LdN 349 Bildung - Lehrergehälter

Da sind wir uns ja einig. Das vergleiche man nun mit 6000–8000€ Besoldung pro Monat (ohne Zulagen etc.) und außerdem einer „anekdotischen Evidenz“, dass hohe Führungskräfte in der Wirtschaft tendenziell ein höheres Arbeitspensum als ein Oberstudiendirektor aufweisen.

Das tut er inhaltlich auch garnicht. Der Matheanteil im Lehramtsstudium ist natürlich deutlich geringer als im fachwissenschaftlichen Studium.

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Also kurzfristig fibt es denke ich keine gute Lösung ausser externe hinzuziehen zur Überbrückung. Langfristig müsste man das Lehramtsstudium umstrukturieren und das wäre dann eine Lösung die, wenn man sich beeilen würde, in 6-8 Jahren greifen würde. Klingt lange, aber ist es eigentlich nicht, wenn man bedenkt was für eine Reform das ist. Als Vergleich, die letzte Bundestagswahl ist 2 Jahre her. :man_shrugging:

Und die Gehälter mit denen hier argumentiert wird. Also ich habe ein MINT Fach studiert und bekomme das Gefühl ich werde stark unterbezahlt, und das wo ich eigentlich nicht schlecht verdiene in meinem Umfeld. Irgendwie passt da was mit den Zahlen nicht :face_with_raised_eyebrow: Durchschnittsgehalt ist halt kein fester Wert im Vergleich zu einer Besoldungstabelle. Denke da gibt es schon starke Schwankungen.

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Das wage ich zu bezweifeln.
Bei uns ist der Chef der erste, der kommt und der letzte, der geht. Am Wochenende sind Klausurtagungen der Schulleitung und unterrichten muss er auch noch. Hätte der Tag mehr Stunden, er wäre in der Schule.

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Mir fehlt zugegebenermaßen die anekdotische Evidenz auf dieser Seite des Vergleichs. Ich habe naiv angenommen, dass Beamte sich nicht zu sehr von den in der Arbeitszeitverordnung festgelegten 41h wegbewegen.

Naja, naiv ist vielleicht ein wenig hart, aber die meisten Lehrkräfte (Median) arbeiten (Ferienzeit schon bereinigt) mehr als diese 41 Stunden. Schulleitungen erst Recht, zumal die doch in vielen Ferien noch extra Aufgaben haben.

Gibt es dazu Studien?

https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/lehrerarbeitszeit-infografik-so-viele-stunden-arbeiten-lehrerinnen-und-lehrer-wirklich/#:~:text=Tats%C3%A4chlich%20weicht%20die%20Arbeitszeit%20in,H%C3%A4lfte%20unterschreitet%20sie%20allerdings%20auch.

Und da schließt sich der Kreis zur Debatte über Arbeitszeiterfassungen, da Lehrer einer der wenigen Beamten-Berufe (neben z.B. Richtern) sind, die eine extrem hohe Unabhängigkeit in ihrer Zeitplanung genießen. Dadurch gibt es keine Arbeitszeiterfassung, auf welche man sich mit der Behauptung berufen könnte, dass man „zu viel arbeiten“ müsse.

Bei Lehrern und Richtern wird die Arbeitszeit eben in Fallvolumina gemessen, daher: Es wird erwartet, dass die Beamten ein gewisses Pensum an Arbeit (Fälle bei Richtern, Schulstunden samt Vor- und Nachbereitung bei Lehrern) ableisten. Das Problem dabei ist: Wer legt fest, wie viel Zeit für eine Schulstunde angemessen ist?

Im normalen 9-to-5-Job leistet der langsame Mitarbeiter schlicht weniger Arbeit als der schnelle Mitarbeiter, wird aber gleich bezahlt (dafür bei Beförderungen vermutlich benachteiligt…). Im Lehrerberuf hat der „langsame“ (oder besonders sorgfältige, engagierte) Lehrer das Problem, dass er deutlich mehr Zeit braucht, als man ihm statistisch zusteht, sodass er bei einer 50-Stunden-Woche landet, während ein besonders „effektiv und schnell“ arbeitender Lehrer das Pensum vielleicht deutlich schneller schafft und effektiv nur 30 Stunden die Woche arbeitet (jeweils als Durchschnitt über das gesamte Jahr inklusive Ferien exklusive Urlaub).

Das sind letztlich die Vor- und Nachteile der großen Flexibilität. Man kann allenfalls überprüfen, ob die statistischen Werte für die Vor- und Nachbereitung im Durchschnitt realistisch sind, aber es wird dann immer Lehrer geben, die länger oder weniger lang brauchen und effektiv damit ihre Wochenarbeitszeit deutlich über- oder unterschreiten. Ich kann beim besten Willen nicht sagen, wie man das lösen soll. Eine konsequente Arbeitszeiterfassung mit Bezahlung aller „Überstunden“ der statistisch langsamen (z.B. besonders sorgfältigen) Lehrer ist natürlich extrem betrugsanfällig, weil niemand kontrollieren kann, wie lange die Vor- und Nachbereitung oder die Kontrolle der Klausuren wirklich gebraucht hat.

Und Studien zu diesem Thema sind mit Vorsicht zu genießen, da der Ausgang der Studien einen relevanten Einfluss auf die zukünftigen Arbeitsbedingungen der Berufsgruppe hat, weshalb eine gigantische Motivation besteht, die Dinge vielleicht etwas schlimmer darzustellen, als sie sind… hier gerät die empirische Sozialforschung jedenfalls an ihre Grenzen, da der tatsächliche Zeitaufwand in der höchstpersönlichen Schutzsphäre der Heimarbeit stattfindet und sich somit objektiven Messungen entzieht, sodass nur die Aussagen der Betroffenen bleiben.

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Das ist mir zu kurzsichtig.
Bei manchen mag es stimmen, aber „langsam“ arbeiten heißt nicht immer weniger effektiv/schlechter arbeiten.
Ich selbst hatte als Rechtspflegerin KollegInnen, die auf wundersame Weise ihre Arbeit schnell vom Tisch hatten. Bei Vertretungen konnte ich dann sehr gut sehen, warum sie so schnell waren…

Geschwindigkeit geht auch oft auf Kosten der Qualität.

Deswegen habe ich hinter „langsame“ in Klammern „besonders sorgfältige, engagierte“ geschrieben :wink:

„Langsam“ ist hier die objektive Beschreibung des Zeitaufwands für die Tätigkeit, keine subjektive Bewertung im Hinblick auf die Qualität, diese subjektive Bewertung wird ja gerade durch die Aufführung der Merkmale in der Klammer relativiert (dh. der Inhalt der Klammer sagt exakt, was du sagst: „langsam“ ist nicht immer „schlecht“, sondern kann auch Ausdruck besonderer Sorgfalt oder Engagements sein).

Daher stimme ich dir natürlich zu, Geschwindigkeit geht auf Kosten der Qualität. Aber das ändert ja nichts an dem Problem bzw. verschärft nur das Problem der maximalen Unabhängigkeit der Zeitplanung bei gleichzeitiger Unkündbarkeit des Beamten: Es erzeugt Situationen, in denen desillusionierte, erschöpfte Lehrer nur noch das absolute Minimum machen, dann zwar ihr Pensum in 30 Stunden schaffen, aber der Unterricht qualitativ schlecht ist. Gleichzeitig werden sehr engagierte Lehrer nicht gefördert, weil ihr besonderes Engagement und ihre besondere Sorgfalt maximal mit einem Burnout honoriert wird :wink:

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Ein sehr guter Beitrag, der auch die wichtigsten Aspekte beinhaltet. Nur bei der zitierten Stelle und insbesondere dem „dadurch“ würde ich widersprechen: eine Arbeitszeiterfassung ist dennoch möglich. Wie sie durchgeführt werden soll ist fraglich und da gibt es wiederum das Problem der Selbstauskunft, mit dem sich auch die Sozialforschung herumschlagen muss.

Eine Arbeitszeiterfassung ist meiner Ansicht auch notwendig. Es ist einfach absurd, dass für eine (große) Berufsgruppe bestimmte Maßnahmen des Arbeitsschutzes einfach ausgesetzt sein sollen.

Dafür müsstest du ja praktisch die gesamte Besoldungstabelle umkrempeln und es den anderen Besoldungsgruppen gegenüber gut rechtfertigen, warum gerade die Fächer höher vergütet werden. Bestimmt machbar, aber stelle ich mir sehr kompliziert vor. Läuft wohl darauf hinaus, ob ein akuter Lehrermangel in MINT Fächern so einen Besoldungsunterschied von auf Papier finanziell gleichberechtigten Beamten rechtfertigt.

Ich würde diese Transparenz begrüßen. Aus Dienstherrensicht ergeben sich dann aber wohl erstmal zwei Optionen, um sicherzustellen, dass die Lehrer sich an das Arbeitsschutzgesetz halten:

  1. Überstunden physisch vermeiden: Verbot von Home-Office, alle dienstlichen Aufgaben müssen im Schulgebäude umgesetzt werden. Der Dienstherr ist verpflichtet, die Lehrer rechtzeitig „vor die Tür zu setzen“.
  2. Überstunden praktisch vermeiden: Die Anzahl der Deputate des jeweiligen „langsamen“ Lehrers wird reduziert, so dass Überstunden unwahrscheinlich werden. Das Gehalt wird proportional zur Anzahl der Deputate gekürzt.

Ich denke, Option 1 wäre ein Horror-Szenario für die meisten Lehrer. Und Option 2 stellt eine unbefriedigende, da ungerechte Lösung dar.

Ein Ansatz um Option 2 gerechter zu machen, wären Qualitätsmessung, um herauszufinden, ob „langsam“ „langsam und mittelmäßig“ oder „langsam und überdurchschnittlich“ bedeutet (und analog für „schnell“). Zukünftiges Szenario: Zwei Lehrer arbeiten beide 41h/Woche, erhalten das gleich Gehalt, aber unterscheiden sich im Verhältnis von Quantität und Qualität. Der eine führt x Deputate „überdurchschnittlich gut“ aus, während der andere x+y Deputate „unterdurchschnittlich gut“ ausführt.

Ich glaube, das liegt auch an dem Umstand, dass je weiter die Schere zwischen Arm und Reich auseinander geht, das Durchschnittsgehalt eben total verwässert wird.

Ich sehe nicht, woher eine Beschränkung auf diese beiden Optionen resultieren sollte. Zuerst käme sicherlich eine Anweisung, sich an die geltenden Regelungen zu halten. Solange die Sachaufwandsträger keine Arbeitsplätze für Lehrkräfte bereitstellen, scheidet Option 1 von vorneherein aus. Und wer sich länger als zwei Minuten mit dem Bau von Schulgebäuden befasst hat, weiß, dass Arbeitsplätze für Lehrkräfte nicht zu erwarten sind.
Option 2 enthält schon eine beamtenrechtlich sicherlich fragwürdige Erweiterung. Erst einmal müsste die Konsequenz lauten, dass die Belastung so weit reduziert wird, dass die Arbeitszeit nicht mehr systematisch und schwerwiegend überschritten wird. Sekundär wären dann Konsequenzen für die Entlohnung etc. zu prüfen, aber in dieser - sorry - kurzschlüssigen Weise ginge das sicher nicht.

Und wenn wir diese Kiste schon mal aufmachen wollen: die Qualität des gegebenen Unterrichts zu ermitteln wird weder in Deutschland systematisch versucht, noch gibt es andernorts, wo es versucht wird (nämlich mit Outcome-orientierten Verfahren) gelungene Modelle dafür.

Diese Umstände habe ich auch schon häufiger gehört. Da war eine Lehramtsstudentin, die Grundschullehrerin werden wollte und alle Module/Kurse durchhatte und im Drittversuch einer Matheklausur war, in der sie irgendetwas mathematisch beweisen musste. Das schaffen nicht einmal alle im Abi, aber da ist es egal, weil der Abschluss dennoch geschafft wird. Hier ging ein gesamtes Grundschullehramt flöten, weil sie mathematisch etwas nicht beweisen konnte, was niemals Gegenstand des Grundschulunterrichts sein wird.

Diese Unflexibilität und stumpfe Festhalten an alten Einstellungskriterien bezüglich der Voraussetzungen für Abschlüsse sieht man auch häufiger. Die Länder jammern immer über zu wenig Lehrer/innen oder Polizisten/innen, aber sind nicht bereit, die Voraussetzungen zu ändern.

In Schleswig Holstein darf man nicht einmal Polizist werden, wenn man Neurodermitis hat. Auf Nachfrage, warum das so ist (in anderen Ländern spielt dieses Kriterium größtenteils keine Rolle), kam die Antwort „Ja wenn Sie im Einsatz sind und lange einen Schutzanzug tragen müssen, der dann die Haut reizt und Sie können deswegen den Einsatz nicht mit voller Aufmerksamkeit verfolgen, dann ist das schlecht für den Dienst“ - sinngemäß wiedergegeben. Wo ich mich dann frage, wenn ich einen Schutzanzug trage, dann ist ein Hautausschlag meine kleinste Sorge.

Lehramtsstudium auf ein 3 Jähriges duales Studium umbauen halte ich für sehr sinnvoll, weil die Menschen dann viel eher mit der Praxis konfrontiert werden und schnell merken, ob es was für sie ist oder nicht. Und dann nicht 5-6 Jahre zwanghaft an einem Studium festhalten, weil es keine andere Option mehr gibt nach so viel investierter Zeit, dann aber miese Lehrer werden, weil es doch nicht das richtige ist.

Ich verstehe nicht, warum man diese offensichtliche simple Transferleistung „Wir brauchen mehr Leute? Gut dann Zugang zu den Berufen vereinfachen“ (worunter die Qualität nicht zwangsläufig leiden muss, aber alternativlos, weil so gehts nicht weiter.) nicht hinbekommt. …

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Die beiden genannten Optionen würden zielsicher das Problem „Arbeitszeitverstöße“ lösen, allerdings unter erheblichen Kollateralschäden. Ich wollte auf diese Kollateralschäden hinweisen. Sicherlich gäbe es auch weitere Optionen mit ihren ganz eigenen Kollateralschäden (z.B. Klassenarbeiten abschaffen).

Ja, leider. Daher mein Appell, daran etwas zu ändern.

Warum - Lehrer ist Lehrer. Aus Sicht der Tätigkeit ist es egal für den Beruf als Lehrer. Das der Markt anders bietet, okay. Als Begründung für die Dotierung der Stelle ist es meiner Meinung nach nicht richtig. Die Lehrerin wäre ja auch keine Ingenieurin.

Inklusive Büros in den Schulen für die Lehrer. Dann gibt es geregelte Arbeitszeiten, 41h die Woche. Das wäre gut - ohne Ironie.

Das glaube ich nicht. Viel mehr korreliert das mit einem anderen Problem: mehr als zwei Drittel der LehrerInnen sind Frauen. Frauen studieren immer noch mehr geistes- oder sozialwissenschaftliche Themen. Für Männer ist der Schuldienst eher unattraktiv. Etwas wie Karriere, Aufstiegsmöglichkeiten gibt es nicht. Das ist aber die Antriebsfeder der meisten Männer für solche Berufe.

Auch das wird immer weiter propagiert. Ist es nicht sehr so, dass wir mehr gesellschaftliche Themen setzen müssten. Klar muss man Rechnen können und in Grundzügen das Internet verstehen - aber viel mehr? Es gibt für jeden Bereich Experten, die Schule kann nicht aus jeder eine Expertin für Informatik machen.

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Es geht nicht darum, dass jeder Informatikexperte wird, aber Deutschland ist halt (noch) ein Industrieland und benötigt daher qualifizierte Fachkräfte in den produzierenden Bereichen. Eine Armada an Museumsführern, Literatur oder auch Kulturwissenschaftlern ist zwar toll, aber zahlt halt nur bedingt auf den Industrieansatz ein. Daher gibt es den Wunsch nach mehr MINT-Bildung in der Hoffnung, dass mehr Qualifikation auch zu mehr Bereitschaft führt, dort zu arbeiten.

Dein Beispiel ist darüber hinaus aber besonders ungeeignet, denn bei mehr Informatikbildung geht es mitnichten darum Experten in der Schule auszubilden, sondern mündig mit der Technik umzugehen. Eine deutliche Minderheit außerhalb der Branche weiß warum 2FA einer klassischen PW-Anmeldung überlegen ist oder was ein VPN ist und wofür man es nutzt. Selbst der Nutzen von Backups wird noch heftig unterschätzt, geschweige denn dass Menschen wissen, wie sie automatische Backups außerhalb von fertigen, proprietären (und damit undurchsichtigen) Lösungen erstellen können. Ach und frag doch mal Leute wie Machine Learning bzw. KI grundlegend funktioniert. Über „der Computer rechnet Wahrscheinlichkeiten aus“ kommt da wenig. Supervised, unsupervised oder Reinforcement Learning, sowie deren Unterschiede und Stärken/Schwächen sind da böhmische Dörfer.

Das alles sind keine Themen für Experten mehr, sondern sollte eher Allgemeinbildung sein. Stattdessen erklärt der Informatikunterricht in der Schule wie man einen Rechner anschaltet und eine Powerpoint erstellt. Das ist zwar zweifelsfrei auch wichtig, aber weit weg von grundlegender Bildung.