich weiß was die Leute gemacht haben. Ich selbst habe meinen Ausbildungsberuf benutzt, um eben nicht die Bullshit Jobs machen zu müssen sondern im Sommer eine Facharbeiterstelle als Urlaubsvertretung besetzt und in 8 Wochen den Großteil des Geldes für das ganze Jahr verdient.

Kleine Ankedote am Rande aus dem Maschinenbau Studium meiner Freundin: Sie hat mit Student K. (18 Jahre alt, reiches Elternhaus, sehr gutes Abi, Nachhilfe falls nötig, wohnt noch zu Hause usw.) und Student D. (27 Jahre alt, erst Abi dann 7 Jahre als KfZ Mechatroniker und wollte jetzt nochmal nen Step weiter gehen, eigene Wohnung, bereits finanzielle Verpflichtungen die weiter bezahlt werden wollen usw.) zusammen angefangen. K war Mathe Überflieger, D hatte arge Probleme da lange raus und nicht so gefördert. Außerdem musste D arbeiten da älter als 25 (Krankenkassenbeiträge) und zu große Vermögenswerte für Bafög. Morgens vor der Mathe 1 Klausur stehen 10 Leute im Kreis und K. der sieht wie alle nen flaues Gefühl im Magen hat haut raus: „Ich versteh gar nicht warum sich die Leute Gedanken über ne Formelsammlung machen. Ist doch alles sau einfach. Hatten wir letztes Jahr im Abi und Zeit zum lernen hatten wir ja auch genug.“ K musste zu Hause nicht einkaufen, Wäsche machen oder noch zusätzlich arbeiten gehen. Der hatte Zeit satt. Alle anderen hatten noch 1000 andere Sorgen. Hätte K Kontakt zu anderen Mileus gehabt, gesehen dass es Menschen gibt die es nicht so gut haben usw. bin ich mir fast sicher hätte er so einen Satz nicht rausgehaun.

Die Studie kann ich dir nicht liefern und das war auch nicht meine These. Aber mal aus seiner Bubble zu kommen hat sicher noch keinem geschadet.

Deswegen wäre es gut, den jungen Leuten Zeit zum leben zu geben, die ihnen nicht gleich als schwäche Ausgelegt wird weil sie nicht in den stringenten Karriereweg/Lebenslauf passt. In dem Moment wo es jeder macht ist es kein Nachteil mehr gegenüber der Vergleichsgruppe.

Wenn man besser versteht, welche Probleme der Großteil der Gesellschaft hat. Kann man entweder bewusst drüber hinwegsehen oder es zumindest in einen Entscheidungen berücksichtigen. Ich denke da wäre dem Zusammenhalt schon stark geholfen.

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Warum nicht beides? Ich fordere schon lange den Religionsunterricht von Klasse 7 - 12 durch „Lebenskunde“ mit Themen wie was ist ne Steuererklärung, wie funktioniert unser Finanzwesen, was machen Parteien, was ist die Aufgabe von Sozialdiensten, … . die Liste ist lang, zu ersetzen.

Hab ich ebenfalls nie behauptet. Ich hätte die Unterstützung von meinen Eltern gehabt. Wollte ich aber nicht. Die Unabhängigkeit in meinen finanziellen Entscheidungen die ich mir mit meiner vorherigen Arbeit erarbeitet habe, war mir dazu viel zu wertvoll. Daher hatte ich einen KfW Kredit für die Monatsmiete, den Krankenkassenbeitrag und das Essen. Das Bierchen ab und zu mit Kommilitonen in der Kneipe hab ich mir dann eben durch die Arbeit in den Semesterferien verdient.

Wenn es nach mir geht, ist das Studium aktuell häufig extrem assozial. Wer arbeitet um es sich selbst zu finanzieren braucht länger oder hat 3-4 Jahre lang nie richtig frei. Die Mär vom faulen Studenten ist für viele Studiengänge einfach extrem überholt. Daraus folgt, dass er am Ende unter Umständen kein Bafög mehr bekommt, höhere Studienschulden hat und kürzer von dem höheren Titel finanziell provitiert. Ist man krank oder kommt mal mit dem Druck nicht klar und braucht eine Auszeit, hilft einem keiner. Fällt man im Vergleich zu seinen Kommilitionen vom Anfang zurück wird es schwer eine zuverlässige Lern/Praktikumsgruppe zu finden und es wird nochmal schwerer. Die Steine auf dem Weg werden einfach immer mehr.

Es geht nicht darum, dass jeder studieren sollte. Wir brauchen auch Fachkräfte die keinen akadamischen Titel haben. Aber jeder der es schaffen kann und will sollte auch die Chance dazu bekommen. Hier schließt sich dann wieder der Kreis. Wenn mehr Leute auch andere Berufe in betracht ziehen und keine Studienplätze und andere Ressourcen belegen, weil sie im Pflichtjahr gesehen haben, dass es auch anders geht, dann bleibt mehr über um da wo es nötig ist zu fördern.

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Wir können es uns schlicht nicht leisten, alle Menschen, ob nach der Schule oder am Ende ihres Berufslebens, ein Jahr in einen, ich nenne es mal polemisch, Mindestlohnjob zu stecken.

Während der Zeit zahlt man nichts in die Rente ein, nichts in Pflegekassen, nichts in die Sozialkassen. Wir haben jetzt schon zu wenig Einzahler, und das wird in den nächsten Jahren, in denen die Babyboomer mit Jahrgängen über 1 Million Berufstätigen aus dem Arbeitsleben aussteigen, und nur 700.000er Jahrgänge dazu kommen.
Und selbst wenn es ginge, diese „Hilfskräfte“ würden nur die Löhne der eigentlichen Hilfskräfte drücken. Die dann die Beitragszahler wieder aufstocken sollen.

Ich wiederhole mal mein Argument. Leute die nicht erst 3 Sachen anfangen bevor sie das was sie wirklich wollen finden, zahlen auf Dauer mehr in die Sozialkassen ein.

Schön hab das Gefühl wir sind nicht soweit entfernt von einander. Verstehe nur nich warum eine Pflicht Arbeit Jahrzehnte lange sozialstrukturelle Probleme auflösen sollen kann bzw. Nennenswert dazu beitragen kann. Stadtentwicklung, Bildung, verfolgen rechter Strukturen so viel was man machen kann und sollte die kein Arbeitsdienst sind.

Glaube Stringenz bzw. Wie schnell man einen Abschluss macht ist nicht so richtig ein Problem. Praxiserfahrung, Auslandsaufenthalte, soft skills etc wird einem ganz gut angerechnet. Es gereicht einem nur zum Vorteil wenn man Kontakte hat und an die richtigen Stellen kommt. Finde manche Lebensläufe immer wieder abstrus, Stellen die sie nicht mal rechtlich haben dürften etc. ^^

Was die Orientierungslosigkeit angeht hilft ein Jahr arbeiten nur, wenn du nicht völlig orientierungslos bist. Sonst weiste im Zweifle nur was du nicht machen willst ^^ Als Dorfgymnasiast kam ich aus der Schule und hatte nur basisfächer. Da ne Orientierung zu finden ist schwierig. Nen Jahr im lokalen Krankenhaus zu arbeiten hilft da wenig. kontakt zur arbeitsweise und Problemstellungen in der Arbeit kann man da doch besser in der Schule vermitteln. Was du las Lebenskunde bezeichnet hast wäre da doch so nen Ansatzpunkt auch wenn ich religion lieber als interreligiösen unterricht wie in Hamburg hätte als ganz weg. An Verständnis für Relgionen jenseits von kathos und protis fehlt es doch bissle ^^

Aber das ist ja jetzt rein spekulativ, dass sich diese Anzahl der Leute signifikant durch ein Sozial-Pflichtjahr reduziert. Mutige Annahme, wenn man da falsch liegt wird das sehr teuer am Ende.

Was ist mit dem zweiten Argument, dass diese Hilfskräfte die Löhne der Menschen, die diese Arbeit sonst auch tun könnten, weiter drücken werden?

Ein Markt funktioniert nur so gut wie sein Regelwerk und für meinen Geschmack dürfte der Gesetzgeber das „sozial“ in soziale Marktwirtschaft ruhig mal wieder ein bischen Betonen.

Gleichzeitig schuften die Leute an der Mindestlohngrenze die hier geschützt werden sollen für das Geld was sie verdienen viel zu viel und es gibt Nachwuchsprobleme weil es ein Teufelskreis ist. Schwere Arbeit zu beschissenen Bedingungen (Schicht, Stress …) bei gleichzeitig schlechter Bezahlung motiviert wohl niemanden eine Ausbildung in dem Bereich zu beginnen. Wenn man es schafft die Praktikanten so aus zu bilden, dass sie eine echte Hilfe sind, würde das vielleicht auch Druck aus dem System nehmen.

Außerdem würde ich sie ja wie gesagt nicht nur in den sozialen Berufen einsetzen sondern überall wo es irgendwie sinvoll zu gestalten ist und wo beide Seiten profitieren. Es darf keine einseitige Ausbeutung möglich sein. Unter Umständen müssen dafür sigar durch die Argentur für Arbeit zertifizierte Stellen geschaffen werden und der Sachbearbeiter die Erlaubnis haben unangekündigte Besuche zu machen um eine faire Behandlung zu gewährleisten.

Wer etwas will findet Möglichkeiten, wer etwas nicht will findet Gründe.

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Warum eigentlich nur für junge Leute? Warum nicht einen Pflicht-Monat alle zehn Jahre? Das würde erstens dem Argument „immer nur auf die jungen Leute“ den Wind aus den Segeln nehmen, und außerdem profitieren sicherlich auch Menschen mittleren Alters von periodischen Perspektivwechseln. Kann man ja bzgl. Lohnausfall ähnlich regeln wie Elterngeld (d.h. im Wesentlichen gedeckelte 60% Lohnfortzahlung). Man kann ja Angehörige von sozialen Berufen davon ausnehmen. Bin sicher, das würde auch die Wertschätzung für pflegende/helfende/soziale Berufe quer durch die Bevölkerung steigern.

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Weil die Einarbeitung in den jeweiligen Bereich jedes Mal von neuem anfällt.

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Ja, das Argument verstehe ich, wenn die PraktikantInnen wirklich Arbeit abnehmen sollen. Aber das Argument für das soziale Pflichtjahr ist ja nicht „wir müssen den Pflegenotstand lösen und setzen dazu jetzt junge Menschen ein“, sondern „junge Menschen sollen ihren Horizont erweitern und die Gesellschaft besser kennenlernen“. Und den Anspruch erfüllt man auch, wenn diese Menschen nicht aus der Einarbeitungsphase rauskommen, sondern nur „schnuppern“.

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  1. Dann müssen die Betriebe ja ständig Leute abstellen die die „Freiwilligen“ rundum betreuen, denn selbstständig arbeiten und mithelfen ist dann ja eher Seltenheit. Ich befürchte da werden besonders die Arbeitskräfte der Pflegeberufe herzlich Danke sagen, wenn sie noch so nebenbei auch noch jeden Monat jemand neuem neben sich stehen haben, der im Weg stellt, Fragen stellt, etc.

  2. Dieses „schnuppern“ macht doch nur Sinn bei jungen Menschen. Wenn ich mt 50 im Berufsleben stehe und dann 1 Monat irgendwo reinschnuppern soll, das wird doch minimal Unverständnis und maximal Verweigerungshaltung hervorrufen. Bei diesen leuten wäre doch der Vorteil, dass sie ihre Expertise aus ihrem normalen Berufen in einen anderen Bereich einbringen könnten. Und dafür ist 1 Monat auch zu wenig.

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Aus meiner Sicht ist es wesentlich besser das Soziale Pflichtjahr mit einer Forderung an die Gesellschaft zur Unterstützung junger Menschen zu verbinden. Eine Art Junktim.
Junge Menschen machen ein Pflichtjahr und die Ausgaben für (Schul-) Bildung werden verdoppelt. Also ein Geben und Nehmen. Die genaue Ausgestaltung der erhöhten Bildungsausgaben müsste natürlich noch konkretisiert werden. Zum Beispiel die Verpflichtung, dass immer zwei Lehrkräfte gemeinsam unterrichten.
Wichtig ist halt, dass hier nicht nur Forderungen an die junge Generation gestellt werden, sondern deren schon fast „nachhaltige“ Vernachlässigung seitens der öffentlichen Hand und damit ja auch seitens der Gesellschaft wiedergutgemacht wird.

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Mir scheint zwar, dass das Thema Soziales Pflichtjahr zum Glück schon wieder abgeschrieben ist. Ich möchte aber gerne noch zwei Perspektiven einbringen die ich wirklich sehr selten in dieser Diskussion gehört habe. Es wird aus mir völlig unerfindlichen Gründen immer erstmal angenommen die jungen Leute wären in den sozialen Arbeitsstellen eine komplett gute Sache. In der Diskussion geht es immer um die jungen Menschen aber nie um die Menschen mit und vor allem für die sie dort arbeiten sollen. Ist es wirklich erstrebenswert, dass gerade die schwächsten der Gesellschaft, die Kinder, die Alten, Kranken und Menschen mit Behinderung betreut werden von unausgebildetem Personal, dass gezwungen wird dort zu arbeiten und somit im schlimmsten Fall absolut keine Lust auf die Arbeit und kein Interesse an dem Wohlergehen der Menschen hat? Auf wieviele vernünftige Banses und Burmeiers kommt ein Amthor, ein Höcke oder noch schlimmeres? Einfach nur billiges gezwungenes Personal in die Einrichtungen zu stecken wird die Qualität der Betreuung dort nicht erhöhen sondern eher verschlechtern.
Womit wir zu meiner zweiten Sorge kommen. Meiner Meinung nach ist die größte Gefahr eines solchen Jahres, dass man es nutzt um die Pflichtdienstleistenden anstelle dringend benötigter Fachkräfte einzusetzen. Statt mehr Pflegerinnen und mehr Erzieherinnen, statt besserer Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen könnte man einfach mehr Aufgaben von den nicht ausgebildeten „Pflichtdienstleistenden“ erledigen lassen.
Naja soweit erstmal meine Ergänzung zu dem Thema, die Perspektive der jungen Menschen habt ihr ja schon gut dargestellt.

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Es kommt drauf an für welche Tätigkeit du diese Leute einsetzt. Wenn du merkst, das ist jemand der gut mit Menschen kann und einfühlsam ist, dann kannst du ihn/sie in den Kundenkontakt stecken. Ansonsten gibt es auch in den sozialen Einrichtungen viele Tätigkeiten, die nebenbei gemacht werden müssen, die nicht mit den „schwächsten“ der Gesellschaft in direkter Verbindung stehen. Hier ist es dann eine Frage der Betreuungskraft, das einzuschätzen und die jungen Leute gemäß ihrer Eignung einzusetzen. Hätte wiederum den Vorteil das die Pflegerly und Erzieherly mehr Zeit für Ihre eigentliche Arbeit hätten. Nur als Antwort auf deinen Punkt. Ein Amthor, Höcke usw würde dann halt in der Küche aushelfen, putzen, Akten sortieren oder Hausmeistertätigkeiten mit wahrnehmen und hätte damit vermutlich gesellschaftlich trotzdem in dem Jahr mehr geleistet als in ihrem kompletten restlichen Leben :wink: