Zum Thema Flatrate D-Ticket. Doch der Preis spielt eine Rolle! Das 9-Euro-Ticket hatte ich mir monatelang gebucht, obwohl ich wochenlang gar nicht mit dem ÖPNV unterwegs war. Aber das ist so ein Preis, mit dem man ein gutes Projekt gerne unterstützt und sich dann auch keinen Kopf macht bei der Nutzung. 49 Euro im Monat sind weit darüber - hier schlagen doch wie berichtet fast nur die PendlerInnen zu, die damit dann günstiger fahren. Hätte ich auch gemacht, als ich jahrelang mit Rad und Bahn gependelt bin.
Ja, wenn ich für eine Woche nach Hamburg oder Berlin fahre, würde ich mir das Ticket auch buchen und direkt wieder kündigen einfach weil man sich dann keinen Kopf machen muss in fremden Tarifsystemen. Aber allein die ausschließliche Abo-Gestaltung finde ich schon eine Frechheit!
Das stimmt so nicht. Ich lebe in Berlin und in meinem sozialen Umfeld hat jeder ein Deutschlandticket - obwohl wir die meisten Wege mit dem Rad erledigen.
Den Luxus, bei schlechtem Wetter oder einem Ausflug auf’s Land nicht nachdenken zu müssen, ist in meiner Filterbubble offenbar 49 Euro wert.
Persönlich habe ich oft mehrere Monate in folge, in denen ich nicht ansatzweise 49 Euro verfahre. Und dann gibt es auch mal wiederwelche, in denen es sich doppelt und dreifach lohnt. Vom Komfortgewinn mal ganz zu schweigen.
Der Kritik bez. der Fernzüge würde ich mich allerdings anschließen. Ein bis zweimal im Monat muss ich eine längere Strecke pendeln. Den ersten Abschnitt fahre ich mit dem ICE, den letzten mit dem Regio. Aufder Hinfahrt kein Problem - auf der Rückfahrt aber sind die Regios so unpünktlich, dass ich schon einmal trotz großzügig geplantem Puffer meinen ICE verpasst habe (und zweimal nurdeshalb noch erwischt, weil der ICE noch mehr Verspätung hatte). Genau wie sie schreiben musste ich ein neues, extrem teures ICE-Ticket lösen. Von der Bahn gabes weder eine Erstattung, noch eine Befreiung von der Zugbindung, obwohl ich den Anschluss aufgrund einer vorangehenden Zugfahrt verpasst hatte.
Das ist tatsächlich - neben den wirklich ständigen Verspätungen selbst - ein solches Ärgernis, dass ich als eingefleischter Öko nun doch manchmal mit einem Führerschein liebäugle.
Prüft mal, ob das Sparticket bis vom Start- zum Zielbahnhof wirklich soviel teurer ist, je länger die Strecke, desto billiger wird sie nämlich pro Kilometer.
Und schon wäre das Problem gelöst.
Das Schlimme ist, dass die Bahn sich dessen sogar bewusst ist und ihrerseits keinen Handlungsbedarf sieht. So weist sie in den FAQ selbst darauf hin.
Ich denke, hier sollte eine grundsätzliche Regelung her. Im Moment ist es ja auch so, dass es keine Erstattung gibt, wenn ich die Bahn zum Flughafen nehme und meinen Anschlussflug verpasse. Ich denke, grundsätzlich sollten Beförderungsunternehmen für die zusätzlich entstehenden Kosten haften müssen, wenn ein direkter Anschluss verpasst wird, egal ob das beim gleichen Unternehmen passiert.
Naja, bei Flügen sehe ich das noch eher ein, die Kosten könnten beachtlich sein und mir ist lieber, die Bahn nutzt ihr Geld dafür zu sorgen, dass die Züge pünktlicher werden. Aber wenn ich einen ICE verpasse, weil der Regio zu spät ankam, dann istdie Bahn direkt verantwortlich, dass ich meinen Anschluss von einem DB-Zug zum nächsten verpasst habe.
Das allermindeste sollte sein, Fahrgäste in solchen Fällen von der Zugbindung zu befreien.
Für mich haben zwei Punkte zu dem Thema gefehlt:
Zum einen geht ihr fest davon aus, dass das D-Ticket zum Bahnfahren motivieren soll und ein Projekt der Verkehrswende wäre, das ist rückblickend häufig so argumentiert worden war aber nicht die Entstehung dieses Tickets: Das Ticket wurde ja nicht von Wissing in die Welt gebracht sondern von den Grünen um einen Ausgleich zu dem verbilligten Sprit der FDP zu haben - es ging also explizit um eine Vergünstigung für Menschen die Bahnfahren und von den Coronahilfen für Autos nicht profitiert haben. Unter diesem Aspekt war das Ticket sehr erfolgreich.
Zum anderen finde ich es wichtig dass das Deutschlandticket für alle zum selben Preis verkauft wird, das ist meiner Meinung nach ein Rückschritt - fast überall werden Auszubildenden, Schüler*innen, Kindern und Senioren verbilligte Tickets angeboten. Beim Deutschlandticket hingegen macht jedes Bundesland, jeder Verkehrsverbund und teilweise auch die einzelne Kommune ihr eigenes Ding - das passt für mich sehr gut zu all den Eltern die hier schon beschrieben haben, dass sie mit ihren Kindern so viele D-Tickets bräuchten, dass es ihnen zu teuer wird.
Das Problem ist, dass die Bahn ja auch nicht immer etwas dafür kann, eine Haftung für „höhere Gewalt“ erscheint zumindest fragwürdig.
Klassische Fälle:
- Vandalismus. Ganz aktuell: am 26.04. fuhr hier zwischen 5 Uhr und 14 Uhr in Bochum gar kein Zug mehr (weder S-Bahn noch RE noch ICE), weil Kabeldiebe Kabel des Stellwerks geklaut haben und repariert werden musste. Die Diebe konnten zwar gefasst werden (so etwas fällt halt sofort auf), aber die Reparaturen dauern eben. Was hätte die Bahn tun können? Alle Kabel unterirdisch verlegen? Schwierig und extrem teuer. Wer soll also nun für den Millionenschaden haften, weil etliche Arbeitnehmer nicht zur Arbeit gekommen sind? Wirklich die Bahn?
- Unwetterschäden
- Personen auf den Gleisen
- Polizei- oder Rettungsdiensteinsätze auf oder an den Gleisen
- Leute, die die Türen des Zuges blockieren und damit den Zug aufhalten
Die Bahn wird sich bei den meisten „größeren“ Verspätungen auf solche Fälle berufen können - zumindest indirekt. Wenn ein Zug erstmal verspätet ist, zieht das eben einen ganzen Rattenschwanz weiterer Verspätungen nach sich, weil die Abstimmung mit den anderen Zügen dann nicht mehr passt, plötzlich eine S-Bahn einen verspäteten ICE vorlassen muss usw. usf.
Kleinere Verspätungen kommen zudem vor allem durch eine knappe Zeitplanung im Hinblick auf die Zustiegszeiten zu Stande. Die Frage ist hier auch, ob man das akzeptiert und damit lebt, dass Züge regelmäßig geringfügig zu spät kommen, oder ob man die Zeiten so großzügig plant, dass die Züge ständig 1-2 Minuten sinnlos an jeder Station warten müssen, damit es seltener zu Verspätungen kommt. Das sind die beiden Möglichkeiten, wenn wir die gleiche Taktung in Hochbetriebszeiten und weniger hektischen Zeiten haben wollen.
Was ich sagen will ist, dass das Thema nicht so einfach ist. Der Bahn Schadenersatzpflichten aufzudrücken löst das Problem ja auch nur sehr bedingt, denn diese Schadenersatzpflichten werden natürlich aus den Ticketpreisen beglichen, wodurch alle Tickets (einschließlich des Deutschlandtickets) signifikant teurer werden können. Ich bin daher wirklich skeptisch, ob das der richtige Weg ist - man macht Bahnfahren auf der einen Seite zwar attraktiver, gleichzeitig aber an einer anderen Stelle unattraktiver.
Hier bin ich zwiegespalten. Entweder das Deutschlandticket ist so billig, dass es wirklich keine weiteren Förderungen besondern bedürftiger Personen mehr braucht (das wäre mMn z.B. bei 29 Euro gegeben), dann kann es gerne überall gleich viel kosten. Oder der Preis wird so angesetzt, dass es in Verbindung mit Bundeszuschüssen halbwegs wirtschaftlich tragfähig ist, dafür muss es dann aber Vergünstigungen für Bedürftige geben.
Das Deutschlandsemesterticket gibt es z.B. aktuell für 29,40 Euro - und das ist auch gut so. Das Deutschlandticket für 49 Euro wäre für viele Studierende eine Mehrbelastung im Vergleich zum vorherigen Semesterticket gewesen, von der größeren Reichweite profitiert eben nicht jeder. Auch für Bürgergeldempfänger, Schüler und co. finde ich vergünstigte Tickets bei einem Grundpreis von 49 Euro notwendig, bei einem Grundpreis von 29 Euro wären sie nicht notwendig.
Wir haben zwei D-Tickets. Ich nutze es zum Pendeln (täglich 35 km eine Richtung, d.h. eine Bahnstation in 20 Minuten), hatte dafür aber schon immer ein doppelt so teures Ticket. Meine Frau nutzt es fast nie und hat es nur, weil ihr Arbeitgeber es so stark subventioniert, dass zwei Tagestickets im Monat mehr kosten. Sie fährt meist mit dem Rad zur Arbeit (dank E-Bike und PV-Anlage auf dem Dach schweißfrei und mit gutem Gewissen) und sonst mit dem Auto.
Im Ergebnis hat sich durch das D-Ticket unser Mobilitätsverhalten Nullkommanix verändert. Ich steige erst ins Auto, wenn die Fahrtstrecke mindestens rund 100 km beträgt und ich dabei auf dem kürzest möglichen Weg eine der beiden Autobahnauffahrten in der Umgebung nutzen kann. Innerorts zu fahren ist mir ein Graus, das ich nur im Zusammenhang mit langen Fahrten am Zielort auf mich nehme, aber möglichst selten in der eigenen Stadt. Nur war das schon vor dem D-Ticket ganz genau so. Sollte ich mal in Deutschland in eine andere Stadt reisen, wäre die Nutzung des D-Tickets während des Aufenthalts dort die einzige Abweichung von der Nutzung des früheren HVV-Tickets. Kommt aber fast nie vor, seit es keine Dienstreisen mehr gibt (also Februar 2020). An Urlaubsorten gibt es entweder keinen ÖPNV oder er ist mit der Gästekarte zu nutzen oder der Ort befindet sich im Ausland.
Was mich aber wirklich irritiert ist, dass es in Schleswig-Holstein noch immer alle Tarife gibt, die es bis April 2024 gab. Auf mich wirkt das, als ob das Land täglich mit dem Ende des D-Tickets rechnet. Das lädt auch nicht dazu ein, sein Verhalten langfristig zu ändern, wenn man derzeit mit dem Auto pendelt und echt Gehirnschmalz in eine Umstellung investieren müsste.
Ich befürchte das mit der Verkehrswende wird zäh, langwierig und teuer:
Danke für euren Beitrag. Allerdings glaube ich, dass ihr einen Teilaspekt in der Lage falsch analysiert habt: Der Preis spielt sehr wohl nach wie vor eine große Rolle, denn die EINSTIEGShürde ist viel zu hoch. Der Vorteil beim 9-€-Ticket war: Der Preis lag sehr nahe an, oder sogar unter einer Einzel- oder Hin- und Rückfahrt, insbesondere wenn man mit der Familie unterwegs ist. ZB aus dem Umland von Frankfurt/Main nach Frankfurt rein. Der Gedanke dann: Dann kaufe ich direkt das 9€T und fahre diesen Monat vielleicht dann noch öfter auch andere Strecken mit der Bahn. Bei 49€ und selbst noch bei 29€ ist dieser Abstand viel, viel zu groß. Dann ist für mich als Landbewohner:in klar: Ich löse ein Einzelticket und fahre den Rest mit dem Auto, das leider so oder so da sein muss.
Ok, aber dann muss der Risikoaufschlag auch auf die Ticketpreise aufgeschlagen werden, damit sich diese Absicherung des Risikos auch für die Transportunternehmen rechnet. Und wenn die Lufthansa Ticketkosten auf Grund eines verspäteten Zubringerzugs der Bahn erstatten soll, muss die LH sann auch die Kosten aufwändig bei der DB einfordern. Auch dass muss Bitteschön der Reisende zahlen.
Wie ist das denn in der Schweiz geregelt?
Ich bin heute mal wieder von Koblenz nach Mönchengladbach mit der Bahn unterwegs um einen Freund zu besuchen. Also ohne Zeitdruck. Direkt der erste Zug fast 40 Minuten Verspätung. Anschlusszug wird verpasst. Reise verlängert sich signifikant. Zustände am Bahnhof übel, dreckig, wird überall geraucht(mittlerweile auch Cannabis) und Alkohol. Zug ist auch teilweise unangenehm. Und leider mache ich die Erfahrungen immer wieder.
Ich versuche es immer wieder mal, aber mit 2 kleinen Kindern und etwas mehr Zeitdruck absolut unzuverlässig und nicht machbar. Das muss sales signifikant verbessert werden, vorher ist die Bahn keine Alternative.
Die Attraktivität des ÖPNV liegt in seiner Zuverlässigkeit und seinem Angebot.
Wenn gewisse Strecken nicht bedient werden , man am Wochenende am Stadtrand auf ein Taxi angewesen wäre und man froh sein muss wenn der Bus zur gewählten Tageszeit auch fährt , sinkt die Motivation.
Dauerstau ausgeklammert brauch ich mit dem Auto theoretisch 1/3tel der Zeit in die Arbeit.
Da ist die Attraktivität beim Teufel
App braucht man hier keine, das Ticket gibt es als Chipkarte und die hängt nur von der Stromversorgung des Kontrolleurs und seines Lesegeräts ab
Hier in der Schweiz ist die Bahn bei vielen Dingen deutlich strenger als in Deutschland. Man kann entweder Tickets mit Zugbindung buchen. Wenn man davon abweicht, sind die relativ streng bei der Nachberechnung. Oder man bucht ein Tagesticket. Dann hat man freie ZugWahl. Generell gint es ganz selten ein Thema mit verpassten Anschlusszügen – die Züge hier sind enorm pünktlich. Ich finde das immer wieder faszinierend. In den gut zwei Jahren, in denen ich jetzt in der Schweiz wohne, habe ich nie erlebt, dass es auf Bahnsteigen oder am Ticketschalter Unmut gab, wenn ein Zug doch mal Verspätung haben sollte. Diese Ausnahmesituation nimmt man hier sehr gelassen hin…… und fährt mit dem nächsten Zug.
Gelassenheit ist jetzt keine Eigenschaft, für die Deutsche bekannt wären
Pünktlichkeit inzwischen auch nicht mehr. Der DB sei Dank.
Dass die deutschen Tugenden uns nur noch von Leuten angedichtet werden die Deutschland nicht kennen kann man nicht allein der Bahn zuschreiben.
Im Sommer werden wieder Schilder aufgestellt werden (die Wissing doch eigentlich gar nicht hat), damit wir nicht zu schnell über die Autobahnen fahren, weil blow-ups drohen.
Und die jetzigen Probleme kommen nun mal daher, dass die Bahn nun wirklich viele ihrer Problemstrecken angeht.
Ich finde an der Stelle machst du es dann aber zu einfach - also andere Bahnunternehmen bekommen es eben hin, dass genau diese Folgeeffekte durch Reserven an Schienen, Personal und Material vermieden werden können (siehe Schweiz als Paradebeispiel)