LdN 335 - Selbstbestimmungsgesetz

Im Sinne der Datensparsamkeit stellt sich die Frage, warum überhaupt ein oder mehrere Attribute des Typs „Geschlecht“ erfasst werden sollten. Zwei offensichtliche Gründe wären (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  1. Schutz von Eizellen und Embryonen: Wie bspw. im Strahlenschutzgesetz geregelt, sind gebärfähige Frauen [steht so im Gesetz, könnte man aber durch „gebärfähige Personen“ ersetzen] besonders schutzwürdig. Die Information, ob eine Person gebärfähig ist (i.d.R. eine biologische Frau vor der Menopause), sollte bei Bedarf u.a. dem Arbeitgeber bekannt gemacht werden können.

  2. Optimale medizinische Versorgung: Medizinische Therapien wirken u.U. verschieden auf biologische Frauen und Männer. Ein Arzt sollte daher das biologische Geschlecht seiner Patienten kennen. Vermutlich ist es recht leicht für einen Arzt, das biologische Geschlecht ad-hoc zu rekonstruieren. Nichtsdestotrotz wäre es sinnhaft, dass das genau einmal (korrekt) gemacht wird und dann im Melderegister hinterlegt wird. Insbesondere bei der Notaufnahme könnte die zusätzliche Zeit zur Geschlechtsbestimmung drastische Folgen haben. Des Weiteren sind diverse Krankheiten vorrangig an das biologische Geschlecht geknüpft. Es ergibt Sinn, wenn eine Krankenkasse aus finanziellen Überlegungen nur biologischen Frauen Werbung für ein Brustkrebs-Screening zukommen lässt. Dafür muss der Krankenkasse aber das biologische Geschlecht seiner Versicherten vorliegen.

Drei weitere mögliche Gründe für einen Geschlechtseintrag:

  1. Geschlechtsspezifische Räume: Es ist überlegenswert, ob der Zugang zu bzw. die Unterbringung in besonderen geschlechtsspezifische Räumen (z.B. öffentliche Toiletten, Justizvollzugsanstalten) zukünftig nicht mehr an das biologische oder soziale Geschlecht geknüpft wird, sondern an das phänomenologische Geschlecht, d.h. insbesondere an das primäre Geschlechtsorgan. Allerdings sehe ich keine Notwendigkeit, das im Melderegister zu vermerken (es kann bei Bedarf nachträglich oder vorsorglich durch einen Amtsarzt ermittelt werden).

  2. Wehrpflicht: Falls die geschlechtspezifische Wehrpflicht wieder aktiviert wird, müssten alle Personen gemustert werden, statt nur die angeforderten (i.d.R. phänomenologische Männer).

  3. Internationale Anforderungen an die Personenfreizügigkeit: Ich könnte mir vorstellen, dass diverse Staaten nur solchen Personen die Einreise erlauben, in deren Reisedokumenten eine nachvollziehbare Geschlechtszuordnung dokumentiert ist.

Mein Fazit: Es sollte auf jeden Fall (mindestens) das biologische Geschlecht im Melderegister hinterlegt sein. Zusätzlich könnte auch noch das phänomenologische und das soziale Geschlecht aufgenommen werden. Siehe auch FAZ Einspruch, Boris Schinkels: „Geschlecht und Genderidentität sind nicht funktional vergleichbar“.

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Das kostet genau zwei Sätze. Ich glaube so viel Erklärung hat Platz in der Lage, die teilweise auch in juristische Fachbegriffe tiefer einsteigt.

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Während des Hörens habe ich mir die ganze Zeit die grundsätzliche Frage gestellt, wieso überhaupt ein Geschlecht im Pass eingetragen werden muss, insbesondere, wenn es dann möglich ist, es (theoretisch) „einfach“ zu ändern. Würde es Diskriminierungserfahrungen nicht am meisten Vorschub leisten, wenn dem Geschlecht viel weniger Relevanz eingeräumt würde. Wieso interessiert es meinen Internetanbieter, das Bahn-Abo… welches Geschlecht ich habe.
Eine Erörterung, ob es nicht die Zukunft sein könnte, das Geschlecht Privatsache sein zu lassen, würde mich interessieren.

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Sich ein anderes Geschlecht eintragen lassen ist wohl keine leichte Entscheidung. Sollte das tatsächiich in diesem Fall ein Mann nur zum Zweck eines beruflichen Vorteils tun, müsste das doch ein extrem seltener Fall sein, der dann vernachlässigbar sein sollte.

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Da bin ich ja nun wieder ganz bei dir.
Es ging mir um die Darstellung, dass es nicht wirklich Allgemeinwissen ist, das cis das Gegenteil von Trans ist.
Im übrigen wurde die Terminologie von der Expertin bestimmt und nicht von den beiden Hostern.

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Hallo Lage Team,

danke, dass ihr das Thema Selbstbestimmungsgesetz aufgegriffen habt. Bei der Anmoderation dachte ich erst: Toll, jetzt wird bestimmt beleuchtet, warum der Gesetzentwurf so lange gebraucht hat. Oder warum der Gesetzentwurf sogar hinter dem zurück bleibt, was selbst die FDP in den letzten Jahren in der Opposition als Gesetzentwurf eingebracht hatte. Welche politischen Akteure in der Koalition dafür sorgen, dass Jugendliche wahrscheinlich doch wieder mit entwürdigenden Gutachten rechnen müssen und dass sich ihre rechtliche Situation wahrscheinlich sogar verschlechtert, wenn ihre Eltern eine Transition ablehnen.

Dagen hat eine ziemlich plumpe (rein argumentativ) TERF Vertreterin (Tran Exclusive Radical Feminists) die wissenschaftlich falsche These von zwei biologischen Geschlechtern (vgl. z.B. den Vortrag von Prof. Heinz-Jürgen Voss für die Magnus Hirschfeld Stiftung Jetzt nochmal anschauen: Online-Vortrag: "Nur zwei Geschlechter?" mit Heinz-Jürgen Voß – BUNDESSTIFTUNG MAGNUS HIRSCHFELD) unwidersprochen prominent vertreten. Leider ist Frau Mangold gar nicht darauf eingegangen und hat sich auch sonst eher darauf beschränkt, die Argumente der „besorgten Bürger“ zu entkräften, ohne auf die falsche Grundannahme einzugehen.
Auch ist die Kritik am Gesetzentwurf quasi gar nicht zur Sprache gekommen, obwohl Betroffenenvertretungen ihn im Detail sehr kritisch sehen. Hier hätte ich mir gewünscht, dass ihre Perspektive auch zur Sprache kommt, die mir wesentlich relevanter erscheint als eine ideologisch extremistische TERF Position. Dass hinter diesen Positionen ein gefestigt transfeindliches Weltbild steht, dass so unter anderem auch prominent von Alice Schwarzer, J.K. Rowling oder Terre des Femmes vertreten wird, wird von euch leider nicht erklärt.
Vielleicht könnt ihr da in einer der nächsten Folgen noch einmal die Positionen etwas umfassender einordnen und den Stand der Forschung darlegen.

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Ich habe diesen Beitrag als mehr als nur befremdlich wahrgenommen - das seltsame Format, bei dem nur eine Seite reagieren konnte, wurde ja schon erwähnt. Dass aber hier mehrfach die biologischen Grundlagen der menschlichen Existenz als „biologistisch“ diskreditiert wurden, ohne dass ein Widerspruch kam, hat mich doch sehr irritiert. Dass die Seite, die sogar die Chance hatte zu reagieren mindestens einmal extrem ausweichend reagiert hat, hat ein Übriges getan, mir zu zeigen, welche Seite hier meine Unterstützung verdient.

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Tatsächlich kam mir auch sofort der Gedanke, dass es sich um höchstens wenige Fälle handeln könnte. Andererseits ist es auch bald sehr leicht sein Geschlecht zu ändern. Ich überlege es auch mal zu probieren, um zu sehen, ob sich dadurch etwas für mich ändert.

Aber meine Frage zielt eher darauf ab, wie sich diese Änderung des Geschlechts verhält, wenn es sich um Fragen der Gleichstellung oder auch der Förderung von Frauen, wie im Grundgesetz § 3 (2) angesprochen, handelt.

Ich glaube kaum, dass das für den unterlegenen Mann vernachlässigbar ist.

Hier bin ich mal wieder bei dem Punkt, das Recht in dem Raum in dem es gilt universell wirkend sein sollte. Ich kann ein betrügerisches Verhalten doch nicht damit akzeptieren, dass es sicher nur wenige machen.

Dass man sein Geschlecht einmal pro Jahr ändern kann, erscheint mir unter diesem Gesichtspunkt viel zu häufig solange nicht beide soziale Geschlechter vollends gleich behandelt werden (gleiche Pflichten, gleiche Rechte, gleiche Förderung).

Ansonsten haben wir ganz sicher mit den aktuellen Regeln im Kriegsfall/Spannungsfall plötzlich min. 50 % mehr Frauen.

Das Selbstbestimmungsgesetz ist sicher ein Schritt nach vorn, aber ein paar Punkte scheinen mir noch verbesserungswürdig. Ich finde es zum Beispiel auch sehr bedenklich wenn man einem Saunabesitzer rät, einen unehrlichen Grund für die Ablehnung einer Transfrau anzugeben. Ist es ernsthaft gelebte juristische Praxis zur Lüge anzustiften?

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Ich sehe das Problem nicht, warum sie nicht in einem Frauengefängnis untergebracht werden kann. Männliche Straftäter, die Sexualstraftaten an Männern verübt haben werden ja auch mit Männern zusammen untergebracht. Es ist Aufgabe der JVAs, für die Sicherheit der Gefangenen zu sorgen. Das ist doch in jedem Fall so, unabhängig vom Geschlecht, der sexuellen Orientierung oder von psychischen Erkrankungen.

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Dass man als trans Frau Vorteile in der Karriere hat ist ein Gedankenspiel, dass sich von selbst erübrigt, wenn man es zuende denkt. Transpersonen sind statistisch deutlich schlechter bezahlt als CIS Männer und haben es deutlich schwerer Karriere zu machen. Dass ein CIS Mann, der an der Spitze der gesellschaftlichen Anerkennung steht und auf den das gesamte System zugeschnitten ist „mal schnell“ sein Geschlecht wechselt um all die Nachteile zu erhalten, die trans Frauen in unserer Gesellschaft erleiden… Welcher Job im öffentlichen Dienst soll das denn wert sein?

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Dein Argument ist nachvollziehbar.

Jedoch trifft es nicht den Punkt auf den ich hinaus möchte. Wenn einfach der Geschlechtseintrag geändert wird, dann kriegt das doch erstmal keiner mit. Erst in der Situation der Bewerbunf bzw. danach.

Ehrlich gesagt habe ich mich beim hören der letzten Folge doch über die Flapsigkeit der Aussagen zu den Auswirkungen des Selbstbestimmungsrechts auf den Sport gewundert.

Ich bin aktiver Schachspieler und dort auch bis in den Bereich Internationaler Meister und weiblicher Großmeister vernetzt. Wir haben tatsächlich mit den enormen Leistungsunterschieden zwischen cis-Frauen und cis-Männern, die vermutlich überwiegend statistische Hintergründe haben [1], mächtig zu kämpfen. Die aktuell stärkste cis-Frau, Hou Yifan liegt mit einer Elo von ca. 2620 aktuell auf Platz 124 und damit 200 Elo Punkte von den Männern entfernt.

Tatsächlich hat man Frau Yifan ein paar mal die Chance bei namhaften Einladungsturnieren der Männer gegeben, so beispielsweise beim Tata Steel Masters, leider ohne dass sie sich erfolgreich erweisen konnte.

Der Vollständigkeit sei erwähnt, dass es mit Judith Polgar tatsächlich aber mal eine Frau gab, die es kurzzeitig in die Top 10 der Weltrangliste schaffte, diese Leistung seitdem aber von keiner anderen Frau aber auch nur ansatzweise erreicht werden konnte, intensiver Förderung zum Trotz.

Wir bieten Frauen daher bewusst separate Wertungen oder sogar eine eigene Turnierklasse an, eben damit diese überhaupt wahrgenommen werden, Erfolge erzielen können und so weibliche Vorbilder für junge Spielerinnen und Spieler entstehen können. Dabei liegt das Preisgeld der besten Frau meist auf dem Niveau des 2. oder 3. Mannes in der Männerkonkurrenz, obwohl ihre Leistung in einem Mixed-Feld für das preisgeldlose (obere) Mittelfeld reichen würde.

Das führt tatsächlich schon heute in Einzelfällen dazu, dass es Diskussionen über Geschlechtsangleichungen gibt, da man als Mann mit mittelmäßiger Leistung (bezogen auf die Männerkonkurrenz) ein vergleichsweise hohes Preisgeld einzustreichen kann.

Einen besonders kuriosen Fall gab es im Damenfeld der offenen kenianischen Meisterschaft dieses Jahr, immerhin mit 3000 € gut dotiert [2]. Um das Preisgeld zu gewinnen verkleidete sich ein Mann, den man in Deutschland bestenfalls als besseren Vereinsspieler bezeichnen würde, als Frau mit Burka. Hätte man ihn nicht erwischt, er hätte den zweiten Platz fast sicher gehabt. Bei den Männern wäre er hingegen erst um den Platz 100 eingelaufen.

(Fortsetzung folgt)

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Fortsetzung von Selbstbestimmungsrecht und der (Schach-)Sport

Gewonnen hat die Damenkonkurrenz die haushoch überlegene (500 Elopunkte Vorsprung auf Platz 2 entspricht > 98 % Siegwahrscheinlichkeit) deutsche Turniertouristin WGM Josefine Heinemann, die ihrerseits im Männerturnier aber eher preisgeldlos nach Hause gegangen wäre (nominell wäre sie ca. um Platz 15 eingelaufen).

Zusammengefasst, Frauenturniere sind ein Versuch Frauen Sichtbarkeit zu geben und damit die Vorbilder zu schaffen, die junge Spielerinnen und Spieler benötigen. Außerdem erlauben sie es einigen Frauen den Sport (semi-)professionell auszuüben, also damit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Da man beim Schach aber wohl kaum hormonell begründete Kategorien bilden kann um „Gender-Cheating“ zu unterbinden, bleibt unter Umständen nur die Auflösung der physiologisch ohnehin nicht begründbaren Frauenwertung übrig. Darunter leiden dann aber leider vor allem die Frauen selbst. Das kann hoffentlich nicht wirklich euer Ernst sein.

[1] Statistik: Warum Männer im Schach erfolgreicher sind - DER SPIEGEL
[2] Kenianischer Spieler gibt sich als Frau aus, um Josefine Heinemann den Turniersieg streitig zu machen - Chess.com

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Ich möchte auch noch Mal dem zustimmen, was einige zuvor schon geschrieben haben: Bitte nutzt nicht „biologisches Geschlecht“ sondern „bei Geburt zugewiesenes Geschlecht“, denn das ist das, was ihr meint. Es wird bei Geburt geguckt ob Penis oder Vagina und daran entschieden, welches Geschlecht eingetragen wird. Das biologische Geschlecht enthält aber viel mehr Facetten, wie beispielsweise Chromosomen und Hormonlevel und anderes. Ein guter Artikel dazu ist The science of biological sex (sciencebasedmedicine, Steven Novella).

Analog ist „biologische Frau“ keine gute Bezeichnung. Stattdessen gibt es „cis Frau“. Die Verwendung „biologisch“ an dieser Stelle lässt leicht den Eindruck erwecken, dass trans Frauen keine echten Frauen sind, schließlich sind sie ja nicht „biologisch“, nicht „natürlich“. Das ist aber Quatsch - trans Frauen sind Frauen. Wenn es der Kontext erfordert, dass man differenziert ob eine Person trans ist oder nicht, dann gibt es das Wort „cis“.

Besonders schlimm wurde es später als differenziert wurde zwischen „Frau oder trans Frau“ (01:28:14 bei mir im Online Player). Trans Frauen sind aber Frauen.

Daneben wurde der Beitrag auch eingeleitet mit den Worten „[…] um Personen, deren geschlechtliche Identität sich nicht einfach mit männlich oder weiblich beschreiben lässt, also es geht um transgeschlechtliche Personen […]“. Das ist auch nicht korrekt. Ja, es geht auch um Personen deren geschlechtliche Identität sich nicht einfach mit männlich oder weiblich beschreiben lässt. Aber es ist nicht so, dass das bei allen trans Personen der Fall ist. Ich bin trans, aber meine geschlechtliche Identität lässt sich sehr leicht beschreiben: Weiblich. Die Einleitung suggeriert aber, dass trans Personen eben nicht einfach weiblich oder männlich sein können und vermittelt so einen falschen Eindruck.

Außerdem hätte auch ich mir gewünscht, dass die Argumente der Gegnerin nicht so eine große Fläche gegeben worden wären. Und weiter würde ich mir wünschen, wenn ihr das Thema trans noch etwas näher beleuchtet, da es ja sehr versteckt ist, in der Bevölkerung. Viele wissen gar nicht, was trans Personen alles ertragen müssen, um eine adäquate medizinische Behandlung zu erhalten. Oder was sie bisher durchgehen müssen, um eine Personenstandsänderung durchzuführen.

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Das habe ich wirklich so verstanden. Die Biologie hat m.E. niemand in Abrede gestellt. „Biologistisch“ bedeutet, aus der Biologie (bzw. sogar einen vereinfachten bzw. unvollständig Verständnis der Biologie) 1:1 Regelungen für Gesellschaft und Recht ableiten zu wollen.

Also nur, weil es biologisch bei Menschen überwiegend 2 Geschlechter gibt, folgt daraus halt nicht, dass das das gesamte sozial und juristisch relevante Spektrum abbildet, dass eine automatische und unhintergehbare Ableitung des sozialen oder juristischen von biologischen Geschlecht gibt, oder, dass es gar bestimmte geschlechtsspezifische Regelungen gibt (z.B. wurde die Wehrpflicht für Männer und das Verbot für Frauen, an der Waffe Dienst zu tun, lange mit ihrer Gebärfähigkeit gerechtfertigt).

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Ich denke, sowohl der Gesetzgeber, als auch die Verteidiger des Gesetzes, als auch ihr im Podcast machen es sich da ein bisschen zu einfach, einfach zu sagen: Das haben wir halt aus dem Gesetz rausgelassen, aber es wird sich alles von alleine zum Besten regeln.

Es ist doch so, wenn man die ganze Hetze und Verschwörungsideologien der Trans-Gegner mal außen vor lässt – die Schauergeschichten bspw. über trans Menschen als Sexual Predators, über cis Männer, die sich als trans Frauen tarnen um sexuelle Gewalttaten auszuüben, über eine angebliche „Umerziehung“ von Kindern usw. – dann gibt es da mittendrin eben so 2–5% wo man sagen muss, ok, da haben sie einen Punkt, wo Klärungsbedarf besteht. Das sind dann eben u.a. Punkte wie (Leistungs-)sport und Frauenschutzräume. Diese werden natürlich aktiv von den Rechten erfolgreich genutzt, um andere in ihr Rabbithole hineinzuziehen.

Es reicht meiner Ansicht nach nicht, bzw. ist nicht besonders klug, statt diese Punkte durch ausgewogene, verständliche Normen abzuräumen, sie einfach zu ignorieren und zu behaupten, dass sich das alles von selber regelt, bzw. den Regelungsbedarf auf die Betreiber von Frauenschutzräumen und die Sportverbände auszulagern und zu erwarten, dass da problemlos offensichtlich auf der Hand liegende einfache Lösungen entwickelt werden, deren Logik sich dann jedem ad hoc erschließt.

Ihr geht ja im Interview gemeinsam mit Frau Mangold wie selbstverständlich davon aus, dass in Fällen, wo eine Andersbehandlung von Frauen und Männern biologisch begründet ist, das auch zukünftig so sein kann und wird, und dass das niemand in Frage stellen würde. Aber ich bin mir recht sicher, dass zumindest Teile der Aktivistïnnen für Transrechte das anders sehen, und vollständige Gleichberechtigung für sie bedeutet, dass z.B. trans Frauen natürlich in der Frauen-Fußball-Bundesliga startberechtigt sein müssten, weil alles andere Diskriminierung wäre.

Ich würde auch absolut nicht davon ausgehen, dass „keine Transfrau sich in eine Frauensauna einklagen würde“, sondern sehe das eher als logischen nächsten Schritt, nach einem Gesetz, dessen Ziel es offiziell ist, trans Frauen cis Frauen gleichzustellen. Und zwar nicht, weil trans Frauen sich am Anblick weiblicher Körper ergötzen wollen – das kann jeder auch in einer gemischten Sauna tun – sondern weil trans Frauen vulnerable Personen sind und vielleicht zwar gerne in die Sauna gehen würden, aber Übergriffe von gewaltaffinen cis Männern zu befürchten hätten.

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Das ist aber ein Interessenskonflikt zu cis Frauen, die vielleicht durch sexualisierte Gewalt traumatisiert sind, und sich deswegen beim Anblick von deutlich männlich aussehenden nackten Körpern in der Sauna nicht entspannen können, und wo man keiner Seite auf Anhieb Vorrang zusprechen kann.

Und was den Sport angeht, ist die Erwartung, Sportverbände würden zu differenzierten, vernünftigen Regelungen kommen, meiner Meinung nach leider ziemlich absurd. Sportverbände sind in der Regel immer noch Alte-Weiße-Männer-Clubs, und die Regeln werden fast ausschließlich auf internationaler Ebene verhandelt, und dann rede mal mit irgendwelchen korrupten usbekischen Ex-Ringern oder saudi-arabischen Prinzen über Regelungen für trans Personen, und dass sie in ihrem Sport dafür irgendwelche neuen Leistungsklassen einführen müssten. Won’t happen. Die lokalen Sportverbände werden ohne gesetzliche Regelung großteils achselzuckend auf die übergeordneten Verbände verweisen, und wann immer eine trans Frau irgendwo im Frauenbereich starten darf und Erfolg hat, wird wieder Streit ausbrechen und die rechten Kulturkämpfer werden jedes Mal wieder davon profitieren.

Da würde ich schon eine klare gesetzliche Norm befürworten, die bspw. trans Frauen im unbezahlten Breitensport eindeutig erlaubt, im Frauenbetrieb teilzunehmen, aber im bezahlten Profisport bzw. in reinen Amateursportarten im Leistungsbereich ab einer bestimmten Ebene die Plätze exklusiv biologischen Frauen vorbehält.

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Ich glaube solche Sonderfälle hat der Gesetzgeber durchaus auf dem Schirm. Auf der entsprechenden FAQ-Seite [1] heißt es:
„Für den Spannungs- und Verteidigungsfall soll das SBGG eine ausgeglichene Sonderregelung treffen, indem für den Dienst mit der Waffe vorübergehend die rechtliche Zuordnung zum männlichen Geschlecht bestehen bleibt, wenn ein Änderungsantrag in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Spannungs- und Verteidigungsfall gestellt wird.“

Sicher wird man nicht jeden Missbrauch mit einer Sonderregelung abdecken können, aber das ist ja bei Gesetzen selten der Fall.

[1]

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Nur für mich zur Einordnung:

Bei aller, auch meiner, Zustimmung zur Selbstbestimmung, ist es aber immer noch Konsens, das es bei der Geburt eines Kindes biologisch und physiologich bedingt im wesentlichen zwei verschiedene Ausprägungen gibt, die mit unterschiedlichen körperlichen Eigenschaften verknüpft sind?

Es klang im Interview teils so, als sei auch das schon strittig…

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