LdN274 Energiewende/Windkraft: Gefühlswelt der Landbewohner

Das Grundproblem ist ein ganz klassisches Wirtschaftsproblem.
Z.B. kann man Kies nur dort abbauen wo es ihn gibt. Daher muss jemand der Kies haben will, eben so viel Geld bieten, dass sich jemand mit entsprechenden Grundstücken bereiterklärt diesen abzubauen.

Bei der Windkraft würde ein funktionierender Markt so aussehen:
Es gibt eine Börse aus Anwohnern und Stromkonzernen.
Wenn Gemeinde A eben nur bereit ist für 10.000.000€ Entschädigung 10 Windkrafträder zu bauen, muss der Konzern sich entscheiden ob er den Strompreis erhöhen kann oder nicht.

Dem entsprechen steigt der Strompreis automatisch auf ein Niveau, mit dem die Landbevölkerung zufrieden ist.

Derzeit funktioniert der Markt jedoch nicht so, da Windkrafträder privat gebaut werden.
Das heißt, dass der Eigentümer der Fläche und die Betreiber planen und die Gemeinden und Anwohner haben dann nur die Möglichkeit mit Beschwerden dagegen vorzugehen.

Somit geht es darum, ob das Windrad gebaut werden darf oder nicht, aber nicht darum, für wie viel Geld die Anwohner bereit sind, diese Beeinträchtigung zu akzeptieren.

Der Hamburger Hafen ist auch hässliche Industrie, jedoch akzeptieren die Menschen sie, weil sie von ihr leben. Genau wie Menschen auf dem Land nichts gegen Landwirtschaft haben.

Die Landbevölkerung einfach zum Aufbau zu zwingen, sehe ich kritisch. Das führt dazu, dass diese eben nicht angemessen entschädigt wird.

Als Gleichnis: wenn ich einen Sklaven habe, dann muss ich keinen Lohn zahlen und keine guten Arbeitsbedingungen schaffen.

Wenn ich jedoch heute gefragte Fachkräfte anstellen will, dann muss ich gute Bedingungen bieten oder ich kann meine Fabrik vergessen.

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  1. Theoretisch alles gut geregelt
    https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/hintergrundpapiere-oeffentlich/themen/Technik/20180611_bwe_hintergrundpapier_rueckbau.pdf
    praktisch leider nicht
    Windräder: Wer bezahlt den Rückbau? | Bauernzeitung

  2. Genau aus diesem Grund das man mit geringem Kapital Anteile an einem Windrad, Wasserkraft, Photovoltaikanlagen, Biogasanlagen kaufen kann und der Kredit sich selbst finanziert macht das ganze für Investoren so interessant.

Die Bürger haben in der Nähe solcher Anlagen nur die Nachteile, keine Vorteile wie geringere Steuern auf Strom.
Das ist das selbe wie mit CO2 Steuer, viele hier bewirtschaften Wälder (die keine Einnahmen bringen) in ihrer Freizeit und zahlen genauso viel CO2 Steuer wie jemand der nichts für die Umwelt tut.
Kann zumindest von mir sagen das ich mit der Politik bezüglich ländlicher Raum sehr unzufrieden bin.

Na gut, solange die Anlage nun mal keinen Gewinn macht, ist das doch legitim, dass es keine Steuern zu zahlen gibt. Ein Problem sehe ich erst, wenn die Anlage schon Gewinn macht, es aber legale Möglichkeiten diesen für das Finanzamt wegzurechnen. Ist das so?

Das sehe ich, deshalb ja meine Fragen, wie kann man Windkraft den Anwohnern schmackhaft machen. Als Versuch habe ich oben ja so eine umgekehrte Abschreibung vorgeschlagen und eine Rückbauversicherung.
Wäre das was? Oder freier, und im Sinne von @Felix1 gesprochen: Was müsste es geben, damit man bei euch Windkraft bauen dürfte?

So sieht es mitunter in Städten und deren Umland aus: https://www.metropolnews.info/wp-content/uploads/2018/02/BASF.jpg

Da wird auch eine ganze Menge über den Bedarf der ansässigen Bevölkerung hinaus produziert, z. B. für Leute auf dem Land, die weitab der industriellen und kommerziellen Ballungszentren des Landes leben.

Willst du das ernsthaft gegeneinander aufrechnen?

Es sieht nicht so aus, als würde der Menschheit noch etwas deutlich besseres einfallen, als die Nutzung von Windkraft und Sonnenenergie. Daher würde ich davon ausgehen, dass diese Standorte genutzt werden, solange es Menschen gibt, die Strom brauchen. Allenfalls wird man die Fundamente im Laufe der Zeit ausbessern und erweitern, je nach Anforderungen der aktuellen Windkraftanlagen.

Eine Frage an dich, ganz ernsthaft und ohne Polemik: wo soll der Strom in Zukunft denn herkommen?

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Vielleicht zum besseren Verständnis:

Das Recht auf garantierte Vergütung wird in einem Wettbewerbsverfahren vergeben, das zum niedrigstenmöglichen Strompreis, aber damit auch zum niedrigstmöglichen Gewinn führt. Da die Höhe der Einnahmen aber garantiert ist und die Winderzeugung über 20 Jahre halbwegs verlässlich kalkulierbar, ist es für Investoren möglich, sich fast das gesamte Geld zum Aufbau der Anlage zu leihen. Das führt dazu, dass der Betrieb Windkraftanlage an sich keinen großen zu versteuernden Gewinn abwirft, aber die Investoren auf ihren Eigenkapitalanteil dennoch akzeptable Rendite einfahren. Für die Gemeinden aber dürften ein paar Windräder meist kein finanzieller Gamechanger sein.

Danke für die Erklärung. Leider verstehe ich es immer noch nicht.
Wenn die Anlage schlussendlich keinen (oder kaum) Gewinn abwirft, was habe ich dann als Investor davon?

Nehmen wir mal an, du musst 100 Euro einsetzen, um nach 20 Jahren mit 200 Euro rauszugehen. Sieht nicht gerade nach einer dollen Rendite aus. Aber weil das ein bombensicheres Geschäft ist, kannst du dir von den 100 Euro immerhin 90 Euro leihen zu einem attraktiven Zinssatz. Nach Abzug der Zinsen bleiben dir vielleicht noch 40 Euro. Aber bezogen auf die 10 Euro, die du an Eigenkapital einsetzen musstest, ist das nicht schlecht.

(Zahlen willkürlich gewählt.)

Wobei man nicht vergessen sollte, das die Anlagen halt auch zuverlässig lange funktionieren und auch ein Markt dauerhaft da ist. Heute wurde ja in der Lage beschrieben, dass die Gemeinden vor Ort praktisch die gesamte Gewerbesteuer bekommen. Verstehe gar nicht über was es sich da zu Beschwerden geben sollte.

Das ist ja wohl immer so, dass eine Gemeinde mit offensichtlich guter Windlage (bei 20 Anlagen wird es bei euch ja so sein) mehr Strom produziert als sie selbst verbraucht. Und weil in der Stadt durch die Bebauung schlechter Wind ist, gibt es da auch keine Windräder. Der Windstromanteil für die Städte MUSS also zum Teil von Landgemeinden kommen die natürlich über dem Eigenbedarf produzieren. Nach deiner Logik dürfte es keinen Windstrom für die Städte geben, und damit fiele die Energiewende flach. Vielleicht pendelst du selbst oder sicher einige der Windkraftgegner bei euch ich in eine Stadt und lebt also dann auch von der Stadt - und gönnt den Städtern nicht, dass sie es scheinbar so gut haben ohne Windräder. Ich halte die Anti-Windkraft-Haltung für eine Hysterie in die sich Leute gegenseitig hochkeilen. Ich lebe auf dem Land und wünsche mir Windräder an allen geeigneten Standorten. Dafür hätte ich gerne riesige Kreisverkehre und grössenwahnsinnige Ortsumgehungen auf hohen Dämmen rückgebaut. Kies- und Zementverbrauch für Windradfundamente sind gegenüber Kies- und Asphaltverbrauch eine Kleinigkeit, und so verhält es sich auch mit der Fläche, auf der nichts mehr wächst.

Da wird ja wohl ein neues Windrad hinkommen, vielleicht sogar auf dem alten Fundament und natürlich auch wegen der Windlage und den vorhandenen Zufahrtswegen. Warum sollte man das einfach verschenken?

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Das muss aber nicht so sein. In der Lage wurde ja das Beispiel Hunsrück bei Frankfurt/Main genannt. Ganz in der Nähe gibt es noch eine weitere Gemeinde, die gemeinsam mit einem Unternehmen einen Windparkbetreiber gegründet hat (Quelle):

Ziel der Gesellschaft ist die Entwicklung, Realisierung und der Betrieb des Windparks. Die Kommune hält 49 Prozent der Anteile an der Gesellschaft und die Süwag Erneuerbare Energien GmbH 51 Prozent. Die neue Gesellschaft wird von zwei Geschäftsführern vertreten: Udo Zindel für die Kommune und Bernd Vergin für die Süwag.

Und eine Bürgergenossenschaft gibt es auch:

Nach Fertigstellung und Inbetriebnahme des Windparks ist vorgesehen, dass beide Gesellschafter der Windpark Heidenrod GmbH bis zu zehn Prozent der Geschäftsanteile zur Bürgerbeteiligung an eine Genossenschaft abgeben.

Damit macht die Gemeinde jetzt wohl gutes Geld (Quelle):

Finanziell erweist sich der Windpark für die Gemeinde als Bombengeschäft. Der Plan war, dass er 800.000 Euro pro Jahr für die Gemeinde abwerfen sollte. Doch es ist wesentlich mehr. Pachteinnahmen, Gewerbesteuer und Gewinn spülen derzeit jedes Jahr zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Euro in die Gemeindekasse. Geld, das in der Gegend bleibt. Zum Nutzen der Menschen. Demnächst kann das Straßennetz der Kommune endlich saniert werden.

Vielleicht sollten Bund und Länder sich hier stärker engagieren, damit die Gemeinden zukünftig zu einem großen Anteil die Windparks selbst betreiben anstatt das nur den Investoren zu überlassen. Oder eine Drei-Teilung: 1/3 die Gemeinde, 1/3 Firma mit Fachwissen und 1/3 die Bürger. :slight_smile:

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Zu den Anlagen in Heidenrod aus der Quelle. Ich habe jetzt nur 2 Minuten gegoogelt aber so wie es scheint wurde zum einen mindestens 1000m Abstand zu Häusern der eigenen Gemeinde geachtet und mindestens 1 Nachbargemeinde hat versucht dagegen zu klagen. Ich weiß nicht ob das wirklich so ein gutes Beispiel ist, dafür wie so etwas umgesetzt werden sollte.

Auf einem Markt bildet sich der Preis eben so, dass Windstrom günstig ist. Die Gemeinden werden dann nur anteilig vom Gewinn entlohnt.

Man könnte das aber ändern, z.B. könnte die Gemeinde einen Satz auf den produzierten Strom aufschlagen, z.B. 1ct. pro kWh.

Versuch Nummer 99.971 der Kernfusion sieht doch schonmal vielversprechend aus.
Wenn man mit der einen Milliarde Euro die die Verdoppelung des Bundeskanzleramts mindestens kosten wird lieber an der Kernfusion forschen würde, wären wir vielleicht ein Stückchen näher an der besten/nachhaltigsten aller Energieproduktionsformen.

Du meintest hier wahrscheinlich „missachtet“, oder? Falls ja, dass kann natürlich sein. Aber möglicherweise wurde die Akzeptanz dafür ja über die Bürger-Genossenschaft hergestellt.

Meinst du diese Klage (Quelle):

Die Gemeinde Rettert hatte am 26.06.2014 Klage gegen die dem Windparkbetreiber erteilte Genehmigung erhoben und zugleich den Eilantrag anhängig gemacht.

Da gibt es nämlich ein paar „schöne“ Details in der Klagebegründung:

Die am weitesten nördlich geplanten Windenergieanlagen Nrn. 8, 9 und 12 befänden sich in der bedeutsamen Pufferzone des Limes und stünden mit dem Weltkulturerbe nicht in Einklang.

Aber dann kommst:

Zudem habe die Gemeinde mit Bebauungsplan vom 27.09.2007 ein Baugebiet „Wohnpark Limes“, mit 14 Bauplätzen für Wohngebäude, ausgewiesen und für dessen Entwicklung bisher Kosten von fast 200.000 € aufgewendet. Die Attraktivität beruhe insbesondere auf dem bislang unverstellten Blick auf das Weltkulturerbe.

Da scheint also wieder jemand Angst zu haben, das die Windräder ihm seine schönen Immobilienpreise kaputt machen. Insofern finde ich diese Klage als zu Recht abgewiesen.

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Zumindest im Bürgerentscheid vom 22.1.2012 ist von einem Mindestabstand von 1000m von bewohnten Grundstücken die Rede. Und auch Heidenrod wehrt sich gegen weitere Windanlagen so wie es scheint.

Leider ist Dein Artikel hinter einer Paywall, deswegen kann ich dazu nichts sagen. In der Fusionscommunity wird gern das hier herumgereicht:


Das heißt, da würde die Milliarde vom Kanzleramt schon was bewirken, aber ist bei weitem nicht genug, weil man mehr als das jedes Jahr aufbringen müsste. Der DEMO Reaktor soll der erste Prototyp werden, aber der soll erst nach ITER kommen, das seit Jahren nicht fertig wird. DEMO ist geplant für 2051. Wir können uns einfach nicht auf nicht vorhandene Technologien verlassen, wenn wir irgendwas gegen die Klimakrise ausrichten wollen…

Zurück zum eigentlichen Thema: Warum ist denn das Zupflastern der Landschaft mit Felder (am besten noch Monokulturen) ohne jegliche Grünstreifen, in denen z.B. Vögel nisten könnten, eigentlich so viel schöner als ein Windrad? Ist das nicht einfach eine Sache der Gewohnheit? Wenn die Natur wie in den LdN Folgen zur Windkraft besser geschützt wird, wenn man ein paar Flächen für Windkraft freigibt und dafür im Rest umso mehr für Artenschutz etc. macht, kann man doch nicht immer wieder die Argumente von Naturschädigung ausgraben. Wer sich gegen Beton im Boden ausspricht, kann aber auch die Verdichtung des Bodens durch schwere Agrarmaschinen nicht gut finden, aber da gibt’s meines Wissens nach keine Klagevereine. Mich beschleicht da immer wieder das Gefühl, dass viele durchökonomisierte Wald- und Feldflächen idealisieren und vergessen, dass das aber auch gar nichts mit Natürlichkeit zu tun hat.

Können wir vielleicht mal Abstand nehmen von diesen vollkommen stereotypisierten Bilder wie dem schick gekleideten Städter, der seine Stromproduktion auf den armen Landbauern abwälzt? Wie hier schon mehrfach angemerkt wurde, sind beide Gruppen aufeinander angewiesen und das geht nur zusammen. Beide Gruppen leben nicht in einer wunderbaren Fantasiewelt, in der Milch und Honig fließen und wir müssen alle gewisse Opfer bringen.

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Und anders sieht es aus, wenn wir es wagen sollten, die Natur mit nuklearem Fall Out zu verseuchen, das kriegen wir nicht so einfach weg!

Kommt auf den Standpunkt an. Und vielleicht auch auf die eigenen Mittel. Es gibt Faelle, wo Leute ihr Haus wegschmeissen koennen. Wenn es durch die Chemie der Landwirtschaft und einen Schweinemaester schon vorbelastet ist. Leben am Ortsrand. Der Vorbesitzer des Grundstuecks des Schweinemaesters war schon wegen der Chemie weggezogen. Nun kamen auch noch blinkende Windmuehlen dazu. Ein Horror.

Wenn die mal eine Stadt besuchen, fallen sie vermutlich vor Schreck tot um.

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@Guenter so witzig kenn’ ich dich hier ja gar nicht - passt :joy: