LDN 385 - Finanzierung der Sozialsysteme

Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft und nicht im Sozialismus oder gar Kommunismus. Die Idee bei der gesetzlichen Rente ist, ein gewisses Mindestniveau an Versorgung im Alter zu sichern, so dass gewährleistet ist, dass sie oder er, im Alter, nicht der Allgemeinheit auf der Tasche liegt. Das ist jetzt schon bei vielen überfüllt. Darüber hinaus kann jeder als freier Mensch entscheiden, eigene Vorsorge zu treffen. Die Rente ist kein Solidarsystem, sondern eine umlagefinanzierte Altersversorgung. Daher bringt es in diesem System gar nichts, die BBG fallen zu lassen. Es gibt aber durchaus Verbesserungsbedarf bei der Rente. So erscheint es sinnvoll, die Rentenhöhe an die Zahl der Kinder zu binden, denn in einem Umlagesystem bringt die jüngere Generation die Renten der Älteren auf und jemand, der keine Kinder hat, hat nichts zur eigenen Rente beigetragen hat.

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Ich will mal zum ursprünglichen Thema zurückkommen.

Im Film „God of War“, über einen der größten Waffenhändler aller Zeiten, gibt es dazu eine schöne Analogie. Da wird der Waffenhändler sinngemäß gefragt:

Wenn wir so viele Waffen aus den Lagern stehlen, wird das irgendwann jemand merken, was dann?

Antwort des Waffenhändlers:

Dann bekommt der ein Stück des Kuchens ab.

Und genauso ist es bei den offensichtlich ungerechten Sozialgesetzen in Deutschland: Alle die auf einfachem Wege dagegen vorgehen könnten, bekommen ein Stück vom Kuchen, also Beamte, Politiker und Besserverdiener. Und auf diesem Wege werden solche Leute auch noch zu potentiellen Verteidigern des ungerechten Systems.

Die Rentebeiträge und die KV Beiträge muss man schon sehr Unterscheiden.
In der Rente sammelt man Punkte. Die Begrenzung begrenzt auch die Punkte die man sammelt.
Das Thema hier wäre, ob man weniger Punkte bei höheren Beträgen zulässt. Das muss aber zunächst Verfassungsrechtlich geklärt werden. Auch die Einbeziehung der Beamten und Freiberuflern in die gesetzliche Rente ist eher ein Nullsummenspiel, wie schon oft belegt wurde. Außer Symbolik, welche wichtig sein kann, ist das keine Lösung.
Darum ist bei der Rente wirklich nicht viel über, außer Beiträge hoch, länger Arbeiten oder Rente senken.

Bei der KV sieht das Ganze etwas anders aus. Hier kann noch etwas an der Beitragsbemessungsgrenze gedreht werden, wobei auch hier ein Limit durch die Gerichte vorliegen.
Aber hier würde, im Gegensatz zu Rente, die Einbeziehung aller PKV Versicherten sehr viel Wirkung erzielt werden. Die PKV Versicherten sind in der Regel „Gesünder“ als die GKV Versicherten. Selbst bei Beibehaltung der Bemessungsgrenze würden die GKV sehr entlastet.
Dazu dürften man gerne auf maximal 6 GKVs runter. Auch das spart Millionen an Verwaltungskosten.

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Zunächst mal finde ich es nicht zielführend die Finanzierung der Kranken- und Rentenversicherung gemeinsam zu diskutieren. Dahinter stecken doch sehr unterschiedliche Ideen und wie man im Verlaufe dieses Threads sieht führt die Komplexität beider Konstrukte schon alleine zu einiger Verwirrung.

Zur Diskussion um die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung möchte ich jedoch mal die Frage aufwerfen was das für das Umlagesystem bedeutet. Denn was an Geld rein kommt wird ja sofort ausgegeben. Und jeder Einzahlung steht ein Gegenwert (Rentenpunkte) gegenüber den man dann später selbst ausgezahlt bekommt. Von daher sehe ich wenig Sinn dahinter höhere Gehälter mehr einzahlen zu lassen, denn die bekommen ja dann (später) auch mehr raus.
Im Gegenteil könnte eine Kappung der BBG dazu führen, dass gerade hohe Einkommen sich früher aus der Erwerbsarbeit verabschieden (analog zur „Rente mit 63“) weil sie schon nach vergleichsweise wenigen Versicherungsjahren eine gute Rente bekommen. Somit hätte man also noch mehr Rentner und weniger Beitragszahler. Man würde die Finanzierung also höchstens kurzfristig entlasten und sich noch größere Probleme für die Zukunft schaffen.

Des Pudels Kern hat indessen ein anderer User schon getroffen:

Solange überhaupt nicht klar ist was finanziert werden soll und ob überhaupt Geld fehlt sind alle Vorhaben lediglich ein Stochern im Trüben. Die Rentenversicherung soll sich um die Rente kümmern. Und nicht um Sozialleistungen.

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Das ist kein Naturgesetz. Kann man deckeln, bzw. regressiv gestalten.

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Das wird wohl am Ende das Verfassungsgericht klären.
Der Vorschlag der Wirtschaftsweisen, welcher genau das wollte, wurde aus Verfassungsrechtlichen Bedenken zurückgezogen bzw. wird von den Wirtschaftsweisen überhaupt nicht mehr diskutiert, sogar ausgespart.

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Das ist richtig. Letztlich wäre es dann auch wieder eine Sozialleistung. Genau dafür plädiere ich ja. Versicherungsleistung (Rente) von Sozialleistung trennen.

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Auch der Bundesrechnungshof fordert vom BMAS die Trennung von beitragsfinanzierten Leistungen und versicherungsfremden Leistungen. Ich glaube aber, dass Herr Heil das gar nicht will. Eigentlich ist es ein Witz, dass weder das Parlament, was Entscheidungen zur RV treffen soll, noch der Beitragszahler (der in diese Pflichtversicherung einzahlen muss) seriös informiert werden. Man stelle sich diese Art der Buchführung mal in einer Firma vor.

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Vor solchen Ideen kann man nur warnen. Bereits jetzt kommen die Ländern ihrem Finanzierungsauftrag für Kliniken in keinem Maße nach.

In England haben die Sparmaßnahmen im NHS zu einer absurden Mangelversorgung mit einer Warteliste, die über 6 Millionen Namen lang ist, geführt.

In Italien führt das steuerfinanzierte Gesundheitssystem dazu, dass quasi das gesamte ambulante System als Privatleistung zählt und Patienten entweder privat bezahlen oder Monate lang auf Termine in den Ambulanzen der Krankenhäuser warten müssen. Die, die es sich leisten können, sind die Gewinner in diesen Systemen.

Deine Statistik gibt den Reinertrag pro Praxis an, nicht pro Arzt. Da zahlreiche Praxen mehrere Inhaber haben, kann die von dir gezogenen Schlussfolgerungen

aus den genannten Zahlen nicht abgeleitet werden. Falls du die Zahlen stehen lassen willst würde ich mich freuen, wenn du noch einen Satz dazu schreibst damit nicht wieder falsche Vorstellungen von den astronomischen Einkommen niedergelassener Ärzte hängen bleibt.

Also deutliche Leistungskürzungen für alle während Gutverdiener sich privat Zusatzversichern können. Christian Lindner würde das sicher gefallen.

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Man kann hier natürlich Cherry-picking betreiben, indem man die steuerfinanzierten Systeme in Großbritannien und Italien anschaut statt in Finnland und Dänemark. Ich bezweifle aber, dass das zu viel Erkenntnisgewinn führt. Es müsste erstmal nachgewiesen werden, dass die Steuerfinanzierung ursächlich für die Probleme ist.

Nein, eine Mischung aus Solidarsystem und Stärkung der Eigenverantwortung. Zudem bin ich dafür, dass kritisch hinterfragt wird, welche Leistungen wirklich notwendig und im Sinne des Patienten sind. Meine persönliche Erfahrung mit PKV/GKV zeigt, dass hier in der Praxis viel Schindluder betrieben wird. Sozialer Ausgleich kann dann über das Steuersystem erfolgen.

Guter und wichtiger Hinweis!

Ich bin ein großer Freund des Niederländischen Gesundheitssystem.
ABER: Das würde eine komplett Revolution in Deutschland entsprechen, denn die Hausärtze haben dort zwar eine wichtige Koordinierende Rolle, aber sehr viele Behandlungen und Untersuchungen sind in Gesundheitszentren oder Krankenhäuser verlagert. Bsp.: Blutabnehmen für Diagnose geschieht im Krankenhaus, weil das Labor auch dort ist.
Und die Spezialisierung in den Gesundheitszentren und Krankenhäusern ist sehr ausgeprägt. Kleine und Mittlere Krankenhäuser sind im Prinzip kaum noch vorhanden.
Die Apotheken sind auch stark reguliert, genauso wie die Medikamenten Preise.

Die Finanzierung ist in drei Säulen aufgebaut.
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Die Krankenkassen und der Hausarzt können Restriktionen gegenüber des Patienten erlassen, falls Behandlungsempfehlungen nicht befolgt werden. Z.B. kann empfohlen werden Gewicht zu reduzieren, um Diabetes vorzubeugen bzw. zu begegnen. Sollte der Patient dem nicht entsprechen, können höhere Beiträge verlangt werden.
Das System ist viel mehr auf Prävention ausgelegt und diese wird auch finanziell gefördert.

Dann sind die Niederländer bei Behandlungen und Medikamenten viel mehr auf wissenschaftlicher Evidenz fokussiert. Das führt dazu, dass manche Behandlungen/Medikamente die es in Deutschland gibt, dort nicht angeboten werden. Es wird ohnehin nicht soviel Operiert, wenn es um Knie, Hüfte, Schulter, Rücken geht. Da wird viel mehr mit Physiotherapie gearbeitet.

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Physiotherapie hat bei vielen Leiden ja die größte Wirkung wenn sie präventiv eingesetzt wird. Wird dort auch grundsätzlich mehr Physiotherapie verschrieben oder erst statt der Operationen?

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Soweit ich es in meiner Bubble mitbekomme, wird viel präventiv gemacht. Ich habe aber keine Statistik dazu.

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Manchmal

Teilweise „verabschieden“ sich Besserverdiener nichtmal freiwillig. Als Angehöriger einer Berufskammer muss ich ins Versorgungswerk. Ich könnte freiwillig auch noch in die RV, aber das kann ich mir dann doch nicht leisten. Versorgungswerk ist auch super, denn da zahlen nur Gutverdiener ein, d.h. bei gleichen prozentualen Beiträgen kriegt man deutlich mehr raus. Das gehört sicher zum Problem dazu, das sich einzelne Berufe, die typischerweise gut verdienen, ihr eigenes Sozialsystem schaffen dürfen…

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Alles Aspekte, die man auch in Deutschland einführen könnte.

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Wenn ich richtig informiert bin, mussten Sie ihre eigene Versorgung schaffen. Wikipedia sagt dazu:

Die Wurzeln der berufsständischen Versorgung reichen bis in das Jahr 1923 zurück, in dem die älteste und heute größte berufsständische Versorgungseinrichtung, die Bayerische Ärzteversorgung, auf damals dringenden Wunsch der bayerischen Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte errichtet worden ist. Hintergrund hierfür war der Umstand, dass Angehörige der Freien Berufe von der Versorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen waren und Wirtschaftskrise sowie Inflation nach dem Ersten Weltkrieg die private Vorsorge praktisch vollständig entwertet hatten.

Auch die moderne Rentenreform legte dieselbe Grundlage für zwei Systeme:

In der Nachkriegszeit entstanden weitere berufsständische Versorgungswerke als Folge der Adenauerschen Rentenreform von 1957. Diese Reform versagte den Mitgliedern der sogenannten freien Berufe die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung

Das macht eine Zusammenlegung der Systeme nochmal schwieriger. Wenn auch nicht unmöglich, so ist doch fraglich, ob es rechtlich so gestaltbar ist, dass die gesetzliche Rentenversicherung entlastet wird und die Einzahler der Versorgungswerke nicht enteignet.

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Stimmt. Die Unterscheidung nach Praxisformen [Einzelnpraxis, MVZ (quasi Ärztehaus) und Berufsausübungsgemeinschaft (die früheren Gemeinschaftspraxen)] ist in der 1. Quelle nicht gemacht worden.

Das Destatis führt diese Unterscheidung in seinen Statistiken aber aus, allerdings nicht für 2019 sondern sogar schon für 2021, kann man hier runter laden:

Statistischer Bericht - Kostenstrukturstatistik im medizinischen Bereich - 2021

Dort wird als durchschnittlicher Reinertrag für Allgemeinarztpraxen, die als Einzelpraxen geführt werden, 211.000 € angegeben. Das ist tatsächlich weniger, als die 344.000 €, die ich oben als Reinertrag-Wert für alle Praxen übernommen habe. Mit dem Teil hat @IamQwert also recht.

Hier mal eine Grafik von 2023 über die Aufteilung der gesamten Arztpraxen nach Praxistyp (Quelle):

50 % aller Allg.-Arztpraxen (Hausärzte) sind also Einzelpraxen. Das ist immer noch ein ordentlicher Anteil. Für die kann man ja mal die Rechnung von oben durchführen:

Die 211.000 € Reinertrag sind (lt. Statistik) durchschnittlich 51,5 % der Gesamteinnahmen der Einzelpraxen. Gesamteinnahmen wären also ca. 410.000 €. Davon gehen gingen ohne Privatpatienten ca. 15 % weg, also ein Minus von etwa 61.500 €.

Blieben also statistisch noch etwa 150.000 Euro bei Einzelpraxen vom Reingewinn übrig, wenn es keine höhere Privatpatienten-Sätze gebe und alle Leistungen nach KGV-Satz bezahlt würden.

Ob einem Arzt das genügt, muss er selbst entscheiden. Rettungssanitäter verdienen mWn nicht mal halb soviel und tragen mMn nicht viel weniger Verantwortung als niedergelassene Ärzte.

Von „Unrentabilität ohne Privatpatienten“ würde ich daher auch nach dieser Korrektur nicht sprechen. Das ein Arzt das anders sieht, ist natürlich logisch.

Deshalb habe ich „(Kinder-)Arztpraxen“ geschrieben, damit waren Facharztpraxen inkludiert. :slight_smile:
Bei uns in der Gegend ist es, wenn ich das richtig auf dem Schirm habe, aktuell tatsächlich leichter bei einem, der verschiedenen Fachärzte als Patient aufgenommen zu werden, als den Hausarzt zu wechseln. :thinking:. Wir steuern auf rosige Zeiten hin…

150.000 € sieht so natürlich erst einmal schön aus, allerdings wie würde jetzt ein Freund von mir sagen: Der Teufel steckt da dann im Detail, wenn ich mich nicht vertue, muss hier noch berücksichtigt werden:

  1. (Teils verpflichtete) berufliche Fortbildung
  2. Berufshaftpflicht
  3. Krankenversicherung und Pflegeversicherung
  4. Rentenversicherungen
  5. Steuer
  6. Rechtsschutz + Rücklagen

Das sind jetzt nur die Sachen, die mir spontan einfallen. Während bei 1. man sich vielleicht streiten kann, ob man das vielleicht auch schon in die Praxiskosten bei den Mitarbeiterkosten einrechnen kann.
Bei dem besagten Freund, der jetzt kein Mediziner ist, aber selbstständig, frisst, wenn ich mich richtig erinnere, vor allem 2. der größte Posten nach 5. und noch vor 4. :thinking:

Ich weiß schon, warum meine „jüngeren“ Bekannten aus der Medizin, absolut kein Interesse an einer eigenen Praxis haben, auch wenn es Verwandte gibt, die in den nächsten 10-15 Jahren aufhören und die Leute gerne bei sich hätten, als Nachfolger.

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