So einfach ist es nicht.
Ja, das Revisionsgericht ist keine Tatsacheninstanz, daher ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, die Tatsachen zu ermitteln, sondern die Rechtsanwendung zu überprüfen. ABER beim Revisionsgericht können Rechtsfehler wie z.B. abgelehnte Beweisanträge geltend gemacht werden oder auch unzulässige Beweiserhebungen der Staatsanwaltschaft (auch das ist ein Rechtsfehler!).
Das Revisionsgericht ermittelt dann im Ergebnis die Tatsachen aber nicht neu, sondern verweist den Fall zur Neuverhandlung zurück an die Tatsacheninstanz, also hier das OLG Dresden. Wenn dann durch die Beseitigung einer rechtsfehlerhaften Beweiskette neue Beweise nötig sind, muss dann dort auch eine neue Beweiserhebung erfolgen. Daher: Auch über die Revision kann die Tatsachenebene angegriffen werden, aber eben nur indirekt.
Ich fürchte, diese Problematik gibt es bei Kronzeugenregelungen immer, das ist daher wenig fallspezifisch. Das Problem, das ich habe, ist, dass Dinge, die in der Vergangenheit keine Aufmerksamkeit erfahren haben und nicht als großes Problem wahrgenommen wurden, nun hier kritisiert werden. Das hat halt immer den Beigeschmack, dass diese Dinge nicht ihrer selbst kritisiert werden, sondern weil sie jetzt einen Sachverhalt betreffen, der einem wichtig ist.
Es ist natürlich in Ordnung, wenn die Leute durch diesen Fall erst auf die Missstände aufmerksam geworden sind. Aber ich wage zu bezweifeln, dass es den Kritikern am Urteil zu Lina E. wirklich um diese Missstände geht - oder dass sie nächste Woche noch über diese Missstände schimpfen werden, wenn sie wieder gegen die organisierte Kriminalität angewandt werden…