LdN211 EEG Novelle

Vorab: ich bringe hier meinen etwas älteren Kenntnisstand ein, ca. 10 Jahre. Das EEG gibt es ja mittlerweile 20 Jahre, also glaube ich dass die Situation sich hier strukturell nicht geändert hat.
Danke an Frau Kemfert für die Erläuterung der aktuellen Pläne.
Aus der Praxis kann ich berichten, dass die lokalen Versorger, die Netzbetreiber und ebenso die großen Stromproduzenten an Produktion und Durchleitung von Strom gut verdienen. Die Etablierten haben das EEG übergeholfen bekommen und seit Anbeginn sehen sie v.a. die privaten dezentralen Erzeuger als unliebsame Konkurrenz. Alles was nicht große Erzeugungskapazität bedeutet, nervt. Von daher liefern hier in ähnlicher Weise wie die Automobilindustrie die etablierten Player ständig neue Argumente, warum dies und jenes nicht geht.
Ein weiteres Problem des EEG, das meines Wissens auch bis heute nicht gelöst ist, und das nicht mal groß thematisiert wird: nur ein Bruchteil des in D erzeugten Stroms wird durch Private verbraucht. Dazu kommt die Industrie. Nun ratet mal, wer die EEG Umlage für Erneuerbare zahlt - ja klar, nicht die Industrie, v.a. nicht energieintensive Industrie. Für diese wurden Ausnahmen rausverhandelt (übliches Erpressungsargument: Arbeitsplätze, drohende Pleite). Statt dass man Entwicklungspfade zur Integration über bspw. ein Jahrzehnt vereinbart hätte, sind sie immer noch draußen. Und wenn wir z.B. 50% EEG Strom haben, zahlen wir Privaten, wenn wir 50% des gesamten Stroms verbrauchen genau 100% der EEG Zuschüsse. Der Konstruktionsfehler wird immer schlimmer, je mehr Erneuerbare wir haben.
Sollte etwas aus meiner Schilderung aktuell nicht mehr zutreffen wäre ich für die Erläuterung der aktualisierten Situation dankbar.

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In der Regel zahlt auch die Industrie EEG-Umlage.
Eine Reduzierung gibt es in der Tat für genauer definierte „Stromkostenintensive Unternehmen“ für Strom, den diese über 1 GWh (= 1.000.000 kWh) hinaus beziehen.


Quelle: https://www.energie-experten.org/erneuerbare-energien/photovoltaik/eigenverbrauch/eeg-umlage-pflichten (nach der BNetzA)

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Richtig ist, dass energieintensive Unternehmen und Schienenbahnen nur eine (deutlich) reduzierte EEG-Umlage bezahlen. Allerdings zahlen die Privaten Haushalte bei weitem nicht 100% der Förderkosten, sondern „nur“ etwas mehr als ein Drittel:

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Für diese Novelle empfehle ich die YT Kanäle MoneyForFuture , RobinTV(blau) und Gewaltig Nachhaltig.
Die Leute da haben sich zum Ziel gesetzt die EEGNovelle positiv zu beeinflussen mit Informationen und Aktionen.

Man versucht mit einem Statement gegenüber den Politikern und dem Hashtag #eegehtsnoch hier noch etwas zu drehen. Dazu gibt es schon einen Brief mit dem man sich an seine Abgebordneten wenden kann.

Ich finde es bezeichnend dass Energieversorger teilweise selber sagen dass es Smartmeter nicht braucht. Ich hoffe man lenkt noch ein und bremst den wichtigen Wandel nicht noch mehr aus.

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Tut mir leid da zu widersprechen, der Netzbetreiber “verdient” an ihrem PV Strom gar nichts. Er vereinnahmt von allen Netz Kunden die EEG umlage, gibt diese an den Übertragungsnetzbetreiber weiter. Dann erhält er von diesem die an die Einspeiser auszuschüttende EEG umlage und schüttet diese an die Einspeiser, also an sie, aus. In dem System sind keine Margen für den Netzbetreiber vorgesehen.
Für die Durchleitung des Stroms durch sein Netz erhält er Netzentgelte, die auf Basis seiner entstandenen Kosten, alle 5 Jahre von der Regulierungsbehörde geprüft, ggf. gekürzt und diese Kosten dann genehmigt werden. Die einzige Erlöspositionen in dieser Regulierungssystematik liegt in der Verzinsung des Eigenkapitals auf Investitionen. Diese liegt gemittelt bei ca. 5% und wird ab 2024 vermutlich bei ca. 3,5% liegen… von “gut verdienen” kann da nicht unbedingt die Rede sein.

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Ich verkaufe meine überschüssigen Strom für 11,95 Cent pro KWh, durchschnittlicher Kaufpreis als Endverbraucher liegt aktuell bei ~30 Cent.
Lösen sich die 18 Cent auf?

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Durch meine Arbeit für einem regionalen Netzversorger und einen städtischen Grundversorger, welche derzeit die Smartmeter Gateways(SMGW) ausrollen habe ich ein wenig Einblick in die Entscheidungen und Hintergründe.
Erneuerbare Energien, vor allem erzeugt von Privatpersonen haben für regionale Netzbetreiber einen entscheidenden Nachteil. Sie sind relativ schlecht steuerbar. Soll heißen es ist nicht leicht zu ermitteln wieviel Strom erzeugt wird. Diese Information ist jedoch wichtig, da man keine Überspannung bzw. zu geringe Spannung im Netz haben möchte.
Die SMGW haben die praktische Eigenschaft, wenn so eingestellt alle 15min Verbrauchswert/Erzeugungswert an den Messstellenbetreiber (eine weitere Marktrolle, meist nimmt dies jedoch der örtliche Netzbetreiber ein) zu senden. Dadurch lassen sich die erzeugten Energiemengen deutlich besser kontrollieren und auch vorhersagen.
Das Ausrollen dieser SMGWs ist aber keineswegs von Netzbetreiber forciert sondern von der Bundesnetzagentur, welche die Richtilienien für den Rollout hierbei vorgibt.
Dadurch entstehen logischerweise dem Netzbetreiber gewisse Kosten, die auch durch die Marge zwischen Einkauf und Verkaufspreis der kWh gedeckelt werden können.

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Ich wollte nur kurz anmerken, dass ich das Interview zur EEG-Novelle nicht sehr ausgewogen fand.
Vor allem fand ich es schade, dass die Expertin kaum versucht hat, (trotz Nachfrage von Ulf und/oder Philip,) die Argumente der Regierung zu schildern und zu analysieren. Es würde mich freuen, wenn dies hier, oder in einer nächsten Folge, für uninformierte Zuhörer wie mich nachgeholt werden könnte.

Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass es überhaupt keine standhaften oder zumindest plausiblen Argumente seitens der Regierung gibt, um ihre Position zu verteidigen. Z.B. könnte ich mir vorstellen, dass es für den Netzwerkbetreiber schwierig und kostenaufwändig werden könnte, wenn einige größere Firmen plötzlich eigenmächtig und gleichzeitig entscheiden würden, großflächig Solaranlagen für die Autos ihrer Angestellten zu bauen, zumal der Überstrom ins Netz eingespeist werden müsste, obwohl letzteres aber für solche punktuell größeren Strommengen vielleicht nicht ausgelegt ist. Das heißt ja nicht unbedingt, dass diese Argumente gut sind. Aber es wird solche Argumente ja geben. Und es wäre schon fairer gewesen, diese mindestens richtig zu erläutern.

Darüber hinaus gibt es sicherlich auch hier, wie in so vielen Bereichen, Interessen und Lobbying privater Akteure, die in die EEG-Novelle mit eingeflossen sind. Ich hätte es interessanter gefunden, dahingegen Vermutungen zu äußern (, die es sicherlich gibt,) und natürlich auch klar als solche zu kennzeichnen, als dass man für den uninformierten Hörer nur impliziert, dass die Situation völlig unverständlich ist, und die Regierung/Netzwerkbetreiber etweder dumm oder schrecklich zynisch sein müssen…

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Ist eigentlich bekannt, wer die Bundesregierung maßgeblich bei diesem Gesetzesentwurf berät?
Im Interview hat Claudia Kemfert gesagt, das Sie auch nicht weiß, wie der aktuelle Gesetzesentwurf zustande gekommen ist (genau genommen sagt sie, dass sie nicht weiß, warum immer mehr Hürden für die Erneuerbaren Energien aufgebaut werden). Ich hätte erwartet, dass ein Experte vom DIW an einem solchen Prozess in irgendeiner weise beteiligt ist.

Hi Alex,
diese „18 cent“ von denen du spricht verdient der Netzbetreiber an jeder Kilowattstunde, egal ob aus dem Braunkohlekraftwerk oder von meiner PV Anlage auf dem Dach. Alle Energieträger gehen zum selben Preis ins Netzt und werden verteilt. Aber die Differenz zwischen dem Marktwert des Stroms (~5cent) und dem was du für die KWh deiner PV Anlage erhältst, wird ja aus der EEG Umlage gezahlt. Damit ist dem Netzbetreiber eigentlich egal wo der Strom her kommt (mal abgesehen von den technischen Problemen der Stromeinspeisung ins Netz).

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Es gibt auch da sicher noch Dinge wie Netzentgelte, Steuern, Betreiber kosten et cetera.
Wenn man sich mal die Rechnung für Preise an Ladesäulen anschaut:
Die Wahrheit über die Ladepreise - Wie viel kostet Strom wirklich? - YouTube sieht man auch das der Einkaufspreis der geringste Teil der Kosten ist.

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Die Frage ist hier an wen verkauft wird. Also ja die lösen sich in Steuern, Umlagen und Abgaben auf.
Wie genau die Berechnung für die Netzbetreiber ist habe ich auf die schnelle nicht gefunden. Daher würde ich @Jayjay absolut glauben schenken.
Bei „Standardstrom“ von der Strombörse kann man die Einzelposten exemplarisch schnell recherchieren, aber wo genau der Unterschied 11,95 Cent zu 4,369 Cent pro kWh (Kundenerzeuger/Strombörse) im System für Netzbetreiber/Lieferanten/… einen Unterschied macht ???

Daher fände ich Quellen für die 4 → 12 → 30 Cent/kWh Kosten/Gewinn-Verteilung sehr interessant.

Bundesnetzagentur Beispiel

Strompreis statista

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https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Verbraucher/PreiseRechnTarife/preiseundRechnungen-node.html#FAQ330384
7.2 Netzentgelte + 9,6 Cent Steuern/Gebühren. Der Rest sind Vertriebskosten und Margen für den (herkömmlichen) Energieversorger.

Und ja, die 7,2 Cent Netzentgelt bekommt der Netzbetreiber. Davon er aber auch sein (Achtung!) Netz betreiben. Wie viel davon er „verdient“ hat, hat Jayjay oben erläutert.

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Netzbetreiber finanzieren sich über die Netzentgelte, die von der BNetzA über die Systematik, die von Jayjay beschrieben wurde, genehmigt werden.

Quelle: Bundesnetzagentur

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Ein weiterer Punkt, den Frau Kemfert aus meiner Sicht nur sehr einseitig darstellt ist das Thema Ausschreibungen. Zwar sind Ausschreibungen auch meiner Ansicht nach kein Allheilmittel, insbesondere für kleine Anlagen sind sie wohl wenig geeignet (werden dort aber auch nicht angewandt). Die Aussage „Ausschreibungen führen dazu, dass nicht zugebaut wird“ hat allerdings wenig Substanz. Richtig ist, dass wir derzeit ein großes Problem beim Ausbau der Windenergie haben. Seit Ende 2018 sind die Ausschreibungen bei Wind an Land deutlich unterzeichnet (d.h. das Angebot ist deutlich geringer, als die ausgeschriebene Menge). Dies liegt aber – so hört man zumindest in der Branche – in erster Linie an dem Thema Flächenverfügbarkeit und Akzeptanz des Ausbaus (viele genehmigte Projekte werden beklagt, was zu einer großen Unsicherheit führt). Gegen die These von Frau Kemfert, dass Ausschreibungen dazu führen, dass nicht zugebaut wird, spricht auch die Tatsache, dass bisher alle PV-Ausschreibungen überzeichnet waren und größtenteils die Anlagen auch tatsächlich gebaut wurden (siehe Bundesnetzagentur - Ausschreibungen) und auch bei Windausschreibungen bis Q3 2018 die ausgeschriebenen Mengen fast immer erreicht wurden (Bundesnetzagentur - Ausschreibungen). Die Aussage von Frau Kemfert, dass das vorherige Instrument (gesetzlich festgelegte Vergütungssätze) eine viel bessere Preiskontrolle erlauben würde, ist meinem Erachten nach vollkommen irreführend. Richtig ist natürlich, dass bei gesetzlich festgelegten Vergütungssätzen insofern eine „Preiskontrolle“ stattfindet, als dass der Fördersatz im Vorfeld bekannt (da ja gesetzlich festgelegt ist), wohingegen sich bei Ausschreibungen der Preis am Markt bildet (aber durch die Ausschreibungsregeln in Form des Höchstpreises nach oben begrenzt ist). Was gesetzlich festgelegte Fördersätze aber gerade nicht bieten, ist eine wirksame Kostenkontrolle (da sie zwar den Preis, nicht aber die Menge festlegen). Das kann man insbesondere an den Jahren 2010 – 2012 sehen, als die PV-Investitionskosten deutlich schneller sanken als die gesetzlich festgelegten Fördersätze, was zu einem PV-Boom in dieser Zeit führte, der aber durch eine deutlich überhöhte Förderung erkauft wurde, die wir nun insgesamt 20 Jahre bezahlen müssen (als Konsequenz aus dieser Erfahrung wurde in der Folgezeit der „atmende Deckel“ in das EEG eingeführt, der dazu führt, dass die Vergütungssätze abhängig vom Zubau schneller angepasst werden sollen, was sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung ist, aber auch kein Allheilmittel). Die EEG-Umlage stieg in der Vergangenheit eben nicht nur wie von Frau Kemfert unterstellt durch die Berechnungsmethode, sondern eben auch, weil die Förderkosten deutlich nach oben gegangen sind (gleichwohl ist es richtig, dass die EEG-Umlage alleine das falsche Maß ist, um eine Kosten-Nutzen Rechnung der erneuerbaren Energien vorzunehmen, da sie den preissenkenden Effekt, den der Zubau an Erneuerbaren Energien auf den Strompreis insgesamt hat (der sogenannte „Merit-Order-Effekt“) nicht abbilden kann).

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Das Interview mit Frau Kemfert dürfte bei den Hörern, die nicht tief in der Materie drin stecken, leider zu einem ziemlich verzerrten Bild der Realität führen. Teilweise spricht Frau Kemfert wie eine Solar-Lobbyistin (z.B. die Bezeichnung der EEG-Umlage als „sogenannte Solarsteuer“), was einer objektiven Bewertung meines Erachtens nach eher abträglich ist. Nach dem Hören des Interviews dürfte der nicht-fachkundige Hörer wahrscheinlich den Eindruck haben, dass EE-Anlagenbetreiber (und insbesondere PV-Anlagenbetreiber) gegenüber anderen Akteuren benachteiligt seien und mit der EEG-Novelle 2021 sich die Situation grundsätzlich noch weiter verschlechtere. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall – EE-Anlagenbetreiber sind (meines Erachtens nach auch richtigerweise) gegenüber „konventionellen“ Anlagenbetreibern besser gestellt und die EEG-Novelle verbessert tendenziell die Situation für die EE-Anlagenbetreiber im Vergleich zur gegenwärtig gültigen Rechtslage. Worüber man sicherlich diskutieren kann, ist die Fragestellung, ob die Verbesserungen ausreichend sind, oder ob nicht weitergehende Verbesserungen notwendig und/oder sinnvoll wären.

Nach der derzeitig gültigen Rechtslage (dem EEG 2017), müssten Anlagenbetreiber nach Auslaufen der Förderung nach 20 Jahren sich selbständig um die Vermarktung ihres Stroms kümmern, bzw. sich selbst einen Dienstleister („Direktvermarkter“) dafür suchen. Das dürfte insbesondere bei kleinen PV-Anlagen kaum realistisch sein, da die mit den Aufwänden verbundenen Kosten wohl in vielen (wahrscheinlich bei kleinen Anlagen in den allermeisten) Fällen zu hoch sein dürften (dies ist aber keine Sonderregelung, um EE-Anlagenbetreiber zu diskriminieren, sondern dies gilt für alle „konventionellen“ Anlagen im Prinzip immer). Wenn es den Anlagenbetreibern nicht gelingen würde, einen Vermarkter für ihren Strom zu finden (oder ihn selbst zu vermarkten), müssten die Anlagen nach heutiger Rechtslage wohl abgeklemmt werden, um sogenannte wilde Einspeisungen zu vermeiden (was natürlich den Zielen der Energiewende entgegen laufen würde und sicherlich nicht gewollt sein kann). In der EEG-Novelle 2021 ist nun vorgesehen, dass „ausgeförderte Anlagen“ (d.h. Anlagen, für die die zwanzigjährige Vergütungsdauer abgelaufen ist) weiterhin die sogenannte „Einspeisevergütung“ (d.h. die Vermarktung durch die Übertragungsnetzbetreiber) in Anspruch nehmen dürfen (wobei sie dafür nicht mehr den ursprünglichen Förderbetrag, der in vielen Fällen ein vielfaches des eigentlichen Marktwerts des Stroms entsprach, bekommen, sondern nur noch den Marktwert, d.h. den Preis, den der Strom an der Strombörse wert ist). Diese Regelung soll für Anlagen > 100 kW nur bis Ende 2021 gelten, für kleine Anlagen bis Ende 2027 (§ 25 Abs. 2 im Regierungsentwurf zum EEG 2021). Hier kann man sicherlich darüber diskutieren, ob man diese Möglichkeit nicht zeitlich unbefristet vorsehen sollte – andererseits gibt es (zumindest für die kleinen Anlagen) bis 2027 auch noch genügend EEG-Novellen, in denen die Regelung angepasst werden kann. Die Anlagen, die in der Einspeisevergütung bleiben, müssen auch kein Smart-Meter einbauen, dies ist nur dann der Fall, falls der Strom teilweise selbst verbraucht werden soll (dieses „Verbot“ des Eigenverbrauchs ist in § 21 Abs. 2 RegE EEG 2021 geregelt). Von daher wäre die korrekte Antwort auf die Frage, ob eine voll funktionsfähige Anlage ohne Smart Meter abgebaut und verschrottet werden müsste ein ganz klares Nein (und nicht wie von Frau Kemfert geäußert ein Ja).

Das Thema Eigenverbrauch an sich ist auch viel komplizierter als von Frau Kemfert dargestellt. Die EEG-Umlage als „sogenannte Solarsteuer“ zu bezeichnen ist meines Erachtens nach populistischer Unsinn – anders als die Bezeichnung „Solarsteuer“ impliziert, bezahlen grundsätzlich alle Eigenverbraucher die EEG-Umlage, nicht nur die PV-Anlagenbetreiber. EE-Anlagenbetreiber zahlen im Gegensatz zu den konventionellen Anlagenbetreibern auch nicht die volle Umlage, sondern „nur“ 40% (bzw. bei Anlagen < 10 kW für die ersten 20 Jahre gar keine Umlage), sind also nicht schlechter-, sonder bessergestellt (was ja durchaus auch sinnvoll und richtig sein kann, nur sollte man halt nicht den Eindruck erwecken, als sei das Gegenteil der Fall). Dass mit der EEG-Umlage zu einem großen Teil auch die (zumindest für die älteren Anlagen) deutlich über dem Marktwert des Stroms liegende Förderung der PV-Anlagenbetreiber bezahlt wird, hätte man durchaus auch erwähnen können… (so gesehen könnte man sagen, dass der Begriff „Solarsteuer“ nicht ganz falsch ist, allerdings nicht so, wie er gemeinhin verstanden wird).

Das Problem mit der Eigenversorgung ist, dass diese hauptsächlich deshalb finanziell lukrativ ist, weil Eigenversorger gewisse Kosten nicht (Netzentgelte und KWKG-basierte Umlagen) oder eben nur zu einem Teil (EEG-Umlage) tragen müssen. Das wäre volkswirtschaftlich dann effizient und sinnvoll, wenn diese Kosten bei einer Eigenversorgung gar nicht erst anfallen würden – dies ist aber (zum allergrößten Teil) nicht der Fall: die Kosten für die Netzanschlüsse werden weniger durch die Arbeit (die gesamte Strommenge), als vielmehr durch den maximalen Leistungsbezug bestimmt. Da die Höchstlast meist im Winter gegen Abend auftritt, kann Eigenverbrauch aus PV-Anlagen tendenziell keinen oder nur einen geringen Beitrag leisten, diesen Maximalbezug und damit auch die mit der Dimensionierung des Netzes zusammenhängenden Kosten zu senken. Das gleiche gilt für die Kosten, die über die verschiedenen Umlagen auf die Letztverbraucher umgelegt werden. Im Ergebnis führt Eigenverbrauch somit (leider) nicht zu einer nennenswerten Reduktion der Gesamtkosten, sondern nur zu einer anderen Verteilung (warum in diesem Zusammenhang von Kritikern des Eigenverbrauchs auch von einer „Entsolidarisierung durch Eigenverbrauch“ gesprochen wird). Es ist sicherlich sinnvoll, zu diskutieren, ob die gegenwärtige Netzentgeltsystematik (Umlage der Kosten über die Strombezugsmenge und nicht die maximale Leistung) und die Verteilung von Förderkosten über Umlagen richtig oder falsch ist (m.E.n. gibt es diesbezüglich sowohl Argumente, die dafür, wie Argumente, die dagegen sprechen), das ist aber eine ganz andere und viel komplexere Diskussion wie nur die Abschaffung der „Solarsteuer“ zu fordern. Eine Abschaffung der EEG-Umlage für Eigenverbrauch (ohne grundlegende Reform der Abgaben/Umlagen) würde zu einer Erhöhung der indirekten Förderung von Eigenverbrauchsanlagen führen (durch gesparte Abgaben / Umlagen). Diese indirekte Förderung ist mittlerweile oftmals deutlich höher als die Fördersätze für PV-Anlagen, die den Strom komplett in das Netz einspeisen. Im Ergebnis führt die indirekte Förderung durch Eigenverbrauch dazu, dass nicht unbedingt die günstigsten Anlagen gefördert werden. Rein volkswirtschaftlich gesehen führt der (umlagenfreie oder reduzierte) Eigenverbrauch somit zu einer ineffizienten Förderung und wäre bei einer rein volkswirtschaftlichen Kostenbetrachtung entsprechend abzulehnen. Allerdings gibt es neben den Kosten natürlich auch noch andere Aspekte, die es bei der Diskussion zu berücksichtigen gilt. Ein valides Argument pro Eigenverbrauch ist aus meiner Sicht, dass Eigenverbrauch einen wichtigen Teil zur Akzeptanz der Energiewende beitragen kann.

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Hatte diese schon in meinem Themenvorschlag zur EEG-Novelle genannt, wurde da aber für die Unsachlichkeit dieser Personen kritisiert. Fachjournale seien da besser. Link hier:

Stimme dem schon zu, allerdings sind diese Kanäle ein guter Start für die, die sich damit nicht auskennen. Sie bieten einen guten und einfachen Einstieg ins Thema.

Es freut mich dass das Thema endlich aufgegriffen wurde.

Hi, danke für die Antwort. Das wäre ja schön, wenn da einmal eine Regulierung gut nachgestellt wurde. Zu der Zeit als ich Bücher von EVUs gesehen habe, waren die Durchleitungsentgelte mit recht günstigen Anlagelebensdauern hinterlegt. So war ein Teil der kalkulatorischen Kosten kein tatsächlicher Aufwand. Dass man die EK-Verzinsung reduziert passt natürlich zur Entwicklung der Marktverzinsung.

Vielen Dank für die richtige und komprimierte Darstellung!
Man könnte aber sagen, dass bei höheren Investitionsbedarf - also z.B. Netzausbaubedarf aufgrund von mehr PV-Anlagen - die Gewinne der Netzbetreiber steigen, oder?

Vielen Dank für die vielen Antworten. :+1:
Ich muss gestehen, meine Frage war natürlich eine Hauch provokant (ohne böswillig zu sein) und sollte auch keinesfalls die Glaubwürdigkeit von @Jayjay grundsätzlich in Frage stellen, verwirren tut sich mich dennoch weiterhin, weil es einfach jedem gängigen Geschäftsmodel widersprechen würde.

Ich kann mir beim besten Willen einfach nicht vorstellen, das Netzbetreiber flächendeckend (es betrifft ja alle PV-Analgen nicht nur mich, und das mit Einspeisevergütungen zwischen 48Cent bis ganz neue Anlagen 8,64Cent) ein Minus erwirtschaften?
Ich denk ich habe einfach meine Frage falsch gestellt, da ich mich bis jetzt nie konkret damit beschäftigt habe, ging ich fälschlicherweise davon aus, dass die Netzbetreiber die Einspeisevergütung bezahlen.

Quelle: Aktuelle Photovoltaik Einspeisevergütung 2022(EEG,f%C3%BCr%2020%20Jahre%20festgelegt%20

Quelle: Bundesnetzagentur.de
Wenn ich das richtig verstehe, wird die Differenz aus dem normalen Stromankaufspreis (enthalten in den 7,61 Cent) und der Einspeisevergütung, durch die EEG ausgeglichen?
Wenn ja, dann hat der Netzbetreiber doch effektiv die gleiche Marge wie bei „normalen“ Strom den er sich beschafft, da die Anschaffungskosten nach Ausgleich durch die EEG identisch sind.
Daraus schlussfolgere ich, dass die Aussage

einfach falsch ist, da er sonst mit jedem anderen Strom auch nichts verdienen würde, was dann wirklich völlig unglaubwürdig wäre?

Sorry, wenn das jetzt alles etwa durcheinander war. :wink: