LdN274 Energiewende/Windkraft: Gefühlswelt der Landbewohner

Als Oberfranke macht man sich da natürlich Sorgen, wird die Gegend von den gewählten Anführern ja eher stiefmütterlich behandelt.
Aber das gibt auch Grund zur Hoffnung: vielleicht werdet ihr ja auch beim Windkraftausbau vergessen.
Ich begrüße jedenfalls jedes Windrad, das einen Münchner davon abhält, sich in Niederbayern Baugrund zu kaufen. Und das gleiche sollte auch für jedes Windrad in Berg gelten, das einen Berliner abhält, sich eine Villa am Starnberger See zu kaufen.

Das mit der Lärmschutzwand kam jedenfalls nicht bei allen gut an und haben die zuständigen Dorfkinder der AG Bau in München gleich mal kassiert:

Grund: die Dorfkinder würden dazu neigen, die Photovoltaikanlagen zu beschädigen, wenn sie in erreichbarer Höhe wären. Sieht dann auch für vertikale Platten nicht so gut aus. Wenn die ständig mit Graffiti übersprüht sind, ist das für den Ertrag nicht so förderlich.
Ja, etwas eigensinnig, diese Dorfkinder. Letztendlich geht es ihnen vielleicht gar nicht um ihre Brotzeit, sondern um ihre Extrawurst.

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Oha. Ich bin Landbewohner und für den masisven Ausbau der Windkraft (zu Abständen hab ich schon was geschrieben). Ich fühle mich von Deinem Gleichnis diskriminiert… :wink:

@Der_Oberfranke, naturgemäss hinken Gleichnisse mehr oder weniger. Dein Gleichnis hat aber noch einen entscheidenden Fehler, den ich versuche auszubessern.
Es müsste ungefähr so heissen: Alle Kinder wurden für die Pause bisher von einem Caterer versorgt, der aber schlechte Qualität geliefert hat. Jetzt hat die Schule auf regionale Versorgung umgestellt, und weil es günstig ist und der Lieferant direkt am Schulweg der Dorfkinder sein Geschäft hat, werden die Dorfkinder gebeten, die Pausebrote für alle 20 Kinder mitzunehmen. Der Rüpel unter den Dorfkindern sieht seine Chance und redet den anderen Dorfkindern ein, dass es eine grosse Last wäre, auch noch die Brote für die Stadtkinder mitzunehmen. Wenn sie ihn zum Anführer wählten, würde er dafür sorgen, dass die Stadtkinder sich selbst um ihre Brote kümmern müssen. Sie könnten die Brote der Stadtkinder aber auch mitnehmen und nur gegen einen hohen Tribut herausrücken. Der Rüpel wird mit 3:2 gewählt (zwei Dorfkinder sehen ein, dass die Brote Gemeineigentum sind und die Last vernachlässigbar ist, zumal die Stadtkinder unmöglich anders an die Brote kommen können).
Der neue Schulhofaufseher Robert Habeck nimmt sich den Rüpel und seine zwei Wähler zur Brust und sie bekommen Nachsitzen mit Lektionen in Demokratie und vorausschauendem Denken. Von da an vertragen sich Stadt- und Dorfkinder wieder. Der Rüpel wird selbstverständlich abgewählt.
ENDE

Windkraft in der Stadt ist nach den physikalischen Gegebenheiten nicht möglich. Das als Argument gegen Windkraft in der eigenen Gemeinde zu nehmen ist ziemlich unverbundenes Denken. Die Landbewohner kommen doch schon gut weg, wenn sie den Lärm und den Feinstaub der Stadt nicht haben. Aber sie wollen den Strom ohne etwas von dessen Herstellung zu spüren und sind sauer auf die Städter, die diese winzige Veränderung gegenüber früher nicht „ertragen“ müssen.

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Und was sie auch wollen sind Smartphones, moderne Autos (weil sonst kommt man ja auf dem Land nicht rum), fließendes Wasser, Internetanschlüsse, Web-Dienste, und allerhand weitere infrastrukturelle Annehmlichkeiten und Güter, die zuvorderst in Städten von Städtern erfunden, weiterentwickelt, hergestellt und betrieben werden. Oh, und die auf dem Land äußerst beliebten freistehenden Einfamilienhäuser mit großen Gärten nicht zu vergessen, die energetisch was die pro Kopf benötigte Leistung angeht um ein Vielfaches verschwenderischer sind als die typische Stadtwohnung - das Recht, sich diese relative Verschwendung auf billigem Boden zu leisten wollen sie selbstverständlich auch.

Landkinder, face it: ohne Städte bricht eure Lebenswelt genauso zusammen wie die Städte ohne all das, was im Umland angesiedelt ist. Behaltet also eure albernen Brotzeit-Vergleiche und lasst uns den Kulturkampf Stadt vs. Land einfach überspringen, zu unser aller Wohl.

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Wir haben sehr wohl Lärm und Feinstaub. Morgens um vier Uhr beginnt der LKW Verkehr über die Bundesstraße. Als wir vor 30 Jahren aufs Land gezogen sind, war hier es hier noch relativ ruhig. Heute beschweren sich meine Kinder aus London und München, wie laut es hier geworden ist. Und die Motorradfahrer sind noch gar nicht unterwegs.

Wir haben auch Windräder in der Nachbarschaft. Die breiten Wege, die zur Errichtung und Wartung in den Wald geschlagen werden sind durchaus sehenswert. Und ich glaube auch, dass es nicht leicht wird, diese Stellen zu renaturieren.

Es ist halt wie immer, die ganze Wahrheit zu sehen ist schwierig.

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Der Frust auf dem Land ist je nach Betroffenheit sehr groß.
Bei uns in der Gemeinde wehren wir uns auch bestmöglich gegen jedes Windrad das man uns vor die Nase setzen möchte.
Unsere Gemeinde produziert mit 5 Biogasanlagen und ca. 20 Windrädern bei ca. 2500 Einwohnern bereits weit mehr als sie verbrauchen kann. Die Leute mit den „Stadtschühchen“ sitzen an der Landkarte und setzen anderen die Windräder vor die Nase.
Durch die hohen Abschreibungen bleibt für die Gemeinden fast nichts hängen. Die Akzeptanz bei den Bürgern ist nicht vorhanden. Egal ob 500m Entfernung zur Stromproduktion oder 80km, die Netzentgelte und Steuern sind gleich. Und die Städte mit den dicken Geldbeuteln (Gewerbesteuereinnahmen) sind fein raus und lachen sich ins Fäustchen.
Und am Ende der Laufzeit bleiben 700 Kubikmeter Beton im Erdreich für die sich niemand mehr verantwortlich sieht.

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Ich verstehe ein paar der Punkte, die du aufwirfst nicht, bitte hilf mir, sie zu verstehen:

  1. Gehört der Grund, wo die Windkraft gebaut werden soll, der Gemeinde oder ist das privat?
    Wenn privat: Was stört dich am Beton im Erdreich, ich nehme an, darum muss sich derjenige kümmern, dem der Grund gehört.

  2. Was hat es genau mit den Abschreibungen auf sich? Wenn bei euch nichts hängen bleibt, doch dann auch sonst nirgends, oder nicht? Oder sind da Abschreibungspauschalen so hoch, dass die Betreiber Geld einnehmen, aber fiktive zu hohe Kosten abschreiben dürfen, sodass die Steuern ausbleiben?
    Wenn die Abschreibungen zu hoch sind, ist das natürlich schlecht und sollte generell geändert werden. Wenn es aber korrekte Kosten sind, frage ich mich, wieso überhaupt jemand Windräder baut, denn dann hat er ja auch keinen Gewinnn. Es würde mich allerdings auch nicht wundern, wenn es da Möglichkeiten für legale Steuertricks gibt.

  1. Wir wohnen auf dem Land und viele der Bürger sind entsprechend naturverbunden. Wenn 700Kubikmeter in einem Wald vergraben sind wo zuvor Pilze Symbiosen mit Bäumen hatten stört das.

  2. Die Gemeinde erhält 70% der Gewerbesteuer, basierend auf der Summe des Geldes, was ein Investor mit dem bei uns erzeugtem Strom verdient. Da die Windkraftanlagen oftmals finanziert sind, dauert es bis zu 15 Jahre, bevor der Investor erstmals offiziell Geld verdient.

Könnten wir die Diskussion über die Notwendigkeit von Atomkraft in den entsprechenden Themen lassen? No offense, aber ich hab irgendwie das Gefühl, dass sonst jede zweite Diskussion die irgendwie erneuerbare Energien betrifft hier in eine Diskussion pro/contra Atomkraft abrutscht

https://talk.lagedernation.org/t/ldn267-atomkrafts-co2-bilanz/10940/84

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Und ein weiterer Thread wurde von einer unnötigen Atomkraft-Diskussion gekapert, die keine neuen Informationen gebracht, aber den eigentlichen Threadinhalt erfolgreich abgewürgt hat…

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Liebe LandbewohnerInnen, die AKW-Diskutanten sitzen jetzt im Abklingbecken „Atomkraft ist Kokolores“ - bitte diskutiert weiter in diesem wichtigen Thema. Und wendet Euch bei themenfremden Kaperversuchen an @moderat

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zu 1. hm, ok, das kann ich zwar irgendwie verstehen, finde es aber auch halbwegs beliebig.
Man könnte mit fast derselben Begründung gegen Ackerbau zu Felde ziehen. Immerhin ist das Industrie vom feinsten, schlecht für die Biodiversität und man muss aus fast jedem Dorf auf diese Felder schauen, die überall sind, trotzdem stört es kaum jemanden.

Aber wie dem auch sei, würde ein Vertrag (vielleicht versichert gegen Insolvenz) helfen, der garantiert, dass das Beton aus der Erde geklaubt wird, wenn die Anlage stillgelegt wird? Könnte auch der Bund garantieren. Würde Steuergeld kosten, aber so ist das halt.

zu 2. Ok, das heißt, die Gemeinde muss 15 Jahre auf Einnahmen warten, wie der Investor selbst auch.

Würde es der Akzeptanz helfen, wenn der Investor sozusagen eine umgekehrte Abschreibung machen könnte, also die Steuern, die er nachher zahlen muss, vorher ratenweise bezahlt und am Ende gibts eine Gesamtrechnung, wo Differenzen ausgeglichen werden?
Das macht das ganze natürlich teurer, aber wenn dadurch die Gemeinde vor Ort mitmachen statt Widerstand leisten würde, könnte sich das lohnen.

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Das Grundproblem ist ein ganz klassisches Wirtschaftsproblem.
Z.B. kann man Kies nur dort abbauen wo es ihn gibt. Daher muss jemand der Kies haben will, eben so viel Geld bieten, dass sich jemand mit entsprechenden Grundstücken bereiterklärt diesen abzubauen.

Bei der Windkraft würde ein funktionierender Markt so aussehen:
Es gibt eine Börse aus Anwohnern und Stromkonzernen.
Wenn Gemeinde A eben nur bereit ist für 10.000.000€ Entschädigung 10 Windkrafträder zu bauen, muss der Konzern sich entscheiden ob er den Strompreis erhöhen kann oder nicht.

Dem entsprechen steigt der Strompreis automatisch auf ein Niveau, mit dem die Landbevölkerung zufrieden ist.

Derzeit funktioniert der Markt jedoch nicht so, da Windkrafträder privat gebaut werden.
Das heißt, dass der Eigentümer der Fläche und die Betreiber planen und die Gemeinden und Anwohner haben dann nur die Möglichkeit mit Beschwerden dagegen vorzugehen.

Somit geht es darum, ob das Windrad gebaut werden darf oder nicht, aber nicht darum, für wie viel Geld die Anwohner bereit sind, diese Beeinträchtigung zu akzeptieren.

Der Hamburger Hafen ist auch hässliche Industrie, jedoch akzeptieren die Menschen sie, weil sie von ihr leben. Genau wie Menschen auf dem Land nichts gegen Landwirtschaft haben.

Die Landbevölkerung einfach zum Aufbau zu zwingen, sehe ich kritisch. Das führt dazu, dass diese eben nicht angemessen entschädigt wird.

Als Gleichnis: wenn ich einen Sklaven habe, dann muss ich keinen Lohn zahlen und keine guten Arbeitsbedingungen schaffen.

Wenn ich jedoch heute gefragte Fachkräfte anstellen will, dann muss ich gute Bedingungen bieten oder ich kann meine Fabrik vergessen.

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  1. Theoretisch alles gut geregelt
    https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/hintergrundpapiere-oeffentlich/themen/Technik/20180611_bwe_hintergrundpapier_rueckbau.pdf
    praktisch leider nicht
    Windräder: Wer bezahlt den Rückbau? | Bauernzeitung

  2. Genau aus diesem Grund das man mit geringem Kapital Anteile an einem Windrad, Wasserkraft, Photovoltaikanlagen, Biogasanlagen kaufen kann und der Kredit sich selbst finanziert macht das ganze für Investoren so interessant.

Die Bürger haben in der Nähe solcher Anlagen nur die Nachteile, keine Vorteile wie geringere Steuern auf Strom.
Das ist das selbe wie mit CO2 Steuer, viele hier bewirtschaften Wälder (die keine Einnahmen bringen) in ihrer Freizeit und zahlen genauso viel CO2 Steuer wie jemand der nichts für die Umwelt tut.
Kann zumindest von mir sagen das ich mit der Politik bezüglich ländlicher Raum sehr unzufrieden bin.

Na gut, solange die Anlage nun mal keinen Gewinn macht, ist das doch legitim, dass es keine Steuern zu zahlen gibt. Ein Problem sehe ich erst, wenn die Anlage schon Gewinn macht, es aber legale Möglichkeiten diesen für das Finanzamt wegzurechnen. Ist das so?

Das sehe ich, deshalb ja meine Fragen, wie kann man Windkraft den Anwohnern schmackhaft machen. Als Versuch habe ich oben ja so eine umgekehrte Abschreibung vorgeschlagen und eine Rückbauversicherung.
Wäre das was? Oder freier, und im Sinne von @Felix1 gesprochen: Was müsste es geben, damit man bei euch Windkraft bauen dürfte?

So sieht es mitunter in Städten und deren Umland aus: https://www.metropolnews.info/wp-content/uploads/2018/02/BASF.jpg

Da wird auch eine ganze Menge über den Bedarf der ansässigen Bevölkerung hinaus produziert, z. B. für Leute auf dem Land, die weitab der industriellen und kommerziellen Ballungszentren des Landes leben.

Willst du das ernsthaft gegeneinander aufrechnen?

Es sieht nicht so aus, als würde der Menschheit noch etwas deutlich besseres einfallen, als die Nutzung von Windkraft und Sonnenenergie. Daher würde ich davon ausgehen, dass diese Standorte genutzt werden, solange es Menschen gibt, die Strom brauchen. Allenfalls wird man die Fundamente im Laufe der Zeit ausbessern und erweitern, je nach Anforderungen der aktuellen Windkraftanlagen.

Eine Frage an dich, ganz ernsthaft und ohne Polemik: wo soll der Strom in Zukunft denn herkommen?

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