LDN 385 - Finanzierung der Sozialsysteme

Hallo,

ich habe soeben die Lage 385 gehört in der es erneut um die Frage ging, wieso nicht alle in die Sozialsysteme einzahlen. Hier ging es explizit um die Krankenversicherung, aber grundsätzlich lässt sich die Problematik ja auch auf die anderen Zweige der Sozialversicherung übertragen. Da ich beruflich Gehälter abrechne habe ich damit einige Berührungspunkte und daher stellt sich mir hier immer wieder die Frage: Wieso gibt es keine Diskussion über die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenzen? Auch bei der Rente werden ja stets nur die beiden Optionen länger arbeiten oder Beiträge erhöhen diskutiert, niemand redet aber darüber, ob es fair ist nur 7300€ zu verbeitragen, wenn man 10.000 verdient. Bei der KV kann ich mir ja noch vorstellen, dass man keine zusätzlichen Anreize für Gutverdiener schaffen möchte aus der GKV auszusteigen, aber selbst da muss ich sagen, die monatsanteilige JAEG (5550) liegt ja (zumindest ein bisschen) über der BBG (4987,50). Insgesamt kann man also sagen, dass Besserverdiener so gegenüber schlechter Verdienenden bessergestellt werden. Würde es sich gesamtgesellschaftlich nicht lohnen, die Begrenzung aufzuheben, weil daraus resultierend auch eventuell die Leistungen beispielsweise beim Krankengeldbezug steigen würden oder übersehe ich einen anderen relevanten Aspekt wieso dieser Punkt scheinbar nicht in Betracht gezogen wird?

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Sowohl bei Rente als auch der GKV verabschieden sich die Gutverdiener irgendwann aus dem Solidaritätsprinzip. Bei Rente wird nicht alles veranschlagt und bei der GKV kann man sich ab etwa 70.000€ im Jahr für die PKV entscheiden. Dazu müssen Beamte sich auch selbst versichern. Das Argument von Phillip zieht also nicht, wenn es nur Solidarität unter der Unter und Mittelschicht gibt.

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Das wäre glaube ich nur ein sehr kleiner Schritt zu mehr Gerechtigkeit, weil das Hauptproblem ja ist, dass so viele Leute(Beamte, Anwälte, niedergelassene Ärzte,etc) gar nicht in die Sozialkassen einzahlen.

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Idee für mehr Gerechtigkeit in der Krankenversicherung:

Damit man sich durch PKV nicht dem Solidarsystem entziehen kann, muss für jeden Versicherten ein Solidarabschlag an die GKV gezahlt werden.

Aus meiner Sicht sollte jeder in die GKV einzahlen, die PVK sollten nur noch Zusatzversicherungen sein. Ansonsten würde ich davon ausgehen, dass der Solidarabschlag zu sehr zu gunsten der PKV ausgeht.

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Ich bin ganz deiner Meinung!

Ein Solidarabschlag wäre allerdings auch besser als die Situation jetzt, in der sich Privatversicherte dem Solidarsystem entziehen.

Die Idee finde ich durchaus charmant. Eine gesetzliche Basisversicherung mit der wirklich nur das Allernötigste abgedeckt wird bzw. der Worst-Case. Alle anderen Zusatzleistungen dann über PKV. Aus meiner Sicht sollte hier auch zwingend ein Eigenanteil mit dabei sein, um hier auch etwas Eigenverantwortung mit ins Spiel zu bringen.

De facto ist es doch schon heute so, dass die PKV die GKV subventioniert. Ohne Privatpatienten sind viele Praxen doch gar nicht rentabel. Die GKV-Pauschalen sind oft ein Witz.

Ich glaube die Beitragsbemessungsgrenze ist wichtig, um die Akzeptanz des Solidarsystems zu wahren. Wenn ich viel mehr einzahle, als ich selbst an Leistung bekomme, sinkt die Akzeptanz des Systems.

Von mir aus kann die Akzeptanz des Systems bei den 10%, die davon betroffen sind, ruhig sinken.

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Die Sichtweise verstehe ich nicht. Generell ist es ja so, dass Geringverdiener für das Produkt weniger zahlen müssen als besser Verdienende. Bei gleicher Leistung des Produkts.

Warum sollen Leute bessergestellt sein, die für das gleiche Produkt mehr zahlen?

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Absolut betrachtet stimmt das. In der Sozialversicherung spielt ja aber der absolute Preis des „Produktes“ nur eine untergeordnete Rolle - wichtiger ist die finanzielle Leistungsfähigkeit. Und hier gibt es mit der Beitragsbemessungsgrenze ja einen „Break-Even-Point“, ab dem dann trotz steigendem Einkommen und damit grundsätzlich auch steigender finanzieller Leistungsfähigkeit eben keine weitere Belastung erfolgt. - die relative Belastung sinkt dann, was man als Besserstellung betrachten kann. Zusätzlich kommt es im Bereich der Krankenversicherung dazu, dass Besserverdienende sich dann irgendwann auch privat versichern können, was zumindest in jungen Jahren oft zu geringeren Beiträgen als in der GKV führt und selbiger dann auch Kapital komplett entzieht.

Du sprichst im Prinzip aber einen grundlegenden, wohl nur politisch zu klärenden, Konfliktpunkt in unserem Sozialversicherungssystem an - nämlich die Frage der Gewichtung zwischen Versicherungsprinzip (der Einzahlung steht eine gewisse Gegenleistung gegenüber, beide haben eine Art „Mindestverhältnis“ zu einander) gegenüber dem Solidaritätsprinzip ("Zumindest die Mindestleitung ist für alle gleich, unabhängig von der absoluten Höhe der Beiträge, dafür wird jeder relativ zur eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit belastet).

Frage mich sowieso, ob das GKV-Prinzip nicht bald zusammenklappen könnte, wenn immer mehr Menschen, die häufig Geld haben, mehr medizinsche Versorgung brauchen. Irgendwann könnte der Punkt gekommen sein, wo sich immer mehr Praxen ausschließlich durch Selbstzahler und Privatpatienten finanzieren, weil ausreichend viele Patientinnen lieber Geld bezahlen anstatt Monate auf einen Termin zu warten.

Weil sie in absoluten Zahlen zwar mehr bezahlen, in der Relation aber weniger. Bruttonormalarbeitnehmer zahlt 7,3% plus individuellen Zusatzbeitrag, während Gutverdiener weniger als 7,3% plus Zusatzbeitrag bezahlen muss.

Die steigen dann aber im Zweifel einfach aus (siehe PKV, Rentenversicherung etc.).

@Tim911 Erstens: Ich denke was du meinst, ist dass nicht die PKV als solche einen guten Beitrag zur Finanzierung der GKV leistet sondern die Privatzahler. Das können auch IGEL-Leistungen sein, die von der GKV einfach nicht übernommen werden, ob der Patient sich die dann am Ende wieder von einer PKV erstatten lässt ist ja erstmal egal.

Zweitens: Was du mit gesetzlicher Basisversicherung meinst gibt es doch schon, das ist die GKV, bzw bei der PKV ist es der Teil, den du mit einer Bescheinigung nach §10 EStG von der Steuer absetzen kannst. Da steht unten immer drauf „Entspricht nach Art und Umfang den Leistungen der GKV gemäß SGB V“ den Zettel bekommst du dann jedes Jahr zusammen mit den neuen Beiträgen zugeschickt und muss ihn beim Arbeitgeber vorlegen. Alles was du dann noch zubuchst kommt dann halt noch on top.

Drittens: Der Gag am Solidarsystem ist ja gerade, dass man nicht unbedingt das rausbekommt, was man einzahlt, das ist ja kein Depot. Abgesehen davon wird man das in den meisten Fällen gar nicht sagen können, ob man nicht doch zeitweise mehr Leistungen bekommt als man einzahlt, es kommt ja auch immer auf die jeweilige Phase im Leben an. Als alleinstehender Single sicherlich, aber was, wenn Kinder dazukommen die kostenlos mitversichert werden? Was, wenn man einem Unfall hat und eine besonders aufwändige OP braucht? Das kann schnell in den 5-stelligen Bereich gehen.

Kurz: Wir wissen nicht, wann wir selbst mal Leistungen beziehen müssen und meines Erachtens wird das Prinzip der starken Schultern hier außer Kraft gesetzt.

Ein Nachtrag noch: Die Motivation für die Einführung der Beitragsbemessungsgrenze war wohl tatsächlich mal die immensen Kosten fürs Krankengeld. Da aber nachgewiesenermaßen besser verdienende Menschen tendenziell auch gesünder sind, weiß ich nicht, ob dieser Grund noch so relevant ist.

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Das gilt grundlegend aber (bis auf bei den Beamten) nur für die Rentenversicherung. Bei allen anderen Sozialversicherungen (Pflege, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) sind alle angestellten Ärzte usw. ebenso ganz normal versicherungspflichtig - erst mit überschreiten der entsprechenden Versicherungspflichtgrenze nicht mehr, da ist das aber dann doch wie bei jedem anderen Arbeitnehmer. Wenn man also „Sozialkassen“ auf Rentenversicherung reduziert, dann ist das sicherlich ein Aspekt. Sonst gibt es keinen Grund, diese Berufsgruppen herausgehoben zu betrachten.

Aber doch schon alleine die Tatsache, dass das System grundsätzlich als Solidarsystem aufgebaut ist bringt den Leuten mit geringen Einkommen enorme Vorteile.

Ich finde die Betrachtung einseitig, wenn wir den Status quo als gottgegeben hinnehmen und Veränderungen grundsätzlich nur in eine Richtung überhaupt als möglich sehen. (Was nicht heißen soll, dass ich persönlich das solidarprinzip wie aktuell praktiziert in frage stelle)

Gibt es eigentlich Zahlen wie stark man die Beiträge überhaupt senken könnte, würde man auf die Bemessungsgrenze verzichten?

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Ich bin verwirrt. Entweder man nimmt den Status Quo als gottgegeben hin oder man fordert Veränderungen. Beides gleichzeitig geht ja wohl nicht. Was genau ist der Punkt, den du mit diesem Beitrag machen willst? Es könnte auch alles schlimmer sein?

Ich persönlich bin auch kein Freund des Status Quo und würde Renten und Krankenkassen grundsätzlich über Steuern statt Sozialbeiträge finanzieren (bzw. Renten durch Grudeinkommen ersetzen). Dann löst sich das Problem mit der Beitragsbemessungsgrenze automatisch.

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Ich meinte damit, dass man nicht den Status Quo als Mindesstandard was solidarisches Prinzip angeht sehen darf und alles was zwar schon solidarischen Prinzipien unterliegt, aber noch gesteigert werden kann als Benachteiligung der Geringverdiener sieht.

Aber alleine das System wie wir es haben ist ja durchaus eine soziale Errungenschaft verglichen mit der Situation anderer Länder oder einem System alleine auf Versicherungsbasis ohne solidarische Beiträge.

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