Pazifistische Plädoyers wie in den letzten 6 Minuten der LdN #270 müssen endlich die Oberhand im gesellschaftlichen Diskurs übernehmen. Ist es nicht offensichtlich, dass es beim geopolitischen Konflikt zwischen NATO und Russland keinen Sieger geben kann? Weder militärisch (siehe nukleare Option) noch wirtschaftlich (siehe Handelswege innerhalb von Asien) kann Russland besiegt werden. Analoges gilt für die NATO. Wann schätzen wir endlich auch bei außenpolitischen Themen das Primat der Wissenschaft?
Was wir Europäer* brauchen, ist eine Exit-Strategie hin zu einem paneuropäischen Sicherheitsbündnis von Lissabon bis zum Ural (bzw. Waldiwostok). Mir ist klar, dass das ein langer Weg sein wird. Aber das darf uns nicht davon abhalten endlich wieder Schritte in die richtige Richtung zu machen.
PS zu *: dass die asiatischen Russen das ggf. anders sehen, habe ich mit meiner eurozentrischen Sicht jetzt mal sträflich vernachlässigt…
Fundamentale Gemeinsamkeit von (West-)Europa und Russland ist die geografische Nähe, aus der sich der sicherheitspolitische Imperativ für besonders gute Beziehungen wortwörtlich naheliegenderweise ergibt. Analog gibt es eine fundamentale (geografische) Distanz zwischen Nordamerika und Russland. Sehen Sie darüber hinaus auch fundamentale Gegensätze innerhalb Europas?
Ich schlage vor, dass wir nuklearbewaffnete Geopolitik nicht auf Kindergartenniveau debattieren. Das Wort „Exit-Strategie“ (bzw. deren Fehlen) sollte die Analogie zur gegenwärtigen Debatte über den Afghanistan-Einsatz aufzeigen. Genauso wie dort steckt(e) Europa in meinen Augen seit (spätestens) 1945 in einem Konflikt, der nicht gewonnen sondern nur beendet werden kann. Ich plädierte dafür auch diesen Konflikt zu beenden. Aber dieses Mal mit einer Strategie, die langfristig zu Stabilität führt.
besteht aus drei kurzen Sätzen. Bevor wir über die Überwindung der von Ihnen angeführten praktischen Divide-Et-Impera Hürden diskutieren, wäre es hilfreich zu verstehen, ob Sie meine obigen Annahmen teilen. Ich formuliere die Frage gerne nochmal ganz konkret: (1) Glauben Sie, dass der geopolitische Konflikt zwischen NATO und Russland durch Konfrontation gelöst werden kann? Und falls nein: (2) Befürworten Sie eine Befriedung oder ein Einfrieren des Konfliktes?
PS: Ihre Verteidigung von Kindersprache bei geopolitischen Debatten verstehe ich nicht. Es sei denn, Sie wollten damit ad hominem den Intellekt unserer Mitforisten in Frage stellen oder die Debatte ad personam führen. Ferner bin ich überzeugt, dass der übergroße Teil unserer Mitforisten kognitiv in der Lage ist meiner obigen Argumentation auch ohne Übersetzung in Kindersprache zu folgen.
Laut Süddeutscher Zeitung kann Russland schon jetzt die relativ geringen Erdgas-Bestellungen Chinas nicht bedienen.
Rohre verlegen würde Milliarden kosten, die zu geben China im Moment kein Interesse hat.
Militärisch ist eine Atommacht natürlich immer ein Problem, besonders wenn sie sich in der Defensive und mit dem Rücken an der Wand fühlt.
Die Diskussion um eine Strategie zum Umgang mit Russland finde ich richtig und wichtig. Leider habe ich das Gefühl, dass es eine Strategie seitens der EU und im Kleinen in Deutschland dafür nicht gibt.
Mir kommt die russische Perspektive zu kurz. Sicherlich ist Putin jetzt kein netter Nachbar, aber auch er arbeitet interessengesteuert und sucht seinen und Russlands Platz in der Welt (neben ein paar versteckten Bankkonten).
Auch er hat Maßnahmen durchgeführt, die von einigen Maßnahmen der EU und NATO nicht allzuweit weg sind. Nur aus unserer Sicht in diesem Fall halt für die falsche Seite.
Vielleicht habe ich es ja verpasst, aber mich würde eine vertiefende Beschäftigung mit der russischen Perspektive (Interview) sehr interessieren.
Ich meinte in meiner Frage damit zwei sich ausschließende Ziele. Es kann ja durchaus Personengruppen geben, die ein Interesse daran haben, dass ein Konflikt nicht dauerhaft befriedet wird. Man denke an den militärisch-industriellen Komplex. Oder an innenpolitische Maßnahmen, die sich leichter durchsetzen lassen, wenn die Bürger sich in ständiger Angst vor einem externen Feind befinden.
absolut! die expertin in der aktuellen lage bringt mal wieder nur die talking points, die man allesamt bereits aus der deutschen presse kennt. zur vernünftigen meinungsbildung, insbesondere im politischen raum, muss man beide seiten anhören. das fehlt!
Dann sehen Sie doch die fake news auf rt an, dann haben Sie ihre beiden Seiten.
Ich frage mich schon ernsthaft, wie man die russischen Unterstützung für die Folterregime in Syrien und Weißrussland, für Terroristen in der Ostukraine und die Morde und Schauprozesse gegen Oppositionelle als „legitime Interessenwahrnehmung“ verklären kann.
Nichts davon sind Alleinstellungsmerkmale russischer Politik, das haben bedauerlicherweise viele Nationen im (außen)politischen Repertoire. Sicherheitsinteressen werden gefühlt nie nur mit „fairen“ Mitteln verfolgt.
Das ist genau die Art von Polemik die einer besseren Verständigung im Wege steht, denn sie impliziert es gäbe keine oder ausschließlich schlechte Gründe für Russlands Verhalten. Und sei deshalb eine Perspektive, die es nicht wert ist gehört zu werden. Wie soll so Völkerverständigung gelingen?
Die Forderung war ja gerade, seriöse Stimmen zu finden die etwas zur gegenseitigen Perspektive beitragen.
Man kann Russlands Verhalten sehr gut verurteilen und muss bei der Ursachenforschung trotzdem nicht bei „Putin muss sich profilieren“ und „Putin will die UdSSR zurück“ stehen bleiben.
Macht übrigens sogar Sinn, wenn man Konfrontation favorisiert: Es lohnt sich bekanntlich seinen Feind zu kennen.
Die Vorwürfe lassen sich 1 zu 1 auf die usa oder china übertragen. großmächte halten sich nicht oder nur bedingt an regeln und gesetze. Ob china uiguren interniert, die usa foltergefängnisse betreiben oder aktuell die ermordung einer afghanischen familie via drone strike als nicht strafbar aussitzt. Ihren vorwurf explizit gegen russland zu formulieren wird der realität nicht gerecht.
Dieser Relativismus ist genauso langweilig wie falsch. In der Innen- und Außenpolitik der USA kann man zahllose Dinge kritisieren, aber sie stecken weder ganze Volksgruppen in Zwangslager noch unterstützen sie Krieg und Terror in ihren Nachbarländern.
Und was am wichtigsten ist: Die USA ist ein demokratischer Rechtsstaat und kein formeller oder faktischer Einparteienstaat ohne Rechtssicherheit wie China oder Russland.
Wer diese Unterschiede nicht begreift ist entweder ein Freund von Diktaturen oder hat ein sehr schlichtes Gemüt.
Eine ähnlich tiefgehende Analyse wie: „Dieser Relativismus ist genauso langweilig wie falsch. An der Innen- und Außenpolitik Chinas kann man zahllose Dinge kritisieren, aber weder hat es in den letzten 70 Jahren völkerrechtswidrig Länder angegriffen noch führt es einen völkerrechtswidrigen Drohnenkrieg.“
Appeaser sollten bei Analysen ganz klein anfangen. Im Januar wird die Verfilmung des Robert Harris Romans München bei netflix und in einigen Kinos laufen. Würde ich Ihnen empfehlen.
Mir kommt die ukrainische Sichtweise zu kurz.
Russland sagt seine Meinung, die USA sagt ihre Meinung, die EU sagt ihre Meinung, die NATO diskutiert noch über ihre Meinung.
Aber die, um die es eigentlich geht, die kommen gar nicht zu Wort.
Wenn Russland nicht möchte, dass die Ukraine sich der NATO anschließt, dann sollte es der Ukraine etwas dafür bieten, aber nicht eine Pipeline bauen, die die Ukraine zukünftig außen vor lässt, ukrainisches Staatsgebiet besetzen und weltweit gegen die Ukraine intervenieren.
Das ist doch Quatsch. RT Deutsch ist ja keine Auseinandersetzung auf einem vernünftigen Niveau. Und es geht ja nicht um die (vom Staat gelenkte?) Propaganda, sondern um das Interesse des Staates dahinter.
Russland hat doch bestimmt eine nationale Sicherheitsstrategie. Diese entspricht unseren Weißbuch Sicherheitspolitik oder der NSS der USA. Auf dieser Basis könnte eine Auseinandersetzung erfolgen und dann Rückschlüsse auf unser eigenes Verhalten (NATO Osterweiterung) gezogen werden.
Ach und wenn die russische „Sicherheitsstrategie“ besagt, dass die Ukraine nicht der Nato beitreten darf, müssen das sowohl die Ukraine als auch die Nato akzeptieren? Ihrer Meinung nach hätten die baltischen Staaten wohl auch niemals der Nato betreten dürfen, was?
Russland stellt sich gerne als Opfer dar, ist aber seit Jahrhunderten fast ausschließlich Täter, vom Zarenreich über die Sowjetunion bis zur heutigen Putin-Diktatur. Und insbesondere seine Nachbarstaaten und die Nationen, die es sich zwischenzeitlich einverleibt hatte, haben unter der russischen Zwangsherrschaft gleich welcher Couleur gelitten.
Leider hat es traditionell in den westlichen Ländern immer Leute gegeben, die das nicht sehen konnten oder wollten. Und das hat sich bis heute nicht geändert. Lenin hatte für sie eine passende Bezeichnung.